Freitag, 31. März 2006

Neue Spannungen zwischen Tschad und Sudan

Regierungsstellen in Ndjamena haben heute erklärt, sudanesische Janjaweed-Milizen und Rebellengruppen aus dem Osten des Tschad hätten zum wiederholten Male Dörfer und Militärposten auf dem Staatsgebiet des Tschad angegriffen. Nach Angaben von Außenminister Ahmat Allami hätte die Rebellengruppe "Vereinigung für Demokratie und Freiheit" (RDL) mit Unterstützung des Sudan mehrere Angriffe auf die Grenzstadt Moudeina und ihre Umgebung durchgeführt. "Der Tschad verurteilt diese Angriffe und wird die notwendigen Konsequenzen ziehen", hieß es in einer "al-Jazeera" vorliegenden Erklärung des Außenministeriums weiter, ohne jedoch genauere Angaben über mögliche Gegenreaktionen zu machen.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters ist bei den Kämpfen auch der hochrangige General Abakar Youssouf Mahamat Itno, Neffe des Präsidenten vom Tschad, Idriss Deby, ums Leben gekommen.

Bereits Ende vergangenen Jahres war es immer wieder zu grenzüberschreitenden Konflikten gekommen. Diese hatten im Dezember 2005 einen Höhepunkt erreicht, als die RDL vom Staatsgebiet des Sudan aus die Stadt Adre angegriffen hatte. Die Regierung des Tschad erklärte daraufhin, die Beziehungen zum Sudan hätten das "Stadium der Feindschaft" erreicht. Unter Vermittlung Libyens und der Afrikanischen Union schlossen beide Staaten am 8.Februar in Tripolis einen Vertrag, der beide Parteien verpflichtet keine Rebellengruppan auf ihrem jeweiligen Territorium zu beherbergen.

Allami erklärte heute in einer Pressekonferenz: "Der Sudan hat keines seiner Versprechen eingelöst. Er hat weder die Janjaweed-Milizen, noch die RDL-Rebellen entwaffnet. Wir grübeln sehr über die Gültigkeit des Abkommens von Tripoli." Seinen Angaben zufolge sind in grenznahen Dörfern des Tschad etwa 5000 Menschen vor den beritten Janjaweed-Milizen, die zuvor in der west-sudanesischen Provinz Darfur tausende Menschen getötet und Millionen weitere vertreiben hatten, geflohen.Menschenrechtsorganisationen sprechen gar von bis zu 30000 Tschadis, die vor den grenzübergreifenden Attacken fliehen mussten.
Darfur gilt seit jeher als beliebtes Rückzugsgebiet für Rebellengruppen aus dem Tschad. Auch Idriss Deby war 1990 durch eine Rebellion an die Macht gelangt, die in Darfur ihren Anfang nahm.

Donnerstag, 30. März 2006

alsharq-Interview mit Guido Steinberg: "Rückzug der Amerikaner hätte katastrophale Folgen"

In seinem Buch "Der nahe und der ferne Feind - Die Netzwerke des islamistischen Terrorismus" analysiert der Islamwissenschaftler Dr.Guido Steinberg islamistische Terrorbewegungen der vergangenen Jahre und stellt die These auf, dass Gruppen wie al-Qaida weniger den Westen sondern zuerst den Sturz der Staatsführungen in den Ländern des Nahen Ostens zum Ziel haben - gegenüber alsharq beantwortete Steinberg einige Fragen.:


alsharq: In ihrem Buch schreiben Sie, dass al-Qaida als hierarchisch strukturierte Organisation praktisch nur bis Ende 2001 existierte und sie sich seither zu einer Ideologie entwickelt habe unter deren Schirm sich verschiedenste nationale Gruppen in Marokko, Saudi-Arabien oder Jemen entwickelten, die dezentral agierten. Wie groß schätzen Sie zahlenmäßig heute den Personenkreis ein, der noch immer mit Bin Laden oder Zawahiri in Kontakt steht und wie gelingt es diesen, weiterhin durch Video- oder Audiobotschaften in die Medien zu gelangen?

Guido Steinberg: Es ist sehr schwer, zu schätzen, wieviele Personen heute noch mit Bin Laden und Zawahiri in Kontakt stehen. UBL scheint isolierter zu sein. Er dürfte von wenigen besonders loyalen Gefolgsleuten umgeben sein, schätzungsweise zwischen 10 und 30. Den Kontakt mit der Außenwelt hält er über Kuriere. Für Zawahiri gilt Ähnliches. Die höhere Zahl seiner Video- und Audiobotschaften spricht für eine etwas intensivere Vernetzung mit der Außenwelt. Die Video- und Audiobänder werden über Kuriere zu den Büros der Fernsehanstalten transportiert.


alsharq: Sie erklären, der Kampf der islamistischen Terrornetzwerke richte sich in erster Linie gegen den "nahen Feind", also die ihrer Meinung nach unislamischen Herrscher in ihren Heimatländern Jordanien, Saudi-Arabien und anderswo. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund das Gefährdungspotential in Deutschland ein? Welche Einrichtungen sind möglicherweise besonders gefährdet?

G.S.: Deutschland ist prinzipiell gefährdet. Unser letzter Innenminister spsrach zu Recht häufig von einer "abstrakten Gefährdung". Wir gehören zum Zielspektrum vieler militanter Gruppen und es wurden bereits mehrfach Planungen zu Anschlägen vereitelt. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Anschlag hier unvermeidlich ist. Wenn allerdings ein Anschlag folgt, wird der wahrscheinlich dem Muster der Attentate von London oder Madrid folgen: eine kleine Gruppe von hier lebenden Muslimen wird weiche Ziele wie U-Bahnen, Busse oder Eisenbahnen oder einen Ort, an dem sich ungesichert viele Menschen aufhalten, angreifen.


alsharq: Abu Musab az-Zarqawi will den Irak als Rückzugsraum nutzen um von dort aus das Königshaus in Jordanien zu stürzen und "Palästina zu befreien". Nach den Anschlägen von Amman am 9.November 2005 sah sich Zarqawi gezwungen, sich für die Anschläge dort zu entschuldigen. Wie groß schätzen Sie die Sympathisantenszene in Jordanien ein und welchen Einfluss hatten die Anschläge auf diese?

G.S.: Zarqawis Sympathisantenszene in Jordanien ist weiterhin groß, obwohl er nach den Anschlägen in Amman an Unterstützung verloren hat. In den letzten Jahren ist es ihm immer wieder gelungen, junge Jordanier, oft palästinensischer Herkunft, aus Amman, Zarqa, Salt und Irbid zu rekrutieren. Ich sehe keinen Grund, dass sich daran etwas ändern sollte. Terroristische Gruppen werden längerfristig ein Problem für die jordanische Regierung sein. Nach den Anschlägen von Amman hat Zarqawi Sympathien verloren. Der Ablauf folgt einem Muster: Oft wenn eine terroristische Gruppierung, deren Anschläge im Ausland von Sympathisanten unterstützt werden, im Inland zuschlägt, verliert sie an Zustimmung. Dies geschah auch in Saudi-Arabien im Jahr 2003. Sobald das eigene Leben und das von Mitbürgern in Gefahr gerät, werden viele Menschen nachdenklich. Während viele Jordanier, Saudis etc. gerne bereit sind, Anschläge auf Amerikaner, Israelis und andere im Ausland zu billigen, lehnen sie Anschläge im Inland und vor allem gegen unbeteiligte Muslime ab.


alsharq: Der Irak ist für viele militante Islamisten zu einem "neuen Afghanistan" geworden. Welche Folgen hätte ein baldiger Rückzug der "Koalitionstruppen" aus dem Land für den Irak einerseits und die Netzwerke des islamistischen Terrorismus und ihre Sympathisanten andererseits?

G.S.: Ein baldiger Rückzug der amerikanischen Truppen (alle anderen sind irrelevant) hätte katastrophale Folgen für die Sicherheitslage im Land. Mittlerweile fordern auch viele sunnitische Politiker ihren einstweiligen Verbleib, weil sie den Ausbruch eines Bürgerkriegs befürchten. Von den Jihadisten würde ein solcher Rückzug natürlich als großer Erfolg gewertet: Die Situation würde dem Rückzug der Amerikaner aus Beirut im Jahre 1983 ähneln, als sie sich nach Bombenattentaten der Hizbullah zurückzogen. Bis heute werten viele militante Gruppen die damaligen Geschehnisse als beispielhaft. Vor einer weitgehenden Stabilisierung des irakischen Staates dürfen sich die Amerikaner nicht zurückziehen, wollen sie die islamistischen Terroristen nicht ermutigen.

Gipfeltreffen der Arabischen Liga endet in "Apathie"


Das gestern zu Ende gegangene Gipfeltreffen arabischer Staatschefs in Khartoum hat außer den üblichen Solidaritätsbekundungen mit dem palästinensischen und irakischen Volk kaum greifbare Ergebnisse erzielt.
Zu guter letzt erklärte der saudische Vertreter, Arbeitsminister Ghazi al-Gusaibi, sein Land werde nicht das Gipfeltreffen im kommenden Jahr ausrichten und den Auftrag hierzu an Ägypten, wo sich das Hauptquartier der Arabischen Liga befindet, weitergeben. Die Weigerung Saudi-Arabiens, das planmäßiger Ausrichter des arabischen Gipfels im Jahr 2007 sein sollte, wird als Protest der Saudis gegen die mangelnde exekutive Macht der Arabischen Liga gewertet.

Schon das diesjährige Treffen trug Züge einer Farce, da 10 der 22 Staatschefs der AL, darunter die politischen Schwergewichte Hosni Mubarak und Saudi- Arabiens König Abdullah, gar nicht erst in die sudanesische Hauptstadt gereist waren, auch um ihren Protest gegen die Darfur-Politik von Sudans Staatschef Umar al-Bashir zu zeigen. Dafür war Libanon, eines der kleinsten Mitgliedsländer gleich mit zwei konkurrierenden Delegationen vor Ort. Premierminister Fouad Seniora reiste mit Vertrauten an, um einem "Mangel an libanesischer Repräsentation", durch die vom pro-syrischen Staatschef Emil Lahoud angeführte offizielle Delegation entgegen zu wirken.
Beendet wurde die Zusammenkunft gestern mit der Verlesung von Soildaritätsadressen an die Palästinenser und die Irakis. Außerdem bekräftigten die Konferenzteilnehmer laut "al-Jazeera" ihre Verpflichtung zur 2002 verabschiedeten Friedensinitiative, die Israel einen stabilen Frieden als Ausgleich für einen vollständigen Rückzug aus den besetzten arabischen Gebieten anbietet. Zudem wurden die Geberländer aufgefordert, die Wahlentscheidung des palästinensischen Volkes zu akzeptieren, und ihren Verpflichtungen zu Hilfszahlungen nachzukommen.

Als Reaktion auf die Kritik des irakischen Außenministers Hoshyar Zebari einigten sich die Vertreter auf die Entsendung von Diplomaten nach Bagdad, ohne jedoch hierfür einen Zeitrahmen vorzugeben.
Auch für Sudans Diktator Omar al-Bashir gab es Gastgeschenke. Zum einen wurde eine finanzielle Unterstützung für die Friedensmission der Afrikanischen Union in Darfur in Aussicht gestellt und zum anderen sprachen sich die Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga gegen eine UN-Schutztruppe ohne Zustimmung aus Khartum aus.
Natürlich wurde auch der Konflikt um die Muhammad-Karikaturen nicht ausgespart. In der Schlussdeklaration heißt es dazu: "Wir erinnern daran, dass der Respekt vor religiösen Heiligkeiten und Glaubensvorstellungen der entscheidende Faktor bei der Bildung von Vertrauen und Brücken der Freundschaft zwischen Nationen ist." Insgesamt wertete der arabische Nachrichtennsender "al-Jazeera" den Verlauf und die Ergebnisse des 18.Arabischen Gipfels als Zeichen arabischer "Apathie".

Mittwoch, 29. März 2006

Qardaha - das Mausoleum der Assads

Im Nordwesten Syriens, entlang des knapp 200 Kilometer langen Küstenstreifens und dem dahinter liegenden Hügelland, befindet sich das Hauptsiedlungsgebiet der Alawiten, jener religiösen Minderheit der Staatschef Baschar al-Assad und viele Männer an den Schaltstellen von Politik und Militär in Syrien angehören.

Von einigen orthodoxen sunnitischen Muslimen werden die Alawiten als "Übertreiber", arabisch: ghulat, angesehen und deshalb als Abtrünnige bezeichnet. Baschars Vater, Hafez al-Assad, ließ sich 1973 vom schiitischen Rechtsgelehrten Musa as-Sadr in einer Fatwa bestätigen, dass die Alawiten, die etwa 10% der syrischen Bevölkerung stellen, zu den Schiiten zählen. Die göttliche Überhöhung des schiitischen Imams Ali durch die Alawiten bzw. Nusairier ist vielen Sunniten zuwider. Beargwöhnt werden zudem ihre Geheimlehren- und riten, was nicht selten zu einer religiös-sozialen Isolation der Alewiten in der syrischen Gesellschaft geführt hat. Wohl auch um dem entgegen zu wirken ehelichte Baschar al-Assad mit Asma al-Akhras eine Sunnitin. Interkonfessionelle Eheschließungen sind unter den Alawiten sonst eine Seltenheit.

