Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair wird also neuer Sondergesandter des so genannten Nahost-Quartetts, bestehend aus den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Rußland. Blairs Vorgänger auf diesem Posten, James Wolfensohn, war zum 30.April 2006 von seinem Amt zurückgetreten, frustriert über die Weigerung der Hamas, den Staat Israel anzuerkennen, enttäuscht über den fortgesetzten Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland. Seit über einem Jahr also war der Posten des Sondergesandten vakant.
Mit Tony Blair übernimmt nun ein Mann den Posten, dessen Nahost-Politik bislang von wenig Fortune gesegnet war. Unter seiner Regierung führte Großbritannien an der Seite der USA Krieg gegen das Saddam-Regime im Irak. Zuvor hatte der britische Premier die Weltöffentlichkeit über die Gründe für den Irak-Feldzug belogen und die Gefahr die vom Irak ausginge, drastisch übertrieben - oder wie es ein hochrangiger britischer Beamter ausdrückte: "sexed up".
In einem am 24.September 2002 von der britischen Regierung vorgelegten Dossier wurde unter anderem fälschlicherweise behauptet, das Saddam-Regime habe sich in Afrika um den Kauf "waffenfähigen Urans" bemüht. In seinem Vorwort zu dem September-Dossier schrieb Tony Blair: "Dieses Dokument enthüllt, dass einige der irakischen Massenvernichtungswaffen innerhalb von 45 Minuten eingesetzt werden können." Nach dem Sturz Saddams wurden im Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden.
Zwar gelang es der so genannten "Koalition der Willigen" innerhalb weniger Wochen mit Saddam Hussein einen der blutigsten Diktatoren des Nahen Ostens zu stürzen, seither regieren jedoch Terror und Rechtlosigkeit weite Teile des Zweistromlands. Weder die amerikanischen noch die britischen Truppen sind bislang in der Lage Ordnung und Sicherheit im Irak herzustellen. Mehrere hunderttausend irakische Zivilisten kamen seither durch Anschläge oder Kampfhandlungen uns Leben.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars, Antonio Guterres, sind in den vergangenen vier Jahren 2 Millionen Iraker aus ihrem Land geflohen, das sind etwa 8% der Bevölkerung. Hinzu kommen etwa 1,7 Millionen Binnenflüchtlinge. Vor diesem Hintergrund darf man die Irak-Politik Tony Blairs getrost als gescheitert betrachten, am Schicksal dieser Menschen trägt er Mitschuld. Für einen Ausweg aus der gegenwärtigen katastrophalen Lage im Irak fehlt ihm genauso wie George Bush eine Strategie.
Ob es Blair in seinem neuen Amt gelingt, den festgefahrenen Friedensprozess im Palästina-Konflikt neu in Gang zu bringen, ist mehr als fraglich. Israels Regierung und der Chef der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas haben die Ernennung begrüßt. Gerade die israelische Seite hätte sich kaum einen anderen Mann auf dem Posten wünschen können, der dem jüdischen Staat freundlicher gesonnen wäre. Als Kritiker der israelischen Politik ist Blair bislang jedenfalls nicht in Erscheinung getreten. Während des gescheiterten israelischen Feldzuges gegen die Hizbollah im vergangenen Jahr war Blair einer der Hauptgegner eines frühzeitigen Waffenstillstands, der hunderten libanesischen Zivilisten das Leben hätte retten können.
Schon kurz nach seinem Beitritt zur Labour-Party wurde Tony Blair Mitglied der "Labour Friends of Israel". Michael Levy, der als britischer Jude für Labour im House of Lords sitzt und eine Zeit lang Blairs Nahostbotschafter war, bezeichnet sich selbst als einen "führenden internationalen Zionisten" und gilt als einer der wichtigsten Berater Blairs.
