Dienstag, 31. Mai 2011

Libanon und Syrien: Tanz am Abgrund

von Robert Chatterjee, Christoph Dinkelaker und Björn Zimprich
Bisher hat sich der Libanon von den Umwälzungen in der Region ausgeklinkt. Nun aber fallen Regierungskrise und die Eskalation in Syrien zusammen – mit unvorhersehbaren Folgen. Dem Zedernstaat stehen ungemütliche Wochen bevor.

Samstag, 28. Mai 2011

Syrischer Briefkasten in Saida? Anschlag auf die UNIFIL im Libanon

Gestern sind bei einem Anschlag auf die UNIFIL-Truppen sechs italienische Soldaten verletzt worden. Italien kündigte an, seine UNIFIL-Beteiligung schrittweise zu reduzieren. Gleichzeitig spekulieren libanesische Politiker über den Hintergrund des Anschlages. Politiker aus dem Lager des 14. März vermuten eine Warnung Syriens an die Internationale Gemeinschaft.

Freitag, 27. Mai 2011

Die Rückkehr der Assabiya ‎

Ein Gastbeitrag von  Giovanni Patriarca
Die jüngsten Ereignisse und sozialen Unruhen in Nordafrika haben, wie es offensichtlich wird, eine destabilisierende Wirkung auf die ganze arabische Welt. Tunesien ist es in hervorragender Weise gelungen, die gemeinsamen Gefühle vieler Bevölkerungsgruppen zu wecken, welche unter langjährigen wirtschaftlichen Problemen leiden, die durch die Finanzkrise und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit noch verstärkt werden.

Da gerät allzu leicht ausser Acht, dass genau in dieser Region in sog. ruhmreichen Zeiten aber zweifelsohne auch blutigen Zeiten, der Ursprung par excellence einer gemeinschaftlichen Sozialzugehörigkeit innerhalb der islamischen Welt war. Dieses Thema scheint in den letzen Tagen des Umbruchs und Machtwechselforderung, das Leitmotiv vieler Kommentatoren und Analysten des Mittleren Ostens zu sein.

Donnerstag, 26. Mai 2011

Deutsche Universität in Kairo: Vorzeigeprojekt am Pranger

von Sahra Gemeinder
Seit Monaten herrscht Aufruhr an der German University in Cairo. Horrende Gebühren, intransparente und autoritäre Strukturen bringen die Studenten auf die Barrikaden. Hinkt der deutsche Bildungsexport der Revolution hinterher?

Four months after the beginning of the revolution – What’s new in Egypt?

Ich bin derzeit auf Einladung der Deutschen Welle - Akademie zu Gast beim Young Media Summit 2011 in Kairo. 17 junge Blogger und Journalisten aus Deutschland und der Arabischen Welt treffen sich, diskutieren, tauschen sich aus. Gestern war ich mit Emna aus Tunesien und Bassem aus Ägypten rund um den Tahrir-Platz unterwegs und wir haben mit Ägyptern über ihre Erfahrungen und Erwartungen gesprochen. Hier ist das Ergebnis, das auch auf dem Blog des Young Media Summit nachzulesen ist:

Four months have passed since the beginning of the revolution in Egypt on January 25. The regime has changed, but what else? Did the relationship between the state institutions and the people change since Husni Mubarak was forced to resign? And how do Egyptians assess the security situation in their country these days? How did Social Media inspire Egyptians before and after the revolution? And first of all – how do people celebrate and remember their successful Intifada?

Mittwoch, 25. Mai 2011

»Salafisten sind keine Gefahr für die Bruderschaften«

Interview: Björn Zimprich

Im Senegal üben islamische Bruderschaften, besonders die Muriden, Macht auf Politik und Gesellschaft aus. Ein Gespräch mit dem Politologen Ibrahim Thiam über Gefahr und Grenzen ihrer Einflussnahme.

Montag, 23. Mai 2011

Nakba-Tag in Majdal Schams: Aus dem Dornröschenschlaf gerissen

Aus Majdal Schams berichtet Mai-Britt Wulf
Am diesjährigen »Nakba-Tag« geschieht auf dem Golan das Undenkbare: Demonstranten durchqueren ein Minenfeld und trotzen dem israelischen Sperrfeuer. Bei den Golan-Drusen keimt Hoffnung, eines Tages wieder zu Syrien zu gehören.