In Lattakia, der wichtigsten syrischen Hafenstadt, wird der alawitische Einfluss besonders durch die verschwindend geringe Zahl an Frauen mit Kopftüchern deutlich. Anders als etwa in Aleppo bilden diese die hier die große Ausnahme von der Regel. Ebenso ist hier der Alkoholausschank in Cafés und Restaurants keine Seltenheit. Auffällig waren bei unserem Besuch vor einem Jahr die zahlreichen Banner mit denen der Hauptplatz im Zentrum Lattakia ausstaffiert wan. Zu lesen war dort etwa: "Libanon und Syrien sind ein Volk" oder "Nein zu UN-Resolution 1559", die den Rückzug syrischer Truppen aus dem Nachbarstaat forderte.

Etwa 30 Kilometer außerhalb von Lattakia, im hügeligen Hinterland gelegen, befindet sich Qardaha, der Geburtsort von Hafiz al-Assad. Heute befindet sich in dem kaum über 1000 Einwohner zählenden Dorf das Mausoleum des ehemaligen Staatschefs. Trotz der geringen Einwohnerzahl dieses Örtchens führt eine vierspurige Schnellstraße bis wenige hundert Meter vor den Ortseingang. In Qardaha selbst deutet nur wenig auf die besondere Bedeutung des Dorfes hin. Hinweisschilder für das Mausoleum sucht man vergebens und erst nach mehrfacher Nachfrage gelangen wir zu dem sternförmigen Bau am hintersten Ende des Ortes. Vor dem Gebäude befindet sich ein schmuckloser Unterstand mit Wellblechdach der sicherstellen soll, das bei der alljährlichen Trauerfeier zum Todestag Assads alle Gäste trockenen Fußes ins Innere gelangen.

An diesem Tage war das Wachpersonal offenbar nicht auf Besuch eingestellt; es vertrat sich gerade vor dem Bau die Beine und kam gerade rechtzeitig um seine Positionen einzunehmen und eine betroffene Miene aufzusetzen. Das Innere des Mausoleums besticht durch seine Schlichtheit. Man verzichtete auf Ausschmückungen und Verzierungen aller Art, der Boden ist mit grauem Stein ausgeschlagen. In der Mitte der Halle befindet sich das mit grünen Stoffen bedeckte Grab des Ex-Diktators, davor ruht eine aufgeschlagene Ausgabe des Koran. Etwas seitlich davon wurde Basil al-Assad bestattet, der älteste Sohn und designierte Nachfolger von Hafiz, der aber 1994 bei einem Autounfall in der Nähe des Flughafens von Damaskus in den Tod raste und seither im offiziellen Sprachgebrauch der Baath-Partei als "Märtyrer" geführt wird.
Zum Abschluss reichte einer der Bediensteten, der wie seine Kollegen ein stilisiertes Porträt Assad Seniors auf der Krawatte trug, aus einer Thermoskanne Kaffee.

Dienstag, 28. März 2006

Libanon: Integration der Hisbollah in die libanesische Armee?


Der UN-Abgesandte Terje Larsen sagte am Sonntag, dass er die Eingliederung der shiitisch-libanesischen Hisbollah, die von den USA als terroristische Organisation eingestuft wird, in die libanesische Armee für möglich hält.

"Wir glauben nicht daran, dass es möglich ist in den Südlibanon und die Bekaa Ebene zu marschieren und die Hisbollah zu entwaffnen, aber wir glauben es ist möglich, Hisbollah Waffen in die libanesische Armee einzubinden," sagte Larsen während einer Pressekonferenz am Ende seines zweitägigen Besuchs im Libanon.

Während nahezu alle libanesischen Milizen am Ende des 15 jährigen Bürgerkrieges (1975-1990) aufgelöst worden waren, behielt die Hisbollah ihre Waffen. Als Israel den Forderungen der Vereinten Nationen Folge leistete und seine Truppen im Mai 2000 endgültig von libanesischem Territorium zurückzog, übernahm die Hisbollah die Kontrolle im Süden des Landes. Sie wird von der libanesischen Regierung als Widerstandsbewegung angesehen und kämpft nach eigenen Angaben für die Befreiung aller libanesischen Gebiete, die momentan von Israel besetzt gehalten würden.

Umstritten ist dabei die Zugehörigkeit der sog. Shebaa-Farmen, einem fruchtbaren Gebiet südlich der libanesischen Stadt Shebaa. Im Sechs-Tage-Krieg 1967 von Syrien erobert, hält Israel dieses Territorium bis heute besetzt. Das von der Hisbollah für den Libanon beanspruchte Gebiet war tatsächlich nie offiziell Teil des libanesischen Staates. Erst 2005 legten die Vereinten Nationen in Resolution 1583 die Gebietszugehörigkeit der Shebaa-Farmen nach den Grenzen von 1949 fest und sprachen sie Syrien zu.

Offen bleibt allerdings die Option eines Gebietstausches zwischen Syrien und Libanon. Behörden beider Länder beharren darauf, dass das Gebiet der Shebaa-Farmen schon 1951 offiziell von syrischer Seite an den Libanon abgetreten worden sei. Die Hisbollah bekannte sich dazu, israelische Truppen innerhalb dieses Gebietes bis zum Tage seiner vollständigen Befreiung zu bekämpfen.

In seiner Resolution 1559 fordert der UN Sicherheitsrat Libanon dazu auf, militante einheimische (Hisbollah) und ausländische (palästinensische) Gruppen innerhalb des Staatsgebietes zu entwaffnen.

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Mit Dank an Olaf Petersen für seine Anmerkung

Ägypten: Zweites Opfer der Vogelgrippe



Am Montag erklärten Behörden, dass eine zweite Frau an den Folgen ihrer Infektion mit dem tödlichen H5N1 Virus verstorben ist. Wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums Abdel Rahman Shabin in einer Pressekonferenz mitteilte, handelt es sich bei der am frühen Morgen verstorbenen Frau bereits um das zweite Opfer der Vogelgrippe in Ägypten. Eine andere Frau war bereits zuvor in der Provinz al-Qalyoubiah an den Folgen der Infektion gestorben.

Die Frau wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, nachdem bei ihr die Symptome des Virus festgestellt worden waren. Trotz aller Bemühungen der Ärzte erlag die Frau ihrer Krankheit.

In einer Fernsehansprache forderte Gesundheitsminister Dr. Hatem al-Jabli ägyptische Bauern eindringlich dazu auf, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Virus zu ergreifen und rief dazu auf, den Behörden Verdachtsfälle - ob bei Vögeln oder Menschen - umgehend zu melden.

Montag, 27. März 2006

Beirut im März 2005 - ein Stadtspaziergang

Wenn man in Beirut den Bus am Nationalmuseum verlässt, befindet man sich genau an der „Green Line“, jener von Nord nach Süd verlaufenden Grenze, die Beirut während des Bürgerkriegs für fast 15 Jahre in einen „muslimischen Westen“ und einen „christlichen Osten“ geteilt hat. Noch heute säumen zahlreiche Ruinen die Rue Damas, entlang derer die Grenze zwischen den Machtbereichen christlicher und muslimischer Milizen verlief und die schließlich auf den größten Platz Beiruts, den Märtyrerplatz, arabisch „Saahat ash-Shuhada“ mündet.

Dieser Platz war bis 1975 das Zentrum der Stadt und ihr wichtigster Verkehrsknotenpunkt – heute ist das Areal eine Steinwüste. Lediglich das Denkmal für die Märtyrer, die beim Kampf für die Unabhängigkeit Libanons ihr Leben ließen, blieb erhalten, auch wenn es von Einschusslöchern übersäht ist. Vor einem Jahr, also etwa einen Monat nach dem Anschlag auf Libanons Ex-Premier Rafik Hariri, befand sich um dieses Denkmal herum die blaue Zeltstadt der „Zedernrevolutionäre“. Sie forderten einen Abzug Syriens aus dem Zedernstaat und kämpften für eine weitere Demokratisierung des Landes. Ihr Massenprotest, der am 14.März 2005 eine Million Menschen auf dem Märtyrerplatz zusammenbrachte, sollte so hofften damals viele, Signalwirkung für Demokratiebewegungen im Nahen Osten haben. In der Tat konnte ein syrischer Abzug erzwungen werden – die Demokratisierung des Landes stagniert seither allerdings.

Nur wenige Meter vom Platz entfernt wurde Rafiq Hariri bestattet. Das Grab unter einem großen weißen Zelt war mit Blumengebinden überladen, Menschen weinten und zwei muslimische Geistliche hielten Totenwache. In einem kleineren Zelt daneben waren 12 seiner 22 Begleiter und Passanten, die mit Hariri umkamen, beigesetzt worden – der Anblick der zwölf in einer Reihe aufgebahrten Gräber machte betroffen
Gleich hinter dem Zelt beginnt das Viertel „Beirut Downtown“, das vom saudisch-libanesischen Geschäftsmann Hariri finanziert wurde. Mit seinen sandsteinfarbenen Gebäuden und Straßencafes würde man dieses Viertel wohl eher in Athen, Barcelona oder Rom vermuten – im noch immer von Kriegsschäden gezeichneten Beirut wirkt es wie ein Fremdkörper, auch weil die Cafes und Restaurants ein annehmbares Preisniveau weit übersteigen.

Einige hundert Meter in westlicher Richtung gelangt man zur Saint-George-Bay in Beirut. am 14.Februar 2005 wurde hier eine Tonne Sprengstoff zur Explosion gebracht, genau zu dem Zeitpunkt als Hariri mit seinem Konvoi an der Stelle vorbeifuhr. Wer hinter diesem Anschlag steckt, ist noch immer nicht mit letzter Gewissheit geklärt – vieles deutet auf syrische Geheimdienstkreise hin. Auch einen Monat nach der Explosion sah es in der Rue Minet al Hosn immer noch so aus, als habe sich der Anschlag gestern ereignet. Zerstörte Autos standen herum, zersplittertes Glas und Schutt der umliegenden Häuser lagen auf der Fahrbahn. Auch wegen der schleppenden Ermittlungen war die Stadt, neben dem allgegenwärtigen Konterfei Rafik Hariris, mit Aufklebern und Plakaten mit der Forderung „al-Haqiqa“ , die Wahrheit, gepflastert.

Sonntag, 26. März 2006

Iraks Außenminister kritisiert arabische Staaten scharf

Iraks Außenminister Hushyar Zibari hat die Haltung der arabischen Staaten gegenüber der irakischen Regierung scharf kritisiert und die Staatschefs aufgefordert eine größere Rolle beim Wiederaufbau des Landes zu übernehmen. So sollten die Staaten der Arabischen Liga dem Irak etwa die Schulden erlassen und diplomatische Missionen in Bagdad einrichten, da andernfalls der Iran dieses Vakuum ausfüllen könnte.
Zibari äußerte sich gestern auf einer Pressekonferenz in Sudans Hauptstadt Khartoum, wo die arabischen Außenminister gegenwärtig das Gipfeltreffen der arabischen Staatschefs am Montag und Dienstag vorbereiten. Neben der anhaltenden Gewalt im Irak werden auf dem Treffen der Arabischen Liga auch die Lage in Palästina, Darfur, sowie die angespannten syrisch-libanesischen Beziehungen auf der Tagesordnung stehen.

So beklagte sich Huschyar Zibari, selbst ein Kurde, über den mangelnden Willen der mehrheitlich sunnitischen Staatsführungen der Arabischen Welt, die schiitisch dominierte Regierung in Baghdad zu unterstützen. Viele arabische Regierungen betrachteten die neue irakische Führung als illegitim und hofften insgeheim, dass der Demokratieversuch im Zweistromland scheitere. Gleichzeitig beschwerten sich nach Angaben des Aussenministers zahlreiche Delegierte über den wachsenden iranischen Einfluss auf den Irak sowie das geplante Treffen US-amerikanischer und iranischer Offizieller, das die Lage im Irak stabilisieren solle. Daran seien jedoch die arabischen Staaten selbst schuld, so Zibari weiter.: "Wenn die arabischen Regierungen nicht dort sind, werden andere Staaten nicht zögern diese Lücke zu schließen. Es sollte realistische und praktische Initiativen der Araber geben. Wir im Irak beschweren uns über die arabische Rolle im Irak. Es gibt keinerlei greifbare oder konkrete Maßnahmen um dem irakischen Volk zu helfen. Es gibt regionale und internationale Initiativen, aber eine arabische Rolle ist nicht vorhanden.", so Zibari gegenüber "al-Jazeera".
Von den arabischen Staaten erhalte die Regierung in Bagdad keinerlei Hilfen. "Warum hat der Pariser Club die irakischen Schulden reduziert, die Araber aber nicht?", fragte der Minister mit Verweis auf den Beschluss der Geberländer vom September 2004, die irakischen Auslandsschulden von 38,9 Milliarden US-Dollar um 80% zu reduzieren.

Weiter rief Zabari die arabischen Staatsführungen auf, diplomatische Einrichtungen im Irak zu eröffnen. Die irakische Regierung sei willens die Gebäude hierfür bereitzustellen und die Sicherheit der arabischen Botschaften zu gewährleisten. Bereits im vergangenen Jahr versprachen die Mitgliedsländer der Arabischen Liga Botschafter zu entsenden, doch nach der Entführung und Ermordung ägyptischer und algerischer Diplomaten wurde diese Initiative beendet. Dennoch dürfe die schwierige Sicherheitslage keine Entschuldigung sein.
Gegenüber dem TV-Sender "al-Arabiya" erklärte Zibari später: "Es gibt viele andere Botschaften die trotz Angriffen dort geblieben sind. Dies diente nur als Vorwand um den Irak zu verlassen und jegliche politische oder diplomatische Verbindung mit dem Irak zu vermeiden, weil es unter den arabischen Regierungen Zweifel an der Legitimität der irakischen Regierung gibt. Außerdem fürchten sie die Ergebnisse eines Erfolgs des irakischen Experiments und seiner Auswirkungen auf ihre Staaten."

