Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair wird also neuer Sondergesandter des so genannten Nahost-Quartetts, bestehend aus den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Rußland. Blairs Vorgänger auf diesem Posten, James Wolfensohn, war zum 30.April 2006 von seinem Amt zurückgetreten, frustriert über die Weigerung der Hamas, den Staat Israel anzuerkennen, enttäuscht über den fortgesetzten Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland. Seit über einem Jahr also war der Posten des Sondergesandten vakant.
Mit Tony Blair übernimmt nun ein Mann den Posten, dessen Nahost-Politik bislang von wenig Fortune gesegnet war. Unter seiner Regierung führte Großbritannien an der Seite der USA Krieg gegen das Saddam-Regime im Irak. Zuvor hatte der britische Premier die Weltöffentlichkeit über die Gründe für den Irak-Feldzug belogen und die Gefahr die vom Irak ausginge, drastisch übertrieben - oder wie es ein hochrangiger britischer Beamter ausdrückte: "sexed up".
In einem am 24.September 2002 von der britischen Regierung vorgelegten Dossier wurde unter anderem fälschlicherweise behauptet, das Saddam-Regime habe sich in Afrika um den Kauf "waffenfähigen Urans" bemüht. In seinem Vorwort zu dem September-Dossier schrieb Tony Blair: "Dieses Dokument enthüllt, dass einige der irakischen Massenvernichtungswaffen innerhalb von 45 Minuten eingesetzt werden können." Nach dem Sturz Saddams wurden im Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden.
Zwar gelang es der so genannten "Koalition der Willigen" innerhalb weniger Wochen mit Saddam Hussein einen der blutigsten Diktatoren des Nahen Ostens zu stürzen, seither regieren jedoch Terror und Rechtlosigkeit weite Teile des Zweistromlands. Weder die amerikanischen noch die britischen Truppen sind bislang in der Lage Ordnung und Sicherheit im Irak herzustellen. Mehrere hunderttausend irakische Zivilisten kamen seither durch Anschläge oder Kampfhandlungen uns Leben.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars, Antonio Guterres, sind in den vergangenen vier Jahren 2 Millionen Iraker aus ihrem Land geflohen, das sind etwa 8% der Bevölkerung. Hinzu kommen etwa 1,7 Millionen Binnenflüchtlinge. Vor diesem Hintergrund darf man die Irak-Politik Tony Blairs getrost als gescheitert betrachten, am Schicksal dieser Menschen trägt er Mitschuld. Für einen Ausweg aus der gegenwärtigen katastrophalen Lage im Irak fehlt ihm genauso wie George Bush eine Strategie.
Ob es Blair in seinem neuen Amt gelingt, den festgefahrenen Friedensprozess im Palästina-Konflikt neu in Gang zu bringen, ist mehr als fraglich. Israels Regierung und der Chef der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas haben die Ernennung begrüßt. Gerade die israelische Seite hätte sich kaum einen anderen Mann auf dem Posten wünschen können, der dem jüdischen Staat freundlicher gesonnen wäre. Als Kritiker der israelischen Politik ist Blair bislang jedenfalls nicht in Erscheinung getreten. Während des gescheiterten israelischen Feldzuges gegen die Hizbollah im vergangenen Jahr war Blair einer der Hauptgegner eines frühzeitigen Waffenstillstands, der hunderten libanesischen Zivilisten das Leben hätte retten können.
Schon kurz nach seinem Beitritt zur Labour-Party wurde Tony Blair Mitglied der "Labour Friends of Israel". Michael Levy, der als britischer Jude für Labour im House of Lords sitzt und eine Zeit lang Blairs Nahostbotschafter war, bezeichnet sich selbst als einen "führenden internationalen Zionisten" und gilt als einer der wichtigsten Berater Blairs.
Im Jahre 2004 attackierten 52 ehemalige britische Diplomaten, darunter auch die Ex-Botschafter in Bagdad und Tel Aviv, in einer gemeinsamen Erklärung Blairs Position im Israel-Palästina-Konflikt. Der Premier unterstütze bedingungslos eine israelische Politik die "zum Scheitern verurteilt" sei. Ausdrücklich bezogen sich die Diplomaten auf Blairs Unterstützung für israelische Pläne zur Erhaltung israelischer Siedlungen im Westjordanland.