Nakba - "People did not care if there was shooting"


Liebe Leserinnen und Leser,

in den letzten Tagen wurde sehr viel über die Geschehnisse am Nakba-Tag in Palästina, Israel und an den Grenzen geschrieben. Unsere Bekannte Hiba aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Bourj al-Barajne in Beirut, hat die dramatischen Ereignisse an der israel-libanesischen Grenze selbst miterlebt.

This year, Nakba (“the catastrophe”) was supposed to have a different taste. It was supposed to tell the world that denies our existence: “Hey, here we are, this is our land, and this is our right. Our right to return will not die.” The way to the Maroun al-Ras was a mass movement of Palestinian people, the opposite way that the original displacement occurred. Everything was opposite from the lives that we have lived. On the way south we repeatedly noticed that it was the most beautiful scenery we have ever seen, the air was kinder, the morning sun was brighter, and even national and traditional revolutionary songs that we have been hearing since childhood took on a new meaning that day. We were going to Palestine, the air smelt of the soil of Palestine. That day there was hope that we would return. Our numbers and our determination put that dream closer to becoming a reality than ever before.

Samstag, 21. Mai 2011

Aufstand in Syrien: Die Propheten des Wandels

Ein Beitrag von Marian Brehmer
Die Proteste in Syrien gehen weiter, schon über 800 Menschen sind bisher ums Leben gekommen. Auch wenn kaum jemand mit einer derartigen Eskalation gerechnet hatte, war der Unmut jungen Syrern schon vor Jahren anzumerken.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Presseschau zum Nakba-Tag: "Nichts hat sich geändert seit 1947"

Eine Presseschau von Christoph Dinkelaker, Dominik Peters, Christoph Sydow und Björn Zimprich.

Am vergangenen Sonntag haben Palästinenser in aller Welt den Nakba-Tag begangen, der an die Flucht und Vertreibung von Hunderttausenden Arabern aus Palästina in Folge der Staatsgründung Israels vor 63 Jahren erinnert. In diesem Jahr marschierten an dem Gedenktag hunderttausende Palästinenser und Araber im Westjordanland und im Gazastreifen, im Libanon und in Syrien auf die israelische Grenze zu um damit ihr Recht auf Rückkehr in die Heimat ihrer Vorfahren einzufordern. Ähnliche Versuche von Gruppen in Ägypten und Jordanien wurden von den dortigen Sicherheitskräften unterbunden. Ähnlich wie die Protestbewegungen gegen die autoritären Regierungen in den arabischen Staaten wurden die Demonstrationszüge vom vergangenen Woche maßgeblich über Facebook organisiert. Bei den Zusammenstößen an Israels Außengrenzen wurden insgesamt 15 Palästinenser getötet, mehr als hundert weitere Araber und dutzende Israelis wurden verwundet.

Zeitungskommentatoren in Israel zeigen sich einmal mehr erstaunt darüber, wie präsent das Trauma der Flucht auch nach 63 Jahren noch bei den heute lebenden Palästinensern ist. Zugleich fürchtet man, dass die Ereignisse vom 15. Mai die Araber darin bestärken könnten, den Sturm auf Israels Grenzen zu wiederholen. In der arabischen Presse wird der Protest der Palästinenser in den Kontext der Aufstandsbewegungen in der Arabischen Welt gesetzt. Gleichzeitig gibt es Stimmen die davor warnen, die palästinensische Sache für eigene politische Zwecke zu missbrauchen. Unter dem Strich geben sich die arabischen Kommentatoren zuversichtlich, dass das Rückkehrrecht der Palästinenser in Zukunft durchgesetzt werden könne.

Dienstag, 17. Mai 2011

Libanons Innenminister im Interview: »Ich habe nie darum gebeten, hier zu sein«

Interview: Robert Chatterjee, Christoph Dinkelaker und Björn Zimprich
Libanons Innenminister Ziyad Baroud im Interview über ehrgeizige Reformprojekte, die Protestbewegungen in der Region – und warum er der Politik nach fast drei Jahren frustriert den Rücken kehrt.

Montag, 16. Mai 2011

Tag der Nakba in Ramallah

Das Konzept der Schweigeminute scheint nicht in Palästina erfunden worden zu sein. Als um 12 Uhr auf dem Manara-Platz im Herzen Ramallahs eine Sirene ertönt, die an die Flucht und Vertreibung von etwa 700 000 Palästinensern aus ihren Städten und Dörfern 1948 erinnert, halten nur wenige Menschen inne, auch der Verkehr fließt ohne Unterbrechung weiter. Die als „Nakba“, also als „Katastrophe“ erinnerten Ereignisse im Zuge der Staatsgründung Israels jähren sich an diesem wechselhaften Sonntag zum 63. Male. 