Samstag, 25. März 2006

Syriens Staatsmacht reagiert nervös auf Oppositionsbewegung

Nach der erneuten Verhaftung namhafter syrischer Oppositioneller warnte heute die Association of Human Rights in Syria (HRAS) Regierung wie Weltöffentlichkeit vor den Folgen:"Die Fortsetzung dieser Kampagne politischer Festnahmen wird weiteren Schaden nach sich ziehen.", resümiert der Anwalt Anwar Bunni und fordert die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. Unmittelbarer Anlass für diese neuesten Protestbekundungen ist die wiederholte Festnahme Ali Abdullah, einem der bekanntesten Kritiker des Baath-Regimes, aus, wie Bunni betont, "bislang unbekannten Gründen".

Abdullah ist indes nicht das erste Mal den Repressionen der Staatsmacht ausgesetzt. Als er im Mai 2005 öffentlich eine Botschaft der verbotenen Muslimbrüder vorlas, wurde er interniert, kam jedoch im Rahmen einer vermeintlichen politischen Reformoffensive im November des selben Jahres zusammen mit 190 anderen Dissidenten auf freien Fuß (alsharq berichtet) Abdullahs Familie blieb von den neusten Maßnahmen nicht verschont: Sein Sohn Omar wurde festgesetzt, nachdem er eine politische Diskussionsplattform für Jugendliche aufstellen wollte.Vater und Sohn Abdullah wie auch Muhammad Najati Tayyara, der Vizepräsident der HRAS, wurden wahrscheinlich verhaftet, "weil sie ihre politische Meinung öffentlich geäußert haben.", mutmaßt Bunni gegenüber AFP. Tayyara gehört zu denjenigen Oppositionellen, die sich in den letzten Monaten vertärkt um Unterstützung im Ausland bemühen. Vor einem Monat nahm er beispielsweise an einer Konferenz syrischer Dissidenten in den USA teil.

Während derlei Treffen das Damaszener Regime noch vor einem Jahr kaum aus der Ruhe zu verbringen mochte, reagiert es nun wesentlich empfindlicher. Denn neben der Unterstützung durch die US-Regierung können die syrischen Oppositionellen nun auch die Kooperation einflussreicher anti-syrischer Kräfte im Libanon zählen. So ist für Ende diesen Monats eine Konferenz in Paris anberaumt, an der unter anderem Saad Hariri und Walid Joumblatt teilnehmen werden, ebenso wie der langjährige früherer Koordinator der syrischen Außen- und Sicherheitspolitik Abdelhalim Khaddam. Joumblatt, einer der schärfsten Kritiker des Baath-Regimes, traf sich bereits letzten Monat mit hochrangigen Vertretern der US-Administration in Washington.

Unverkennbar ist für Damaskus also die Gefahr, dass an der Regierung vorbei über die Zukunft der Region und der politischen Ordnung des Landes selber verhandelt wird.Die Maßnahmen des Regimes belegen jedoch eher einen hektischen Aktionismus, der darauf schließen lässt, dass man große Probleme damit hat, die oppositionellen Bewegungen im Land (und über die Landesgrenzen hinaus) unter Kontrolle zu behalten, niedergeschlagen werden können sie indes nicht mehr, dafür besitzen sie nun zu starke Fürsprecher. Die Nerven des früher so berüchtigten Sicherheitsapparates scheinen stark gespannt zu sein. Wenn die oppositionellen Kräfte im gegenwärtigen Tempo weiter vernetzen und die Regierung nicht zu gewichtigen Einschränkungen ihres Machtmonopols bereit zeigt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Nerven reißen.

Libanon: Verheerende Bedingungen in palästinensischen Flüchlingslagern

Vor fast sechs Jahrzehnten kamen die ersten palästinensischen Flüchtlinge in den Libanon - gestern haben erstmals libanesische Regierungsmitglieder ein palästinensisches Flüchtlingslager offiziell betreten. Drei Minister besuchten am Freitag Flüchtlingscamps in Beirut und im Süden des Landes um sich aus erster Hand einen Eindruck von den Lebensbedingungen der Flüchtlinge zu machen.
Bildungsminister Khaled Qabbani, der die Gruppe anführte, zeigte sich anschließend erschüttert über die Zustände in den Lagern.: "Was wir in den Camps sahen, ist ein wahres humanitäres Drama, das das internationale Bewusstsein erschüttern muss. Es ist undenkbar, dass dies anhält und die Palästinenser weiter in diesen Lebensumständen, die einem Angriff auf die menschliche Würde und die Menschenrechte nahekommen, leben müssen."

Die Rundfahrt begann am Morgen mit einem Besuch der Beiruter Flüchtlingslager Sabra und Shatila wo sie Blumenkränze auf jenem Friedhof niederlegten auf dem die Opfer des Massakers vom September 1982 begraben sind. Damals hatten phalangistische Milizen unter Führung von Elie Houbeika 700 bis 3500 Palästinenser, unter ihnen viele Frauen und Kinder, ermordet. Zum Zeitpunkt des Massakers war das Gebiet unter Kontrolle der israelischen Streitkräfte. Die Kahan-Kommission, die von der Knesset einberufen wurde, machte die IDF für die Verbrechen "indirekt verantwortlich", der damalige Verteidigungsminster Ariel Scharon galt als "persönlich verantwortlich" und musste zurücktreten.
Auch die Lager Rashidieh und Al-Chimali wurden besucht, wo die Minister mit Palästinenser-Vertretern, unter anderem dem Fatah-Generalsekretär im Libanon, Sultan Abu al-Aynayn, zusammentrafen. Gesundheitsminister Mohammad Khalifeh erklärte nach dem Gespräch.: "Die palästinensische Sache ist Teil der libanesischen Gesellschaft, aber der Libanon kann die Probleme der Palästinenser nicht im Alleingang lösen."

Bislang wurden die Probleme der knapp 400000 palästinensischen Flüchtlinge im Zedernstaat von der Politik weitgehend negiert. Ihnen werden die elementarsten staatsbürgerlichen Rechte verwehrt: Sie dürfen kein Eigentum besitzen, haben keinen Anspruch auf Krankenversorgung, und dürfen erst seit Juni 2005 Anträge auf Arbeitserlaubnis stellen. Dies soll sich nach Angaben von Bildungsminister Qabbani künftig ändern.: "Premierminister Fouad Siniora will die Regel brechen und die Palästinenser-Frage nicht nur nach ihren Sicherheitsaspekten beurteilen. Er will die Lage des palästinensischen Mannes in den Flüchtlingslagern in den Mittelpunkt stellen, der hinsichtlich seiner Heimat, Gesundheit, Bildung und Arbeit leidet."

Gadhafi: USA werden von Libyen lernen

Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gadhafi hat bei einer Diskussionsveranstaltung der Columbia University die "Rückwärtsgewandheit" der Gesellschaften im Nahen Osten scharf kritisiert und erklärt, die repressive Unterdrückung von Oppositionsbewegungen resultiere aus deren Gewaltbereitschaft.
Gadhafi war über eine 90-minütige Live-Video-Schaltung mit einer Diskussionsrunde libyscher und amerikanischer Akademiker unter dem Thema "Aussichten für Demokratie" an der US-Universität verbunden.
"Opposition im Nahen Osten ist ziemlich anders als die Opposition in fortschrittlichen Ländern. In unseren Staaten hat die Opposition die Form von Explosionen, Attentaten, Morden, subersiven Aktionen.", erklärte Gadafi.
Nach der Menschenrechtsbilanz seines Lande befragt, erklärte Gadhafi "alles ist offen für Diskussionen." Jeder Libyer könne in öffentlichen Versammlungen seine Meinung äußern, die ohnehin ein besseres Forum bieten als Zeitungen.
Im gleichen Atemzug beschuldigte er die USA "einen neuen Terrorstaat" zu kreieren.
Weiter erklärte der Oberst er sei stolz über die "komplexe Gesellschaft Libyens", das er als einzige partizipatorische Demokratie der Welt bezeichnete. Die in den vergangenen Jahren eingeleitete Öffnung des Landes würde den Libyern nicht zeigen was ihnen fehle - im Gegenteil würde der Rest der Welt sich bald an Libyen orientieren. Wörtlich erklärte Gaddafi: "Staaten wir die USA, Indien, China und die Russische Föderation benötigen dringend ein Jamahiriyya- (Volksmassenbewegung) System. Das wird eine Erlösung für sie."
Selbstkritisch zeigte sich der Revolutionsführer angesichts der jüngsten Ausschreitungen in Bengasi als Reaktion auf die Muhammad-Karikaturen. "Unsere Methoden sind in derTat sehr rückständig. Die Methoden unserer Opposition sind auch sehr seltsam. Wenn es Demonstrationen gibt, verwenden sie (die Polizei) Gewehrkugeln - Ihr benutzt Tränengas oder Pferde. Die Polizisten in unseren Ländern reagiert rückwärtsgewandt, weil sie Teil einer rückwärtsgewandten Gesellschaft sind."

Freitag, 24. März 2006

Somalia: 70 Tote bei neuen Kämpfen in Mogadischu


Bei den schwersten Kampfhandlungen seit 10 Jahren sind in Somalias Hauptstadt Mogadischu in den vergangenen drei Tagen mindestens 70 Menschen getötet worden. Immer wieder kam es auch am heutigen Freitag zu Schießereien zwischen einer islamistischen Miliz und einer Allianz somalischer Warlords und Geschäftsleuten, berichtet BBC.
Hunderte Menschen flohen aus den nördlichen Stadtteilen in denen die Kämpfe besonders heftig wüteten. "Heute haben wir fünf Leute verloren die erschossen wurden.", erklärte ein islamistischer Milizenführer telefonisch gegenüber Reuters. "Auf der anderen Seite haben die anderen 6 Männer verloren, die in einem Wagen verbrannten."
Der neuerliche Konflikt war Mitte Februar entbrannt ( alsharq berichtete ) als sich somalische Warlords, die die Kontrolle über Mogadischu ausüben, zu einer "Allianz für die Wiederherstellung von Frieden und Konter-Terrorismus" zusammenschlossen, die den wachsenden Einfluss der Islamisten zurückdrängen will. Diese werden beschuldigt ausländischen Kämpfern Unterschlupf zu gewähren, Kritiker zu ermorden und Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida zu unterhalten.
Der BBC-Mitarbeiter in Mogadischu, Mohamed Olad Hassan, beschrieb die Kämpfe als "schrecklich", weil immer wieder Wohnhäuser von Anti-Panzer-Raketen und Mörsergranaten getroffen würden.

West-Jordanland: Folgen der israelischen Besatzung

Das von der israelischen Armee im Westjordanland umgesetzte eingeschränkte Bewegungsrecht für Palästinenser hat zur Bildung zahlreicher palästinensischer Enklaven geführt, die trotz ihrer geographischen Nähe von einander isoliert sind. Wie die israelische Tageszeitung "Haaretz" heute berichtet, haben permanente und mobile Checkpoints, sowie die Einschränkung des palästinensichen Verkehrs auf wichtigen Nord-Süd- und West-Ost-Verbindungsstraßen direkte Verbindungslinien zwischen großen Teilen des Westjordanlandes durchschnitten.

Hunderte Ausfahrten aus palästinensischen Gemeinden auf Hauptverkehrsstraßen werden blockiert, die Einfahrt in das Jordantal, nach Ost-Jerusalem oder in Enklaven zwischen dem Sperrzaun und der Green Line wird nur Anwohnern gestattet. Andere Palästinenser benötigen für den Einlass in diese Gebiete eine Sondergenehmigung, die allerdings nur selten erteilt werde.
Weitere Folgen der israelischen "Differenzierungspolitik" sind nach Angaben der Haaretz: Palästinenser dürfen mit ihren Autos nicht durch den Checkpoint Abu Dis zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil hin- und herfahren; privater Autoverkehr von und nach Nablus ist ihnen untersagt; die Durchfahrt des Qalandiyah Checkpoint ist nur Bewohnern Jerusalems in Fahrzeugen mit israelischen Nummernschildern gestattet. Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Aufgaben (OCHA) haben die Checkpoints Abu Dis, Qalandiyah und Zaatara, die "Flaschenhälse" bildeten, zu einer Dreiteilung der West Bank geführt. Die Bewegung innerhalb dieser Zonen sei weniger beschränkt als die zwischen den Gebieten. Gleichzeitig erklärte die Vereingung für Bürgerrechte in Israel (ACRI) auf Anfrage von Haaretz, dass es immer wieder zu zeitlichen Restriktionen für einzelne Dörfer oder Bevölkerungsgruppen komme.

