Freitag, 31. Oktober 2008

Bericht zur Umwelt im Nahen Osten

Arabische Wissenschaftler haben in der vergangenen Woche erstmals einen Bericht veröffentlicht, der sich mit Problemen und Herausforderungen für die Umwelt in den arabischen Ländern auseinandersetzt. Der Bericht "Arab Environment - Future Challenges" wurde vom Arab Forum for Environment and Development in Manama, Bahrain veröffentlicht.

Im Kern wollen die unabhängigen Experten darin Antworten auf folgende fünf Fragen geben:

  • Wie verändern sich die Umweltbedingungen in der Arabischen Welt?
  • Was sind die Gründe für Umweltzerstörungen und wie sind diese mit menschlichen Einflüssen und anderen Belastungen verbunden?
  • Warum ist die Umwelt ein wichtiges Thema für die Arabische Welt?
  • Was wird getan? Wie reagiert die Gesellschaft durch private und öffentliche Initiativen auf diese Themen?
  • Sind die Maßnahmen, die ergriffen werden um die Umweltverschmutzung und die Zerstörung von Ökosystemen aufzuhalten, ausreichend?
Zunächst verweisen die Autoren auf den rapiden Wandel, den die Arabische Welt im Laufe des letzten Jahrhunderts durchlaufen hat. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten hier weniger als 50 Millionen Menschen, heute sind es etwa 325 Millionen. Die Öl-Förderung hat Teilen der Region großen Wohlstand beschert, gleichzeitig jedoch schwerwiegende Schäden für die Umwelt verursacht. Die Weltbank schätzt, dass die anhaltende Umweltzerstörung die Arabische Welt pro Jahr etwa 5% ihres Bruttoinlandsproduktes kostet.

Um diese Entwicklung aufzuhalten bedürfe es umfassender Reformen, strengerer Gesetzen und größerer Unterstützung für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben.

Das gravierendste Problem für die arabischen Staaten wird auf absehbare Zeit die Wasserknappheit sein. Schon heute stehen pro Kopf und Jahr nur 977 Kubikmeter Wasser zur Verfügung - laut Definition der Vereinten Nationen bedeutet dies eine Unterversorgung. Gleichzeitig wird geschätzt, dass diese Zahl bis zum Jahr 2023 auf 460 Kubikmeter Wasser pro Person fallen wird. Bis zum Jahr 2025 werden alle arabischen Länder mit Ausnahme von Ägypten, Sudan, Irak, Syrien und Libanon unter Wassermangel leiden.

Ein großes Problem ist, dass die knappen Wasserressourcen nicht effektiv genutzt werden. Mehr als 80% des Wassers wird für die Bewässerung von Feldern verwendet. Hinzu kommen Vorhaben, wie etwa in den Golfstaaten zu den bestehenden 16 Golfplätzen weitere 40 hinzu zu fügen. Jeder Golfplatz verbraucht etwa 1,3 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr - das würde ausreichen um 15.000 Menschen ein Jahr lang mit Trinkwasser zu versorgen.

Auch das globale Problem des Klimawandels macht vor den arabischen Staaten nicht Halt. Auch wenn diese nur etwa 5% zur Verursachung des Treibhauseffekts beitragen, drohen den Staaten schwerwiegende Folgen. Die Durchschnittstemperatur im Nahen Osten soll jüngsten Berechnungen zufolge bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 2 bis 5,5 Grad ansteigen. Gleichzeitig wird die Niederschlagsmenge nach Angabe der Autoren um bis zu 20% zurückgehen. Schon jetzt erleben Staaten wie Jordanien und Syrien die schlimmsten Dürreperioden seit Jahrzehnten.

Die Luftverschmutzung in den arabischen Städten wird ebenso als großes Zukunftsproblem identifiziert. Schon heute kostet die Behandlung von Krankheiten die auf die Luftverschmutzung zurückgehen die arabischen Staaten pro Jahr 5 Milliarden US-Dollar. 90% des Kohlendioxin-Ausstoßes gehen auf das Konto des Transportsektors. Die Emission pro Kopf lag 2003 in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Qatar 13 beziehungsweise 9 mal höher als der weltweite Durchschnitt.

Kaum besser klingt die Einschätzung des Berichts hinsichtlich des Müllproblems. Täglich werden in der Region 250000 Tonnen Müll produziert, davon werden nur 5% recycled. In Städten wie Kuwait, Riyadh oder Abu Dhabi fällt täglich pro Tag so viel Müll an wie sonst nur an wenigen Orten auf der Welt.

Um all diese Probleme wirksam anzugehen bedürfe es einer stärkeren Förderung von Forschungsprogrammen, die sich mit der Bekämpfung von Umweltproblemen befassen. Gegenwärtig stellen die arabischen Staaten nur 0,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts dafür zur Verfügung, weltweit liegt der Durchschnitt bei 1,4%. Diese Vernachlässigung verstärke nur den "Brain Drain" aus dem Nahen Osten in Richtung Amerika. Hinzu kommt, dass in arabischen Schulen kaum eine Umwelterziehung stattfinde, die die Schüler für das Problem sensibilisiere, kritisiert der Bericht.

Wichtig sei die Umsetzung langfristig angelegter Strategien. Die Wissenschaftler loben, dass mittlerweile die meisten arabischen Länder ein Umweltministerium oder eine Umweltagentur eingerichtet hätten. In den Emiraten habe sich die Regierung zudem konkrete Ziele gesetzt, deren Einhaltung in regelmäßigen Abständen überprüft wird. Dennoch sei es wichtig, dass die Aufmerksamkeit für die Umweltprobleme bei Regierung und Bürgern weiter zunimmt.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Algerien: Präsident Bouteflika will dritte Amtszeit

Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika hat für das kommende Jahr mehrere Verfassungsänderungen angekündigt, die ihm eine dritte Amtszeit ermöglichen sollen. Er wolle dem Volk die Möglichkeit geben, das Recht auszuüben einen Präsidenten zu wählen und sein Vertrauen in ihn in aller Souveränität zu erneuern, so der 72-Jährige am Mittwoch bei einer Rede in Algier.

Bouteflika ist seit 1999 Präsident der drittstärksten Volkswirtschaft Afrikas. Seine zweite Amtszeit läuft im Frühjahr 2009 aus. Die algerische Verfassung beschränkt die Herrschaft des Staatschefs nach amerikanischem Vorbild auf zwei Amtszeiten. Dies will Bouteflika nun offenbar ändern. Die Verfassungsänderung soll bereits im November von Parlament beschlossen werden, anschließend soll das algerische Volk 2009 in einem Referendum zustimmen.

Die staatliche Presse, allen voran die der regierenden FLN nahestehende Zeitung "el-Moudjahid" begrüßte Bouteflikas Ankündigung. Der Präsident reagiere damit nur auf Forderungen aus dem Volk. Das Blatt verweist darauf, dass sich Algerien in einer entscheidenden Phase für die wirtschaftliche Entwicklung, die politische Stabilität, die Demokratisierung des öffentlichen Lebens des Landes befinde und auf dem Weg sei einen stabilen Rechtsstaat aufzubauen. Hierfür bedürfe aus einer Kontinuität an der Spitze des OPEC- Staates.

Die oppositionelle "Vereinigung für Kultur und Demokratie" (RCD) verurteilt hingegen Bouteflikas Pläne als "klandestine Verfassung". Die Partei, die besonders unter den Berbern Rückhalt genießt, kritisiert neben der Aufhebung der Beschränkung der Amtszeiten des Präsidenten die Tatsache, dass der Premierminister künftig nicht mehr dem Parlament gegenüber verantwortlich sein soll, sowie die Einführung eines Vize-Präsidenten-Amtes. Dieser würde beim Tode des Präsidenten auf dessen Posten rücken, ohne vom Volk bestätigt zu werden.

Angesichts des kritischen Gesundheitszustands Bouteflikas erscheint dieser Fall alles andere als unrealistisch. In den vergangenen Jahren musste sich der Präsident mehrfach für einige Monate nach Frankreich begeben um sich dort in Krankenhäusern behandeln zu lassen. Gerüchte über eine Dramkrebs- oder Leukämieerkrankung machten die Runde. Ob er daher bis 2014 im Stande ist sein Amt auszuüben ist ungewiss.

Die Wiederwahl Bouteflikas gilt als sicher. Er hätte seine Pläne kaum angekündigt, wenn er sich nicht der Unterstützung des FLN-Parteiapparates, sowie der Armee versichert hätte. Zudem honorieren viele Algerier, dass Abdelaziz Bouteflika nach dem Bürgerkrieg während der 1990er Jahre das Land wirtschaftlich langsam nach vorne gebracht hat. 

Oppositionsparteien werden vom Staat gegängelt und systematisch benachteiligt. Islamistische Parteien sind verboten. Ein fairer politischer Wettbewerb ist angesichts dieser Umstände im Wahlkampf 2009 nicht zu erwarten.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Hollywood plant Film über Prophet Muhammad

Hollywood-Produzent Oscar Zoghbi plant einen Film über das Leben des Propheten Muhammad. Der Film mit dem Titel "The Messenger of Peace" soll ein Remake des 1977 veröffentlichetn Streifens "The Message " des syrischen Regisseurs Moustapha Akkad werden.

Bereits bei diesem Film mit Anthony Quinn als Muhammads Onkel in der Hauptrolle hatte Zoghbi mit Akkad zusammengearbeitet. "Wir haben höchsten Respekt vor Akkads Arbeit, aber die Filmtechnologie hat sich seit den 1970ern weiterentwickelt." Die Kernbotschaft der Vorlage solle jedoch auch im neuen Film erhalten bleiben.

