Sonntag, 30. April 2006

Bahrain dementiert Gerüchte über diplomatische Beziehungen mit Israel

Offizielle Stellen des Königreichs Bahrain hat Berichte heruntergespielt, nach denen der Botschafter des Golfstaats in den USA die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel in Aussicht gestellt habe. Zuvor hatten US-Zeitungen von entsprechenden Kommentaren des Diplomaten bei einem Treffen des American Jewish Committee (AJC) in Palm Beach, Florida berichtet.

Das Außenministerium Bahrains erklärte gegenüber der "Khaleej Times", sein Land habe schon zuvor mehrfach die Aufnahme langer und belastbarer Beziehungen mit Israel in Aussicht gestellt, wenn eine endgültige Lösung für den Konflikt mit den Palästinensern gefunden würde. Außerdem sei die Teilnahme des Botschafters an der AJC-Konferenz kein Novum gewesen, auch andere arabische Botschafter hätten zuvor bereits an ähnlichen Treffen teilgenommen.

Die Palm Beach Daily News hatten in ihrer Freitagsausgabe berichtet, der Botschafter, Nasser M. Al Belushi, habe einen Vortrag über die Geschichte des Judentums in Bahrain berichtet und unter anderem darauf verwiesen, dass im frühen 20.Jahrhundert zahlreiche Juden aus dem Irak, Iran oder Indien nach Bahrain emigrierten. Ein Großteil zog dann nach der Gründung des jüdischen Staates 1948 nach Israel. Heute lebten Belushis Angaben zufolge zwischen 70 und 100 Juden unter den knapp 700000 Bahrainis.

Samstag, 29. April 2006

UN verlängern Blauhelm-Mandat für West-Sahara


Der UN-Sicherheitsrat hat gestern einstimmig die Verlängerung des Mandats für UN-Truppen in der West-Sahara um weitere sechs Monate beschlossen.
Das 15 Mitglieder zählende Gremium verabschiedete eine von Großbritannien, Spanien, Russland und den USA eingebrachte Resolution, die Marokko und die saharische Befreiungsbewegung Polisario auffordert, "weiterhin vollständig mit den Vereinten Nation zu kooperieren um den gegewärtigen Stillstand zu beenden und Fortschritte in Richtung einer politischen Lösung zu erreichen."

In einem am 19.April vorgestellten Bericht über die Lage in der West-Sahara erklärte UNO-Generalsekretär Kofi Annan die 463 Mann starke Blauhelmtruppe, genannt MINURSO, "spielt weiter eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung der Region und der Überwachung des Waffenstillstands." Daher sollte das Mandat bis Ende Oktober 2006 verlängert werden.
Weiter riet er Marokko, ohne Vorbedingungen in direkte Verhandlungen mit der von Algerien unterstützten Polisario-Front zu treten, um den Konflikt um die ehemalige spanische Kolonie beizulegen. Annans persönlicher Gesandter in der West-Sahara, Peter van Walsum, habe zudem vorgeschlagen die algerische Regierung als dritten Verhandlungsteilnehmer einzuladen. Marokko betrachtet seinen östlichen Nachbarstaat als direkten Gegner in dem Disput, da Algiers die Polisario beherberge und deren Ziele unterstütze.

Der Konflikt um das Gebiet das größer ist als Großbritannien gilt als der langwierigste Territorialstreit Afrikas. 1975 annektierte Marokko das Gebiet mit seinen 300000 Einwohnern, in Übereinstimmung mit den von Spanien, Marokko und Mauretanien unterzeichneten Madrider Verträgen. Am 27.Februar 1976 rief daraufhin die Polisario die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) aus, die von 53 Staaten und der Afrikanischen Union anerkannt wird. Marokko ist daher bis heute das einzige afrikanische Land, das nicht Mitglied der AU ist. Bis zu einem von der UNO vermittelten Waffenstillstand 1991 kämpfte die Polisario einen Guerillakrieg gegen die marokkanische Armee.

In den vergangenen Monaten hatten marokkanische Regierungsvertreter der West-Sahara mehrfach eine weitreichende Autonomie innerhalb des marokkanischen Staates zugesichert. Die Polisario hat diese Angebote bislang jedoch stets abgelehnt und besteht auf einem Referendum über die nationale Selbstbestimmung.

Freitag, 28. April 2006

Marokko: Erste weibliche Predigerinnen nehmen Arbeit auf

Als Teil ihres Kampfes gegen islamistischen Extremismus schickt die marokkanische Regierung als erstes islamisches Land Frauen als Predigerinnen in muslimische Gemeinden. Etwa 30 so genannte Murshidat - zu deutsch etwa: Führerin, Unterweiserin - wurden in den vergangenen 12 Monaten ausgebildet um gläubige Muslime "zu begleiten und ihnen Orientierungshilfe zu geben", erklärte Muhammad Mahfudh, Mitarbeiter des Ministeriums für islamische Angelegenheiten, dem Nachrichtensender al-Jazeera.