Verheerend wirken sich diese Folgen der israelischen Besatzung für die palästinensische Wirtschaft aus. Zwar sei das Bruttoinlandsprodukt der palästiensischen Gebiete 2005 zwischen acht und neun Prozent gestiegen, doch sei das BIP pro Kopf seit 1999 um etwa 30% geschrumpft. Hierfür macht die Weltbank in erster Linie die israelischen Beschränkungen für Handel und Verkehr verantwortlich, die verhinderten, dass die palästinensische Wirtschaft ihr Potential voll ausschöpfe.
Nach Angaben des Ökonomen Hisham Awartani haben die israelischen Bestimmungen dazu geführt, dass sich die Kosten für den Transport von Waren und Rohstoffen verfünffacht hätten. Lange Wartezeiten an Checkpoints und schlechte Strassen würden Güter und Agrarprodukte beschädigen. Bei einem Treffen mit palästinensischen Geschäftsleuten, Diplomaten und dem Weltbank-Vertreter David Craig, erklärte Awartani vor 14 Tagen, die Restriktionen würden palästinensischen Bauern und Produzenten den Wettbewerb erschweren.
Seinen Angaben zufolge haben sich die palästinensischen Exporte nach Israel seit 2000 halbiert. Israelische Importe nach Gaza oder in die West Bank sind wegen der schwindenden Kaufkraft im gleichen Zeitraum um 34% zurückgegangen.
Die Arbeitslosenrate im Westjordanland lag im ersten Quartal 2005 nach Angaben der Weltbank bei 29% (Gaza 20%) und damit etwa doppelt so hoch wie zu Beginn der Al-Aksa-Intifada. In der Gruppe der 20 bis 24-Jährigen lag die Quote gar bei 34%. 43 Prozent der Palästinenser leben unterhalb der Armutsgrenze.

Donnerstag, 23. März 2006

Irakische Blogger verbittert über die Lage in ihrer Heimat

Drei Jahre nach der US-geführten Invasion des Irak zeigen sich viele irakische Blogger verzweifelt über die Lage in ihrem Land - Gewalttaten sind an der Tagesordnung, die Energieversorgung ist weiterhin miserabel, die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten nehmen weiter zu. Für diese Negativentwicklung werden die US-Soldaten im Land verantwortlich gemacht.



Hier ein Auszug aus dem Blog A Family in Baghdad vom 14.März 2006:

"The situation in Iraq now is the worst that can be, since Baghdad fell in April 2003, meaning; three years passed since the war, and the results we reaped were destruction, ruin, killings, and bloodshed… billions of dollars were robbed, thousands of souls perished, our cities and villages destroyed, and there are some who are pulling the people apart, pushing them to a sectarian civil war. There is an occupation army filling the streets, doing what? we do not know, they build military bases which spell the message- they want to remain for ever, that they do not care for our souls, and that everything that is happening to us pours into their interest, and is a reason for them to stay…Iraq is torn apart…Iraq is ruined…Iraq became a heap of debris…Is this what they want?Was this their aim in this war?"



Die Bloggerin Najma, berichtet auf A Star from Mosul in einem Beitrag vom 9.März 2006 vom Tode eines Verwandten:

"Uncle S was dad's only uncle from his mother's side. A man in his late
seventies, peaceful and young in the heart. Last time I saw him was after Eid, I
gave him a kiss on his cheek when I greeted him, and he kissed me on my forehead
before we left. There's nothing that would make me happier than a kiss on the
forehead, especially from a man like him. (He was happy with his new mobile
then, and he really knew how to use it unlike many, and I was impressed that a
man his age, could understand such up-to-date thing. )Yesterday, he was shot by
Americans on his way back home, and he died. Like many others, he died, left us
clueless about the reason, and saddened with this sudden loss. He was shot many
times, only three reached him: One in his arm, one in his neck and one in his
chest. But they said they're sorry.. They always are.The police called the first
number they found in the mobile, and that was my cousin's: A woman in her
twenties, preparing for her engagement pary two days to come, who went in total
shock after the phone call although they didn't tell her he died."




Verheerend fällt auch das Fazit auf Baghdad Burning aus:

"Spring should be about renewal and rebirth. For Iraqis, spring has been about reliving painful memories and preparing for future disasters. In many ways, this year is like 2003 prior to the war when we were stocking up on fuel, water, food and first aid supplies and medications. We're doing it again this year but now we don't discuss what we're stocking up for. Bombs and B-52's are so much easier to face than other possibilities.I don’t think anyone imagined three years ago that things could be quite this bad today. The last few weeks have been ridden with tension. I’m so tired of it all- we’re all tired.Three years and the electricity is worse than ever. The security situation has gone from bad to worse. The country feels like it’s on the brink of chaos once more- but a pre-planned, pre-fabricated chaos being led by religious militias and zealots.

[...]

And what role are the occupiers playing in all of this? It’s very convenient for them, I believe. It’s all very good if Iraqis are abducting and killing each other- then they can be the neutral foreign party trying to promote peace and understanding between people who, up until the occupation, were very peaceful and understanding.Three years after the war, and we’ve managed to move backwards in a visible way, and in a not so visible way.In the last weeks alone, thousands have died in senseless violence and the American and Iraqi army bomb Samarra as I write this. The sad thing isn’t the air raid, which is one of hundreds of air raids we’ve seen in three years- it’s the resignation in the people. They sit in their homes in Samarra because there’s no where to go. Before, we’d get refugees in Baghdad and surrounding areas… Now, Baghdadis themselves are looking for ways out of the city… out of the country. The typical Iraqi dream has become to find some safe haven abroad.Three years later and the nightmares of bombings and of shock and awe have evolved into another sort of nightmare. The difference between now and then was that three years ago, we were still worrying about material things- possessions, houses, cars, electricity, water, fuel… It’s difficult to define what worries us most now. Even the most cynical war critics couldn't imagine the country being this bad three years after the war... Allah yistur min il rab3a (God protect us from the fourth year). "

Kaum positiver fallen die Urteile auf anderen Blogs wie Treasure of Baghdad , Shlonkom Bakazya?, An Iraqi Tear oder My Letters to America aus.

Libanon: Weiterhin keine Einigung im Streit um Präsident Lahoud


Die Spitzen der wichtigsten libanesischen Parteien haben sich auch gestern nicht über das politische Schicksal des pro-syrischen Präsidenten Emile Lahoud und damit die Lösung der schwersten politischen Krise Libanons seit 16 Jahren einigen können.

Quellen aus dem Teilnehmer-Umfeld der dritten Runde des "Nationalen Dialogs" in Beirut berichteten der Nachrichtenagentur "Reuters", weder bei der Entscheidung über die politische Zukunft Lahouds noch über eine Entwaffnung der schiitischen Hizbollah-Miliz habe man einen Durchbruch erzielt.
Saad al-Hariri, der anti-syrische Mehrheitsführer im libanesischen Parlament erklärte: "Wir alle wissen, dass sich das Land in einer Krise befindet und wir alle sind bestrebt diese zu beenden. Ich bin optimistisch was die Frage der Präsidentschaft betrifft und Insh`allah werden wir einen neuen Präsidenten für unser geliebtes Land Libanon finden."
Parlamentssprecher Nabih Berri, Führer der schiitischen Amal-Bewegung, die mit der Hizbollah ein Fraktionsbündnis eingegangen ist, sagte, dass die Gespräche am 27.März fortgesetzt werden sollen, einen Tag vor dem Gipfeltreffen der Arabischen Liga im Sudan, bei dem das Verhältnis zwischen dem Zedernstaat und seiner einstigen Besatzungsmacht Syrien im Mittelpunkt stehen wird.

Auch nach dem Rückzug seiner Truppen vor knapp einem Jahr übt Damaskus weiterhin beträchtlichen Einfluss auf seinen kleinen Nachbarstaat aus und unterstützt sowohl Präsident Lahoud als auch die Hizbollah. Daher scheint eine Ablösung des Staatschefs, der bislang sämtliche Rücktrittsforderungen barsch zurückwies, ohne die Zustimmung von Syriens Präsident Bashar al-Assad nicht möglich. Zuvor aber müssen sich die libanesischen Parteichefs, die alle unterschiedliche religiöse und soziale Gruppen mit teilweise diametral entgegengesetzten Zielen vertreten, auf einen gemeinsamen Standpunkt in der Präsidentenfrage einigen. "All unsere Entscheidungen müssen im Konsens getroffen werden. Niemand darf seine Meinung anderen aufzwingen.", erklärte Berri.
Zuvor hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan am Dienstag verkündet, Gespräche mit der Regierung in Beirut über ein Sondergericht zu beginnen, das über Verdächtige im Fall des ermordeten Spitzenpolitikers Rafiq Hariri urteilen soll. Hariris Tod am 14.Februar 2005 hatte zu Massenprotesten gegen die syrische Präsenz im Libanon geführt, woraufhin offiziell alle syrischen Soldaten und Geheimdienstler das Land verließen. Bei den Parlamentswahlen im Mai und Juni 2005 gewannen anti-syrische Parteienbündnisse die Mehrheit, gleichzeitig gingen aber auch die pro-syrischen Schiiten-Parteien Amal und Hizbullah gestärkt aus dem Urnengang hervor.

Mittwoch, 22. März 2006

Baalbek - ein Besuch in der Hochburg der Hizbollah

Die libanesische Stadt Baalbek ist nicht nur für ihre monumentalen Tempelruinen aus römischer Zeit berühmt - seit den 1980ern gilt die Stadt im Bekaa-Tal auch als Hochburg der Schiitenmiliz Hizbollah.
Schon wenn man sich der Stadt aus südlicher Richtung durch die Beqaa-Ebene nähert, stechen in den Dörfen am Rande der Straße gelbe, rote oder schwarze Fahnen der Hizbollah, Porträts ihres Anführers Hassan Nasrallah oder Khomeinis, sowie die Bilder zahlreicher "Märtyrer" ins Auge, die während des Bürgerkriegs auf Seiten der Miliz ihr Leben ließen. Ebenso auffällig sind Werbetafeln für die "Mahdi-Schulen" der Hizbollah. Auf ihnen sind wahlweise Jungen oder verschleierte Mädchen zu sehen, die entweder gebannt auf einen Computerbildschirm starren oder eifrig über ihre Schulhefte gebeugt sind. Hanffelder, die noch bis vor wenigen Jahren den Grundstoff für den "Roten Libanesen" lieferten, sucht man zumindest in diesem Teil des Beqaa-Tals vergebens.
Auch in der etwa 80000 Einwohner zählenden Stadt selbst "schmücken" zuhauf Bilder diverser schiitischer Geistlicher und milchbärtiger Märtyrer, die häufig vor einem Photo des Jerusalemer Felsendoms abgebildet wurden, die Straßen. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs vor einem Jahr waren jedoch auch zahlreiche Bilder des kurz zuvor ermordeten libanesischen Ex-Premiers Rafiq Hariri zu sehen, der seither im offiziellen Sprachgebrauch der Hizbollah trotz seines Syrien-kritischen Standpunkts als "Shahid", also Märtyrer, gefeiert wird.

Die antiken Ruinen des 15 v-Chr. gegründeten Heliopolis in Baalbek sind in der Tat höchst bewundernswert. Besonders der Bacchus-Tempel blieb bis heute gut erhalten und die sechs freistehenden Säulen, die vom Jupitertempel übrig geblieben sind, gelten als die höchsten freistehenden Säulen aus antiker Zeit.

In der Post von Baalbek versuchte ich anschließend eine syrische Postkarte zu verschicken. Dies sorgte zwar bei dem Postbeamten (Zitat: I hate the Syrians) für Unbehagen, angekommen ist die Karte trotzdem. Anschließend fragte ich verstohlen, ob man hier denn irgendwo einen Schlüsselanhänger oder ähnliches der Hizbollah erwerben könne. Der Beamte rief einen Kollegen, der uns bat in sein Auto zu steigen. Wann immer wir bisher beim Trampen in Privatautos oder in Taxen mitfuhren, konnte man die Religion des Fahrers anhand von Marienbildchen, Rosenkränzen, Koranminiaturen oder Bildern sofort erkennen. Am Rückspiegel dieses BMWs baumelte hingegen "Footix", das zu Recht längst vergessene Maskottchen der Fussball-WM 1998 in Frankreich. Unser Begleiter war Anfang 20, trug eine randlose Brille, hatte die Haare nach hinten gegelt und hätte in Deutschland als BWL- oder Jurastudent durchgehen können. Er fuhr uns zum kleinen Laden einer verschleierten Frau, wo wir Aufkleber und Schlüsselanhänger erstanden. Anschließend fragte der Postbedienstete, ob wir Lust auf einen Kaffee hätten. Er hielt an, kaufte an einer Art "Drive-In-Stand" drei starke libanesische "Ahwe" und fuhr mit uns weiter durch die Stadt.
Plötzlich fing er an etwas von "Yahudi - Juden" zu erzählen und hektisch auf ein paar Ruinen am Straßenrand zu zeigen, die zum Teil unter Wasser standen und zwischen denen Enten umherschwammen. Komisch, von den Ruinen jüdischer Gotteshäuser war in meinem Reiseführer gar nicht die Rede gewesen. Durch das Imitieren von Flugzeuggeräuschen und dem Knall explodierender Bomben, sowie weitere Erläuterungen machte er dann deutlich, dass sich hier ein Krankenhaus befunden habe, das 1983 von israelischen Kampfjets bombardiert worden sei. Anschließend stellte sich unser Begleiter als "Jugendaktivist" der Hisbollah, die von USA und EU als Terrororganisation geführt wird, vor. Es folgte ein kurzer Vortrag über die "Partei Gottes", bevor wir am Busbahnhof abgesetzt wurden. Dort musste ich feststellen, dass ich meinen Reiseführer im Wagen des Hisbollah-Mitglieds vergessen hatte. Also gingen wir zurück zur Post, von wo aus Beamte ihren Kollegen anriefen und zurück bestellten.