In der Erklärung von damals hieß es: "Unsere Bestürzung über diesen rückwärtsgewandten Schritt wird durch die Tatsache gesteigert, dass Sie selbst ihn gutzuheißen scheinen. Dadurch geben Sie die Prinzipien auf, die für fast vier Jahrzehnte die internationalen Bemühungen um eine Wiederherstellung des Friedens im Heiligen Land geleitet haben."
Samstag, 30. Juni 2007
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20 Kommentare:
Jo, das böse internationale Judentum - Pardon! internationale Zionistentum natürlich!
Und dann natürlich die arme unschuldige Hamas und fertig ist die sentimentale Soße einiger pubertierender Islamwissenschaftsstudenten!
Schon gehört was grade in Glasgow und London los ist?
Tja, da drehen wieder ein paar ewig unschuldige Moslems durch! Sind halt wieder die bösen Juden schuld....
Schade, dass sich nicht jeder so seriös, informativ und fundiert äußert wie die "pubertierenden Islamwissenschaftsstudenten"!
Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit, während der Kommentar von anonym veröffentlicht wurde, kann man möglicherweise von Drogenkonsum oder großer Müdigkeit ausgehen und somit von einer schärferen Verurteilung absehen...
"Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars, Antonio Guterres, sind in den vergangenen vier Jahren 2 Millionen Iraker aus ihrem Land geflohen, das sind etwa 8% der Bevölkerung. Hinzu kommen etwa 1,7 Millionen Binnenflüchtlinge. Vor diesem Hintergrund darf man die Irak-Politik Tony Blairs getrost als gescheitert betrachten, am Schicksal dieser Menschen trägt er Mitschuld."
Das heißt im Umkehrschluß aber auch, daß in Fällen, wo nicht interveniert wurde, die Interventionsgegner ebenso an den Folgen schuld sind. Also, wer ist für eine Intervention in Darfur? Und vor allem, wer ist dagegen?
"[...] Schon kurz nach seinem Beitritt zur Labour-Party wurde Tony Blair Mitglied der "Labour Friends of Israel". Michael Levy, der als britischer Jude für Labour im House of Lords sitzt und eine Zeit lang Blairs Nahostbotschafter war, bezeichnet sich selbst als einen "führenden internationalen Zionisten" und gilt als einer der wichtigsten Berater Blairs."
Was war das denn?
"Schade, dass sich nicht jeder so seriös, informativ und fundiert äußert wie die "pubertierenden Islamwissenschaftsstudenten"!"
Ich lese diesen Blog schon eine ganze Weile und die meisten Artikel sind tatsächlich seriös und informativ. Bei manchen Beiträgen kann man aber getrost von einer gutmenschlichen Verblendung der Autoren sprechen. Da wird Ursache und Wirkung dann vertauscht und der Terror von Moslems allein als Reaktion auf die viel schlimmere Aggression des ach so bösen Westens hin gestellt. Da kann ich dann genauso ein Islamisten Forum besuchen da bekomme ich die gleiche Info.
"Während des gescheiterten israelischen Feldzuges gegen die Hizbollah im vergangenen Jahr war Blair einer der Hauptgegner eines frühzeitigen Waffenstillstands, der hunderten libanesischen Zivilisten das Leben hätte retten können."
Das ist ein gutes Beispiel für das was ich meine. Blair hat nicht "Love and Peace!" gerufen, also ist er schuld am Tod hunderter Zivilisten.
Es war wohl die Hisbollah die Jahre lang Bömbchen Richtung Israel abgefeurt hat. Wenn also jemand Schuld hat am Tod hunderter libanesischer Zivilisten dann ist es die Hisbollah die den Libanon in Geiselhaft genommen hat. Nasrallah ist in der Vergangenheit auch nicht gerade durch Britenfreundliche Kommentare aufgefallen, von Blair wird aber trotzdem erwartet daß er ein Loblied auf Nasrallah und die Hisbollah singen soll und die bösen israelischen Aggressoren in die Schranken weisen soll. Nach dem Tenor der Gutmenschen: Sei nett zu den Bösen, dann sind die Bösen auch nett zu dir.
"Schon kurz nach seinem Beitritt zur Labour-Party wurde Tony Blair Mitglied der "Labour Friends of Israel". Michael Levy, der als britischer Jude für Labour im House of Lords sitzt und eine Zeit lang Blairs Nahostbotschafter war, bezeichnet sich selbst als einen "führenden internationalen Zionisten" und gilt als einer der wichtigsten Berater Blairs."