Für einen Lohn von 5000 Dirham, umgerechnet etwa 650 Euro, sollen die jungen Frauen vor allem in sozialen Brennpunkten, wie etwa Gefängnissen oder armen Vorstädten zum Einsatz kommen. Gerade diese Orte waren in der Vergangenheit ein beliebtes Rekrutierungsgebiet für islamistische Gruppen. Die Idee zur Ausbildung weiblicher Predigerinnen wurde in Marokko nach den Anschlägen in Casablanca am 16.Mai 2003 geboren, bei denen 45 Menschen getötet wurden. Die Selbstmordattentäter stammten alle aus Armensiedlungen Casablancas.

Gleichwohl legen die Murshidat Wert auf die Feststellung, dass sie nicht die Rolle eines Imams, also Vorbeters in einer Moschee, einnehmen wollen. "Das Imamat ist im Islam ausschließlich auf Männer beschränkt, die ein Gebet führen dürfen - besonders das Freitagsgebet.", erklärt etwa Marzuk, diplomierte Literaturwissenschaftlerin, die den Koran nach eigenen Angaben auswändig kennt. "Die Murshidat werden religiöse Diskussionen führen, Islamunterricht geben, Leuten in Schwierigkeiten moralische Unterstützung gewähren und die Gläubigen zu einem toleranten Islam anleiten." Die 12-monatige Ausbildung umfasste neben theologischen Studien auch Psychologie, Soziologie, Computerkenntnisse, Wirtschaft und Recht.

Marokkos Islamisten stehen der Initiative zwiespältig gegenüber. Auf der einen Seite erklärte Mustafa Ramid, Parlamentsabgeordneter der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, die Etablierung der Murshidat, sei eine "positive Entwicklung", die jedoch kaum relevant sei, da Frauen und Männer im Islam eh gleichberechtigt seien.
Der Chef der Jugendorganisation der wichtigsten islamistischen Bewegung des Landes, al-Adl wa al-Ihsan (Gerechtigkeit und Wohltatigkeit), Hasan Bennajih, sagte AFP, die Kräfte, die diese Initatiative stützten seien die gleichen, die an anderer Stelle gegen den Islam arbeiteten. "Die Murshidat werden, wenn überhaupt, nur begrenzten Einfluss auf die Bevölkerung haben."

Donnerstag, 27. April 2006

Al-Jazeera-Korrespondent in Ägypten festgenommen


Der Chef des Kairoer al-Jazeera-Studios, Hussein Abdel Ghani, ist auf dem Sinai von der ägytptischen Polizei festgenommen worden - ihm wird vorgeworfen vorsätzlich falsche Informationen über die Bombenanschläge auf der Halbinsel verbreitet zu haben.

Das Innenministerium in Kairo erklärte, der Korrespondent habe am Mittwoch fälschlicherweise von einem Bombenanschlag in Belbeis in der Provinz Sharqia, nordöstlich von Kairo, berichtet. "Hussein Abdel Ghani sagte, es hätte Vorfälle in Sharqia gegeben, aber nichts ist passiert. Er stiftet Unruhe. Wo hat er diese Behauptungen her?", so ein Sprecher des Ministeriums heute gegenüber al-Jazeera.

In einem Telefonbericht für seinen Sender erklärte Ghani, er sei "das Opfer einer Polizei-Entführung geworden - absolut ungesetzlich." Nach eigenen Angaben befindet sich der Journalist, ein bekanntes Gesicht des Nachrichtenkanals, mittlerweile im Büro des Chef-Staatsanwalts von Heliopolis, einem Vorort Kairos. Zuvor sei der Korrespondent, er ist selbst ägyptischer Staatsbürger, in seinem Hotelzimmer in Dahab von Zivilpolizisten festgenommen worden. Berichte, nach denen das Studio von al-Jazeera in Kairo beschossen worden sei, wurden sowohl von staatlicher Seite als auch vom TV-Sender selbst dementiert.

Ägyptens Journalistenverband verurteilte das Vorgehen der Behörden. Sprecher Gamal Fahmy sagte der französischen Nachrichtenagentur AFP.: "Wir betrachten die Festnahme des Chefs des al-Jazeera-Büros in Kairo als einen Angriff auf die Pressefreiheit in Ägypten." Neu ist dieses Vorgehen der Behörden am Nil freilich nicht. Schon während der Parlamentswahlen im November 2005 wurden Journalisten Ziel von Angriffen und Einschüchterungsversuchen. ( alsharq berichtete )

Bei einer Anschlagsserie auf den Badeort Dahab am Roten Meer waren am Montag nach unterschiedlichen Angaben zwischen 18 und 21 Menschen getötet worden. Gestern griffen zwei Selbstmordattentäter Sicherheitskräfte und ausländische Soldaten in al-Gorah, ebenfalls auf der Halbinsel Sinai, an ohne jedoch andere zu verletzen.