Diesmal erschien der junge Mann in Begleitung zweier Männer im Jeep. Der eine, er trug eine Camouflage-Uniform, wurde uns als Soldat der libanesischen Armee vorgestellt, der zweite, ein Bärtiger in Zivil, sei Mitglied der "Hizbollah-Armee". Es folgte der übliche Fragemarathon: "Welches Land ist schöner, Syrien oder Libanon?" Meine halb ironisch gemeinte Bemerkung: "Libanon und Syrien sind zwei sehr schöne Bruderstaaten.", wurde mit Zustimmung aufgenommen. Als ich die obligatorische Frage nach unserer Religion zunächst lapidar mit dem Satz: "Actually we are non-believers" und anschließend zur Verdeutlichung mit dem arabischen: "Nahnu Kuffar" beantwortete, verfinsterten sich die Mienen unserer Gesprächspartner kurzzeitig. Als ich auf Nachfrage angab, natürlich doch an den einen Gott zu glauben, war wieder alles in Butter, gegen Christen habe man schließlich nichts.
Die beiden Herren waren so freundlich uns in ihrem Jeep zum Busbahnhof zu bringen, nicht ohne die drei-minütige Fahrt dorthin zu nutzen um uns über die "zionistischen Medien in Europa und den USA" aufzuklären und uns darüber zu informieren, dass es, al-hamdu li`llah, mit dem Hisbollah-eigenen Fernsehsender "al-Manar" (der Leuchtturm) und der Zeitschrift "al-Ahd" (das Versprechen) zumindest zwei wackere Medienorgane gebe, die stets die Wahrheit berichteten.

Kuwait: Gericht erkennt Geschlechtsumwandlung nicht an


Kuwaits oberstes Gericht hat ein Urteil bestätigt, das einem Transsexuellen, der sich vor knapp sechs Jahren einer Geschlechtsumwandlung unterzog, die Anerkennung als Frau verweigert. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Justizquellen.
Demnach hat der Gerichtshof die Entscheidung eines untergeordneten Gerichts bestätigt, die dem als Ahmed Dousari geborenen kuwaitischen Staatsbürger die offizielle Anerkennung als Frau verwährt. Dousari hatte sich im Jahr 2000 in Thailands Hauptstadt Bangkok einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen und nach der Rückkehr in sein Heimatland den arabischen Frauennamen Amal, "Hoffnung", angenommen.
Dousaris historischer Bitte fortan als Frau gelten zu dürfen, wurde 2004 zunächst von einem Gericht auf der Grundlage medizinischer Gutachten und forensischer Untersuchungen stattgegeben. Dieses Urteil wurde jedoch noch in gleichem Jahr in einem Berufungsverfahren aufgehoben, das von islamistischen Anwälten und Aktivisten angestrengt worden war. Sie befürchteten, das Urteil könne den Weg freimachen für weitere solcher Operationen, die von ihnen als unmoralisch angesehen werden.

Dienstag, 21. März 2006

Damaskus und seine Moscheen

Damaskus kann als langjährige Hauptstadt des umayyadischen Kalifats auf eine Vielzahl an Moscheen verweisen.

Die wichtigste und bekannteste unter ihnen ist die Umayyadenmoschee in der Altstadt - eines der ältesten und größten islamischen Gotteshäuser der Welt. Sie beherbergt bleich mehrere Schreine, die sowohl Christen als auch Muslimen heilig sind.
In einem von grünem Glas umfassten Grabmahl soll sich das Haupt von Johannes dem Täufer befinden, der von Christen wie Muslimen als Prophet verehrt wird. Der Kopf soll bei Ausgrabungen für den Bau der Umayyadenmoschee Anfang des 8.Jahrhunderts n.Chr. gefunden worden sein. Im Jahr 2001 besuchte Papst Johannes Paul II aus diesem Grund das Gotteshaus - es war der erste Besuch eines Papstes in einer Moschee.
Die Moschee selbst verfügt über einen großen Innenhof, der vollständig von Säulengängen umschlossen wird. Neben zwei weiteren schteckigen Gebäuden befindet sich hier auch ein Brunnen.
Schon vor dem Bau der Großen Moschee (706 bis 715) diente der Platz in Damaskus, eine Stadt die manchem als älteste durchgehend bewohnte menschliche Siedlung der Welt gilt, als Ort der Gottesverehrung. In der aramäischen Zeit befand sich an der Stelle der heutigen Moschee ein Tempel zu Ehren Hadas, des Sturm- und Regengottes der Aramäer. In römischer Zeit wurde an gleicher Stelle ein Jupiter-Tempel errichtet und in der byzantinischen Ära erbaute man eine Kirche zu Ehren Johannes des Täufers, die auch nach der Eroberung Damaskus´durch das islamische Heer 636 zunächst erhalten blieb, bevor Kalif al-Walid bin Abd al-Malik die Kirche zerstören und an ihrer Stelle die 97 mal 156 Meter große Moschee errichten ließ.
Auch für Schiiten ist die Moschee von großer Bedeutung. Eine Überlieferung besagt, dass der Kopf des Imams Hussein, der bei der Schlacht von Kerbala den umayyadischen Truppen unterlegen war und starb, in die Hauptstadt des umayyadischen Kalifats gebracht wurde und sich heute in einem Schrein in einem Flügel der Moschee befindet. Daher pilgern Jahr für Jahr zehntausende schiitische Muslime, hauptsächlich aus dem Iran, nach Damaskus um bei dem für sie heiligen Hussein für ihre Anliegen zu beten. Dass andere Überlieferungen das Haupt des dritten Imams der Schiiten in Kairo der im Mausoleum von Kerbela selbst verorten, tut der religiösen Inbrunst der Pilger keinen Abbruch.

Doch nicht nur die Umayadenmoschee ist das Ziel schiitischer Pilger. Daneben gibt es in und um Damaskus zwei weitere schiitische Heiligtümer. Zum einen die Moschee Sayida Ruqiyya, die sich wenige hundert Meter von der Großen Moschee entfernt ebenfalls in der Damaszener Altstadt befindet. Hier wird Ruqiya, eine Enkelin des Propheten verehrt. Eine Besonderheit des Baus ist, dass der kleine Innenhof mit einem ausfahrbaren Glasdach versehen ist, das entfernt an das Dach der Arena auf Schalke erinnert. Im Inneren der Moschee steht das Grab der Heiligin, an dem an jeweils einer Seite Frauen und Männer - durch einen Sichtschutz voneinander getrennt - beten und Geldscheine durch das Gitter werfen. Auffallend sind die aufwändig verzierten Kuppeln, Deckenmalereien und Kristallleuchter.

Noch prächtiger ist der Schrein der Sayyida Zainab ein paar Kilometer außerhalb des Stadtzentrums. Schon aus der Ferne kann man die prächtige goldene Kuppel der Moschee erkennen. Die Straßenzüge um das Mausoleum herum sind voller Poster und Porträts schiitischer Geistlicher wie Khomeini, Sadr oder Fadlallah. Unzählige Reisebüros bieten Fahrten nach Teheran oder Isfahan, Nadjaf oder Karbala an. Gleichwohl wirkt die Vortstadt, die auch nach Sayyida Zaynab benannt wurde, ärmlicher als Damaskus. Fast alle Häuser wirken unfertig, Schafe ziehen wie selbstverständlich durch die holprigen Straßen.
Die Moschee selbst ist dank großzügiger Spenden aus dem Iran in tadellosem Zustand. Nicht nur die goldene Kuppel der Moschee, auch die mit blauen Mosaiken versehenen Innenhöfe und Kolonnadengänge nötigen Bewunderung ab. Der Überlieferung nach wurd Zainab, eine Schwester Husseins, in der Schlacht von Karbala gefangen genommen und nach Damaskus gebracht. Gestorben sein soll sie allerdings in Medina. Wie sie anschließend wieder nach Syrien gebracht worden sein soll ist unklar. Auch für Zainab gibt es ein zweites Mausoleum in Kairo.

3 Jahre Krieg im Irak - Wütende Kommentare in arabischen Zeitungen

Der dritte Jahrestag der US-geführten Inavsion im Irak hat zornige Kommentare in den Zeitungen des Nahen Ostens geerntet. Besonders die Kluft zwischen der Rhetorik von US-Präsident George Bush und der Realität im Irak wird scharf kritisiert. Ebenso äußern die Kommentatoren ihren Unglauben darüber, dass der Sturz Saddam Husseins die Welt wirklich zu einem sichereren Ort gemacht hat.

  • "Tishrin", Syrien:

Der Irak nähert sich drei Jahre nach dem Kritik einem Bürgerkrieg und US-Pläne haben die Lebensumstände für die Iraker schwieriger gemacht, als zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Invasion. Die Amerikaner haben begonnen das Spiel, das von ihrer Regierung gespielt wird und ihre Verwicklung im irakischen Sumpf, zu durchschauen. Trotz alle dem glaubt Präsident Bush noch immer, alles richtig gemacht zu haben. Die Tragödie hat zugeschlagen und ihre Nachwirkungen bestätigen das Gegenteil von dem, was Bush und seine Regierung sagen.

  • "al-Dustur", Jordanien:

Selbst wenn Herr Bush alle Dämonen, Teufel und Wörterbücher benutzt, wird er nicht in der Lage sein, eine geistig gesunde Person in dieser Welt, geschweige denn seine eigenen Bürger, davon zu überzeugen, dass der Krieg im Irak gerechtfertigt war und seine Ziele erreicht hat.

  • "al-Ray", Jordanien:

Die erklärten Ziele des Irak-Kriegs verschwanden nach den ersten Stunden der barbarischen Invasion und Besatzung. Es ist kein Geheimnis mehr, dass der Sturz Saddam Hussains und des Baath-Regimes, die Zerstörung des irakischen Staates, die Zerschlagung seiner Insitutionen und die Beendigung des Existenz einer irakischen Armee nur zum Zwecke irakischen Öls und der Investitionen riesiger US-Unternehmen erfolgten.

  • "The Gulf Today", VAE:

Bush glaubt noch immer, dass die Entscheidung zum Krieg richtig war, obwohl seine Rechtfertigungen zusammengebrochen sind, nachdem die Lügen über Massenvernichtungswaffen deutlich wurden. Er wiederholt immer noch, dass die USA ohne Saddam Hussein sicherer geworden seien und dass heute 25 Millionen Iraker in Freiheit lebten, als ob die Welt so dumm und kurzsichtig wäre, dies zu glauben.

  • "al-Quds al-Arabi", London:

Der Krieg gegen den Irak hat die USA mehr als 3000 tote Soldaten und 18000 Verwundete gekostet. Die Zahlen sind denen des 11.September sehr nahe - mit dem kleinen Unterschied, dass der Krieg im Irak weitergeht. Trotz allem erklärt Präsident Bush ohne jegliche Scham, dass die Entscheidung einen Krieg loszuschlagen richtig gewesen sei. Präsident Bush sollte vor Gericht gestellt werden als Kriegsverbrecher und jemand, der für die Zerstörung eines Staates verantwortlich ist.

Montag, 20. März 2006

Tunesien feiert 50.Jahrestag der Unabhängigkeit


Mir einer gemischten Bilanz feiert Tunesien heute den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von Frankreich - der Mittelmeerstaat wird auf der einen Seite für seine wirtschaftliche Dynamik gelobt, Menschenrechtler kritisieren das Land scharf.

Der 10-Millionen-Einwohner-Staat kann ein stabiles Wirtschaftswachstum vorweisen - im vergangenen Jahr betrug der Anstieg 4,2% und für 2005 rechnet man mit bis zu 6 Prozent - und gilt als Musterbeispiel für sozialen Fortschritt in der Arabischen Welt.
Das Land verschaffte sich früh ein positives Image in der Welt, denn der "Vater der Unabhängigkeit" und ehemalige Staatspräsident Habib Bourguiba förderte die Frauenrechte um einen modernen, pro-westlichen Staat zu schaffen. Er vollführte spektakuläre symbolträchtige Handlungen um die Säkularisierung der Gesellschaft zu unterstreichen - so trank er während der Fastenzeit im Ramadan vor laufenden Kameras ein Glas Limonade und verbat anlässlich des Opferfestes die Hammelschlachtung.
Tunesien wurde das erste arabische und muslimische Land, indem Gesetze den Schutz der Persönlichkeitsrechte wahrten. Das Recht des Ehemannes, seine Frau zu verstoßen wurde unterdrückt, die Zivilehe eingeführt und Scheidungen legalisiert. Die Gleichheit der Geschlechter ist in der Verfassung verankert. Gegenwärtig sind sechs Frauen Regierungsmitglieder, ein Viertel der Parlamentsabgeordneten sind Frauen, 40% der Universitätslehrer sind ebenfalls Frauen und der Anteil der Studentinnen an den Hochschulen beträgt gar mehr als 50%.