Im Jahre 2004 attackierten 52 ehemalige britische Diplomaten, darunter auch die Ex-Botschafter in Bagdad und Tel Aviv, in einer gemeinsamen Erklärung Blairs Position im Israel-Palästina-Konflikt. Der Premier unterstütze bedingungslos eine israelische Politik die "zum Scheitern verurteilt" sei. Ausdrücklich bezogen sich die Diplomaten auf Blairs Unterstützung für israelische Pläne zur Erhaltung israelischer Siedlungen im Westjordanland.
In der Erklärung von damals hieß es: "Unsere Bestürzung über diesen rückwärtsgewandten Schritt wird durch die Tatsache gesteigert, dass Sie selbst ihn gutzuheißen scheinen. Dadurch geben Sie die Prinzipien auf, die für fast vier Jahrzehnte die internationalen Bemühungen um eine Wiederherstellung des Friedens im Heiligen Land geleitet haben."
Samstag, 30. Juni 2007
Donnerstag, 14. Juni 2007
Libanon: Nach dem Anschlag auf Walid Eido
Der gestrige Anschlag auf den libanesischen Parlamentsabgeordneten Walid Eido hat die Krise im Libanon weiter verschärft. Der sunnitische Parlamentarier der Future-Bewegung, der stärksten Kraft des Regierungslagers, ist eines von zehn Todesopfern des Autobomben-Anschlags im West-Beiruter Stadtteil al-Manara. Unter den Getöteten befinden sich auch sein Sohn Khaled, zwei Bodyguards, sowie zwei Basketballer des traditionsreichen Sportclubs al-Nejmeh.
Die Bombe detonierte gestern um 17:30 Uhr Ortszeit in unmittelbarer Nähe des Luna-Parks, einem unter Beiruter Familien sehr beliebten Freizeitpark direkt am Ufer des Mittelmeers, hier ein Augenzeugenbericht. Damit hat die neuerliche Anschlagswelle, die den Libanon in den vergangenen Wochen erschüttert, eine neue Dimension erreicht. Bislang explodierten die Bomben, die seit Ausbruch der Kämpfe zwischen der libanesischen Armee und der extremistischen sunnitischen Fatah al-Islam gelegt wurden, in den späten Abendstunden. Diesmal detonierte der Sprengsatz am hellichten Tag an einem sehr belebten Platz. Unklar ist bisher, ob Eido zufällig Opfer des Anschlags wurde oder gezielt angegriffen wurde. Seit Februar 2005 ist der 65-jährige der fünfte libanesische Politiker, der bei einem Attentat getötet wurde. Alle ermordeten Parlamentarier waren Gegner der syrischen Einflussnahme auf die libanesische Politik.
Walid Eido war während des libanesischen Bürgerkriegs Mitglied der nasseristischen Al-Murabitun-Miliz, die pan-arabische Ideale vertrat und ein enger Verbündeter der PLO im Libanon war. Nach dem Krieg wurde der Jurist Eido zum Staatsanwalt für den Nordlibanon ernannt, musste diesen Posten aber nach Bestechungsvorwürfen räumen. im Jahr 2000 zog Eido ins libanesische Parlament ein, sein Mandat konnte er bei den Wahlen 2005 verteidigen. Seine Machtbasis hatte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Parlament im Beiruter Stadtteil Basta, einem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Viertel in der Beiruter Innenstadt.
Der Anschlag ereignete sich drei Tage nachdem der UN-Sicherheitsrat in der UN-Resolution 1757 die Bildung eines Tribunals beschlossen hatte, das die Attentate auf Rafiq Hariri und andere Politiker aufklären soll. Walid Eido war entschiedener Fürsprecher dieses Tribunals, indem ausländische und libanesische Richter vertreten sein sollen. Die Opposition um die schiitischen Parteien Hizbollah und Amal, sowie die christlichen Parteien "Free Patriotic Movement" und al-Marada von Michel Aoun und Suleiman Franjieh lehnen die Schaffung des Gerichts nach dem beschlossenen Muster ab. Ähnlich wie Staatspräsident Emile Lahoud betrachten sie das UN-Tribunal als unzulässige Einmischung un die inneren Angelegenheiten des Libanon. Sie zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Gerichts, indem sie ein Instrument der USA sehen, ihren Einfluss auf den Libanon zu stärken und die syrische Staatsführung zu diskreditieren.