Im Zentrum der administrativen Hauptstadt Palästinas haben sich einige Tausend Leute versammelt. Ein Großteil von ihnen hat sich bereits am frühen Nachmittag den Schulklassen aus den umliegenden Flüchtlingslagern angeschlossen, die als Protestzug vom Mausoleum Yassir Arafats, der politischen Vaterfigur Palästinas, zum Manara-Platz marschiert sind.


„Es gibt keine Alternative zur Rückkehr“

Die identitären Symbole der Palästinenser sind omnipräsent. Neben der Kuffiyeh, dem Palästinensertuch, sind es vor allem die großen schweren Metallschlüssel, die viele Flüchtlinge beziehungsweise Vertriebene 1948 in der Annahme mitnahmen, kurze Zeit später in ihre Häuser in Jaffa, Haifa oder Akko zurückkehren zu können.



Der Schlüssel als Symbol der Flüchtlinge und Vertriebenen

Sonntag, 15. Mai 2011

»Nein sagen zur Unterdrückung« - Christen in der ägyptischen Revolution


Interview: Sebastian Elsässer

Der  koptische Aktivist Rami Kamel, 24, Jurastudent an der Kairo-Universität, schildert, wie er zum Revolutionär der ersten Stunde wurde und wie er und seine Mitstreiter den Kampf um koptische Anliegen im neuen Ägypten fortsetzen wollen.

Nach den blutigen Auseinandersetzungen im Kairoer Viertel Imbaba mit zwölf Toten und hunderten Verletzten, bei denen auch drei Kirchen zum Teil schwer beschädigt wurden, steht das kriselnde Verhältnis zwischen Muslimen und Christen erneut im Fokus der Öffentlichkeit. Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art seit der Revolution. Anfang März wurde im Dorf Sol, 50 Kilometer südlich von Kairo, eine Kirche angegriffen und in Brand gesetzt. In Kairo lieferten sich kurz darauf Muslime und Christen aus den Armenvierteln am Muqattam-Berg blutige Straßenschlachten. Gleichzeitig schürt Ängste das aggressive Auftreten der Salafisten-Bewegung vor einer zunehmenden Islamisierung im nachrevolutionären Ägypten. Sind die ägyptische Christen also die eigentlichen Verlierer der Revolution? Sind sie nach dem Sturz von Mubaraks Sicherheitsstaat den Angriffen extremistischer Muslime mehr denn je schutzlos ausgeliefert? Die Berichterstattung über die Lage in Ägypten übersieht oft, dass im Windschatten der Revolution auch der koptische Widerstand gegen Diskriminierung und religiös motivierte Gewalt neue Dimensionen der Mobilisierung erreicht hat.

Donnerstag, 12. Mai 2011

Aufstand im Reich der Assads: Syrisches Roulette

Um sich und sein Regime an der Macht zu halten, nimmt Baschar al-Assad Risiken in Kauf: Konfessionelle Gewalt, Wirtschaftskrise und den Rückfall in politische Isolation. Geht die Rechnung auf? Eine Analyse von Robert Chatterjee, Christoph Dinkelaker und Christoph Sydow

Dienstag, 10. Mai 2011

Israels 63. Unabhängigkeitstag: Das "Davidschild" - Vom magischen Zeichen zum Symbol Israels

Das "Davidschild" ist zum Symbol des jüdischen Volkes geworden und ziert die israelischen Flagge. Das ist alles andere als selbstverständlich. Anlässlich des 63. Unabhängigkeitstages des Staates Israel skizziert al-sharq die Geschichte dieses Klassikers der politischen Ikonographie nach.


Von Dominik Peters

Montag, 9. Mai 2011

Ägypten nach der Revolution: Kater in Kairo?

Dimitris Soudias und Björn Zimprich (Kairo)

Hat in Ägypten im Jahre 2011 eine Revolution stattgefunden? Davon sind noch nicht alle Experten überzeugt. Doch abseits akademischer Diskussionen bekennt man sich am Nil mit Stolz zu »unserer Revolution«. Aber es macht sich auch Katerstimmung breit.