Ungeachtet dieser Errungenschaften haben sich in den vergangenen Jahren die Klagen über politische Repressalien gehäuft. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Tunesien zusammen mit Staaten wie China und Vietnam auf die Liste der Länder gesetzt, "die weiterhin Oppositionelle einsperren, Journalisten verfolgen und sogar einfache Internet-User bestrafen." Für internationalen Unmut sorgte die Tatsache, dass ausgerechnet Tunsien im vergangenen November den Welt-Informationsgipfel der UN ausrichten durfte. Die US-Regierung äußerte hinterher ihr Bedauern darüber, dass die tunesische Regierung nicht in der Lage gewesen sei,ihre Verpflichtung zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Tunesiens Regierung antwortet auf internationale Kritik stets mit dem Verweis auf den "Kampf gegen den Terror" und das Bestreben sein fortschrittliches System angesichts des islamischen Fundamentalismus erhalten zu wollen. Beeits vor 20 Jahren wurde ein Mehrparteiensystem eingeführt. Dennoch ist Staatschef Zain al-Abidin Ben Ali die alles dominierende Figur im politischen System Tunesiens, die die Opposition mit harter Hand unterdrückt.

Wirtschaftlich hat sich der Maghrebstaat von einem Land mit staatlicher Industrie in den letzten Jahrzehnten zu einer freien Marktwirtschaft entwickelt. 1995 unterzeichnete das Land ein Assoziationsabkommen mit der Europäischen Union. Tourismus ist für Tunesien, das anders als seine großen Nachbarn Algerien und Libyen praktisch ohne Erdöleinnahmen leben muss, die wichtigste Einnahmequelle. Jährlich besuchen etwa sechs Millionen ausländische Gäste das Land. Wie in anderen Staaten der Region auch, bleibt die Arbeitslosigkeit das Hauptproblem der tunesischen Gesellschaft - nach offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei 15%.

Sonntag, 19. März 2006

Qatar will "Brain Drain" im Nahen Osten stoppen

Jahr für Jahr verlassen tausende arabische Akademiker ihre Heimatländer - diesem Verlust an geistigem Kapital will der Golfstaat Qatar mit einer neuen Initiative Einhalt gebieten. Künftig sollen die ausgewanderten Wissenschaftler einmal jährlich zu einem Forum in "Education City", einem Wissenschaftskomplex am Rande der Hauptstadt Doha zusammenkommen. In Education City, arabisch al-Medina al-Ta`alimiya, haben sich in den vergangenen sieben Jahren Zweigstellen US-amerikanischer Universitäten, wie etwa der Virginia Commonwealth University oder der Georgetown University niedergelassen.
Nach Angaben des UN-Entwicklungsprogramms UNDP haben allein zwischen 1998 bis 2000 mehr als 15000 arabischer Physiker ihre Heimatstaaten verlassen. In den Staaten der Arabischen Welt bieten sich den Wissenschaftlern und Akademikern kaum adäquate Jobangebote. Hinzu kommt ein Mangel an öffentlichen oder privaten Geldern für Forschung und Entwicklung. Die Industrienationen des Westens, in erster Linie die USA und die EU-Staaten, bieten neben besseren Forschungsmöglichkeiten auch ungleich höhere Löhne.
Um diesem Brain Drain entgegen zu wirken, hat Qatars Regierung für den April 200 im Westen lebende arabische Forscher nach Education City eingeladen, um "einen klaren und zivilisierten Anreiz zu schaffen, der geeignet ist, arabische Kapazitäten in die Heimat zurückzuführen oder von ihnen zu profitieren.", so Saif Ali Al Hajari, Vizepräsident der Qatar Foundation, der Betreibergesellschaft von Education City.
Seine Stiftung fordere die im Ausland lebenden Wissenschaftler auf, "an der Förderung einer Kultur der wissenschaftlichen Forschung in der Arabischen Welt aktiv teilzunehmen." Ihr "Input" solle helfen, neue Generationen arabischer Studenten mit einer umfassenden Bildung nach neuestem Stand zu versorgen. Mit dem Eintritt in eine derartige "strategische Partnerschaft" würden die Akademiker den Institutionen im Nahen Osten helfen, ihre Budgets besser zu planen, Ansprüche an die Infrastruktur klarer zu formulieren und auch eine Gesetzgebung in Gang zu bringen, die das geistige Urheberrecht in größerem Maße schützt als bisher.
Die Einladung zum Forum im April sei jedoch nicht mit der Bedingung an die Wissenschaftler geknüpft in ihre Heimatländer zurückzukehren. "Wir haben keine Bedenken mit einem Forscher zusammenzuarbeiten, der es vorzieht weiter im Ausland zu leben.", so Hajari gegenüber AFP. Im Übrigen plane man in den kommenden Jahren auch Nobelpreisträger aus verschiedenen Wissenschaftsfeldern und Ländern in den Golfstaat zu laden.

Iran: Akbar Ganji ist frei

Der bekannteste politische Gefangene Irans, der Journalist Akbar Ganji, ist aus der Haft entlassen worden. Ganji war 2001 inhaftiert worden, nachdem er in mehreren Zeitungsartikeln hochrangige iranische Offizielle des Mordes an fünf Dissidenten im Jahr 1998 beschuldigt hatte. Das Informationsminsterium hatte stets behauptet, "Schurkenagenten" hätten hinter den Verbrechen gestanden.
Sein Frau und Ganjis Anwalt bestätigten gegenüber AFP, dass Ganji nach dem regulären Ablauf seiner Haftstrafe das Gefängnis verlassen durfte und keine weiteren Verfahren gegen ihn anhägig seien.
Sein Gesundheitszustand sei jedoch besorgniserregend. Er wiege nur noch 49 Kilogramm und leide unter zu niedrigem Blutdruck. Dennoch sei Ganji "guten Mutes", so ein Familienmitglied gegenüber der französischen Nachrichtenagentur.
Den Großteil seiner Haftzeit musste der heute 46-Jährige isoliert von anderen Gefangenen in Einzelhaft verbringen. Im vergangenen Jahr trat Akbar Ganji für mehrere Monate in den Hungerstreik (alsharq berichtete) . Auch im Gefängnis blieb er als Autor tätig und verfasste 2002 ein "Republikanisches Manifest", das aus der Haftanstalt geschmuggelt werden konnte und im Internet veröffentlicht wurde. Darin legt Akbar Ganji seine Vorstellungen von einem demokratischen Iran dar.
Die Freilassung des Dissidenten erfolgt wenige Tage vor der Beratung des iranischen Nuklaerprogramms durch den UN-Sicherheitsrat.

Freitag, 17. März 2006

Tariq Ramadan: "Wir bekommen die Muslime, die wir verdienen"

Tariq Ramadan, der wohl bekannteste und umstrittenste islamische Gelehrte und Intellektuelle Europas, hat gestern an der Berliner Humboldt-Universität in einem Vortrag unter dem Titel "Muslim Rennaissance through European Islam" seine Vorstellungen von der Entwicklung des Islam in Europa einerseits und in den islamischen Mehrheitsgesellschaften Afrikas und Asiens andererseits, dargelegt.

Vor etwa 250 Zuhörern stellte der Schweizer zunächst klar, dass es nur einen Islam gebe, dessen Prinzipien und Säulen für jeden Muslim gelten. Innerhalb des Islam gebe es aber mindestens sechs verschiedene Lesarten der heiligen Schriften Koran und Sunna (Überlieferung der Handlungen und Aussprüche des Propheten Muhammad). Ramadan nannte die traditionalistische, die rationalistische, die sufistische, die salafitische, die reformistische und die politische Lesart. Diese Vielzahl an verschiedenen Lesarten mache die für viele Nichtmuslime unverständliche Diversität des Islam aus.
Der Islam hat, so Ramadan weiter, überall wo er sich ausgebreitet hat, Elemente der in den Ländern herrschenden jeweiligen Kultur in sich aufgenommen. So übernahmen Muslime im Senegal Elemente der senegalesischen Kultur oder iranische Muslime Elemente der iranischen Kultur. Beide Muslime haben die gleiche Religion aber eine andere Kultur. Ebenso werde der Islam in Europa in Zukunft verstärkt Elemente der europäischen Kulturen in sich aufnehmen.
Muslime, die in Europa aufwachsen, werden im Kontext der europäischen Gesellschaften den Koran anders lesen als Muslime im Nahen Osten oder Nordafrika. Sie werden, so der 43-Jährige gestern weiter, andere Antworten auf ihre Fragen finden als ihre Glaubensbrüder in den islamischen Mehrheitsgesellschaften. Diese neuen Antworten werden im Zeitalter der neuen Medien auch ihren Weg in diese Länder finden und einen Diskussionsprozess anstoßen.
Die in jüngster Zeit an Muslime gerichtete Frage: "Definierst du dich in erster Linie als Muslim oder als Deutscher?", sei eine Falle, erklärte Ramadan. Sie sei in erster Linie Sinnbild einer Identitätskrise der Europäer.

Für eine erfolgreiche Integration in Europa sei es für die Muslime notwendig die Kultur ihrer Herkunftsländer hinter sich zu lassen. So müsse ein in Deutschland lebender Türke seine islamische Religion von der türkischen Kultur trennen, um ein muslimischer Deutscher werden zu können. Wörtlich erklärte Ramadan: "Alles, was der europäischen Kultur widerspricht, muss abgelegt werden." Wichtig für diesen Schritt sei es aber, die Prinzipien des Islam zu kennen um kritisch mit seiner Kultur umgehen zu können. So müsse ein Muslim wissen, dass Zwangsheiraten und häusliche Gewalt Teil der türkischen Kultur, nicht aber Teil des Islam seien. Viel zu oft würden diese kulturellen Praktiken im Namen des Islam durchgeführt. Der Koranvers, der das Schlagen von Frauen erlaubt, sei im Kontext der 23-jährigen Offenbarung des Koran zu sehen, an deren Ende Gott schließlich erklärt habe zwischen Mann und Frau gebe es nichts als Liebe.
Entschieden wandte sich Tariq Ramadan, der 2004 von Universität Notre Dame in Indiana zum Professor berufen wurde, diese Stelle aber nicht antreten durfte, weil ihm das US-Heimatschutzministerium das Visum entzog, gegen das häufig von Islamisten propagierte dualistische Weltbild, das die Welt in "Dar al-Islam" (Haus des Islam) und "Dar al-Harb" (Haus des Krieges) einteilt. Ramadan setzt diesem das Konzept des "Dar al-Shahada" (Haus des Zeugnisses) entgegen - eine Welt in der jeder, gleich ob Muslim, Christ oder Atheist nach seinen Vorstellungen und Überzeugungen leben könne. Weder der Westen noch der Islam seien monolithische Blöcke.

Die Prinzipien der Demokratie nannte Ramadan, Enkelsohn von Hassan al-Banna, dem Gründer der Muslimbrüder, universell. Das demokratische Staatskonzept stehe keinesfalls im Widerspruch zu islamischen Prinzipien. Die islamischen Staaten werden diese Prinzipien in Zukunft schrittweise übernehmen, auch wenn das Demokratiemodell dann anders aussehen könnte als im Westen.
Weiter forderte Ramadan einen Islam-Unterricht nach dem Vorbild des Unterrichts an westlichen Schulen. "In Europa wird den Kindern beigebracht Fragen zu stellen, in islamischen Schulen wird den Kindern beigebracht zu gehorchen." Auch die Vorschriften des Imams müssten kritisch hinterfragt werden. Daher müsse der Islam-Unterricht in Europa an staatlichen Schulen stattfinden. Mit einer bloßen Nachahmung dessen, was der Lehrer sagt, wie an den Koranschulen üblich, sei man im Westen verloren.
Der Konflikt um die Muhammad-Karikaturen habe erstmals die negativen Auswirkungen des europäischen Islam auf die islamische Welt gezeigt. Radikale Gruppen in den islamischen Mehrheitsgesellschaften hätten den Konflikt ebenso ausgenutzt wie die rechten Parteien Europas. Dieses Beispiel mache deutlich, dass Probleme mit europäischen Muslimen auch in Europa gelöst werden müssen. Das in der Folge des Streits wieder ins Spiel gebrachte Konzept des "Clash of Civilisations" wies der Doktor der Philosophie und der Islamwissenschaft zurück. Angesichts des Widerspruchs den die Karikaturen selbst in den westlichen Gemeinschaften ausgelöst hätten und des Widerspruchs gegen die gewaltsamen Proteste innerhalb der islamischen Länder, sei eher von einem "Clash within Civilisations" zu reden.