Die Politik im Libanon reagierte auf den gestrigen Anschlag wie immer. Unisono äußerten alle Gruppen ihre Bestürzung über den Tod des "Märtyrers" Walid Eido. Führende Köpfe des Regierungslagers wie Drusen-Führer Walid Jumblatt oder der Minister Marwan Hamadeh beschuldigten Syriens hinter dem Attentat zu stecken, Präsident Lahoud sprach abstrakter von "Feinden des Libanon". Gleichzeitig sprachen Politiker beider Lager von der Notwendigkeit sich endlich auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung zu einigen. Dass der jüngste Anschlag dafür den Anstoß gibt, sit jedoch äußerst fraglich.
Zur Stunde versammeln sich in den Straßen Beiruts Zehntausende um von Walid Eido und seinen Begleitern Abschied zu nehmen.
Die Bombe detonierte gestern um 17:30 Uhr Ortszeit in unmittelbarer Nähe des Luna-Parks, einem unter Beiruter Familien sehr beliebten Freizeitpark direkt am Ufer des Mittelmeers, hier ein Augenzeugenbericht. Damit hat die neuerliche Anschlagswelle, die den Libanon in den vergangenen Wochen erschüttert, eine neue Dimension erreicht. Bislang explodierten die Bomben, die seit Ausbruch der Kämpfe zwischen der libanesischen Armee und der extremistischen sunnitischen Fatah al-Islam gelegt wurden, in den späten Abendstunden. Diesmal detonierte der Sprengsatz am hellichten Tag an einem sehr belebten Platz. Unklar ist bisher, ob Eido zufällig Opfer des Anschlags wurde oder gezielt angegriffen wurde. Seit Februar 2005 ist der 65-jährige der fünfte libanesische Politiker, der bei einem Attentat getötet wurde. Alle ermordeten Parlamentarier waren Gegner der syrischen Einflussnahme auf die libanesische Politik.
Walid Eido war während des libanesischen Bürgerkriegs Mitglied der nasseristischen Al-Murabitun-Miliz, die pan-arabische Ideale vertrat und ein enger Verbündeter der PLO im Libanon war. Nach dem Krieg wurde der Jurist Eido zum Staatsanwalt für den Nordlibanon ernannt, musste diesen Posten aber nach Bestechungsvorwürfen räumen. im Jahr 2000 zog Eido ins libanesische Parlament ein, sein Mandat konnte er bei den Wahlen 2005 verteidigen. Seine Machtbasis hatte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Parlament im Beiruter Stadtteil Basta, einem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Viertel in der Beiruter Innenstadt.
Der Anschlag ereignete sich drei Tage nachdem der UN-Sicherheitsrat in der UN-Resolution 1757 die Bildung eines Tribunals beschlossen hatte, das die Attentate auf Rafiq Hariri und andere Politiker aufklären soll. Walid Eido war entschiedener Fürsprecher dieses Tribunals, indem ausländische und libanesische Richter vertreten sein sollen. Die Opposition um die schiitischen Parteien Hizbollah und Amal, sowie die christlichen Parteien "Free Patriotic Movement" und al-Marada von Michel Aoun und Suleiman Franjieh lehnen die Schaffung des Gerichts nach dem beschlossenen Muster ab. Ähnlich wie Staatspräsident Emile Lahoud betrachten sie das UN-Tribunal als unzulässige Einmischung un die inneren Angelegenheiten des Libanon. Sie zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Gerichts, indem sie ein Instrument der USA sehen, ihren Einfluss auf den Libanon zu stärken und die syrische Staatsführung zu diskreditieren.