Wie auch in "The Message" soll Prophet Muhammad in dem aktuellen Filmprojekt nicht von einem Schauspieler verkörpert werden, um das Bildverbot im Islam zu respektieren. Seine Stimme soll zwar zu hören sein, sehen soll man Muhammad auch im neuen Film jedoch nicht. Zwar enthält der Koran kein Bilderverbot, allerdings lautet heute die Mehrheitsmeinung unter islamischen Rechtsgelehrten, dass die Abbildung des Propheten eine Form der Bilderverehrung darstelle und daher abzulehnen sei.

In jedem Fall bleibt abzuwarten, ob das Filmvorhaben bei einigen Muslimen auf Ablehnung stoßen wird. Die Unruhen nach der Veröffentlichung der Muhammad-Karikaturen 2006 ist noch immer in Erinnerung. Erst kürzlich stoppte der US-Verlag Random House die Veröffentlichung des Buches "Der Juwel von Medina", einem Roman über Aisha, eine Ehefrau Muhammads.

Drehubuch-Autor von "The Messenger of Peace", Ramsey Thomas, erklärte zum Filmvorhaben: "Im 21. Jahrhundert braucht man einen Film, der die Zuschauer auf die emotionale Reise zum Ursprung des Islams mitnimmt." Zudem verweisen die Macher darauf, dass es zwar mehr als 30 Filme über die Entstehung des Christentums gebe - bislang jedoch nur einen einzige über die Geburt des Islam.

Das Produktionsteam plant den Film an Originalschauplätzen in Mekka und Medina zu drehen, jenen Orten in denen Muhammad lebte und aktiv war. Ob die saudischen Behörden die Dreharbeiten erlauben ist bislang noch unklar. In Saudi-Arabien selbst gibt es keine Kinos.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Marokko: "Gott, Vaterland, Barca" - 18 Monate Haft

Der marokkanische Schüler Yassine Belassal ist zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, weil er König Mohammed VI beleidigt haben soll. Sein Vergehen: Er änderte den an die Schultafel geschriebenen Wahlspruch des Landes "Gott, Vaterland, König" in "Gott, Vaterland, Barca".

Der Fußballfan wollte auf diese Weise seine Liebe zum FC Barcelona zum Ausdruck bringen, ging dabei nach Ansicht des Gerichts zu weit. Der Vorfall ereignete sich an einer Schule in Ait Ourir, einem kleinen Ort in der Nähe von Marrakech. Die Schuldirektion meldete den Vorfall und ein Gericht in Marrakech verurteilte den Schüler der Abschlussklasse zu 18 Monaten Haft. Derzeit sitzt Yassine Belassal im Gefängnis Boulamharez.

Für den morgigen Mittwoch ist ein Berufungsverfahren angesetzt worden. FC Barcelonas Präsident Joan Laporta hat nun die Rechtsanwältin Magda Oranich eingeschaltet. Sie soll nun mit der marokkanischen Botschaft in Spanien klären ob und in welcher Form dem Jungen geholfen werden kann.

Jede Form der Beleidigung oder Herabsetzung der Königsfamilie wird in Marokko streng geahndet. Vor einigen Monaten wurde ein junger Mann zu 3 Jahren Haft verurteilt, weil er auf Facebook ein falsches Profil von einem Bruder des Königs erstellt hatte. Dann wurde der Blogger Mohamed Erraji zu 2 Jahren Haft verurteilt, weil er in einem Online-Artikel die Politik des Königs kritisiert hatte. Beide Männer wurden jedoch später begnadigt beziehungsweise in Berufungsverfahren freigesprochen.

Der Vater des Schülers, Haj Mohamed Belassal, hat Marokkos König gebeten auch seinen Sohn zu begnadigen. Die Leidenschaft für den katalanischen Fußballclub sei mit Yassine, der selbst mehrere nationale Meistertitel als Karateka gesammelt hat, durchgegangen. Außerdem erklärte der besorgte Vater: "Ich würde nicht zögern mein Leben für meinen König zu opfern."

Montag, 27. Oktober 2008

Aufruf in eigener Sache

Unser Blog ist von der Deutschen Welle in der Kategorie "Bestes deutschsprachiges Weblog" für die BOB-Awards 2008 nominiert worden - einen der renommiertesten Preise für Blogger überhaupt. Aus mehreren hundert Vorschlägen als einer von 11 Finalisten ausgewählt worden zu sein, freut uns sehr.

"Ein besonderer Augenmerk gilt Blogs, die einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion leisten, indem sie Themen des Zeitgeschehens analysieren und kommentieren.", so die Deutsche Welle in ihrer Ausschreibung.

In jeder Kategorie werden zwei Preise vergeben. Über einen Preisträger entscheidet eine internationale Jury, den anderen bestimmen die Internetuser weltweit. Aus diesem Grund würden wir uns sehr freuen, wenn ihr, liebe Leser, für uns abstimmt. Dafür einfach hier klicken, bis zur Kategorie "Best Weblog  - Deutsch" scrollen und dann an der richtigen Stelle klicken. O der ihr klickt auf das Banner oben rechts in der Sidebar. Die Abstimmung läuft bis zum 26. November.

Vielen Dank!

US-Angriff auf Syrien - Hintergründe und Spekulationen

Am Tag nach dem US-Angriff auf ein Dorf an der syrisch-irakischen Grenze ranken sich Spekulationen um die Hintergründe der Tat und die Identität der Opfer. Bei der Operation auf der al-Sukariah-Farm nahe des Grenzorts Abu Kamal wurden nach syrischen Angaben 8 Menschen getötet - allesamt Zivilisten.

Einem Augenzeugenbericht zufolge griffen vier amerikanische Hubschrauber aus dem Irak kommend ein im Bau befindliches Gebäude an. Fernsehbilder zeigen einen Kleinlaster, der offenbar beschossen wurde, daneben Blutlachen und ein Zelt, das die Opfer offenbar bewohnten. Die US-Armee hat sich bislang nicht offiziell zu dem Angriff, der sich gestern gegen 16 Uhr 45 Ortszeit ereignete, geäußert. Ein namentlich nicht genannter Offizieller der US-Armee erklärte jedoch, man habe "die Sache in die eigenen Hände genommen." Sollten sich die Berichte bestätigen, wäre dies der erste US-Angriff auf Syrien.

Bislang gibt es keine unabhängige Bestätigung dafür, dass es sich bei den Toten um zivile Opfer handelt. Die Vermutung liegt nahe, dass der Angriff sunnitischen Extremisten galt, die möglicherweise auf dem Weg in den Irak waren, oder das syrische Grenzland als Rückzugsgebiet nutzten. Abu Kamal grenzt direkt an die irakische Provinz Anbar, die noch immer ein Ziel ausländischer Kämpfer ist, die sich al-Qaida anschließen.

In der Vergangenheit wurde Syrien von den USA häufig beschuldigt sunnitische Aufständische zu unterstützen oder zumindest ihre Einreise in den Irak stillschweigend zu billigen. Im Dezember 2007 lobt jedoch der damalige Oberbefehlshaber der Koalitionsstreitkräfte im Irak, General Petraeus die wachsende Kooperation der Syrer, die nun deutlich mehr unternähmen um den Zustrom ausländischer Kämpfer zu stoppen.

Seit einem Jahr bemüht sich Syriens Präsident Bashar al-Assad zudem verstärkt um eine Annäherung an die EU und die USA. Die Beziehungen mit dem Libanon wurden normalisiert, indirekte Friedensverhandlungen mit Israel aufgenommen. Diese Schritte wurden von Europa mit Wohlwollen aufgenommen, Washington zeigt dem syrischen Regime jedoch weiterhin die kalte Schulter.

Der gestrige Angriff ist durchaus geeignet Syrien weiter zu destabilisieren und Assads Macht zu schwächen. Es ist bereits die zweite Verletzung der nationalen Souveränität, die sich Damaskus gefallen lassen muss. Im vergangenen Jahr hatte die israelische Luftwaffe einen mutmaßlichen Nuklearreaktor in der syrischen Wüste zerstört, etwa 200 Kilometer vom Ort des gestrigen Angriffs entfernt. Im letzten Monat erschütterte ein Bombenanschlag einen Vorort der syrischen Hauptstadt.

Einige Beobachter bringen die Militäroperation zudem mit den am 4. November bevorstehenden Präsidentenwahlen in den USA in Zusammenhang. Demnach war der Angriff ein letztes Muskelspiel der Neokonservativen in Washington, die damit Wahlkampfhilfe für den republikanischen Bewerber John McCain leisten wollten. Der Angriff solle zeigen, dass die Lage im Nahen Osten weiterhin kompliziert sei und der "Krieg gegen den Terror" fortgeführt werden müsse.

Sonntag, 26. Oktober 2008

Heimspiel für Palästina

Die Fußball-Nationalmannschaft Palästinas trägt heute zum ersten Mal ein Spiel auf heimischem Boden aus. Im neu renovierten Faisal Husseini Stadion in Ram, einer Kleinstadt zwischen Jerusalem und Ramallah trifft das Team von Trainer Izzat Hamza auf Jordanien.

FIFA-Präsident Sepp Blatter wird das Stadion mit einem Kunstrasenplatz und 6500 Plätzen heute Abend offiziell einweihen. Für den palästinensischen Fußballverband bedeutet ist das heutige Freundschaftsspiel ein historisches Ereignis. Seitdem die Palästinenser vor 10 Jahren in den Fußballweltverband aufgenommen wurden, mussten sie sämtliche Heimspiele auswärts - entweder in Jordanien oder in Qatar -  austragen, da es in den palästinensischen Gebieten bislang kein Fußballstadion gab, das die FIFA-Kriterien erfüllte.

Der Großteil der Kosten für den Stadionbau in Ram wurde vom Ausland getragen. Jeweils eine Million US-Dollar gaben der König von Saudi-Arabien und der Kronprinz von Abu Dhabi. 800000 US-Dollar steuerte die FIFA bei, 500000 Dollar kamen aus Frankreich eine weitere Viertelmilion gab der Olaympische Rat Asiens.