Das typische Gerede von der jüdischen Weltverschwörung. Denn was dieser Levy nun mit Blairs Ernennung zu tun hat, das wird auf ewig das Geheimnis von sydow bleiben.
@paul13:
bezüglich der Lage in Darfur stimme ich dir ausdrücklich zu. die internationale gemeinschaft macht sich mitschuldig am völkermord in darfur - indirekt auch die deutschen mainstream-medien und intellektuellen die angesichts hunderttausender tote noch immer viel zu sehr schweigen.
gleichwohl kannst du die lage im irak des märz 2003 nicht mit der situation vergleichen, die wir heute in darfur vorfinden.
im übrigen wollte ich mit meinem artikel nicht einer jüdischen weltverschwörung das wort reden. dennoch halte ich es für legitim auf die bisherige bilanz blair´scher nahost-politik hinzuweisen und auch zu beschreiben aus welchem hintergrund leute aus seinem engsten umfeld kommen.
@ c.sydow
"gleichwohl kannst du die lage im irak des märz 2003 nicht mit der situation vergleichen, die wir heute in darfur vorfinden."
Wir können auch gerne die Lage im Irak des Jahres 2007 nehmen, die wir hätten, wenn Saddam nicht gestürzt worden wäre. Wenn Blair und Bush für die von Terroristen ermordeten Iraker verantwortlich sind, dann wären es Schröder und Chirac für die Toten von Saddams Repression bis hin zum Völkermord, seiner Unterstützung von Terroranschlägen gegen Israel, der unzweifelhaften Wiederaufnahme des irakischen WMD-Programms nach Sanktionsende, sowie die Opfer daraus resultierender regionaler Kriege. Also dann könnte ich leichter mit Blairs oder Bushs Schuld leben.
"Denn was dieser Levy nun mit Blairs Ernennung zu tun hat, das wird auf ewig das Geheimnis von sydow bleiben." Vielleicht ein wenig viel von C. Sydow verlangt Blair und Lord Levy beim Tennisspielen abzuhören und den Beweis hier zu posten, das er ihm geraten hat. Sicherlich ist die kontroverse Figur Levy nicht genügend gewürdigt. Ob Blairs persönliche Worte: "Speaking at the party, Blair praised Levy's "extraordinary energy and ability" and "wisdom, compassion and humanity", adding that Britain would not have been able to play a central role in Middle Eastern diplomacy without him." sauber diagnostierend sind oder nur Lobhudelei für den Besten der Besten fundraiser Britains mag im auge des Betrachters liegen.
Untrennbar sind sie trotzdem. Und die Behauptung Levy wäre NICHT von Blair gefragt worden, zB weil er sauer auf ihn sei, weil Blair ständig bei der Polizei wegen Levy antanzen muß... ist um einiges absurder, als die Variante "Einfluß". Na, wir werden schon sehen wer bei Blairs fundraisern für den Nahen Osten die Hände schüttelt.
Na, die da sicher nicht mehr: http://www.pmo.gov.il/NR/rdonlyres/1EA0CF9A-B388-43C2-9D7A-70916BB7D908/0/6007524476.jpg
Mann, ich hasse das hier mit den Überlängen-Links... :-)
http://shual.blogspot.com/2007/07/levy.html
@ paul13:
ich bin der meinung, man sollte die schuld zunächst bei jenen suchen, die saddam in den 1980ern erst stark gemacht und ihn zu "unserem mann" im kampf gegen khomeinis iran aufgebaut haben.
der völkermord an den kurden in halabja wäre ohne die lieferung chemischer und biologischer kampfstoffe aus westdeutschland oder den usa nicht möglich gewesen.
ein report des US Senate's Committee on Banking, Housing and Urban Affairs aus von 1994 legt detailliert da, wie us-firmen ab 1985, vielleicht auch schon früher, den irak unter saddam mit anthrax und anderen biologischen kampfstoffen versorgt haben.
zitat: 'The United States provided the government of Iraq with 'dual use' licensed materials which assisted in the development of Iraqi chemical, biological and missile-system programs.'
quelle: http://www.gulfweb.org/bigdoc/report/riegle1.html
@ c.sydow
Nachdem wir uns in der Ablehnung der Realpolitik ja offenbar zumindest grundsätzlich einig zu sein scheinen, wenden wir uns wieder Bush, Blair und den NeoCons zu. Also, ist das jetzt besser, was die gemacht haben oder schlechter? Und was hätte man 2002/3, nachdem die Realos den Karren ja bereits in den Dreck gefahren hatten, KONKRET besser machen können?