Die Politik im Libanon reagierte auf den gestrigen Anschlag wie immer. Unisono äußerten alle Gruppen ihre Bestürzung über den Tod des "Märtyrers" Walid Eido. Führende Köpfe des Regierungslagers wie Drusen-Führer Walid Jumblatt oder der Minister Marwan Hamadeh beschuldigten Syriens hinter dem Attentat zu stecken, Präsident Lahoud sprach abstrakter von "Feinden des Libanon". Gleichzeitig sprachen Politiker beider Lager von der Notwendigkeit sich endlich auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung zu einigen. Dass der jüngste Anschlag dafür den Anstoß gibt, sit jedoch äußerst fraglich.
Zur Stunde versammeln sich in den Straßen Beiruts Zehntausende um von Walid Eido und seinen Begleitern Abschied zu nehmen.
Dienstag, 12. Juni 2007
Mustafa Barghouthi in Berlin: "Israel errichtet Apartheidssystem"
Der palästinensische Informationsminister Mustafa Barghouthi hat gestern knapp 100 Tage nach Bildung einer palästinensischen Einheitsregierung aus Fatah, Hamas und kleineren Parteien in Berlin eine erste Bilanz gezogen. Der 54-jährige Generalsekretär der "Palästinensischen Nationalen Initiative" (al-Mubadara) sprach vor etwa 100 Zuhörern auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Barghouthi bezeichnet sich selbst als einen der Architekten des Abkommens von Mekka, in dem Hamas und Fatah auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigten. Der Politiker erinnerte daran, dass die Hamas aus demokratischen, freien und transparenten Wahlen als Sieger hervorgegangen war und anschließend eine Regierung bildete, der die internationale Gemeinschaft die Zusammenarbeit verweigerte. Als Konsequenz sei die Bildung einer Einheitsregierung, die 96% der palästinensischen Wähler vertritt, alternativlos gewesen, weil als einzige Alternative ein "totales Desaster" stünde, nämlich der Zusammenbruch der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Barghouthi, der 2005 bei den Wahlen zum Chef der Autonomiebehörde 20% der Wählerstimmen erhielt, unterstrich, das das Programm der in Mekka gebildeten Regierung kein Hamas-Programm sei. Das Regierungsprogramm sei vielmehr säkular ausgerichtet, fördere Frauenrechte und unterstreiche die Wichtigkeit eines unabhängigen Bildungswesens. Des weiteren habe es seit Februar mehrere Initiativen gegeben, den Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen einzustellen als Gegenleistung für ein Ende israelischer Gewalt gegenüber den Palästinensern, diese Angebote würden jedoch von israelischer Seite stets abgewiesen.
Israels Premierminister Ehud Olmert weigere sich jedoch sowohl Fragen der palästinensischen Souveränität zu diskutieren als auch über ein Ende des Finanzembargos gegen die PA zu reden. Des weiteren habe die palästinensische Regierung in den vergangenen Monaten eine Initiative für einen Gefangenenaustausch mit Israel gestartet. Die Geiselnehmer des israelischen Soldaten Gilad Shalit hätten der israelischen Regierung eine Liste mit den Namen von 350 Palästinensern, die in israelischen Gefängnissen einsitzen, überreicht. 350 von insgesamt 11000 Gefangenen unter denen sich nach Barghouthis Angaben 120 Frauen und mehr als 300 Minderjährige befinden. Auch auf diese Initiative sei Israel nicht eingegangen.
Ebenso enttäuscht zeigte sich Barghouthi über Israels Reaktion auf die Friedensinitiative des Arabischen Gipfels, die die Anerkennung Israels im Gegenzug für einen vollständigen israelischen Rückzug aus dem Westjordanland und die Gründung eines souveränen palästinensischen Staates anbietet.