Dennoch verliefen die Vorbereitungen des ersten Heimspiels für die palästinensische Elf nicht ohne Schwierigkeiten. Im Aufgebot stehen Spieler aus dem Westjordanland, Jerusalem, Gaza und Chile. Bei sechs Fußballern aus Gaza, unter ihnen Kapitän Saeb Jundiyeh, war es bis zum Sonntag unklar ob sie zum Spiel anreisen dürfen. Für die Ausreise aus Gaza benötigen sie die Zustimmung der israelischen Behörden.   

Unter sportlichen Gesichtspunkten dürfte die Gäste aus Jordanien als Favoriten in die Partie gehen. Das Team um Kapitän Hatem Aqal liegt in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 112, die Palästinenser rangieren auf Platz 180 unter den 207 Mitgliedsverbänden.

Samstag, 25. Oktober 2008

Ein Sonntag in Beirut - im Hippodrom

Jeden Sonntag Nachmittag öffnen sich die Pforten für eine der ältesten kulturellen Veranstaltungen Beiruts - dem Pferderennen im Hippodrom.
Bereits 1885 eröffnete im heute nahe dem Flughafen gelegenen südlichen Vorort Bir Hassan eine Rennbahn für Pferdesport. 1918 schließlich zog man in das bis heute genutzte Hippodrom um, das direkt an den weitläufigen Stadtpark angrenzt. Die Tricolore, die von der unmittelbare daneben gelegenen französischen Botschaft weht, erinnert an den historischen Standort des Hippodroms: Von der "Résidence des Pins" aus rief der französische Hochkomissar Gouraud 1920 den Groß-Libanon aus. Besagte Pinien schmücken bis heute den Innenbereich des Hippodroms, das im Übrigen auch jedes Jahr im Sommer Schauplatz einer internationalen Gartenschau ist.
Der andere Teil des Innenbereiches wird von einem riesigen Parkplatz eingenommen, auf dem hunderte Service-Taxis auf den treuesten Kundenstammm des Beiruter Pferderennens schließen lassen. Junge Menschen sind hier eindeutig in der Unterzahl, ebenso Frauen. Auf einer winzigen VIP-Tribüne lassen sich gut ein Dutzend wohlhabende Beirutis bedienen, sie sind jedoch wohl nur hier, weil sie zumeist die auflaufenden Pferde besitzen. Im Großen und Ganzen ist das Pferderennen eine Veranstaltung des kleinen Mannes, mehr Karlshorst denn Ascott.
Nach kritischer Begutachtung der Pferde und Jockeys vor jedem Rennen eilen die eifrigen Wetter unter den Zuschauern zu den Wettkabinen. Auch uns packt jetzt das Wettfieber und wir studieren die Namensliste des nächsten Rennens. Ich platziere 3000 Lira (ca. 2$) auf das Pferd mit dem schönen Namen Sham'at Lubnan (Kerze des Libanon)im 3. Lauf, doch gehe leider leer aus. Immerhin gewinnen meine Begleiter im nächsten Rennen knapp 20.000 Lira, als der Außenseiter Kisrewan (benannt nach der Region im Libanongebirge) im Fotofinish die Ziellinie überquert. Großer Jubel brandet um uns herauf, offensichtlich haben viele hier auf das Pferd mit dem patriotischen Namen gesetzt. Bald legt sich die Euphorie wieder und die Pferdefreunde widmen sich schon dem nächsten Rennen, und so wird es bis zum Sonnenuntergang wohl weitergehen.

Freitag, 24. Oktober 2008

Das islamische Finanzsystem als Lösung für die Finanzkrise?

Angesichts der weltweiten Finanzkrise verweisen viele muslimische Wirtschaftswissenschaftler und Islamgelehrte auf die Vorteile des islamischen Finanzwesens, das eine derartige Krise nach ihrer Ansicht  verhindert hätte.

Das islamische Finanzsystem basiert auf dem islamischen Recht, der Sharia. Diese verbietet Spekulationen (Gharar) , also hoch-riskante Geschäfte, sowie die Zinsnahme (Riba). Dadurch werde die Anhäufung von Schuldenbergen durch riskante Leihgeschäfte verhindert, argumentiert etwa Umer Chapra, ein saudischer Wirtschaftswissenschaftler. Finanztransaktionen seien an die Entwicklung der Realwirtschaft gekoppelt. Geld wird nicht als Rohstoff angesehen, der seinen eigenen Wert hat, sondern allein als Tauschobjekt und Mittel zur Bestimmung eines Warenwerts.

Das islamische Finanzsystem sei durch eine starke Regulierung vor Exzessen geschützt, so Chapra weiter: "Das Wirtschaftsgut, das verkauft wird, muss real sein und nicht imaginär oder fiktiv. Der Verkäufer muss die Güter besitzen, die verkauft oder verliehen werden; die Transaktion muss aufrichtig sein mit der Intention eine Ware zu übergeben und anzunehmen. Und die Schulden können nicht verkauft und die mit ihr verbundenen Risiken auf einen Anderen übertragen werden."

Auf Grund dieser Regelungen verweisen die Vertreter islamischer Finanzinstitutionen darauf, dass ihre Einrichtungen nicht von der weltweiten Hypotheken-Krise betroffen sind. Kernvoraussetzung eines islam-konformen Geschäfts sei es nämlich, dass beide Parteien gerecht Risiko und Gewinn teilten.

Imran Iqbal, ein Banker aus Saudi-Arabien, erklärt wie die Subprime-Krise in den USA hätte verhindert werden können. Banken sollte keine Kredite an Hauskäufer vergeben, sondern stattdessen das Haus zusammen mit ihm kaufen. Für den Teil, der der Bank gehöre solle dieser dann eine Miete zahlen. Dabei dürfe die Bank keine Zinsen verlangen also nicht mehr Geld erhalten, als der tatsächliche Wert des Grundstücks beträgt. Dieses Vorgehen ist als Musharaka bekannt, eine Art Joint-Venture zwischen dem Hauskäufer und der Bank.

Trotz des Zinsverbots gibt es jedoch islamische Anleihen, die das Zinsverbot umgehen. Sie werden als Sukuk bezeichnet. Hier erhält der Anleger keinen festen Zinssatz sondern wird praktisch Teilhaber der Bank. Entsprechend seiner Spareinlage beteiligt die Bank den Sparer dann an ihrem Gewinn. Wichtige Voraussetzung aller islamischen Finanzeinrichtungen ist, dass das Geld nur in "moralische Unternehmen" investiert wird, also nicht in die Rüstungs- oder Tabakindustrie oder Brauereien.

Insgesamt ist das islamische Finanzsystem ein riesiger Wachstumsmarkt. Schätzungsweise 700 Milliarden US-Dollar werden beispielsweise in Singapur, Manama oder Dubai gegenwärtig nach islamischen Investitionsregeln verwaltet - Tendenz stark steigend.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Sudan: Südkurdufan - das neue Darfur?

In Sudans Bundesstaat Süd-Kurdufan droht der Ausbruch eines neuen Konflikts mit den Ausmaßen des Darfur-Krieges, warnt die International Crisis Group (ICG). In der Region kämpfen arabische und afrikanische Stämme - die Misseriya und die Nuba - um Macht, Weidegründe und Ackerflächen. Mehr als 50 Sprachen werden in Südkurdufan gesprochen, hier leben Muslime, Christen und Animisten, insgesamt etwa 1 Million Menschen.

"Südkurdufan ist eine Miniaturausgabe des Sudan mit schwer bewaffneten afrikanischen und arabischen Stämmen die Seite an Seite leben", so der ICG-Bericht. Seit der Unabhängigkeit des Sudan 1956 lag Kurdufan an der Frontlinie im Jahrzehnte langen Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan, der erst 2005 durch ein Friedensabkommen beendet wurde.

Die Regelungen des Friedensabkommens werden in Südkurdufan jedoch unterlaufen. Nach Darstellung der ICG gebe es keine effiziente staatliche Verwaltung in dem Bundesstaat und die Einkünfte des Staates würden nicht gerecht unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen verteilt.

So bleiben die Bewohner Südkurdufans polarisiert und fragmentiert entlang tribaler und politischer Zugehörigkeiten. Viele von ihnen sind schwer bewaffnet und fühlen sich zunehmend von ihren ehemaligen Patronen - für die Muslime die Zentralregierung, für die Christen die Südsudanesische Befreiungsbewegung SPLM - vernachlässigt. Auf die Friedensdividende warten die Menschen in Südkurdufan vergebens.

Die Rückführung von Flüchtlingen, die während des sudanesischen Bürgerkriegs aus dem Bundesstaat flohen, liegt derzeit auf Eis. Hunderte Menschen wurden in den letzten Jahren bei Auseinandersetzungen um Weiderechte getötet. Versuche der regierenden Nationalen Kongresspartei und der SPLM vor den Parlamentswahlen die Unterstützung arabischer oder afrikanischer Stämme zu sichern, verschärfen die Situation.

Vor einigen Monaten kamen bei Kämpfen um die zum Bundesstaat gehörende Stadt Abyei mehrere Menschen ums Leben. In der letzten Woche wurden neun chinesische Öl-Arbeiter entführt.

"In Südkordofan steht mehr auf dem Spiel als die Verhinderung eines lokalen Konflikts", so der ICG-Report. Die Umsetzbarkeit des Friedensabkommen als Ganzem stehe hier auf dem Prüfstand. Werde die Lage in Kurdufan nicht zufriedenstellend gelöst, drohe eine Absage der Wahlen 2009 und ein Scheitern des für 2011 geplanten Referendums über die Unabhängigkeit des Südsudan.