Mittwoch, 26. April 2006

Darfur: Eskalation der Gewalt führt zu neuer Flüchtlingswelle

Die jüngsten Kampfhandlungen an der Grenze zwischen dem Sudan und Tschad haben nach Angaben von UNICEF weitere 200000 Menschen in Darfur zur Flucht gezwungen. Insgesamt bezifferte ein Sprecher der Kinderhilfswerks die Zahl der Flüchtlinge in der Region auf zwei Millionen. Die Situation vor Ort verschlechtere sich zusehends, da etwa ein Drittel der Flüchtlinge von Hilfe von Außen abgeschnitten sei.

Bis zum Sonntag wollen Vermittler nun ein Friedensabkommen zwischen Rebellen und regierungstreuen Milizen erreichen. Die Afrikanische Union setzte den Konfliktparteien ein Ultimatum - demnach müssen beide Seiten bis zum 30.April einen ausgearbeiteten Friedensplan unterzeichnen. "Jetzt ist die Zeit der Entscheidung. Kein weiteres Zaudern, keine weiteren Mätzchen, keine Verzögerungstaktik. Die Augen der Welt sind auf Euch gerichtet.", teilte Ahmed Salim Ahmed, Verhandlungsführer der AU den Konfliktparteien über die Medien mit.

Seit knapp zwei Jahren verhandelt die Regierung mit den beiden wichtigsten Rebellengruppen Darfurs, SLM und JEM, in Abuja über ein Ende der Gewalt, die als größte humanitäre Krise der Welt gelten darf. Einen durchschlagenden Erfolg haben diese Verhandlungsrunden bislang jedoch nicht gebracht.

Auch eine von der Afrikanischen Union eingesetzte 7000 Mann starke Friedenstruppe war bislang nicht in der Lage der Gewalt in der Region von der Größe Frankreichs Einhalt zu gebieten. Für den Fall, dass der UN-Sicherheitsrat die Entsendung von Blauhelmtruppen nach Darfur beschließt, hat Sudans Staatschef Umar al-Bashir mit weiterer Gewalt gedroht.

Dienstag, 25. April 2006

Iran öffnet Stadien für Frauen

46 Tage vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland hat gestern Irans Präsident Mahmud Ahmadinejad nach 25 Jahren überraschend das Stadionverbot für iranische Frauen aufgehoben. Im Staatsfernsehen erklärte er: "Alles sollte so geplant werden, dass Frauen respektiert und ihnen die besten Plätze zugewiesen werden um nationale und wichtige Spiele sehen zu können."

Seit der im Zuge der Islamischen Revolution durchgesetzten Geschlechtertrennung in weiten Teilen des öffentlichen Lebens wurde Frauen nur in Ausnahmefällen der Zugang zu Fußballstadien erlaubt - wie etwa anlässlich des Gastspiels der DFB-Elf in Teheran 2004.

Der Sicherheitschef des iranischen Sportverbandes, Mehdi Farahani, erklärte unterdessen es bedürfe einiger Zeit die neue Regelung umzusetzen. Zum WM-Vorbereitungsspiel gegen Bosnien-Herzegowina am 31.Mai in Mashhad werden demnach noch keine Frauen zugelassen.
"Wir benötigen Zeit um die Stadien entsprechend herzurichten. Wir brauchen separate Toiletten, sowie gesonderte Ein- und Ausgänge für die Frauen." Gleichwohl erhoffe man sich durch den Einlass von Frauen und Familien eine "entspanntere Athmosphäre" bei iranischen Sportveranstaltungen.

Noch im vergangenen Monat hatte der Präsident des iranischen Fußballverbandes, Mohammad Ali Dadkan, den Ausschluss der Damen mit der "rauhen Natur des Sports" sowie den "Beschimpfungen" der männlichen Stadionbesucher begründet, vor denen man die Frauen schützen müsse.

In ersten Stellungnahmen reagierten Frauen sehr erfreut auf den Regierungsbeschluss. "Ich bin glücklich, dass wir zum ersten Mal ein Stadion wie normale Menschen betreten dürfen", erklärte die Schriftstellerin Parastoo Dokouhaki, die sich in der Vergangenheit für die Aufhebung des Stadionverbotes stark gemacht hatte.

Montag, 24. April 2006

Ägypten: Richter fordern unabhängige Rechtssprechung

Bei Protesten gegen die staatliche Einmischung in die ägyptische Rechtssprechung sind heute in Kairo ein Richter verletzt und 15 weitere Aktivisten festgenommen worden.