Unterdessen gehe das Embargo gegen die palästinensische Einheitsregierung weiter, Israel behält die Steuern der Palästinenser ein, der PA entgehen somit monatlich 63-65% ihrer Einnahmen - etwa 45 Millionen US-Dollar pro Monat. Die israelische Seite fordere die Aufrechterhaltung von Gesetz, Ordnung und Sicherheit in den palästinensischen Gebieten, nehme aber bewusst in Kauf, das die PA nicht in der Lage sei, die Löhne von Polizisten, Ärzten und Beamten zu zahlen. Auch die Europäische Union arbeitet noch immer nicht mit der Regierung zusammen. Die Minderheiten bei Fatah und Hamas, die gegen die gemeinsame Regierung sind, hätten es dadurch umso leichter die Gewalt immer wieder neu zu entfachen, da die palästinensische Regierung von Israel, den USA und der EU nicht ermächtigt werde, "ihren Job zu tun".
Informationsminister Barghouthi schilderte auch die Einschränkungen und Schikanen, denen er sich als demokratisch gewählter Parlamentarier und Minister von israelischer Seite ausgesetzt sieht. "Ich brauche 4 Genehmigungen um mein Land zu bereisen und meine Wähler zu besuchen. Ich brauche eine Genehmigung um in den Gaza-Streifen zu reisen, ich brauche eine Genehmigung, wenn ich nach Jerusalem, also in meinen Geburtsort will, ich brauche eine Genehmigung wenn ich ins Jordantal reisen will und eine Genehmigung
wenn ich ins Ausland möchte." Seit anderthalb Jahren verweigerten ihm die israelischen Behörden eine Reisegenehmigung für den Gaza-Streifen, den Ort in dem sein Ministerium liegt, seit Barghouthi Minister ist, also seit Februar, darf er auch nicht mehr nach Jerusalem. Der Politiker dazu: "Ich kann nach London oder Berlin fliegen und hier mit ihnen reden, meine Wähler in Gaza oder Jerusalem darf ich jedoch nicht besuchen."
Der gegenwärtige Bruderkrieg zwischen einzelnen Fraktionen innerhalb von Hamas und Fatah sei furchtbar, werde aber nach Barghouthis Einschätzung nicht von Dauer sein. Der Westen müsse seine Heuchelei aufgeben und mit der Regierung zusammenarbeiten - dies sei der einzige Weg zum Frieden. Die einseitige Unterstützung der Fatah durch die USA, etwa durch Waffenlieferungen sei der falsche Weg und habe lediglich zum Ziel den Krieg zwischen den Palästinensern am laufen zu halten um dadurch Israels Besatzungsregime Legitimation zu verschaffen.
Barghouthis Sicht zufolge klafft zudem eine große Lücke zwischen der Realität in den palästinensischen Gebieten und der Berichterstattung in den westlichen Medien. Innerpalästinensische Kämpfe würden einen breiten Platz in den Zeitungen und Nachrichtensendungen einnehmen, die israelische Gewalt gegen die Palästinenser erscheine hingegen allenfalls als Randnotiz. Ein wirkliches Bild von der Lage könne man sich jedoch nur vor Ort machen. Barghouthi weiter: "Mich beschämt das gegenseitige Töten der Palästinenser, jedoch nicht aus dem Grund, das seich Palästinenser nicht gegenseitig umbringen sollten, sondern weil sich Menschen nicht gegenseitig umbringen sollten."
Der israelischen Regierung bescheinigte der Minister kein Interesse an einem Frieden mit den Palästinensern zu haben, ihr gehe es darum Zeit zu gewinnen um am Boden Fakten zu schaffen. Nach dem Teilungsplan der UN aus dem Jahre 1947 sollten den Palästinensern 45% des Mandatsgebiets zugesprochen werden, nach dem 6-Tage-Krieg blieben den Palästinensern noch 22%. Mit dem Ausbau der Sperranlage und der Errichtung hunderter Checkpoints im Westjordanland habe Israel ein Apartheidssystem geschaffen. Gegenwärtig gebe es im gesamten Westjordanland nicht weniger als 543 permanente und 612 mobile Checkpoints an den die Palästinenser oft Stunden warten müssten und häufig Schikanen ausgesetzt seien.