niemals hätte die "koalition der willigen" in den irak einmarschieren dürfen, ohne einen funktionierenden plan für die zeit nach dem regime change in der tasche zu haben.
die neocons waren geblendet von ihrer ideologie und übersahen dabei die realitäten im irak, den schwelenden konflikt zwischen sunniten und schiiten, die gewachsenen stammesstrukturen, etc die einen übergang zu demokratischen verhältnissen sehr schwierig machen würden.
in dieser mischung aus unkenntnis und ignoranz liegen die wurzeln für das chaos im irak dem wir alle heute wohl ziemlich rat- und hilflos gegenüberstehen.
saddam hussein war ohne zweifel ein despot, aber er war 2002/03 ein isolierter despot der sich an seine macht klammerte und wohl sämtlichen imperialen bestrebungen abgeschworen hatte. in der hoffnung einer us-geführten invasion aus dem wege zu gehen, ließ er schließlich sogar un-isnpektoren ins land.
daher bin ich der ansicht, dass es angesichts des bürgerkriegs, der opfer-und flüchtlingszahlen für den irak und die region besser gewesen, saddam wohl oder übel an der macht zu lassen.
dass die nachbarstaaten einer demokratisierung des irak nach kräften knüppel zwischen die bein schmeißen würden, war auch vor dem krieg absehbar. so hat die entwicklung seit 2003 vor allem dem iran genutzt. ich denke nicht, dass dies im kalkül von bush und blair lag.
p.s.: die un-sanktionen gegen den irak hielt ich übrigens genauso für einen schweren fehler, weil unter diesen zu allererst frauen, kinder und kranke zu leiden hatten.
"ich bin der meinung, man sollte die schuld zunächst bei jenen suchen, die saddam in den 1980ern erst stark gemacht und ihn zu "unserem mann" im kampf gegen khomeinis iran aufgebaut haben."
Das ist wieder die typische Haltung der gutmenschlichen Weltverbesserer die vorgeben sich spitzenmäßig mit anderen Kulturen auszukennen, die Welt dann aber doch nur unter ihrerm eurozentristischen Blickwinkel sehen.
Mein lieber Sydow, dein Fachwissen und deine guten Absichten in allen Ehren aber merkst du nicht, daß du gewollt oder ungewollt die Verantwortung immer nur beim Westen suchst? Damit degradierst du diejenigen in derem Namen du zu sprechen vorgibst zu reinen Statisten oder Objekten die sich entsprechend der Entscheidungen der USA oder Europas verhalten. Mit anderen Worten: ist die USA moralisch, dann ist auch der Nahe Osten moralisch. Ist Europa unmoralisch in seinem Verhalten gegenüber den Arabern, dann reagieren auch die Araber unmoralisch. Du gestehst doch den Muslimen keinerlei eigenen Entscheidungsspielraum zu. Sie sind bei dir nie diejenigen die aus sich heraus eine Entscheidung treffen, sondern immer nur die die auf die Entscheidungen der anderen (des Westens) reagieren.
Das ist doch weltfremd. Der Westen ist doch schon lange nicht mehr so allmächtig wie es in deinen Darstellungen rüberkommt. Wieso erklärst du die Entscheidungen der Muslime nicht auch mal von ihrer eigenen Kultur her? Der Islam ist doch ein eigenständiger Kulturkreis und ich bin sicher, daß die Dinge die dort geschehen in den allermeisten Fällen aus der islamischen Kultur heraus erklärt werden müssen und nicht immer nur als Reaktion auf irgendeine Entscheidung im ach so allmächtigen Washington. Wenn Saddam Giftgas einsetzt, dann ist daran Saddam schuld und nicht die USA. Und wenn die Hisbollah Raketen auf Israel schießt und dabei mehrere hundert Menschen im Laufe einiger Jahre tötet, dann ist die Hisbollah schuld wenn Israel reagiert. Dazu kann Tony Blair gar nichts. Tony Blair, Angie Merkel oder George Bush sind keine allmächtigen Götter die per Fingerschnipp dafür sorgen können, daß die Araber geistig-gesellschaftlich ins 21. Jhr. fliegen. Darum müssen sich die Araber schon selber kümmern und das werden sie kaum schaffen wenn ihnen westliche Gutmenschen ständig jede Veranwortung für ihr Tun absprechen wollen.