Etwa 40 Menschen hatten sich vor dem Gebäude des Richter-Verbandes versammelt um zwei Kollegen zu unterstützen, gegen die der Staat ein Disziplinarverfahren angestrengt hat. Die beiden Richter hatten öffentlich behauptet die ägyptische Judikative hätte aktiv mitgeholfen die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr zu fälschen um die regierende National-Demokratische Partei (NDP) von Präsident Hosni Mubarak an der Macht zu halten.

"Sicherheitskräfte in Zivil versuchten uns mit Gewalt zu vertreiben.", schildert die Augenzeugin Salma Said, Aktivistin in der Bewegung "Jugend für den Wandel" die Ereignisse des heutigen Morgens gegenüber AFP. "Sie fingen an, einige von uns zu verprügeln und als der Richter Mahmud Hamza kam um uns zu verteidigen, wurde auch er geschlagen." Hamza musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden, sein Zustand sei jedoch nicht kritisch, hieß es.

Der ägyptische Richterverband ist in den vergangenen Monaten zu einem der stärksten und wichtigsten Organe im Staat geworden, die sich für Reformen am Nil stark machen. In mehreren Stellungnahmen forderten Richter wie auch Anwälte eine größere Unabhängigkeit von der Regierung. Nagui Derbala, ein Sprecher des Verbandes, erklärte heute: "Wir werden unsere Forderungen vorbringen so lange wir leben. Wir werden auf einer unabhängigen Rechtssprechung bestehen."

Der seit knapp 25 Jahren regierende Staatspräsident Mubarak hat heute in einem Interview mit der Zeitung "Al-Gomhuriya" jeden Versuch seiner Regierung in die Rechtssprechung einzugreifen bestritten.: "Ich werde keinen Richter beeinflussen - aus Respekt vor der Unabhängigkeit der Judikative und der Achtung vor ihren Richtern."

Sonntag, 23. April 2006

Libyen: Neues Verfahren gegen bulgarische Krankenschwestern

Fünf bulgarische Krankenschwestern und ein palästinensischer Arzt, die beschuldigt werden hunderte libysche Kinder mit dem HIV-Virus infiziert zu haben, sollen im Mai erneut vor Gericht gestellt werden. Nach Angaben des bulgarischen Außenministeriums beginnt das neue Verfahren am 11.Mai in Tripoli.

Im Dezember hatte Libyens oberster Gerichtshof die Todesurteile gegen die Angeklagten aufgehoben, die angegeben hatten ihre Geständnisse seien durch Folterungen erpresst worden. Sie werden beschuldigt in den 1990ern in einem Krankenhaus der Stadt Benghazi vorsätzlich Kindern HIV-verseuchte Bluttransfusionen verabreicht zu haben.

Der stellvertretende bulgarische Außenminister Feim Chaushev erklärte gegenüber BBC seine Regierung erwarte "ein gerechtes Urteil".: "Die bulgarischen Krankenschwestern werden bis Ende September in ihre Heimat zurückkehren, wenn nicht noch früher."

Im Mai 2004 waren die vier Bulgarinnen in einem ersten Verfahren zum Tode durch Erschießen verurteilt worden, weil sie nach Auffassung des Gerichts 426 Kinder mit dem Immunschwächevirus infizierten. Etwa 50 Kinder sind seither an AIDS gestorben.

Die Krankenschwestern, die seit nunmehr fast sieben Jahren in libyschen Gefängnissen sitzen, erklärten der Virus habe sich schon vor ihrer Ankunft im Krankenhaus ausgebreitet. Sie seien lediglich Sündenböcke für die miserablen Hygienebedingungen in dem Hospital.

Auch die Europäische Union und die USA hatten sich in der Vergangenheit mehrfach für die Freilassung der Bulgarinnen stark gemacht. Nach der Aufhebung des Todesurteils im Dezember hatten in Libyen hunderte Angehörige infizierter Kinder dagegen protestiert und die Hinrichtung der Frauen gefordert.

Samstag, 22. April 2006

Iran: Islamischer Dresscode soll stärker durchgesetzt werden

Von heute an will der iranische Staat härter gegen Frauen vorgehen, die sich nicht an die vom Teheraner Regime festgelegten Kleidungsvorschriften halten. 200 zusätzliche Polizisten sollen demnach künftig auf den Straßen der Hauptstadt patroullieren um Frauen, deren Fußknöchel sichtbar sind, die ihr Haar nicht vollständig verhüllen, zu dünne Kopftücher oder zu enge Jacken tragen und damit gegen den islamischen Dresscode verstoßen, zu bestrafen.

"So Gott will, werden wir die Kampagne am Sonnabend starten", erklärte Teherans Polizeisprecher Mohammad Tourang gestern der Nachrichtenagentur "Reuters". Dieser Schritt ist Teil einer staatlichen Initiative gegen "asoziales Verhalten", die auch laute Musik und den grassierenden Drogenkonsum unter Irans Jugendlichen zur Zielscheibe hat. Auch Leute die ihre Haustiere ausführen oder Männer mit "ausländischen Frisuren" müssten mit Geldstrafen von bis zu 60 Euro rechnen, so der Sprecher weiter.