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Zur Pressefreiheit im Nahen Osten und Nordafrika

Der Stand der Pressefreiheit in Nordafrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten hat sich in den vergangenen 12 Monaten weiter deutlich verschlechtert. Dies geht aus der Rangliste der Pressefreiheit 2008 hervor, die heute von "Reporter ohne Grenzen" vorgestellt wurde. Gleich sechs Staaten aus der Region - Iran, die Palästinensischen Gebiete, Saudi-Arabien, Libyen, Syrien und der Irak - gehören zu den 15 Ländern weltweit, in denen die Pressefreiheit am wenigsten gewährleistet ist.

Die Journalisten seien hier unerbittlicher Zensur unterworfen und werden oft zum Opfer staatlicher Gewalt. Die Palästinensischen Gebiete seien in der Rangliste im Vergleich zum Vorjahr deshalb so tief gefallen, weil der andauernde Machtkampf zwischen Hamas und Fatah verheerende Folge für die Arbeit von Journalisten habe. Die politische Spaltung zwischen dem Gazstreifen und dem Westjordanland werde von einer Aufspaltung der Medien begleitet, so Reporter ohne Grenzen in ihrem Bericht.

Hinzu komme, dass Israel die Arbeit von Journalisten in den von ihnen kontrollierten Palästinensergebieten massiv behindere und das Leben von Reportern gefährde. Trauriges Beispiel hierfür war der Tod eines palästinensischen Kameramanns der Nachrichtenagentur Reuters, der im April von der israelischen Armee getötet wurde.

Auch Marokko setzt seinen Abstieg innerhalb der Rangliste weiter fort. Kritik am Königshaus wird hier wie auch in Jordanien oder dem Oman weiterhin mit Haftstrafen gegen Blogger und Journalisten bestraft. Kaum anders sieht die Lage in Tunesien aus. Auch hier ist eine Abweichung zur von Staatschef Zine el-Abidine Ben Ali vorgegebenen Linie praktisch unmöglich.

Reporter Ohne Grenzen wirft der Internationalen Gemeinschaft und besonders der EU vor, dass die Strategie des Dialogs mit diesen autoritär regierten Ländern gescheitert sei. Proteste gegen die Beschneidung der Pressefreiheit würden stets ohne die notwendigen Konsequenzen bleiben. 

Ägypten gehört zu den Staaten weltweit, in denen am repressivsten gegen Online-Aktivisten vorgegangen wird. Nachdem im April dieses Jahres ein Generalstreik über Blogs und Facebook organisiert wurde, wird das Internet nun von der Regierung als große Gefahr eingestuft. Dementsprechend harsch wird das Internet gefiltert und werden Blogger verfolgt. Übertroffen wird die Repression gegen Internetuser nur noch von Syrien. Hier führe jede noch so leise im Internet geübte Kritik am Baath-Regime früher oder später zur Verhaftung des Urhebers.

In ihrem Bericht können Reporter ohne Grenzen nur auf ein arabisches Land verweisen, das in den letzten 12 Monaten einen Sprung nach vorne gemacht habe. Der Libanon stieg im Vergleich zur Rangliste 2007 um 30 Plätze. Hauptgrund hierfür war allein die Tatsache, dass in diesem Jahr kein Journalist Opfer eines Anschlags wurde. Angriffe der Hizbollah auf regierungsnahe Medien hätten keine Menschenleben gekostet und seien in der Öffentlichkeit auf breite Empörung gestoßen.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Saudi-Arabien: Anklage gegen 991 militante Islamisten

Saudi-Arabien hat Anklage gegen 991 militante Islamisten erhoben, die in den letzten fünf Jahren an Terroranschlägen im Land beteiligt gewesen sein sollen. Innenminister Prinz Naif bin Abdulaziz erklärte, die Angeklagten seien an einer Kampagne der "abtrünnigen Gruppe namens al-Qaida" gegen das saudische Königreich beteiligt gewesen.

Diese Kampagne der al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel sei gegen den saudischen Staat gerichtet, obwohl dort die Islamische Scharia gilt und das Land die Geburtsstätte des Islam und Sitz der Heiligen Stätten des Islam ist. Die angeklagten Islamisten seien an 30 Operationen gegen Ziele in Saudi-Arabien beteiligt gewesen. Weitere 160 geplante Anschläge seien von den Sicherheitskräften verhindert worden, so Prinz Naif weiter.

Bei den Anschlägen in Saudi-Arabien wurden seit 2003 164 Menschen getötet, unter ihnen 74 Sicherheitskräfte. Fast 1100 Menschen wurden dabei verletzt. Bei den Angeklagten seien tonnenweise Sprengstoff gefunden worden. Unter ihnen sollen auch Kämpfer sein, die zuvor aus Afghanistan und dem Irak ausgewiesen wurden.

Durch die Attentate verzerrten die Täter das Bild des Islam zu einer Religion des Terrorismus und brächten somit Schande über den Islam und die Muslime, so der Innenminister.

Ein erster Prozess gegen etwa 70 mutmaßliche al-Qaida-Mitglieder begann bereits gestern in Riyadh, damit dass die Verteidiger Einblick in die Klageschriften bekamen. Einige Anwälte sollen daraufhin ihr Mandat niedergelegt haben. Möglicherweise wird dieser Prozess nun bis zum Ende des Opferfestes im Dezember vertagt.

Die Anklage gegen militante Islamisten stellt für Saudi-Arabien ein Novum dar. Bislang scheute sich der Staat Prozesse gegen al-Qaida-Mitglieder einzuleiten, die die Todesstrafe für die Verurteilten nach sich ziehen könnten. Daher zog man es bislang vor, die Terroristen öffentlichkeitswirksam im Fernsehen abschwören zu lassen und die für das konservative Saudi-Arabien höchst unliebsame Angelegenheit auf diesem Weg zu klären.

Montag, 20. Oktober 2008

Amerikanisch-irakisches Sicherheitsabkommen liegt weiter auf Eis

Die Unterzeichnung eines Sicherheitsabkommens zwischen den USA und Irak vor den Präsidentschaftswahlen in Amerika wird immer unwahrscheinlicher. Ministerpräsident Nuri al-Maliki fordert weitere Änderungen an dem Vertragsentwurf, der einen vollständigen Truppenrückzug bis Ende 2011 vorsieht.

Außer den beiden kurdischen Parteien PUK und KDP haben alle im Parlament vertretenen Gruppierungen Vorbehalte gegen das so genannte Status of Forces Agreement (SoFA). Besonders lautstark artikulierten am Sonnabend die Anhänger des schiitischen Prediger Muqtada al-Sadr bei einer Demonstration in Baghdad ihren Protest.

Der Termin für den Abzug der US-Truppen ist dabei nur ein Streitpunkt. Der jetzige Vertragsentwurf sieht vor, dass sich die amerikanischen Soldaten bis Juni 2009 aus den irakischen Städten zurückziehen sollen. Anderthalb Jahre später sollen dann alle Truppen den Irak verlassen. Ausnahmen seien nur auf besonderen Wunsch der irakischen Regierung möglich.

Daneben ist jedoch die Immunität der US-Soldaten sowie der Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen ein weiterer Konfliktpunkt. Laut dem jüngsten Entwurf sollen Soldaten die außerhalb der Militärbasen und außer Dienst Straftaten begehen, von irakischen Gerichten abgeurteilt werden, wenn ein mit Irakern und US-Amerinanern besetztes Kommittee seine Zustimmung dazu gibt. Verüben sie jedoch eine Straftat während einer Militäroperation, sollen diese auch künftig von amerikanischen Militärgerichten verhandelt werden.

Iraker, die von der US-Armee festgenommen werden, müssen innerhalb von 24 Stunden den irakischen Behörden übergeben werden. Das gleiche gelte umgekehrt für amerikanische Militärangehörige.

Für Regierungschef Nuri al-Maliki steht viel auf dem Spiel. Auf der einen Seite weiß der Ministerpräsident, dass er auf die Unterstützung der USA angewiesen ist. Gleichzeitig will er sich als entschlossener nationalistischer Führer präsentieren, der den Amerikanern die Stirn bietet - auch um die Chancen seiner Partei bei den Provinzwahlen im Januar 2009 zu verbessern. Mehr und mehr wird deutlich, dass Maliki offensichtlich auf einen Sieg Barack Obamas bei den US-Wahlen hofft. Dieser will bis Mitte 2010 aus dem Irak abziehen.

Muqtada al-Sadr lehnt ein Abkommen mit den USA kategorisch ab. Dieses beende nämlich nicht die Besatzung sondern gebe den Amerikanern das Recht auch künftig Militärbasen im Irak zu unterhalten.

Eigentlich sollte das SoFA-Abkommen bis Ende des Jahres unterzeichnet werden, da das UN-Mandat für die Koalitionstruppen im Irak am 31. Dezember 2008 abläuft. Möglicherweise muss das UN-Mandat nun um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Freitag, 17. Oktober 2008

UNHCR-Bericht zu Asylsuchenden in Industrieländern

Die Zahl der irakischen Asylsuchenden ist in der ersten Jahreshälfte zwar zurückgegangen, dennoch stellen sie bei weitem die größte Gruppe unter den Asylbewerbern weltweit. Dies geht aus dem neuesten Bericht über Asylbewerber in Industrieländern hervor, der heute vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in Genf vorgestellt wurde.

Demnach suchten in den ersten 6 Monaten dieses Jahres 19500 irakische Staatsbürger Asyl in einem der 44 untersuchten Industriestaaten. Im Vergleich zu den vorhergegangenen 6 Monaten und dem gleichen Vorjahreszeitraum bedeutet dies einen Rückgang von 18 beziehungsweise 10 Prozent.

In Deutschland wurden von Januar bis Juli 2008 3400 Asylsuchende aus dem Irak registriert. Dies sind vier Mal mehr als im gleichen Zeitraum 2007. Als Hauptgrund hierfür nennt der UNHCR-Bericht eine Verschärfung der schweidschen Asylregelungen, die die Anerkennung als irakischer Asylant dort erschwerten. Viele Iraker wichen daher auf die Bundesrepublik, Norwegen und die Niederlande aus.