Daß ein Land Einfluß zu nehmen sucht ist ein völlig normaler politischer Vorgang. Was glaubst du wie viele Milliarden Saudi Arabien oder Iran ausgeben um entprechende Strömungen in anderen Ländern zu unterstüzen? Wenn der Westen das gleiche tut findest du das aber schrecklich schlimm. Ich finde du bewertest allgemein den Einfluß des Westens zu hoch.
@ anonymous:
das von dir angeführte zitat bezog sich auf paul13s kommentar, in dem er "Schröder und Chirac für die Toten von Saddams Repression bis hin zum Völkermord,etc" verantwortlich machen wollte.
natürlich ist saddam selbst dafür verantwortlich gewesen, gegen wen er giftgas eingesetzt hat.das habe ich auch nie bestritten. dennoch halte ich es für angebracht darauf hinzuweisen, von wem er diese mittel bezog.
der islam ist eine religion, kein kulturkreis. die muslime in indonesien, pakistan, oman, algerien, bosnien haben alle eine gemeinsame religion, die kultur ist in jedem land eine andere, die art wie der glaube praktiziert wird unterscheidet sich von land zu land, region zu region.
die verwendung von giftgas aus der "islamischen kultur" heraus erklären zu wollen, halte ich für ziemlich absurd. demnach wäre dann die vergasung von 6 millionen juden nur aus dem "christlichen kulturkreis" heraus erklärbar.
und wenn du unter "einfluß nehmen" den export von WMDs an diktatoren oder angriffskriege verbuchst, finde ich das in der tat schrecklich schlimm. genauso schrecklich schlimm wie iranische, saudische oder pakistanische hilfe an hamas, taliban, und co.
"dennoch halte ich es für angebracht darauf hinzuweisen, von wem er diese mittel bezog."
So gut wie alle arabischen Staaten haben Saddam in seinem Krieg gegen den Iran massiv finanziell unterstützt. Andernfalls wäre der Irak vielleicht schon vor 20 Jahren den Mullahs in die Hände gefallen und nicht erst heute.
Die Waffen die geliefert wurden zielten darauf ab den Einfluß Irans zurück zu drängen und nicht die eigene Bevölkerung zu vergasen. Natürlich ist die Lieferung von biolog. oder chem. Waffen verwerflich, aber man sollte das doch ein bißchen im Kontext sehen und nicht stupide mit dem Finger auf die westlichen Länder zeigen. Die Politik des Westens hatte damals einen ganz konkreten Sinn und der unterscheidet und unterschied sich nicht wesentlich von der Politik die zu allen Zeiten und von allen Staaten betrieben wurde und betrieben wird: man unterstützt Länder die einem nutzen und bekämpft Länder die einem Schaden. Das kann man traurig und deprimierend finden, es ist aber die Realität und ich finde daß du ganz selbstverständlich sämtlichen Ländern der Welt dieses Recht zugestehst nur denen des westlichen Kulturkreises nicht. Von denen erwartest du vielmehr daß sie ständig eine hypermoralische Politik treiben sollen. Für Darfur bspw. sind doch wohl eher die islamischen Länder zuständig.
"die verwendung von giftgas aus der "islamischen kultur" heraus erklären zu wollen, halte ich für ziemlich absurd."
Das habe ich nicht verlangt. Aber Saddam wurde nicht von den USA installiert. Genauso wie die Selbstmordattentate der Hamas vom CIA erfunden wurden und daß es in Theran zum guten Ton gehört "Tod dem Westen" zu rufen, dazu kann Europa auch nichts. Hier handelt es sich sehr wohl um Entwicklungen die zu einem großen Teil regional, lokal, religiös, kulturell oder wie auch immer erklärt werden müssen. Keineswegs sind das alles nur Reaktionen auf eine verfehlte Politik des Westens.
"und wenn du unter "einfluß nehmen" den export von WMDs an diktatoren oder angriffskriege verbuchst, finde ich das in der tat schrecklich schlimm."
Natürlich ist es schrecklich schlimm. Aber solche Dinge werden von allen Staaten verübt und die Frage ist einfach ob es wirklich so ist, daß auf der Welt Frieden herrscht wenn ausschließlich der Westen sich fair verhält. Allgemein gesagt verhält sich der Westen wesentlich fairer als die meisten anderen Länder der Welt. Man hat nur häufig des Eindruck daß dies von vielen Menschen (insb. Muslimen) nicht als Zeichen des guten Willens interpretiert wird, sondern als Zeichen der Schwäche der nur erst Recht neue Aggressionen herauf beschwört. Nach dem Motto: der verkommene Westen wird sowieso bald zusammen brechen. Und ich finde daß du diesen Aspekt völlig vernachlässigst.