Mit dieser Kampagne will die religiöse Elite des Landes um Ayatollah Khamenei die Werte der Islamischen Revolution vor "korrumpierenden westlichen Einflüssen" schützen. In den acht Jahren Regierungszeit des reformerischen Präsidenten Khatami legten viele junge Frauen in den Metroploen Irans den schwarzen Schleier, der in den Anfangsjahren der Islamischen Republik dominierte, ab und begannen farbenfrohe Hijabs zu tragen, die oftmals nur einen Teil der Haare verdeckten. Zwar galten auch damals die gleichen Kleidungsvorschriften, doch wurden diese häufig kaum kontrolliert und Verstöße geahndet.

Dem neuen Staatschef Mahmud Ahmedinejad und seinen Anhängern aus der frommen Unterschicht sind diese Neuerungen zuwider. Frauen, die deren Vorstellungen von islamischer Moral nicht befolgen wollen, riskieren von nun an erneut Schläge, Geldstrafen oder gar einen Gefängnisaufenthalt, wenn die Religionswächter ihr Aussehen als "unislamisch werten".

Freitag, 21. April 2006

Libanon: Der "nationale Dialog" zwischen Anspruch und Realität

Aufrufe zum "nationalen Dialog", zur "nationalen Versöhnung" im Libanon waren in den letzten Monaten oft zu hören. Es sind nicht zuletzt die verantwortlichen Führer der verschiedenen politischen Lager, die immerwieder dazu aufrufen, persönliche Interessen hintanzustellen und für das Wohl des Landes zu arbeiten.

Die von Parlamentspräsident Nabih Berri zu diesem Zweck initiierten Verhandlungsrunden aber entblößen wieder einmal die riesige Lücke, die zwischen heeren Anliegen und politischer Realität klafft. Bis zum 28. April soll über die entscheidenden Punkte auf der Agenda ein Konsens erzielt werden, der zunehmend illusorisch erscheint. Neben derAufklärung des Hariri-Attentates und der Neubestimmung der syrisch-libanesischen Beziehungen entwickelt sich der Kampf ums Präsidentenamt zum großen Zankapfel. Gerade in dieser Frage bezichtigen sich die Kontrahenten gegenseitig lediglich persönliche Interessen zu verfolgen - und bestätigen damit diesen Vorwurf nur noch nachdrücklicher.

Im Fokus steht wieder einmal der notorische General Michel Aoun. Aus seiner geplanten Präsidentschaftskandidatur macht er längst keinen Hehl mehr. Vielmehr denunziert er in gewohnt populistischer Weise seine Gegner und beruft sich auf seine Unterstützung im Volk: "Saad Hariri ist politisch völlig unerfahren. Zudem ist er ein Diktator. Wer 70 % des libanesischenVolkes, die mich unterstützen, ignoriert, ist ein Diktator.", äußerte Aoun erst unlängst gegenüber Al-Jazeera.

Aoun ist bisher der einzige offene Anwärter für das höchste Staatsamt. Sein strategisches Bündnis mit Hizbullah sichert ihm zwar breite Unterstützung, besonders unter den Schiiten, führte aber auch dazu, dass sich die anti-syrischen Kräfte um Saad Hariris Mustaqbal-Bewegung zunehmend vom General distanzieren. Ein Kompromiss erscheint in der derzeit aufgeheizten Atmosphäre kaum in Sicht.

Neben dem inhaltlichen Stillstand bemängeln einige Beobachter allerdings bereits den Charakter der Gespräche selber. So fordert derBeiruter Daily Star in seinem heutigen Editorial beispielsweise eine grundlegene Revision des konfessionalistischen Systems und stellt solchgesinnten Politikern auch das dadurch zu gewinnene Prestige in Aussicht:"Das System kann umgeformt werden und die Beteiligten werden zu einem Kommittee von Gründungsvätern, die das Fundament für die Errichtung der dritten libanesischen Republik legen und eine neue Ära einleiten werden."

Irak: Mehr als 19000 Geiselnahmen in drei Monaten


Mehr als 19000 Iraker sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres Opfer von Entführungen geworden. Dies geht aus einem gemeinsamen Bericht mehrerer namentlich nicht genannter irakischer Menschenrechtsgruppen hervor, der der Zeitung "az-Zaman" vorliegt.
Knapp 7000 Familien seien gezwungen worden ihre Häuser und Wohnviertel zu verlassen - dies sei das Ergebnis von Gewalttaten die die "ethnische Säuberung" einzelner Regionen zum Ziel hätten.