Selbst die Weltbank, eine Organisation die der einseitigen Parteinamhem für die Palästinenser unverdächtig sei, kam zu dem Schluss, dass Israel mit diesen Checkpoints die Wirtschaft im Westjordanland systematisch ruiniere. Bei Abschluss der Osloverträge betrug das Verhältnis des Bruttosozialprodukts pro Kopf zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten 6:1, drei Jahre später 12:1, heute beträgt es 30:1 zu Gunsten Israels. Ziel des Sperrzauns sei daher eine Konsolidierung des Aprtheidsystems, nicht die israelische Sicherheit. Von den 996 Millionen Kubikmetern Wasser, die dem Westjordanland jährlich zur Verfügung stehen, gelngen nur 126 Millionen Kubikmeter zu den Palästinensern, der Rest werde von israelischer Seite abgezweigt.
Als Konsequenz sei ein lebensfähiger palästinensischer Staat und der den jetzigen Bedingungen nicht möglich. Effektiv habe sich der Anteil des Landes, über das die Palästinenser selbst bestimmen können, im Lauf der Jahrzehnte so verändert: Karte: http://www.muz-online.de/middleeast/israel.html
Als Hauptgrund für Israels Weigerung den Friedensprozess wiederzubeleben macht Barghoti weniger die fragile innenpolitische Situation Israels, sondern die noch immer vorhandene Dominanz der zionistischen Idee in der israelischen Politik aus, die die Anwesenheit der Palästinenser als "historischen Fehler" betrachte. Da Deportationen anders als 1948 heute nicht mehr möglich seien, bilde nun das Apartheidssystem das wichtigste Mittel der israelischen Politik, die Barghouthi als "das Ergebnis eine falschen Traums" bezeichnete.
Die Lage der Palästinenser sei das wichtigste moralische Thema des 21.Jahrhunderts, so Barghouthi weiter, und es gebe keine Rechtfertigung für das Dulden ihres Leidens. Die Lage der Palästinenser sei längste keine Sache mehr der Araber sondern Sache der gesamten Menschheit. Der israelischen Regierung und israelischen Lobbygruppen sei es in den letzten Jahren jedoch verstärtkt gelungen a) die Palästinenser zu entmenschlichen, b) die palästinensische Sache zu deligitimieren und c) Israel als Opfer darzustellen.
Das Ziel aller Bemühungen um Fireden könne nur eine 2-Staaten-Lösung sein, nicht zuletzt weil den Palästinensern laut internationalem Recht ein eigener Staat zustehe. Braghouthi schlug die Stationierung von UNO- oder NATO-Truppen entlang der Grenze beider Staaten vor, wenn Israel dies wünsche. Ein Frieden zwischen beiden Völkern sei jedoch nicht möglich, wenn Israel den Palästinensern buchstäblich das Wasser abgrabe und versuche soviel palästinensisches Territorium wie möglich zu sichern.
Die von Israel im Westjordanland errichtete Mauer sei Teil eines Systems der Segregation. Es sei "verrückt" zu glauben sie diene allein der israelischen Sicherheit. Schließlich sei es an einigen Stellen noch immer möglich die Sperranlage zu überqueren, auch Barghouthi selbst gab an die Möglichkeiten zu nutzen um unerlaubt nach Jerusalem zu gelangen. Die Tatsache, dass es seit über einem Jahr keinen Selbstmordanschlag mehr in Israel gegeben habe, sei daher auch nicht das Ergebnis der Errichtung der Mauer, sondern Ergebnis eines Umdenkens unter den palästinensischen Gruppen, die in der Vergangenheit Selbstmordattentäter nach Israel geschickt hatten. Organisationen wiie die Al-Aqsa-Brigaden seien zum dem Schluß gekommen, dass Selbstmordattentate kein Mittel des Kampfes gegen die Besatzung seien. Auch Barghouthi, dessen Mubadara-Bewegung keinen bewaffneten Arm unterhält erklärte, dass der gewaltlose Kampf der beste, effektivste und moralischste Weg zum Frieden sei.