Alan Johnston ist frei.
http://shual.blogspot.com/2007/07/alan-johnston-released.html
@ c.sydow
"das von dir angeführte zitat bezog sich auf paul13s kommentar, in dem er "Schröder und Chirac für die Toten von Saddams Repression bis hin zum Völkermord,etc" verantwortlich machen wollte."
Moment mal, die Reihenfolge war etwas anders, wenn ich mich recht erinnere. Wenn Terroristen Menschen ermorden und trotzdem Bush und Blair dafür verantwortlich sind (im konkreten Fall sprachst Du von der Bilanz Blairs, nicht der der Terroristen), dann sind jene, die Saddam nicht gestürzt sehen wollten, mindestens genauso schuld an dessen Opfern, zumal Bush und Blair die Terroristen wenigstens noch bekämpfen, Schröder und Chirac Saddam hingegen noch helfen wollten. Also bitte nicht aus dem Zusammenhang reißen.
@ anonym:
dass der irak heute den mullahs in die hände fällt, seh ich noch nicht.
der westen hatte mit saddam hussein einen diktator unterstützt der zu allen zeiten sein volk knechtete, miderheiten blutig unterdrückte, regimekritiker folterte und umbringen ließ. diese fakten waren den westlichen staaten bewußt als sie ihn mit chemischen und biologischen kampfstoffen versorgten. dieses verhalten der westlichen staaten finde ich verwerflich, auch vor dem hintergrund, dass man den vielleicht noch böseren iran bekämpfen wollte. die unterstützung für saddam ging damals soweit, dass man den giftgasangriff auf halabja zunächst dem iran in die schuhe schieben wollte frei nach dem motto: "es kann nicht sein, was nicht sein darf."
und natürlich sind für das wohl des nahen und mittleren osten zuallererst die eliten der jeweiligen länder verantwortlich. dennoch ist es notwendig die "westliche" nahost-politik, die eu und usa zum wichtigsten feld ihrer außenpolitik erklärt haben, zu kritisieren. dass die nahostpolitik chinas weitaus unmoralischer ist, wie sich am beispiel darfur zeigt macht die sache nicht besser.
dass ich dabei insgesamt den einfluss des westens überschätze glaube ich nicht, dass du anderer meinung bist, ist dein gutes recht.
@ paul13:
in meinen augen wäre es mit deiner begründung logischer, george bush sr für die opfer saddams verantwortlich zu machen. über den arabischen dienste von "voice of america" und "voice of ree iraq" wurden die irakischen schiiten am ende von "desert storm" im februar 1991 dazu aufgerufen sich gegen saddam zu erheben.
wenige tage später schwenkte die us-regierung um, wohl aus angst vor einem mit den iran-alliierten schiiten-staat im irak. tausende schiiten, die sich damals gegen die baath-diktatur erhoben, bezahlten diesen aufstand mit ihrem leben, weil bush sr. lieber einen brutalen aber doch geschwächten saddam in baghdad an der macht sehen wollte. damals war die chance da gewesen, saddam zu stürzen.
@ c.sydow
Ich hab das damals noch ganz genau mitbekommen, und da war die Lage in den letzten Tagen vor dem Waffenstillstand so, daß die Amis, auch wenn es dort Stimmen gab, die davor warnten, ganz klar darauf drängten, weiterzumarschieren. Die Europäer, Araber, Russen und die UNO hingegen haben einen Riesenterz gemacht, um so schnell wie möglich ein Ende der Kampfhandlungen zu erreichen. Bush sr hat sich zuschulden kommen lassen, darauf gehört zu haben, aber man kann nicht so tun, als ob die, die ihn dazu gedrängt haben, nichts damit zu tun hätten.
P.S.: Deine andere Antwort habe ich übrigens nicht vergessen, nur ist mir das einen eigenen Artikel wert. Ich hoffe, daß ich ihn im Laufe des Wochenendes fertig kriege.
Update "Jüdische Weltverschwörung vs Gesunder Menschenverstand"
"Blair has appointed as his chief of staff[in Jerusalem] Nick Banner, who worked with Sir Nigel Sheinwald, Blair's foreign policy adviser in Downing Street."
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