Nach eigenen Angaben haben die Bürgerrechtsgruppen Repräsentanten in allen 18 Provinzen des Irak. Die von ihnen erhobenen Daten bezeichnen sie als "konservativ". "Unsere Ergebnisse spiegeln nicht die wirkliche Situation wieder. Sie sind kleiner als das, was eigentlich passiert, weil unsere Beobachter wegen der eskalierenden Gewalt oft kaum über das Geschehene berichten können.", zitiert die Zeitung aus der Erklärung.

Dort heißt es weiter, dass das Schicksal eines jeden registrierten Entführten unbekannt sei. Unter den gekidnappten Irakern befänden sich 2355 Kinder und 4959 Frauen. Zudem registrierten die Berichterstatter im ersten Quartal 2006 im gesamten Land 3457 "Gewaltakte", 886 von diesen hätten sich in der Hauptstadt Baghdad zugetragen. Hauptgrund für die wachsende Gewalt seien die bewaffneten Milizen rivalisierender ethnischer und religiöser Gruppen und Parteien.

Auch zwei Deutsche sind noch immer in der Gewalt von Kidnappern. Die Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke wurden am 24.Januar 2006 in Baji, knapp 200 Kilometer nördlich von Bagdad entführt.

Donnerstag, 20. April 2006

Algerien: Präsident Bouteflika erneut zur Behandlung in Frankreich

Knapp vier Monate nach seiner Rückkehr nach Algier ist Algeriens Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika erneut unter strenger Geheimhaltung zu medizinischen Behandlungen nach Frankreich gereist. Nachdem die Außenministerien beider Länder zunächst einen Kommentar verweigerten, bestätigte heute ein französischer Diplomat gegenüber Reuters, dass sich "der algerische Präsident zu einem medizinischen Check-Up im Val de Grace Hospital bei Paris befindet".
Dort wurde der 69-Jährige bereits im Dezember vergangenen Jahres laut offizieller Aussage wegen eines Magengeschwürs operiert. Zuvor war jedoch auch damals lediglich von einer "medizinischen Routineuntersuchung" gesprochen worden, wodurch Spekulationen über eine ernsthafte Erkrankung des Präsidenten nun neue Nahrung erhalten.

Abdelaziz Belkhadem, Minister und als möglicher Nachfolger gehandelter Vertrauter Bouteflikas, versucht diesen Gerüchten die Grundlage zu entziehen. "Es handelt sich um eine Routineuntersuchung, die jeder Patient nach einer solchen Operation machen sollte. Der Präsident erfreut sich allerbester Gesundheit.", erklärte er vor Pressevertretern. Laut einer mittlerweile von der algerischen Regierung veröffentlichten Presseerklärung sei Bouteflika gestern in Paris eingetroffen und die Reise seit langem geplant.

Bouteflikas Klinikaufenthalt passiert inmitten jüngster Spannungen in der Beziehung zur einstigen Kolonialmacht Frankreich. Noch am Montag hatte der algerische Staatschef in einer Rede erklärt, Frankreich hätte während seiner Herrschaft einen Völkermord in Algerien begangen. "Das war nicht nur ein Genozid gegen das algerische Volk sondern auch ein Genozid gegen die algerische Identität." Noch eine Woche zuvor hatte Bouteflika den französischen Außenminister Philippe Douste-Blazy in seiner Residenz empfangen.

Dementsprechend höhnisch fallen nun die Kommentare nationalistischer französischer Politiker aus.: "Ich verstehe nicht warum dieser Herr kommt, um sich von den schrecklichen Kolonialisten behandeln zu lassen.", erklärte etwa der Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen gegenüber Radio Monte Carlo.
Im vergangenen Jahr rief Algeriens Regierung Frankreich auf, sich für seine Verbrechen während der Kolonialzeit zu entschuldigen. Nach offiziellen algerischen Angaben kostete der Unabhängigkeitskrieg zwischen 1954 und 1962 etwa 1,5 Millionen Algeriern das Leben.

Jemen: Militante Islamisten wegen Anschlagsplänen verurteilt

Ein Gericht im Jemen hat gestern 13 militante Islamisten wegen der Planung von Anschlägen auf Amerikaner und andere westliche Ziele zu Haftstrafen von bis zu sieben Jahren verurteilt.
Der Anführer der Gruppe, Ali Sufyan al-Amari, muss laut AP für seine Rolle als Anstifter für Geiselnahmen und geplante Bombenanschläge auf westliche Einrichtungen für sieben Jahre ins Gefängnis. 12 weitere Mitglieder der Terrorzelle wurden zu Haftstrafen zwischen 18 Monaten und sechs Jahren verurteilt. Sie wurden unter anderem des unerlaubten Besitzes von Sprengstoff und der Fälschung von Ausweispapieren für schuldig befunden.