"Grundlage für jede Lösung", so Barghouthi in seinem Schlusswort, "ist die gegenseitige Akzeptanz als geleichberechtigte Menschen mit gleichen Rechten."
Montag, 4. Juni 2007
Fatah al-Islam und Jund al-Sham - Ausweitung der Kampfzone
Zwei Wochen nach Ausbruch der Kämpfe zwischen der Fatah al-Islam und der libanesischen Armee in Nahr al-Bared sind in der vergangenen Nacht libanesische Soldaten am Rande eines zweiten palästinensischen Flüchtlingslagers angegriffen worden. Bei dem Vorfall in Ain al-Hilweh, dem größten Palästinenser-Camp im Libanon wurden zwei Armeeangehörige getötet.
Ersten Berichten zufolge sollen Kämpfer der Gruppe Jund al-Sham das Feuer auf einen Checkpoint am Rande des Lagers in der Nähe der südlibanesischen Stadt Saida/Sidon eröffnet haben. Der genaue Zusammenhang mit den Kämpfen in Nahr al-Barid ist bislang unklar, einzelne hochrangige Mitglieder von Jund al-Sham und Fatah al-Islam sollen jedoch Verwandte sein.
Die Bezeichnung Jund al-Sham, auf deutsch "Soldaten Groß-Syriens", tauchte erstmals 1999 auf, als sich in einem afghanischen Ausbildungslager der al-Qaida Syrer, Libanesen, Jordanier und Palästinenser unter der Führung von Abu Musab az-Zarqawi zusammenschlossen. Als langfristiges Ziel strebt die Gruppe die Errichtung eines islamistischen Staats auf dem Gebiet des heutigen Libanon, Syrien, Israel/Palästina, Jordanien und des Irak an.
In den vergangenen Jahren übernahmen Bekennerschreiben der Jund al-Sham unter anderem die Verantwortung für Anschläge auf eine britische Schule in Qatar, mehrere Bombenanschläge im Libanon und eine Explosion in einer texanischen Ölraffinerie im März 2005. Die große räumliche Distanz zwischen den Anschlagsorten, sowie die Tatsache, dass die Explosion in Texas laut offiziellen Angaben kein Anschlag gewesen sei, ließ jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Selbstbezichtigungen aufkommen.
Seit 2005 gab es zudem mehrere Zusammenstöße zwischen Jund al-Sham-Kämpfern und der syrischen Armee. Eigenen Angaben zufolge vereitelten syrische Sicherheitskräfte im Juni 2006 einen Terroranschlag der Jund al-Sham in Damaskus. Unklar ist, ob diese Zellen mit der Jund al-Sham in Ain al-Hilweh in Verbindung stehen oder ob es sich um verschiedene Bewegungen gleichen Namens handelt. Ebenso ist unbekannt ob eine Verbindung zwischen Jund al-Sham und den "Kämpfern für die Einheit und Freiheit Groß-Syriens" besteht, die die Verantwortung für den Mord an dem Syrien-kritischen Jouranalisten Gebran Tueni übernommen hatten, seither aber nicht wieder in Erscheinung geteten sind.
Die libanesische Zeitung "Al-Nahar", deren Herausgeber Tueni war, berichtete unterdessen am Sonntag, festgenommene Kämpfer der Fatah al-Islam hätten im Verhör gestanden Anschläge nach dem Vorbild des 11.September in Beirut geplant zu haben. Htels und Botschaften in der libanesischen Hauptstadt hääten zum Ziel von Selbstmordattentätern werden sollen. Die wichtigste Verbindungsstraße von der Hauptstadt in den Norden sollte zerstört und der Nordlibanon daraufhin zu einem islamischen Staat erklärt werden. Den Sprengstoff hierfür habe man aus Syrien erhalten, hieß es weiter.