Kontinuierlich angestiegen ist die Zahl der somalischen Asylsuschenden in den Industrieländern. Con 5000 in der ersten Jahreshälfte 2007 stieg ihre Zahl 7400 in den ersten 6 Monaten dieses Jahres. Hinter dem Irak, Russland und China rangiert Somalia damit auf Rang 4 der Länder aus denen die meisten Asylsuchenden stammen. Mit dem Iran liegt ein weiteres Land aus dem Mittleren Osten unter den "Top 10". 

Insgesamt wurden weltweit etwa 165000 Asylanträge gestellt - die meisten von ihnen in den USA und Kanada.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Die Tunnel-Industrie im Gazastreifen

Die illegalen Tunnel zwischen Ägypten und dem Gazastreifen sind zu einer wichtigen Lebensader für die Bewohner des Gazastreifens geworden. Laut einem Bericht des "Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten" der Vereinten Nationen (OCHA) sind mittlerweile bis zu 6000 Palästinensern in mehr als 100 Tunneln beschäftigt.

Nach Angaben des palästinensischen al-Mezan-Zentrums für Menschenrechte sind im Jahr 2008 bislang 39 Menschen in den unterirdischen Gängen ums Leben gekommen. Auch deshalb soll die von der Hamas kontrollierte Polizei in Gaza neue Regelungen für den Betrieb der Tunnelanlagen in Kraft gesetzt haben.

Anfänglich nutzte die Hamas-Miliz die Tunnel zwischen dem ägyptischen Grenzort Rafah und dem Gazastreifen zum Schmuggel von Waffen. Da seit Inkrafttreten der israelischen Grenzblockade jedoch auch dringend benötigte Güter nicht mehr durch offizielle Übergänge in den Gazastreifen gebracht werden können, wuchsen im vergangenen Jahr jedoch Bedeutung und Zahl der Tunnel.

Der Schmuggel ist zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in Gaza geworden, von dem ganze Familien leben. Der OCHA-Bericht spricht gar von einer "Industrie", die sich entwickelt habe. Angesichts einer Arbeitslosenquote von 45% ist die gefährliche Arbeit unter Tage für Viele äußerst lukrativ. Gleichzeitig schöpft die Hamas von den Tunnelbetreibern hohe Gebühren für den Schmuggel aus Ägypten ab.

Zwar kooperierten die ägyptischen Behörden in den vergangenen Monaten verstärkt mit den Israelis bei der Bekämpfung des blühenden Schmuggels durch die Tunnel, dennoch nimmt ihre Zahl offenbar immer weiter zu. Der OCHA-Bericht fordert die Wiedereröffnung der Grenzübergange nach Gaza. Nur dadurch könne die wirtschaftliche und humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert werden.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Syrien und Libanon nehmen diplomatische Beziehungen auf

Syrien und der Libanon haben heute vollständige diplomatische Beziehungen aufgenommen. Ein entsprechendes Dokument haben die Außenminister beider Staaten, Walid al-Muallem und Fauzi Salloukh, heute Vormittag in Damaskus unterzeichnet.

In einer gemeinsamen Erklärung verpflichten sich die beiden Länder, die Souveränität und Unabhängigkeit des jeweils anderen zu respektieren und die "brüderlichen Beziehungen" zwischen dem Libanon und Syrien zu bewahren.

Seitdem beide Staaten 1943 (Libanon) beziehungsweise 1946 (Syrien) ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, existierten keine förmlichen diplomatischen Beziehungen zwischen Damaskus und Beirut. Dies lag vor allem an der Weigerung der Syrer den Libanon als unabhängigen Staat anzuerkennen. Nach Ansicht der in Damaskus Herrschenden war der Libanon nichts anderes als eine syrische Provinz, die von der französischen Mandatsmacht aus dem syrischen Staatsgebiet herausgeschnitten wurde.

Nach dem Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs 1975 kamen zehntausende syrische Soldaten in den Zedernstaat. Das Abkommen von Taif, mit dem der Bürgerkrieg 1989 beendet wurde, sicherte die syrische Hegemonie über den Libanon. Nach dem Attentat auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri im Februar 2005, für das der syrische Geheimdienst verantwortlich gemacht wurde, mussten sich die Syrer auf internationalen Druck aus ihrem westliche Nachbarland zurückziehen.

Nun sollen noch vor Ende 2008 eine syrische Botschaft in Beirut und im Gegenzug eine libanesische Botschaft in Damaskus eingerichtet werden.

Libanesische Politiker aller Parteien begrüßten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Syrien. Zugleich wurde jedoch auf ausstehende Streitfragen verwiesen, die in den kommenden Monaten und Jahren geklärt werden müssten. Da ist zum einen die Frage des exakten Grenzverlaufes zwischen beiden Ländern. Bis heute ist die Grenze nicht demarkiert. Ebenso ungeklärt ist das Schicksal hunderter libanesischer Staatsbürger, die während des Bürgerkriegs von der syrischen Armee gefangengenommen und nach Syrien verschleppt wurden.

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen ist auch das Ergebnis des Doha-Abkommens und der Annäherung der verschiedenen libanesischen Parteien. Erst der Kompromiss über eine neue Regierung in Beirut, in der die Hizbollah und ihre Verbüpndeten mehr Gewicht haben, hat die Einigung mit Damaskus möglich gemacht. Zugleich ist die heute unterzeichnete Erklärung ein erneuter PR-Erfolg für die syrische Regierung und öffnet die Möglichkeit für eine weitere Annäherung an den Westen.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Todesstrafe in Saudi-Arabien - Affront gegen die Gerechtigkeit

Mehr als zwei Menschen werden pro Woche durchschnittlich in Saudi-Arabien hingerichtet. Fast die Hälfte von ihnen sind Ausländer, zumeist Gastarbeiter aus Entwicklungsländern. Laut einem Bericht von Amnesty International stieg die Zahl der Exekutionen von 2006 bis 2007 von 39 auf 158. In diesem Jahr wurden bis Ende August 71 Menschen hingerichtet.

Unter den seit 1985 knapp 1700 hingerichteten Häftlingen seien 830 Ausländer gewesen. Eine überproportional große Zahl, da der Anteil der Ausländer in Saudi-Arabien auf etwa 25% geschätzt wird.

Die Gastarbeiter aus Afrika und Asien haben oftmals keine Verteidiger und sind nicht in der Lage dem Prozess in arabischer Sprache zu folgen. Ähnlich schlecht ergeht es armen Saudis, denen Kontakte zu Regierungsvertretern oder einflussreichen Stammesführern fehlen. Ebenso fehlen diesen beiden Gruppen die finanziellen Mittel zur Zahlung eines Blutgeldes, mit denen die Verurteilten ihre Hinrichtung abwenden können.

Eine in den letzten Jahren von der saudischen Regierung eingeleitete Kampagne zur Stärkung der Menschenrechte sei bislang weitgehend wirkungslos geblieben. "Im Gegenteil haben wir einen rapiden Anstieg von Exekutionen von Gefangenen erlebt, die in geheimen und unfairen Prozessen verurteilt wurden", so Amnesty International. Einige Gastarbeiter hätten bis zum Morgen ihrer Hinrichtung nichts von dem Todesurteil gegen sie erfahren.

Zudem wird die Todesstrafe nicht nur gegen Mörder angewendet. Auch außerehelicher Sex, Diebstahl und Gotteslästerung werden im saudischen Königreich mit dem Tode bestraft.

Amnesty International fordert daher ein Moratorium für die Todesstrafe in Saudi-Arabien. Das Land, das ein gewähltes Mitglied im UN-Menschenrechtsrat ist, dürfe es nicht länger zulassen, dass gegen internationales Recht Jugendliche hingerichtet werden und Richter willkürlich Menschen zum Tode verurteilen.

Montag, 13. Oktober 2008

Irak: Gewaltserie gegen Christen in Mossul

Tausende Christen sind in den vergangenen Tagen aus der nordirakischen Stadt Mossul geflohen. Grund hierfür ist eine Serie von Angriffen gegen die christliche Minderheit in der Stadt.

Erst gestern Abend wurde ein christlicher Geschäftsmann von Unbekannten erschossen. Seit dem 28. September wurden damit mindestens 12 Christen in Mossul getötet. Etwa 1000 christliche Familien sind in den letzten Tagen vor der jüngsten Gewaltwelle geflohen.

Unklar ist bislang wer für die Morde verantwortlich ist. Mosul gilt als eine der letzten Hochburgen der al-Qaida im Irak. Daher machen einige die arabisch-sunnitischen Extremisten für die Angriffe auf Christen verantwortlich. Andere vermuten die kurdischen Peshmerga-Milizen hinter den Übergriffen.

Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki versicherte nach einem Gespräch mit christlichen Politkern am Sonntag, er werde alles unternehmen um den Schutz der Christen in Mossul und anderen Teilen des Irak zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke seien mehr als 1000 zusätzliche Polizeikräfte nach Mossul, nach Bagdad und Basra die drittgrößte Stadt im Irak, entsandt worden.

Mossul und die dazugehörige Provinz Ninawa stehen im Zentrum des Streits zwischen Kurden und Arabern über die Grenzen des autonomen kurdischen Nordirak. Diese Spannungen dürften Mitauslöser der Übergriffe sein. 

Die Angriffe auf Christen in Mossul ereignen sich zudem zeitgleich mit einer erbitterten Debatte über die Berücksichtigung von Minderheiten durch das neue Wahlgesetz. Das im September verabschiedete Gesetz sieht keine Quotenregelungen für Minderheiten wie Christen oder Yeziden vor. Dagegen hatten in den vergangenen Wochen hunderte Christen in Bagdad und Mossul demonstriert, da sie befürchten nach den Provinzwahlen im Januar 2009 nicht mehr in den Provinzräten vertreten zu sein. 