Ein weiterer Angeklagter, Faisal Abdul-Aziz, wurde freigesprochen, da er sich selbst den Behörden stellte und umfassend mit den Ermittlern kooperiert habe, so ein Gerichtssprecher gegenüber Associated Press.
Angehörige kritisierten das Verfahren und die Urteile als "ungerecht". Die Verurteilten dienten der jemenitsichen Regierung als Sündenböcke, die dazu herhalten müssten, "die Amerikaner zufrieden zu stellen", lautet ihr Vorwurf. Gleichzeitig legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, die einige Urteile als zu milde ansieht.

Jemen, die ursprüngliche Heimat des Bin Laden-Clans, hat lange muslimische Extremisten unterstützt oder zumindest stillschweigend geduldet. Seit den Anschlägen des 11.September ist Staatschef Saleh jedoch zunehmend bemüht, sein Land als Unterstützer im "Kampf gegen den Terror" zu präsentieren. Unter anderem erlaubte er amerikanischen Truppen die Stationierung im Jemen und die Ausbildung jemenitscher Einheiten im Anti-Terror-Kampf.

Mittwoch, 19. April 2006

Mauretanien: Staatsführung bietet gestürztem Ex-Präsident Rückkehr an


Mauretaniens Übergangsführung hat dem gestürzten Ex-Staatschef Maaouiya Ould Taya eine Rückkehr aus seinem Exil in Qatar in Aussicht gestellt. Oberst Ely Ould Mohamed Vall erklärte gestern gegenüber "al-Arabiya" sein Vorgänger habe "das Recht in seinem Land als freier Bürger zu leben und von den Vorteilen die das Recht ehemaligen Staatschefs gewährt zu profitieren."

Taya wurde im August 2005 in einem unblutigen Putsch während seines Besuches anlässlich der Beerdigung von Saudi-Arabiens König Fahd gestürzt. ( alsharq berichtete ) Seither hat der "Militärrat für Gerechtigkeit und Demokratie" (CMJD) die Macht in Nuakchott übernommen. Laut einem vom CMJD vorgestellten Zeitplan soll als erster Schritt zu einem demokratischen System am 25.Juni ein Verfassungsreferendum stattfinden. Für den November 2006 sind Kommunal- und Parlamentswahlen geplant, im März 2007 sollen als Abschluss des Demokratisierungsprozesses Präsidentschafts- und Senatswahlen in Mauretanien stattfinden.

Mitglieder der Übergangsregierung dürfen an den anstehenden Wahlen nicht teilnehmen "um die Unparteilichkeit zu garantieren, die für einen transparenten demokratischen Prozess notwendig ist.", erklärte Oberst Vall auf "al-Arabiya". Gleiches gelte für Ex-Präsident Taya, dessen Teilnahme an den Wahlen möglicherweise "den Rest der politischen Gemeinschaft benachteiligen könne und die vom CMJD unternommenen Anstrengungen zur Re-Organisation des Staatswesens buchstäblich zerschlagen würde."
"Am Ende der Übergangszeit wird auch er sich wieder aktiv an der Politik beteiligen dürfen."

Fernab des Krisenherdes Irak, am anderen Ende der Arabischen Welt, zeigt also Mauretanien Möglichkeiten zum Übergang in ein demokratisches Staatswesen auf - ohne Intervention der USA oder Europas die den Putsch gegen den pro-westlichen Diktator Taya zunächst gar verurteilten. Ob die Ankündigungen des CMJD jedoch mehr sind als leere Versprechungen werden die kommenden Monate und Jahre erst zeigen müssen.

Dienstag, 18. April 2006

Reise an die syrisch-irakische Grenze

Wie wir Amerikaner an der syrisch-irakischen Grenze beobachten wollten und uns schließlich zum Nachmittagsgebet in einer Moschee wiederfanden.

Die Stadt Deir az-Zour im Osten Syriens zählt nicht zu den beliebten Touristenzielen des Landes. Einzige Sehenswürdigkeit der 150000-Einwohner-Stadt ist eine von der französischen Kolonialmacht errichtete Hängebrücke über den Euphrat, der träge auf mehreren hundert Metern Breite an der Stadt vorbei fließt.

Ausländische Besucher werden hier dafür noch herzlicher begrüßt als anderswo im Bilad ash-Sham – unweit des Busbahnhofs lädt uns ein Kioskbesitzer zum Tee ein und heißt uns willkommen. Auch auf der angesprochenen Brücke spricht uns sofort ein Einheimischer an informiert uns über die Geschichte des Bauwerks sowie den Euphrat. „Der Fluss entspringt in der Türkei, fließt dann nach Syrien durch den Assad-Stausee, und Deir az-Zaur und erreicht nahe der Kleinstadt Abu Kamal den Irak. Dort kann man übrigens Amerikaner an der Grenze beobachten.“

Das klingt für uns durchaus interessant und so beschließen wir kurzerhand am nächsten Tag nach Abu Kamal an die syrisch-irakische Grenze zu fahren. Per Microbus nehmen wir die etwa 120 Kilometer in Angriff. Der Weg geht am Rande des grünen Euphrat-Tales entlang. Nur wenige Dörfer passieren wir und auch der Verkehr hält sich in Grenzen. Seit der Schließung der Grenzübergänge in den Irak Anfang 2005 ist die Straße nach Abu Kamal praktisch eine 120 Kilometer lange Sackgasse. Am Horizont kann man einige Ölförderstätten in der syrischen Wüste ausmachen.