Als Forderungen an die europäischen Gesellschaften nannte Ramadan, dem ebenso die Einreise nach Tunesien, Ägypten und Saudi- Arabien verboten ist, drei Dinge.:
Zunächst müsse eine Debatte über Identität angestoßen werden. Jeder Europäer sollte folgende Fragen für sich beantworten: "Können wir uns Muslime als Europäer, den Islam als europäische Religion vorstellen? Gehören Muslime zu uns?"
Ebenso wichtig sei das Vertrauen in die muslimischen Mitbürger. In den 30er Jahren seien den europäischen Juden drei Vorwürfe unterstellt worden.: Sie haben eine doppelte Loyalität. Sie arbeiten an einer internationalen Verschwörung. Sie sprechen mit gespaltener Zunge. Exakt die gleichen Vorhaltungen werden laut Ramadan heute den Muslimen gemacht. Die Europäer sollten endlich verstehen, dass man nur gemeinsam gewinnen könne.
Gleichzeitig warf Ramadan den Europäern vor, "in einem geistigen Ghetto" zu leben. Jeder solle sich fragen, mit wie vielen Menschen anderer Religion, Herkunft, Hautfarbe oder sozialer Stellung er in den vergangen zwei Wochen gesprochen hat. Viele Menschen würden sich anstatt von der Realität von medialen Zerrbildern leiten und beeinflussen lassen, die wiederum Rückwirkungen auf die Muslime in unseren Ländern haben. "Wir bekommen die Muslime, die wir verdienen."
Alles, was bislang als Dialog der Religionen präsentiert wurde, sei in Wirklichkeit "ein interaktiver Monolog" gewesen. Dem Zerrbild des bösen Islam werde in europäischen Medien Ayaan Hirsi Ali entgegengesetzt, eine Atheistin, die Mohammad als Pädophilen bezeichnet und daher als Gesicht des "guten Islam" präsentiert wird. "Was Frau Ali verkörpert, ist Islam ohne Islam.", so Ramadan. Man müsse akzeptieren, dass es nicht nur schwarz und weiß gebe und Muslime mitunter kontroverse Meinungen haben, über die man trotzdem diskutieren müsse. "Wir dürfen von den Muslimen nicht erwarten, dass sie das sagen, was wir hören wollen."
Wichtig für die Entwicklung des Euro-Islam sei die Ausbildung islamischer Gelehrter, Ulama, in Europa. Noch fehlten hierfür die Ressourcen, doch werde die 3.Generation islamischer Einwanderer hierfür entscheidend sei. Die Aussagen vieler islamischer Rechtsgelehrter des Nahen und Mittleren Ostens kritisierte Ramadan als "zu einfach und eindimensional." Dies zeige sich etwa bei Gutachten zum islamischen Bank- und Finanzwesen.

Die in Europa lebenden Muslime forderte der momentan in Oxford lehrende Ramadan auf, die Gesetze hier zu befolgen. Wer in einem westlichen Staat lebe, schließe mit diesem einen Vertrag und muss daher dessen Regeln hinnehmen. Die europäischen Staaten garantieren die Religionsfreiheit, daher sei der Muslim ihnen zu "totaler Loyalität" verpflichtet. Bezüglich des Kopftuchverbots an Frankreichs Schulen erklärte Ramadan erneut, er lehne dieses Gesetz ab. Das Kopftuch stehe in keinem Widerspruch zum französischen Laizismus, was sich schon daran zeige, dass man ein neues Gesetz zum Verbot des Hijab erlassen musste. Er forderte die französischen Musliminnen auf, das Kopftuch vor und nach dem Schulbesuch zu tragen und als französische Bürgerinnen weiter für ihre vollen Rechte zu kämpfen.
Weiterhin kontrovers bleibt Ramadans Haltung zu Steinigungen. Diese seien integraler Bestandteil der Prophetentradition, der Sunna. Daher könne man dies nicht einfach wegdiskutieren, wie dies ein französischer Mufti unlängst getan habe, der erklärte diese Passagen streichen zu wollen. Vielmehr sei es unerlässlich, wissenschaftlich an die Texte heranzugehen. Man solle sich fragen: "Was sagen die Texte? Wie sind die Bedingungen? Was ist der Kontext?" Da sich in vielen islamischen Ländern die Steinigung fast ausschließlich gegen Frauen und Benachteiligte richtet, plädiert Tariq Ramadan für ein Moratorium, also eine zeitlich befristete Aufhebung der Steinigung.
Vor diesem Hintergrund protestierte Ramadan erneut gegen doppelte Standards westlicher Medien. Wenn in Nigeria eine Frau gesteingt werde, mache dies im Westen Schlagzeilen. Als vor drei Monaten eine Frau in Afghanistan gesteinigt worden sei, habe keine westliche Zeitung darüber berichtet, weil dies nicht ins Bild des "befreiten Afghanistans" passe.

Donnerstag, 16. März 2006

Arabische Presse sieht "anglo-amerikanische Verschwörung"

Zeitungen in den palästinensischen Gebieten und der Arabischen Welt sehen die USA und Großbritannien hinter dem israelischen Angriff auf ein Gefängnis in Jericho. Sie erklären, der Sturm sei mit "geheimer Zustimmung" der der Briten und Amerikaner erfolgt und ziele darauf ab, den Friedensprozess vor den Wahlen in Israel endgültig zum Stillstand zu bringen.

  • "al-Ayyam", Palästina:

Großbritannien hat, gemeinsam mit den USA, seine Verschwörung mit Israel wiederholt. Es handelte in der gleichen Weise wie im Mai 1948, als es seine Truppen aus Palästina abzog und seine Basen und Waffendepots an jüdische Milizen übergab. Gestern gaben die USA und Großbritannien halbherzige Entschuldigungen für den Abzug ihrer Beobachter aus Jericho.

  • "al-Hayat al-Jadida", Palästina:

Das war ein Skandal für Großbritannien - die Mutter von Israel - und die USA, weil sie tief in die Verschwörung verstrickt waren und jeden Tag ihre Feindschaft gegenüber dem palästinensischen Volk unterstreichen.

  • "al-Nahar", Libanon:

Wenn die Ereignisse in Jericho mit klarer amerikanisch-britischer Beteiligung nicht das Ziel hatten, die Palästinensische Autonomiebehörde zu eliminieren, was war es dann? Ein Präventivschlag gegen jede Regierung, die die Hamas installieren möchte.

  • "al-Jumhuriya", Ägypten:

Der israelische Übergriff ist für niemanden eine Überraschung. Die Überraschung war die beschämende Duldung durch die amerikanischen und britischen Truppen, die durch ein internationales Abkommen mit dem Schutz und der Überwachung des Gefängnisses beauftragt waren.

  • "al-Watan", Qatar:

Die Hauptverantwortung tragen die USA und Großbritannien eher als Israel. Das palästinensische Volk tut gut daran, internationale Grantien anzuzweifeln, besonders wenn sie von Washington oder London ausgestellt wurden.

  • "al-Bayan", VAE:

Eina Attacke des Betrugs. Die seltsamen und abstoßenden Umstände dieser Agression tragen die Form einer stillschweigenden Einverständniserklärung der Amerikaner und Briten. Als Konsequenz haben weder sie noch Israel das Recht, die Palästinenser unter der Hamas aufzufordern, Israel anzuerkennen oder Friedensabkommen mit diesem abzuschließen.

Mittwoch, 15. März 2006

Syrien: Das Internet als Medium der Opposition

Das Internet ist in Syrien zum wichtigsten Medium für die Verbreitung regimekritischer und oppositioneller Meinungen und Stimmen geworden. Zwar müssen die Macher dieser Internetseiten und Blogs jederzeit befürchten, für allzu drastische Kritik hinter Gitter zu wandern, dennoch gelingt es ihnen verstärkt, die etwa 500000 meist jugendlichen Internetuser in Syrien zu beeinflussen.

Die wohl bekannteste und provokativste Seite ist All4Syria , die jedoch seit ihrer Entstehung im März 2003 immer wieder von der Regierung behindert wird und oft mehrere Tage oder Wochen ausfällt. Geführt wird sie von Ayman Abdel Nur, Mitglied der herrschenden Baath-Partei und Sandkastenfreund von Syriens Präsident Baschar al-Assad, der selbst als Computerfreak gilt und vor seiner Amtsübernahme Chef des staatlichen Computerclubs war.
Gegenüber Human Rights Watch erklärte Nur im November 2005, bis zu 15000 Besucher würden täglich seine Seite anklicken. "Wir überschreiten alle roten Linien. Wir attackieren den Sicherheitsapparat, den Militärgeheimdienst, sogar Leute aus dem Präsidentenpalast. Es gibt keine Tabus mehr." Die Gegenmaßnahmen der Staatsgewalt gingen über das Sperren der Seite bislang nicht hinaus - vielleich weil Assad die schützende Hand über seinen Freund aus Kindertagen hält. Nur hofft, dass seine bissigen Kommentare das Baath-Regime vor Korruption und Inkompetenz retten können. Sein Ziel sei es, erklärte Nur HRW, "den Sinn der Meinungsfreiheit zu verbreiten und einen Dialog zu beginnen. Wenn die Menschen sehen, dass sie an diesem Dialog teilnehmen können, werden sie ihre Gesellschaft verteidigen."

Eine weitere Website, Champress , veröffentlich kritische Artikel, die so niemals in den staatlichen Zeitungen wie "Tishreen", "al-Baath" oder "al-Thawra" erscheinen würden.
Dennoch bewegen sich Syriens "Cyber-Rebellen" auf einem schmalen Grat. Der Blogger Ammar Abd al-Hamid verließ im September 2005 sein Land, weil er wegen der Kommentare in seinem Blog Amarji mehrfach im Gefängnis landete und unter Dauerbeschattung der Behörden stand. Nun führt er seinen Blog von Silver Spring, Maryland aus weiter.
Hätte er seine Heimat nicht verlassen, wäre es ihm vielleicht ähnlich ergangen wie dem syrisch-kurdischen Journalistik-Studenten Massud Hamdu. Er sitzt seit Juli 2003 im Gefängnis, weil er im Internet Bilder kurdischer Kinder veröffentlichte, die vor dem UNICEF-Büro in Damaskus demonstriert hatten, berichtet AFP. Der Aktivist Habib Salih sitzt seit seit Mai vergangenen Jahres hinter Gittern, weil er Briefe veröffentlichte, in denen er eine Demokratisierung des Landes forderte.

Selbst der Besuch dieser regimekritischen Seiten ist nicht ungefährlich. In den Internet-Cafés sitzen zuhauf Geheimdienstmitarbeiter, die kontrollieren, welche Seiten angeklickt werden. Daher versuchen viele Internet-User ihre Identität und Herkunft mit Hilfe besonderer Software zu verschleiern. Die Menschenrechtsaktivistin Aktham Naissa äußerte sich gegenüber Human Rights Watch zuversichtlich.: "Es gibt so viele Websites, so viele E-Mails - der Staat kann uns nicht aufhalten."

Dienstag, 14. März 2006

Qunaitra - die verlassene Stadt

Nach dem Besuch im Oktoberkriegs-Museum von Damaskus wollten wir uns selbst ein Bild von den Zerstörungen in der Stadt Qunaitra, etwa 50 Kilometer südwestlich von der syrischen Hauptstadt machen.

Die Stadt liegt innerhalb einer demilitarisierten Zone an der Grenze zwischen Syrien und den israelisch besetzten Golanhöhen. Um dorthin zu gelangen benötigt man eine Genehmigung des syrischen Innenministeriums, die für westliche Ausländer aber leicht zu bekommen ist. Dann fährt man mit dem Microbus in südlicher Richtung, parallel zum Anti-Libanon-Gebirge und dem schneebedeckten Hermon-Massiv Richtung Qunaitra. Etwa 20 Kilometer vor dem Ort passiert man einen ersten Checkpoint. Alle Fahrgäste müssen ihre Ausweise vorzeigen. Die Durchfahrt ist nur Anwohnern sowie Leuten mit der Genehmigung des Innenministeriums erlaubt. Offenbar möchte Syrien ein Auge darauf haben, wer sich in der Grenzregion zu seinem Erzfeind aufhält.
Nach weiteren 15 Kilometern müssen wir den Minibus verlassen. An einer Kreuzung inmitten eines Dorfes steht ein weiterer Militär-Wachtposten und wir werden in eine kleine Baracke gebeten. In dem 4 mal 4 Meter großen Gebäude stehen zwei Doppelstockbetten, ein Schreibtisch, in der Ecke läuft ein schwarz-weißer Fernseher. Vier syrische Soldaten, alle um die 20, mustern uns und nehmen unsere Personalien in einem dicken Buch auf. Nachdem er unsere Daten feinsäuberlich notiert hat fragt ein Soldat: „Aus welchem Land kommt ihr eigentlich?“
Die Soldaten sind sehr freundlich und besorgen uns ein weiteres Fahrzeug, das uns in die verlassen Stadt bringen soll. Unterwegs steigt ein Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes zu, der aufpassen soll, dass wir nicht versehentlich durch Minenfelder stolpern und ansonsten damit beschäftigt ist, möglichst geräuschvoll auszuspucken.

In Qunaitra angekommen sieht man: nichts. Oder besser gesagt man sieht Ruinen über die im laufe der letzten drei Jahrzehnte Gras gewachsen ist, dazwischen Bäume. Bis 1967 zählte die Stadt etwa 30000 Einwohner und war ein bedeutender Handels- und Verkehrsknotenpunkt im Süden Syriens. 1967 wurde die Stadt zusammen mit den Golan-Höhen von Israel erobert und annektiert. Zu Beginn des Oktober/Yom-Kippur-Kriegs 1973 konnte die Stadt kurzzeitig von den Syrern zurückerobert werden bevor Israel Quneitra wieder unter seine Kontrolle brachte. Im Waffenstillstandsabkommen verpflichtete sich Israel, Qunaitra an die Syrer zurückzugeben. Bevor es jedoch dazu kam, zerstörten israelische Panzer und Bulldozer fast die komplette Stadt, inklusive der Moscheen und Kirchen. Dies stellt ein Verbrechen gegen die Genfer Konventionen dar und Israel wurde für sein Verhalten von der UNO in Resolution 3042 verurteilt. Israels Regierung bezeichnete die Resolution als einseitig und erklärte, die Zerstörungen seien allein Folgen syrischen Artilleriebeschusses zwischen 1967 und 73, sowie Folge der Kampfhandlungen während des Oktoberkriegs. Syriens Staatsführung entschied daraufhin, die Stadt nicht wiederaufzubauen, angeblich um es als „Mahnmal gegen den Zionismus“ zu erhalten. Teil der Wahrheit ist wohl auch, dass dem Staat dafür einfach das Geld fehlte und man die Einwohner lieber in Flüchtlingslagern unterbrachte.