Zum Zeitpunkt der US-geführten Invasion 2003 lebten etwa 800000 Christen im Irak, etwa 3% der Gesamtbevölkerung. Etwa jeder Dritte Christ hat sein Heimatland seither verlassen. Im März dieses Jahres wurde der chaldäische Erzbischof von Mossul, Paul Faraj Rahho, zunächst entführt und später ermordet.

Samstag, 11. Oktober 2008

Ausschreitungen zwischen Juden und Arabern in Akko

Am Samstag ist es in der nordisraelischen Stadt Akko am vierten Tag in Folge zu Ausschreitungen zwischen Juden und Arabern gekommen. Dabei wuden zwei von arabischen Israelis bewohnte Häusern in Brand gesteckt.

Die Krawalle in Akko waren am Mittwoch Abend ausgebrochen. Auslöser war ein arabischer Auofahrer, der wenige Stunden nach Beginn von Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag in einem jüdischen Stadtteil Akkos unterwegs war. Gläubigen Juden ist das Auto fahren an diesem Tag untersagt. Der Araber, Taufiq Jamal, gab jedoch an, er wollte mit dem Auto seine Tochter vom Haus ihres Verlobten abzuholen. Dabei sei er "langsam und vorsichtig" gefahren. Nach Aussagen jüdischer Augenzeugen hat der Mann jedoch während des Fahrens geraucht und laut Musik gehört, um die jüdischen Anwohner zu provozieren.

Daraufhin wurde Taufiq Jamals Auto mit Steinen beworfen und von jüdischen Jugendlichen umringt. "Die Juden wollte uns lynchen.", beschreibt der Mann die Ereignisse vom Mittwoch Abend.

Noch am Mittwoch Abend kam es wie auch an den drauffolgenden Tagen zu Zusammenstößen zwischen jüdischen und arabischen Gruppen, zumeist Jugendlichen. Dabei hätten die Juden "Tod den Arabern" und die Araber "Tod den Juden" gerufen. Bei den Ausschreitungen wurden bislang 100 Autos und 40 Geschäfte beschädigt. 30 Menschen wurden bis dato festgenommen, 20 von ihnen befinden sich noch immer in Gewahrsam. Mehrere Menschen wurden verletzt. Ein für die kommende Woche angesetztes Fußballspiel, sowie ein Theaterfestival in Akko wurden vorsorglich abgesagt.

Etwa ein Drittel der 50000 Einwohner Akkos sind Araber. Die Stadt gilt als gelungenes Beispiel für eine friedliche Koexistenz von Juden und Muslimen in Israel. Als Reaktion auf die Ausschreitungen der letzten Tage hat jedoch eine Gruppe von jüdischen Einwohnern ihre Mitmenschen aufgefordert, arabische Geschäfte künftig zu boykottieren. Auch erste Plakate mit dem Schriftug "Ein Jude sollte nicht bei Arabern kaufen" sollen bereits in der Stadt hängen.

Jüdische und muslimische Würdenträger und Politiker haben ihre Anhänger zur Zurückhaltung aufgefordert und bemühen sich die Wogen zu glätten, nachdem sich Juden und Araber gegenseitig beschuldigt hatten ein Pogrom gegen die jeweils andere Bevölkerungsgruppe verübt zu haben. Der arabische Autofahrer soll nun öffentlich für sein Handeln gescholten werden.

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Feldforschung im Libanon - eine Vorschau

Morgen werde ich in den Libanon aufbrechen und dort 4 Monate für meine Magisterarbeit recherchieren und Interviews führen. In unregelmäßigen Abständen werde ich also in den nächsten Woche darüber wie auch über die generelle Stimmungslage im Land berichten. Hier schon mal ein kurzer Ausblick auf meine geplante Arbeit:

Die ereignisreiche und umstrittene Geschichte des Libanon ist bislang aus vielen verschiedenen Blickwinkeln untersucht worden, ebenso erlebt die Gesellschaftsanalyse besonders nach Ende der syrischen Hegemonie über den Zedernstaat (2005)eine neue Blüte. In der regionalen Umgebung insgesamt und im Libanon im Speziellen wird dabei verstärkt über das Konzept der Zivilgesellschaft, deren potentielle Akteure, Handlungsspielräume und überhaupt deren Anwendbarkeit diskutiert – und zwar sowohl auf akademischer Ebene, als auch im täglichen Medienbetrieb. Verschiedene Gruppen (Gewerkschaften, Berufsverbände, nationale/internationale NGO`s, Medien) wurden und werden nach ihrer gesellschaftlichen Funktion untersucht. Gradmesser ist hierbei ihr Potenzial, wie auch ihr Willen, Interessenvertretung nicht mehr nach klientelistischen und konfessionalistischen Mustern zu organisieren, sowie die Frage nach ihrem integrativen Potenzial für die fragmentierte libanesische Gesellschaft insgesamt. Das Fazit fällt meist negativ aus, zu sehr dominieren traditionelle Loyalitätsmuster eben jene potenzielle Akteure einer Zivilgesellschaft.

Die Studenten wiederum bilden hier einen Sonderfall: Sie gehören auch in jene Kategorie möglicher zivilgesellschaftlicher Akteure, wurden in der aktuellen (akademischen) Diskussion jedoch eher kursorisch behandelt. Dies steht im Gegensatz zur gesellschaftlichen Rolle, die ihnen im Verlauf der libanesischen Geschichte zugestanden wurde. So waren es Studenten, die in den 30er und 40er Jahren an den beiden großen Privatuniversitäten AUB und USJ agitierten und die ersten Massenbewegungen und politischen Parteien (SSNP, Kata’ib, CPL, Ba’ath) initiierten. Noch einschneidender war die Studentenbewegung der 60/70er Jahre, die Halim Barakat ausführlich beleuchtete. Sie stand einerseits im (selbstgesetzten) Bezug der internationalen Studentenproteste dieser Epoche, andererseits wurde sie durch den libanesischen (und regionalen) Rahmen geprägt – vielmehr noch, prägte sie diesen entscheidend selber mit und stand im Fokus der Vorgeschichte des libanesischen Bürgerkrieges. Die libanesische Studentenbewegung der 60/70er Jahre brachte nationale Missstände, wie Korruption, Unterentwicklung und Armut überhaupt ins breite öffentliche Bewusstsein, und war im Großen und Ganzen gegen den politischen status quo und seine Vertreter der traditionellen Elite gerichtet.

Dieses, sicherlich auch von den damals Beteiligten etwas verklärte, Image etablierte die soziale Gruppe Studenten als Akteure zivilgesellschaftlicher Aktion und dient noch heute als Referenzpunkt.

Dementsprechend lautet die Hauptfrage meiner Magisterarbeit, inwiefern die heutige libanesische Studentenschaft diesen historischen Vorgaben noch entspricht bzw. welche gesellschaftliche Funktion sie heute einnimmt.

Der libanesische Bürgerkrieg 1975-1990 stellt dabei natürlich einen fundamentalen Einschnitt dar. Insbesondere in den 80er Jahren wurde der Libanon zunehmend kantonisiert, das öffentliche Leben wie auch Bildungseinrichtungen konfessionell homogenisiert und von den (neuen und alten) Milizen instrumentalisiert.

Diesen Platz sollten die Milizen/Milizen“parteien“ auch nach dem Krieg nicht aufgeben. Nahezu alle nach dem Krieg ins System inkorporierten Gruppenfanden ihr Hauptrekrutierungsreservoir an den Universitäten, verbotene Gruppierungen (Lebanese Forces, Aounis) wiederum wurden durch die Aktivität ihrer studentischen Anhängerschaft am Leben erhalten.

Die neue politische Konfiguration nach 2005 ist zwar wesentlich liberaler, deshalb aber umso explosiver. Die Frage stellt sich, ob der politischen Zäsur (die sogenannte „Zedernrevolution“) auch die gesellschaftliche Zäsur (Überwindung konfessionalistischer und klientelistischer Strukturen) folgen kann und welche Rolle die Studentenschaft dabei spielen kann. Meine empirischen Untersuchungen und persönlichen Eindrücke aus dem Frühjahr 2007 lassen daran eher zweifeln. Der libanesische Staat als Akteur ist fast inexistent, die politische Landschaft in zwei Lager gespalten, die zunehmend auch konfessionelle Züge annehmen. Die sechs wichtigsten „Parteien“ (Future, LF,PSP,Hizballah,Amal,FPM) haben ihre klientelistischen Loyalitätsmuster institutionell weiter verfestigt und können beachtliche Mengen mobilisieren. An vorderster Front stehen hierbei immer die Studenten, was die Bedeutung der Studentenflügel für die „Parteien“ schon impliziert.

Eben jene Studentenorganisationen möchte ich in meiner Arbeit genauer betrachten. Dafür untersuche ich, wie die Studentenorganisationen der Parteien Loyalitätsmuster etablieren und organisieren, welche Rolle die Wahlen für das Studentenparlament spielen und wie diese Parteiflügel den Rahmen für politisches und gesellschaftliches Engagement auf dem Campus konfigurieren.

Etwas übergeordnet und an die historische und methodische Vorbetrachtung anknüpfend möchte ich zudem diskutieren, inwiefern die libanesische Studentenschaft überhaupt eine auf gemeinsamen und national-integrativen Interessen geleitete Studentenbewegung hervorbringen kann. Meine Hauptthese lautet, dass gerade die Studentenorganisationen durch ihre partikulären Interessen und Loyalitäten eine Studentenbewegung verhindern, und die libanesische Studentenschaft mithin eher zum Systemerhalt beiträgt, denn als Akteur des Wandels auftritt.