Freitag, 6. Mai 2011

Munther Fahmi - Mit Touristenvisum in der Heimat

Munther Fahmi wurde in Jerusalem geboren und wuchs in der "Heiligen Stadt" auf. Mit 21 verließ der Palästinenser seine Heimat, um in den USA zu studieren. Dort heiratete er und nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Im Zuge der Euphorie um das Oslo-Abkommen kehrte Fahmi nach etwa 20 Jahren 1993 nach Jerusalem zurück. Wie die meisten Palästinenser, die in Ostjerusalem leben, hatte Fahmi aus politischen Gründen die israelische Staatsbürgerschaft nie angenommen und als Jugendlicher deshalb lediglich ein Residenzrecht genossen. Dieses verliert man jedoch, sobald man die Stadt für einige Jahre verlässt und/oder man eine andere Staatsbürgerschaft annimmt. Beides trifft auf Fahmi zu, der deshalb Jerusalem ab den 1980er Jahren nur noch mit einem Touristenvisum besuchen konnte. Auch nach seiner Rückkehr musste er alle drei Monate das Land verlassen, um bei der Wiedereinreise ein neues Touristenvisum zu bekommen.

Vor etwa 20 Monaten teilte das israelische Innenministerium Fahmi mit, dass sein Visum nicht mehr verlängert wird. Seitdem läuft er Gefahr, abgeschoben zu werden. Noch haben seine rechtlichen Initiativen beim Obersten Israelischen Gerichtshof sowie seine Öffentlichkeitskampagne zu keinem Erfolg geführt.

Alsharq gab Munther Fahmi eine Plattform, um über seine Situation zu sprechen. Wir bedanken uns bei dem belgischen Fotojournalistischen Jan Beddegenoodts, der das Video gemacht hat.


Munther Fahmi from Jan Beddegenoodts on Vimeo.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Lampedusa - So der Wind will

Ein persönlicher Bericht aus Lampedusa von Marta Bellingreri

Und schon kannst Du weiterfliegen! Keine fünf Minuten dauert die Gefangenschaft der Wandervögel: Kaum gelandet, werden sie in kleinen Netzen gefangen und von den Forschern der Umweltschutzorganisation Legambiente in das Haus nebenan gebracht. Dort werden sie gewogen, untersucht und bestimmt, vor allem aber bekommen sie einen Ring mit einer Kennung. So lässt sich verfolgen, ob die Vögel an den gleichen Ort zurückkehren, ob sie bei der Rückkehr abgemagert sind und ob sie von Lampedusa zum Beispiel nach Ponza ziehen, wo andere Forscher auf sie warten: man verfolgt ihre Wanderung, von einem Teil "Europas" zum nächsten, man überwacht den Gesundheitszustand der Vögel, die von der einen Mittelmeerküste zur anderen fliegen... und man lässt es zu, dass sie weiterziehen!

Mittwoch, 4. Mai 2011

Arabische Medien zur Tötung Bin Ladens: „Barack Obama hat den Wunsch des Scheichs erfüllt“

Eine Presseschau von Clemens Recker, Christoph Sydow und Björn Zimprich

Fast zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September und dem anschließenden Einmarsch der US-geführten Koalition in Afghanistan ist der meistgesuchte Terrorist der Welt getötet worden. In der Nacht zum Montag erschoss eine Spezialeinheit der US-Armee Usama bin Laden in einem Anwesen in Abottabad, einer Stadt nur knapp 50 Kilometer von der pakistanischen Hauptstadt Islamabad entfernt.

Das Verhältnis zwischen dem Westen und der islamischen Welt wurde in den letzten zehn Jahren maßgeblich von al-Qaidas Terroranschlägen und Bin Ladens Botschaften beeinflusst. In den arabischen Medien hoffen die Kommentatoren nach dem Ende des Topterroristen nun auf einen Wandel in der westlichen Politik. Mitleid und Sympathie für Bin Laden sucht man vergebens.

Sonntag, 1. Mai 2011

Bund fürs (Über-)Leben - Fatah und Hamas geben sich das Ja-Wort

Ein Beitrag von Judith Althaus und Helene Kortländer

Die Nachrichten aus Kairo überraschten Palästinenser, Israelis und internationale Beobachter gleichermaßen: Hamas und Fatah haben am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie sich in Geheimgesprächen in Kairo auf einen Fahrplan zur nationalen Aussöhnung geeinigt haben. In allen offenen Punkten hätten die beiden Bewegungen Kompromisse gefunden, das finale Dokument könne in der kommenden Wochen unterzeichnet werden, ließen Unterhändler Mahmoud Zahhar aus dem Hamas-Politbüro in Damaskus und Azzam Al-Ahmad von der Fatah verlautbaren.