Mittlerweile hat die Angst vor sunnitischen Extremisten nach dem Vorbild der al-Qaida auch jene Staaten erfasst, die Soldaten zur Friedenssicherung in den Südlibanon entsandt haben. So sollen sich nach Informationen des britischen Journalisten Robert Fisk Geheimdienstmitarbeiter aus Frankreich, Italien und Spanien mit hochrangigen Hizbollah-Funktionären getroffen und die Lage erörtert haben. Die Hizbollah habe zugesichert, die UNIFIL-Soldaten zu beschützen.
Ersten Berichten zufolge sollen Kämpfer der Gruppe Jund al-Sham das Feuer auf einen Checkpoint am Rande des Lagers in der Nähe der südlibanesischen Stadt Saida/Sidon eröffnet haben. Der genaue Zusammenhang mit den Kämpfen in Nahr al-Barid ist bislang unklar, einzelne hochrangige Mitglieder von Jund al-Sham und Fatah al-Islam sollen jedoch Verwandte sein.
Die Bezeichnung Jund al-Sham, auf deutsch "Soldaten Groß-Syriens", tauchte erstmals 1999 auf, als sich in einem afghanischen Ausbildungslager der al-Qaida Syrer, Libanesen, Jordanier und Palästinenser unter der Führung von Abu Musab az-Zarqawi zusammenschlossen. Als langfristiges Ziel strebt die Gruppe die Errichtung eines islamistischen Staats auf dem Gebiet des heutigen Libanon, Syrien, Israel/Palästina, Jordanien und des Irak an.
In den vergangenen Jahren übernahmen Bekennerschreiben der Jund al-Sham unter anderem die Verantwortung für Anschläge auf eine britische Schule in Qatar, mehrere Bombenanschläge im Libanon und eine Explosion in einer texanischen Ölraffinerie im März 2005. Die große räumliche Distanz zwischen den Anschlagsorten, sowie die Tatsache, dass die Explosion in Texas laut offiziellen Angaben kein Anschlag gewesen sei, ließ jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Selbstbezichtigungen aufkommen.
Seit 2005 gab es zudem mehrere Zusammenstöße zwischen Jund al-Sham-Kämpfern und der syrischen Armee. Eigenen Angaben zufolge vereitelten syrische Sicherheitskräfte im Juni 2006 einen Terroranschlag der Jund al-Sham in Damaskus. Unklar ist, ob diese Zellen mit der Jund al-Sham in Ain al-Hilweh in Verbindung stehen oder ob es sich um verschiedene Bewegungen gleichen Namens handelt. Ebenso ist unbekannt ob eine Verbindung zwischen Jund al-Sham und den "Kämpfern für die Einheit und Freiheit Groß-Syriens" besteht, die die Verantwortung für den Mord an dem Syrien-kritischen Jouranalisten Gebran Tueni übernommen hatten, seither aber nicht wieder in Erscheinung geteten sind.
Die libanesische Zeitung "Al-Nahar", deren Herausgeber Tueni war, berichtete unterdessen am Sonntag, festgenommene Kämpfer der Fatah al-Islam hätten im Verhör gestanden Anschläge nach dem Vorbild des 11.September in Beirut geplant zu haben. Htels und Botschaften in der libanesischen Hauptstadt hääten zum Ziel von Selbstmordattentätern werden sollen. Die wichtigste Verbindungsstraße von der Hauptstadt in den Norden sollte zerstört und der Nordlibanon daraufhin zu einem islamischen Staat erklärt werden. Den Sprengstoff hierfür habe man aus Syrien erhalten, hieß es weiter.
Mittlerweile hat die Angst vor sunnitischen Extremisten nach dem Vorbild der al-Qaida auch jene Staaten erfasst, die Soldaten zur Friedenssicherung in den Südlibanon entsandt haben. So sollen sich nach Informationen des britischen Journalisten Robert Fisk Geheimdienstmitarbeiter aus Frankreich, Italien und Spanien mit hochrangigen Hizbollah-Funktionären getroffen und die Lage erörtert haben. Die Hizbollah habe zugesichert, die UNIFIL-Soldaten zu beschützen.
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