"Falafel-Krieg" zwischen Israel und Libanon

Ein libanesischer Industriellenverband plant Israel zu verklagen, weil das Land unrechtmäßig traditionelle libanesische Gerichte als eigene typische Speisen ausgebe. Nach Ansicht des Verbandes libanesischer Industrieller (ALI) besitzt jedoch der Libanon ein Urheberrecht auf Spezialitäten wie Falafel, Hummus und Tabbouleh.

"Dadurch entsteht dem Libanon jährlich ein Schaden von zig Millionen Dollar. Die Israelis vermarkten unsere Nationalgerichte als seien es ihre eigenen.", erläutert ALI-Vorsitzender Fady Abboud. Er beruft sich dabei auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 2002. Damals entschied die EU, dass allein Griechenland das Recht besitze Feta zu produzieren, da er dort eine 6000 Jahre alte Tradition besitze. Seither darf in keinem anderen eruropäischen Land Käse als "Feta" hergestellt werden.

Außerdem dürfe Parmesankäse auch nur in Parma hergestellt werden, und Champagner darf auch nur in der Champagne gekeltert werden, argumentiert Abboud.

Das gleiche Privileg will sich nun der Libanon für seine traditionellen Speisen sichern. Dafür wolle der Industrieverband nun eine Liste der Gerichte und ihrer Zutaten erstellen und der libanesischen Regierung vorlegen. Die soll dann eine Klage gegen Israel vor internationalen Gerichten vorbereiten.

Unklar ist bislang ob auch andere arabische Staaten verklagt werden sollen - schließlich sind Falafel, Fattousch und Co. auch dort sehr beliebte Snacks. Überhaupt dürfte zwar gesichert sein, dass die genannten Speisen arabischer Herkunft sind - dass sie jedoch tatsächlich aus dem Libanon stammen, dürfte allerdings kaum nachgewiesen werden können.

In jedem Fall ist diese durchaus kurios anmutende Klage der Libanesen nicht die Erste ihre Art. Vor 5 Jahren hatte der ägyptische Juraprofessor Nabil Hilmi eine Klageschrift gegen Israel ausgearbeitet, weil die Juden bei ihrem Exodus aus Ägypten 300 Tonnen Gold mitgenommen hätten. Das Verfahren verlief im Sande.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die arabischen Staaten

Die globale Finanzkrise hat mittlerweile auch die Staaten des Nahen Ostens voll erfasst. Seit Wochenanfang sind die Börsenkurse in den arabischen Staaten dramatisch gefallen. Der saudische Börsenindex fiel allein in den letzten beiden Tagen um 16 Prozent, der Leitindex in Dubai verlor am heutigen Vormittag 10%. Analysten sprechen bereits von einem "schwarzen Mittwoch" für die Märkte in den Emiraten.

Dabei ist dieser Abwärtstrend keineswegs ein Phänomen der letzten Tage. Schon seit Jahresbeginn sind etwa die Börsenindizes in Ägypten und Saudi-Arabien, der wichtigsten Börse in der Arabischen Welt, um 40% gefallen. An den Börsen in Kairo und Alexandria wurde nach drastischen Kurseinbrüchen der Handel kurzzeitig ausgesetzt. Die Börse in Riyadh schloss am Dienstag auf einem 4-Jahres-Tief.

Die Aktienkurse im Nahen Osten reagieren damit auf den Abwärtstrend an den Börsen in Asien, Europa und den USA. Wie auch dort, sind es in den arabischen Staaten zuallererst die fallenden Kurse der Banken, die die Indizes nach unten ziehen. Ein Aktienhändler aus Abu Dhabi erklärte: "Das ist alles eine Kettenreaktion und es ist klar, dass das was in Amerika passiert, den Rest der Welt deutlich beeinflusst. Das ist sehr ernst und es sieht so aus, als ob uns die große Depression wieder heimsuchen wird."

Mit staatlichen Eingriffen in den Markt halten sich die Regierungen der Golfstaaten bislang zurück. Entsprechende Forderungen, etwa von Parlamentariern aus Kuwait, wurden bislang abgelehnt.

Daneben haben die Ölförderländer mit deutlich sinkenden Einnahmen aus ihren Erdölexporten zu kämpfen. In den letzten Monaten fiel der Preis für den Barrel Öl von knapp 150 auf unter 90 US-Dollar. Kombiniert mit der weltweiten Wirtschaftskrise die in den nächsten Monaten andauern wird, stehen den arabischen Staaten schwere Zeiten bevor.

Die Entwicklungshilfe aus den USA und Europa wird aller Voraussicht nach stagnieren oder gar zurückgefahren, die Zahl der Touristen aus dem Westen dürfte ebenfalls zurückgehen, die Arbeitslosenzahlen werden weiter steigern.

Dienstag, 7. Oktober 2008

Mehr Freiheit, Weniger Terror?

Ist die Demokratisierung des Nahen Ostens ein wirksames Instrument zur Bekämpfung des Terrorismus in den arabischen Staaten? Mit dieser Frage setzt sich eine ausführliche Studie der RAND Corporation, einem US-amerikanischen Think Tank, auseinander. Darin werden sechs Staaten - Ägypten, Jordanien, Bahrain, Saudi-Arabien, Algerien und Marokko - genauer unter die Lupe genommen und analysiert, welche Auswirkungen ein Liberalisierungsprozess auf politisch motivierte Gewalt in den einzelnen Ländern hat.

Das Ergebnis der Studie "More Freedom, Less Terror?" fällt zwiespältig aus. Die politische Liberalisierung in der Arabischen Welt kann politische Gewalt sowohl eindämmen als auch verschlimmern. Entscheidend für einen Erfolg der Reformen ist jedoch, dass diese vom Volk als legitim und umfassend empfunden werden. In vielen Fällen vertiefen Reformen jedoch soziale Spannungen, da die herrschenden Eliten in den einzelnen Staaten sicherstellen, dass ihre Macht unangetastet bleibt oder Reformen vom Volk als bloße Kosmetik betrachtet werden.

Daneben kommt die RAND-Studie zu dem Ergebnis, dass eine Öffnung des politischen Systems Oppositionsbewegungen mäßigen kann. Aber auch hierfür ist entscheidend, dass Reformen greifbare Ergebnisse liefern. So verweist der Bericht auf die Beispiele Marokko und Jordanien, wo moderate islamistische Parteien - im Maghrebstaat die "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung", in Jordanien die "Islamische Aktionsfront" - in das politische System eingebunden wurden und die Unterstützung für radikale Islamisten seither zurückging. Eine wachsende Konfrontation zwischen dem herrschenden Regime und der islamistischen Opposition spiele hingegen den Hard-Linern in die Hände. Eine entsprechende Entwicklung sei in Bahrain zu beobachten.

Die RAND-Studie räumt ein, dass politische Reformen keineswegs mit wachsender Toleranz unter den Bürgern einhergehe. Als Beispiel wird hier Ägypten angeführt, wo die Spannungen zwischen Muslimen und Kopten zugenommen haben und die koptische Minderheit alle Reformen ablehne, die islamistischen Parteien mehr Macht bescheren könnten.

Grundsätzlich stellt der Bericht fest, dass in allen Staaten des Nahen Ostens die Regierungen bestrebt sind, islamistische Bewegungen von der Macht fernzuhalten. In Jordanien wurde das Wahlgesetz so konstruiert, dass die Islamische Aktionsfront marginalisiert wird. In Algerien wurden islamistische Parteien vom politischen Leben und der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen. In ähnlicher Weise wird die islamistische Opposition in Ägypten drangsaliert. In Bahrain sorgt die Königsfamilie dafür, dass schiitische Parteien im Parlament unterrepräsentiert sind.

Nach Einschätzung der Studie besteht unter den Bürgern der arabischen Länder ein weit verbreitetes Interesse an einer Demokratisierung ihrer Gesellschaften. Umso größer ist daher oftmals die Enttäuschung über halbherzige Reformen. In Marokko treiben etwa die allgegenwärtige Korruption und die fehlende Rechtsstaatlichkeit die Islamisten Anhänger zu. Ein noch krasseres Beispiel stellt Algerien dar, wo die Wahlen 1992 für nichtig erklärt wurden, nachdem ein Sieg der islamistischen Heilspartei FIS vorhergesagt worden war. Die Folge war ein jahrelanger Bürgerkrieg. Auch in den Golfstaaten sei die Ohnmacht der Parlamente ein Auslöser für politisch motivierte Gewalt.

Entscheidend für die Akzeptanz politischer Reformen ist die Umsetzung von Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte.

Gleichwohl ist ein Anstieg oder Rückgang von Radikalismus und Terrorismus häufig unabhängig von innenpolitischen Reformen. So sei der Anstieg islamistischer Gewalt in Saudi-Arabien in erster Linie mit der Rückkehr von Kämpfern aus Afghanistan oder dem Irak zu erklären. Ebenso waren die Bombenanschläge in Casablanca 2003 eine Reaktion auf die engen amerikanisch-marokkanischen Beziehungen.

Die Autoren der RAND-Studie empfehlen eine "realistische Demokratisierung anstatt einer Rückkehr zum Realismus". Politische Reformen sollten unterstützt werden, von einer Demokratisierung durch Kriege und blutige Regimewechsel sollten die USA hingegen absehen. Wichtig sei es eine Parteinahme bei innenpolitischen Auseinandersetzungen in den arabischen Staaten zu vermeiden. Ebenso sei es entscheidend, dass die Wahrung der Sicherheit im Nahen Osten nicht auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte geht. Auch wenn die islamistischen Parteien amerikanischen Interessen oftmals entgegenstehen, sollte die USA die Rolle der Islamisten anerkennen und Kontakte zu ihre Vertretern aufbauen, empfiehlt die RAND-Studie.