In der Tat ist die Stadt heute praktisch menschenleer und Ruine reiht sich an Ruine . Ein Ruinenfeld von mehreren Quadratkilometern Fläche. An vielen Stellen kann man erkennen, dass die Mauern der Häuser zum Einsturz gebracht wurden, wodurch die Hausdächer vollständig auf den Boden krachten. Der Geheimdienstler führt uns am UNO-Stützpunkt vorbei, auf dessen Dachterrasse sich österreichische Blauhelmsoldaten sonnen, zum ehemaligen Krankenhaus vorbei. Die von Einschusslöchern übersäte Ruine begrüßt den Besucher mit den Worten „Zionists turned this hospital into a firing target“ Im Inneren liegt zuhauf Schutt und an den Wänden erkennt man hebräische Schriftzeichen. Ob diese wirklich von den Israelis stammen oder nachträglich angebracht wurden, erschließt sich uns nicht. Von der Terrasse des Hospitals hat man einen atemberaubenden Überblick über den Berg Hermon und die Golanhöhen. Auf deren höchster Erhebung lässt sich unschwer eine große israelische Abhörstation ausmachen. Die Landschaft ist ungleich grüner als um Damaskus herum und man erkennt die strategische Bedeutung der Höhen für beide Seiten.

Anschließend besichtigen wir die Kirche der Stadt. Bis zu ihrer Zerstörung galt das Gotteshaus als eine der bedeutendsten griechisch-orthodoxen Kirchen Syriens. Der Überlieferung nach machte Apostel Paulus auf seinem Weg von Damaskus nach Jerusalem in Qunaitra Station. Im Jahr 2001 besuchte Papst Johannes Paul II auf seiner Reise in den Nahen Osten die Kirche. Die Kirche ist heute kaum noch als solche erkennbar. Nach syrischer Darstellung sind alle wertvollen Gegenstände und Reliquien von den Israelis geraubt worden.
Auch wenn es kitschig klingen mag – als wir die Kirche verlassen plötzlich ein Bild der Hoffnung. Zwischen verrosteten Pantersperren und Ruinen spielen Kinder Fussball.

Montag, 13. März 2006

Rabbis unterstützen Forderung Ahmadinejads nach Vernichtung Israels



Führende Mitglieder der anti-zionistischen radikal-orthodoxen jüdischen Sekte Neturei Karta haben in den vergangenen Tagen in Teheran Gespräche mit iranischen Regierungsmitgliedern geführt, um den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad und seine Forderungen nach der Vernichtung Israels zu unterstützen.
Nach der Lehre der um 1935 gegründeten Neturei Karta kann nur Gott die Juden aus dem Exil führen und einen jüdischen Staat schaffen. Jede menschliche Bemühung diesen zu errichten, betrachten sie als Sünde, den Staat Israel lehnen sie daher ab und den israelischen Unabhängigkeitstag haben sie zum Trauertag erklärt. Einige ihrer Vertreter hatten in der Vergangenheit behauptet, Zionisten hätten während des Holocaust tausende Juden an die Nazis ausgeliefert, um somit anschließend die Forderungen nach einem jüdischen Staat in Palästina bekräftigen zu können. Auch betrachten viele der weltweit etwa 5000 Anhänger der Sekte, die Mehrzahl von ihnen lebt paradoxerweise in Israel, den Holocaust als göttliche Strafe für die Sünden säkularer Juden und Zionisten.

Unter anderem trafen Abgesandte der Glaubensgemeinschaft in den vergangenen Tagen mit Irans Vize-Präsident Gholamreza Aghazadeh zusammen und gaben mehrere Interviews in iranischen Medien. Ziel der Reise sei es, "an der Auflösung der israelischen Regierun zu arbeiten". Im Staatsfernsehen erklärte ihr Sprecher Rabbi Dovid Weiss: "Die Zionisten benutzen den Holocaust für ihre Zwecke. Wir, die Juden die im Holocaust umkamen, benutzen ihn nicht um unsere Interessen umzusetzen. Wir betonen, dass es hunderttausende Juden in der ganzen Welt gibt, die unseren Widerstand gegen den Zionismus teilen und fühlen, dass Zionismus nicht jüdisch, sondern eine politische Agenda ist." Die Äußerungen Ahmadinejads, in denen dieser den Holocaust als "Mythos" bezeichnet hatte, beunruhigten den Sprecher nicht.
"Wir wollen keinen Rückzug in die Grenzen von 67 sondern einen kompletten Rückzug des Staates, so dass wir das Land den Palästinensern zurückgeben und mit ihnen leben können. Der Zionismus wurde von Theodor Herzl erschaffen - er und seine Anhänger handelten gegen den Willen Gottes.", so Dovid Weiss weiter.

Nicht nur diese Äußerungen dürften bei der iranischen Staatsführung auf große Zustimmung gestoßen sein. Auch der Mythos der zionistischen Weltverschwörung wurde von den israelischen Gästen bedient. Rabbi Aharon Cohen, der zur Pressekonferenz in Teheran wie seine Mitreisenden mit Schildern "Ich bin Jude aber kein Zionist" ( siehe Foto von Reuters) auftrat, erklärte: "Zionisten sind an fast jedem Verbrechen auf der Welt beteiligt, aber leider behaupten sie das jüdische Volk zu vertreten."

Sonntag, 12. März 2006

Bahrain: Unruhen in Hauptstadt Manama


Gerade an dem Wochenende, an dem sich die Augen der Weltöffentlichkeit anlässlich des Auftakts zur Formel-1-Saison nach Bahrain richten, ist es in der Hauptstadt Manama in der zweiten Nacht hintereinander zu schweren Ausschreitungen zwischen jugendlichen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Mehrere hundert Bahrainis waren laut DPA vor das Innenministerium gezogen, um die Freilassung von 20 Jugendlichen zu fordern, die im Dezember wegen illegaler Kundgebungen zu ein bis zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden waren.
Die Haftstrafen wurden ausgesprochen, weil die Verurteilten nach Ansicht des Gerichts an gewaltsamen Protesten am 25.Dezember 2005 beteiligt waren. Damals war es am internationalen Flughafen Bahrains zu Ausschreitungen gekommen, nachdem die Behörden den schiitischen Geistlichen Ayatollah Sheikh Mohammed Sanad nach seiner Rückkehr aus dem Iran festgehalten hatten. Dieser hatte aus dem iranischen Exil ein Referendum über die 2002 verabschiedete Verfassung Bahrains gefordert und damit die sunnitische Herrscherfamilie verärgert. Zwei Drittel der Bahrainis sind Schiiten, die wichtigsten Posten in Politik, Wirtschaft und Militär werden jedoch von Sunniten gehalten.
In der vergangenen Nacht wurden vor dem Innenministerium erneut Barrikaden aus Reifen und Müll in Brand gesetzt, Straßen blockiert und Polizeifahrzeuge mit Steinen beworfen. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas und Hartgummi-Geschossen. Der Innenminister des Königreichs Sheikh Rashid bin Abdullah Al Khalifa erklärte, jene, die die Jugendlichen zu Gewalttaten und "Sabotage" anstifteten, sollten hart bestraft werden.
Bereits in der Nacht zum Sonnabend hatten Demonstranten laut Berichten von AFP ein Einkaufszentrum geplündert und mehrer Geschäfte in Brand gesteckt. Dabei waren 13 Jugendliche verletzt worden.
Wie in anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens grassiert auch in Bahrain die Jugendarbeitslosigkeit. Schon im Dezember waren Proteste arbeitsloser Jugendlicher eskaliert ( alsharq berichtete ). Anlässe wie die Festnahme schiitischer Geistlicher und die Inhaftierung ihrer Anhänger bieten in dieser Situation ein willkomenens Ventil angestauten Frust und Unzufriedenheit zu artikulieren.

Samstag, 11. März 2006

Syrien vor einem Jahr - Ein Besuch im Oktoberkriegs-Museum

In den kommenden Wochen werden auf alsharq in loser Folge Artikel erscheinen, in denen ich eine Reise nach Syrien und Libanon, die ich vor genau einem Jahr mit R.Chatterjee unternommen habe, Revue passieren lasse.
Los gehen soll es heute mit dem Besuch im „Panorama Harb Tishreen“ in Damaskus, einem Museum indem die Rolle Syriens im Oktoberkrieg, bei uns auch als Yom-Kippur-Krieg bekannt, verherrlicht wird.

Mit einem Microbus ging es einige Kilometer aus dem Stadtzentrum hinaus. Gleich neben einer Schnellstraße liegt das Museum, ein sandsteingelbes achteckiges Gebäude. Vor dem Museum wurde ein kleiner Park angelegt, in seinem Zentrum eine überlebensgroße Statue des syrischen Ex-Staatschefs Hafiz al-Assad, die diesen als Feldherrn mit gebieterische Geste zeigt. Zur rechten des Eingangs befindet sich eine Ausstellung mit Panzern, anderen militärischen Fahrzeugen und Waffen, die die syrische Armee beim Angriff auf Israel 1973 verwendet hat. Auf den Erklärungstafeln lesen wir „Made in Soviet Union, Made in Czechoslovakia oder Made in East Germany.“
Links vom Eingang wird erbeutetes oder zerstörtes israelisches Kriegsmaterial ausgestellt. Zu sehen sind unter anderem die Wracks von „Mirage" oder "Phantom“-Düsenjets. Die dazugehörigen Schilder tragen die Erklärung „America Made" oder "Made in France“, weiter erläutern sie: „The End of the Aggressor“ ( siehe VIDEO). Gleich am Eingang empfängt uns eine freundliche Dame mit toupiertem blondiertem Haar. In feinem Englisch erläutert sie die Rolle der syrischen Armee unter der Führung Hafez al-Assads im Kampf um die Befreiung Palästinas. Sobald allerdings Nachfragen gestellt werden, gerät ihr Englisch etwas holpriger.
Kein Ereignis ist für das Baath-Regime unter den Assads identitäts- und legitimitätsstiftender als der „Harb Tishreen“. In jeder Stadt findet sich eine nach dem Monat Oktober benannte Straße, die größte Zeitung des Landes trägt ebenfalls diesen Titel. Dass am Ende des Krieges israelische Truppen nur noch 30 Kilometer vor Damaskus standen, wird dabei fleißig ausgeblendet.

Im Innern des Achtecks befinden sich zahlreiche Gemälde, die von nordkoreanischen Spezialisten für 3-D-Malereien angefertigt wurden, das Fotografieren bleibt uns untersagt. Der Rundgang beginnt mit der Vorführung eines Schwarz-Weiß-Filmes im Stile der Wochenschau, indem die Erstürmung des Mount Hermon durch syrische Truppen glorifiziert wird. Immer wieder wird auf die heroische Rolle Hafiz al-Assads verwiesen, der am 6.Oktober 1973, an seinem 43. Geburtstag in vorderster Front seine Truppen angetrieben habe. Zum Zeitpunkt des Krieges war der „Löwe von Damaskus“ erst zwei Jahre im Amt. In den 60er Jahren hatte eine ganze Reihe von Militärputschs Syrien erschüttert, die Baath-Partei war in verschiedene Fraktionen zersplittert und nach der verheerenden Niederlage im Sechs-Tage-Krieg 1967 lag das Land miltärisch und moralisch am Boden.
Die Schulklasse, die mit uns den 10-minütigen Film anschaut, reagiert auf die Bilder eher unbeteiligt bis gelangweilt. Alle Kinder tragen ein blaues Hemd und ein orangefarbenes Halstuch, das sie als „Pioniere der Baath“ ausweist. Parallelen zu den sozialistischen Parteien des Ostblocks sind unübersehbar. Die Nationalhymne zu Beginn der Vorführung singen aber alle mehr oder weniger inbrünstig mit.

Die nächste Station bildet ein großer Raum mit sieben oder acht Ölgemälden aus der Geschichte Syriens vom Reich Zenobias in Palmyra bis zur Herrschaft der Baath-Partei unter Hafiz al-Assad. Unsere Führerin meint dazu. „ These paintings connect Syrias glorious history with ist shining presence.“
Kernstück des „Museums“ ist ein 3-D-Panorama der Schlacht von Qunaitra am Fuße des Golan während des Okotoberkriegs.
Der Zuschauer sitzt auf einer Bühne um die herum eine von Nordkoreanern angefertigte Rundumsicht der Schlacht angebracht ist, die sich in etwa 15 Minuten einmal
um den Betrachter dreht. Zu erkennen sind heldenhafte syrische Soldaten, fliehende Israelis, gerade abgeschossene israelische Kampfjets, Bewohner der Stadt, die ihre Befreier begrüßen, Soldaten, die die syrische Flagge hissen, etc.
Den Abschluss des Rundgangs bildet eine Ausstellung mit Bildern Assads im Kreise seiner Familie und mit Staatsgästen aus aller Welt. Assad mit Breschnew, Assad mit Ulbricht, Assad mit Scheel, etc. Ein Ölgemälde zeigt den syrischen Ex-Präsidenten Hand in Hand mit Kim Il Sung. Unsere Begleiterin erklärt:„No, they never met. It was just a concession to our North-Korean friends who painted all the pictures.“

Wie es in Qunaitra, wenige hundert Meter vom israelisch besetzten Golan heute aussieht, dazu mehr in ein paar Tagen....