Montag, 6. Oktober 2008

Die Dahiye-Doktrin

Der Chef der Nordkommandos der israelischen Armee, Gadi Eisenkot, hat mit deim Einsatz "unverhältnismäßiger Gewalt" gegen libanesische Dörfer gedroht, sollte die Hizbollah von dort Raketen auf Israel abfeuern.

"Was 2006 mit dem Stadtteil Dahiye in Beirut passiert ist, wird mit jedem Dorf geschehen, vom dem aus Israel beschossen wird", sagte der General am Freitag in einem Interview mit der israelischen Zeitung Yedioth Ahronoth. Die Dahiye sind die schiitischen Vororte Beiruts, in denen die Hizbollah Büros unterhält. Während des Zweiten Libanonkrieges wurden hier ganze Straßenzüge dem Erdboden gleichgemacht.

"Wir werden unverhältnismäßige Gewalt einsetzen und schwere Schäden und Zerstörungen verursachen. Von unserem Standpunkt aus sind das keine zivilen Dörfer sondern Militärbasen", so Eisenkot weiter. Er betonte, dass es sich bei seiner Strategie keineswegs um eine Empfehlung sondern um einen bereits beschlossenen Plan handele.

Ziel der "Dahiye-Doktrin" ist es, die Hizbollah und ihre Verbündeten von zukünftigen Angriffen auf Israel abzuhalten. Sollte diese Abschreckungsstrategie jedoch scheitern, könnten sich Eisenkots Äußerungen bald als kontraproduktiv erweisen.

Die letzten Kriege zwischen Israel und der Hizbollah 1993, 1996 und 2006 haben nämlich gezeigt, dass mit einer wachsenden Zahl der zivilen Opfer im Libanon der Druck auf Israel seitens der EU und später auch der USA zunimmt, den Krieg zu beenden und ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen.

Sollte Israel seine Drohung wahrmachen und Dutzende schiitische Dörfer im Libanon dem Erdboden gleichmachen und nicht länger zwischen Kombattanten und Zivilisten unterscheiden, wird die internationale Empörung nicht lange auf sich warten lassen. Im Medienzeitalter wird Israel den Krieg der Bilder so mit Sicherheit verlieren.

Verzichtet Israels Armee in einem künftigen Krieg gegen die Hizbollah also auf "unverhältnismäßige Gewalt" erscheint sie plötzlich als Papiertiger und die Hizbollah dürfte sich gestärkt fühlen. Macht sie ihre Drohungen wahr wird Israels Ansehen weiter sinken und Antisemiten in aller Welt werden sich bestätigt fühlen.

Im Wesentlichen liegt der "Dahiye-Doktrin" ein Weltbild zu Grunde, das sich kaum von dem vieler Hizbollah-Anhänger unterscheidet. Ihrer Ansicht nach sind alle Zionisten Verbrecher und somit alle Israelis legitime Angriffsziele. Laut Eisenkot werden nun alle Libanesen zu Hizbollah-Anhängern und damit ebenfalls zu potentiellen Angriffszielen.

Freitag, 3. Oktober 2008

US-Think Tank will Büro in Teheran eröffnen

Der American-Iranian-Council (AIC) hat vom US-Finanzministerium die Erlaubnis erhalten, ein Büro in Teheran zu eröffnen. Der AIC wird damit der erste amerikanische Think Tank sein, der im Iran vertreten ist. Eine entsprechende Erlaubnis erhielt der Rat vom Office of Foreign Asset Control (OFAC), das die Sanktionen gegen den Iran überwacht und durchsetzt.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Iran wurden 1980 nach der Islamischen Revolution und der Geiselnahme von 54 amerikanischen Botschaftsangestellten in Teheran abgebrochen und seither nicht wieder aufgenommen. Sean McCormack, Sprecher des State Departments, erklärte, die Entscheidung des OFAC bedeute nicht, dass sich an der amerikanischen Politik gegenüber dem Iran etwas ändern werde.

Der American-Iranian-Council wurde 1997 gegründet und hat seinen Sitz in Princeton, New Jersey. Laut Satzung ist der AIC eine unabhängige und unparteiische Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Beziehungen zwischen beiden Staaten zu verbessern. Ins Besondere gehe es dem AIC darum, Verdrehungen und falsche Wahrnehmungen über die jeweils andere Kultur und Bevölkerung richtigzustellen.

Nur durch Dialog könnten die schwierigen Probleme beider Staaten gelöst werden, so Brent Lollis, Direktor des amerikanisch-israelischen Rats. Besonders die iranische Zivilgesellschaft solle so gestärkt werden. Dabei wolle der AIC ein objektiver und fairer Moderator sein. Derzeit wartet die Organisation noch auf die Zustimmung der iranischen Behörden.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Israel-Palästina: Zwei-Staaten-Lösung mit Einbindung Ägyptens?

Am Montag sorgte Israels scheidender Ministerpräsident Ehud Olmert mit überraschend deutlichen Aussagen zur israelischen Besatzung für Aufsehen. Um Frieden mit Syrien und den Palästinensern zu schließen, müsse sich Israel aus den besetzten Gebieten zurückziehen. "Ich sage etwas, was noch kein anderer israelischer Staatsmann gesagt hat: Wir müssen uns aus fast allen Gebieten zurückziehen, einschließlich Ostjerusalems und der Golanhöhen.", erklärte Olmert am Vorabend des jüdischen Neujahrsfests Rosh Hashana.

Für jüdische Siedlungen im Westjordanland müsste Israel den Palästinensern einen Landtausch, "nahe dem Verhältnis von 1:1" anbieten, etwa nahe des Gazastreifens oder entlang eines zu errichtenden Transitkorridors zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland.

Einen ähnlichen Plan für einen Landtausch legte kürzlich der ehemalige Chef des Nationalen Sicherheitsrats in Israel, Giora Eiland, vor. Dieser soll Ägypten miteinbeziehen. Eiland geht von der Einschätzung aus, dass das umstrittene Land für Israelis wie Palästinenser zu klein ist.

Daher schlägt er vor, dass Ägypten einen Teil des an Gaza grenzenden Nordsinai seinen palästinensischen Brüdern zur Verfügung stellen sollte. Auf diese Weise würde das Territorium des engbesiedelten Gazastreifens verdreifacht. Nur so könne die Grundlage für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Gaza geschaffen werden.

Im Gegenzug solle Israel einen Teil der Negevwüste weister südlich an Ägypten abgeben. Dafür solle der jüdische Staat die großen Siedlungsblöcke im Westjordanland, insgesamt 13% des West-Bank-Territoriums behalten dürfen. Diese Fläche von 600 Quadratkilometern entspräche der Fläche, die Ägypten den Palästinensern zur Verfügung stellen solle.

Nach Giora Eilands Einschätzung würden alle Parteien von einem solchen Deal profitieren. Ägypten würde an Statur als Wohltäter für die Palästinenser gewinnen, die Palästinenser bekämen einen lebensfähigen Staat und Israel bräuchte nur 30000 Siedler aus dem Westjordanland zurückholen.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Wahlgesetzreform im Libanon

Das libanesische Parlament hat in den letzten Tagen eine umfassende Wahlgesetzreform verabschiedet. Das neue Wahlgesetz basiert auf einem Gesetz aus dem Jahr 1960. Die wichtigste Änderung besteht darin, dass die Wahlkreise künftig kleiner gefasst sind. Damit sollen die Rechte von Minderheiten gestärkt werden. Die kleinen Wahlkreise, Qazas, sollen sicherstellen, dass die christliche Minderheit bei der Wahl christlicher Abgeordneter nicht von Muslimen überstimmt werden kann.

Außerdem wurde beschlossen, dass die Wahlen künftig nicht mehr wie bisher in mehreren Runden sondern an einem Tag abgehalten werden. Auslandslibanesen sollen ab den übernächsten Wahlen 2013 wählen dürfen.

Insgesamt verabschiedete das Parlament jedoch nur 57 der 118 eingebrachten Änderungsanträge. Abgewiesen wurde etwa der Vorschlag, das Mindestalter für das aktive Wahlrecht von 21 auf 18 herabzusetzen. Diese Ablehnung erfolgte auf Druck christlicher Parteien, die damit eine weitere Vergrößerung der muslimischen Wählerschaft verhindern wollten.

Ebenso abgelehnt wurde die Einführung einer Frauenquote von 30%. Im jetzigen Parlament sind nur 6 der 128 Abgeordneten Frauen. Heftig debattiert wurde darüber, ob man Soldaten künftig das Recht geben sollte, zu wählen. Dieser Vorschlag der Opposition wurde schließlich abgelehnt, da die Armee ihren Status als überparteiliche Kraft nicht verlieren dürfe.

Innenminister Ziyad Baroud zeigte sich ebenso wie Beobachter enttäuscht darüber, dass wesentliche Reformvorschläge abgeblockt wurden. "Das ist nicht das Gesetz, das wir gewollt haben. Ich hätte mir eine radikalere Reform gewünscht.", so der Innenminister. Hilal Khashan, Politologe der American University of Beirut erklärte: "Wir erlauben jungen 18-jährigen Menschen für die Verteidigung unseres Landes zu sterben, gestatten es ihnen aber nicht zu wählen. Das geschieht gar nicht aus politischen Gründen. Das ist einfach das traditionelle politische Verhalten."

Stark reguliert wurde vom Parlament die Rolle der Medien in künftigen Wahlkämpfen. Alle Kandidaten sollten das gleiche Recht bekommen, sich und ihr Programm in den TV-Sendern vorzustellen. Angesihcts der Tatsache, dass wichtige Fernsehsender in der Hand von Parteien sind, wirkt dieses Corhaben sehr ambitioniert und kaum umsetzbar. Am Wahltag selbst soll der Bildschirm sogar schwarz bleiben. Ebenso sollen in den letzten 10 Tagen vor der Wahl sämtliche Meidnungsumfragen verboten sein.

Die nächsten Parlamentswahlen im Libanon sollen im Frühjahr 2009 stattfinden.