Etwa 40 Kilometer vor Abu Kamal, in Höhe der Ruinen der antiken Stadt Dura Europos, müssen wir einen improvisierten Checkpoint passieren. Ein Offizieller in Zivil und mit Maschinengewehr vor der Brust möchte die Ausweise der Insassen sehen und fragt mich nach Ziel und Anlass unserer Fahrt. Die von mir dargebrachte Erklärung „Stadtrundgang durch Abu Kamal und Besichtigung der Sehenswürdigkeiten“ findet nach einigem Zögern die Zustimmung des Kontrolleurs und er lässt uns passieren.

In Abu Kamal angekommen machen wir uns zu Fuß auf in die Richtung in der wir die irakische Grenze vermuten. Die Reaktionen der einheimischen Bevölkerung lässt erahnen, dass sich nicht allzu häufig Ausländer in die Stadt verirren. Nach ein paar Minuten spricht uns ein junger Mann auf Englisch an und bittet uns sich zu ihm zu setzen. Er stellt sich als Hussein Ali vor und erklärt uns, dass wir von nun an für 5 Tage seine Gäste seien. Nachdem wir ihm mühsam erklären, dass wir noch heute Abend nach Deir zurückkehren müssten, einigen wir uns darauf seine Einladung zum Mittagessen anzunehmen. Wenige Wochen zuvor hat Ali seine Prüfung in englischer Literatur an der Universität Damaskus abgelegt, seitdem arbeitet er in der Eisenschmiede seines Vaters – wir sind die Ersten mit denen er seither Englisch sprechen konnte.

Wir erklären ihm das Ziel unserer Fahrt und er verspricht uns, einen Fahrer zu organisieren, der uns an die etwa 8 Kilometer entfernte Grenze bringen wird. Vorher gibt uns Ali jedoch noch einige Ratschläge mit auf den Weg. Auf jeden Fall sollten wir beim Eintreffen am Grenzpunkt rauchen. „Wenn sie sehen, dass ihr raucht, dann wissen sie, dass ihr keine Mujahedin seid, weil Mujahedin rauchen nicht und euch wird nichts passieren.“ Etwas mulmig ist uns nun doch zu Mute aber wenn wir schon mal hier sind…

Ein Fahrer bringt uns also in einem Pick-Up-Truck amerikanischer Bauart an den einige Kilometer hinter Abu Kamal gelegenen Grenzübergang der jedoch drei Monat zuvor geschlossen wurde. Dort sehen wir jedoch keine Amerikaner sondern lediglich syrische Geheimdienstmitarbeiter die über unser Kommen gar nicht erfreut sind und unsere Personalien aufnehmen. Unser Fahrer muss sich die Frage gefallen lassen, warum er denn Ausländer an die Grenze bringt. Der Zweck unserer Reise, „Urlaub“, stößt bei den syrischen Beamten auf völliges Unverständnis, das Fotografieren wird uns untersagt und nach knapp 10 Minuten verlassen wir den Ort. Mehr als eine irakische Fahne auf der irakischen Seite des Checkpoints haben wir vom Irak nicht gesehen.

Zurück in Abu Kamal fahren wir zu Ali nach Haus. Stolz führt er uns seinen Computer vor. Leider hätten ihm die Behörden vor einigen Wochen das Internet abgestellt, da er zu oft die Internetseiten von Islamisten besucht habe – nur um sich zu informieren wie der 20-Jährige versichert. Er zeigt uns eine Multimedia-Version des Koran und ruft plötzlich aufgeregt.: „Hier ist der Beweis, dass die Juden hinterlistig sind.“ Wir sind erstaunt, glauben aber nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für Widerworte gekommen ist.

Die Frage nach unserer Religion beantworten wir mit „Christ“. Damit zeigt sich unser Gastgeber durchaus einverstanden hakt aber nach: „Glaubt Ihr an die Kreuzigung Christi?“ Wir bejahen zögerlich und müssen nun einen längeren Vortrag darüber über uns ergehen lassen, dass Jesus nicht gekreuzigt worden sei, sondern dieser Glaube auf einer Verwechslung beruhe.

Ali interessiert sich sehr für das Leben der Muslime in Deutschland, möchte wissen, ob sie in Deutschland diskriminiert werden, ihre Glauben praktizieren dürfen, etc. Den damaligen Außenminister Joschka Fischer lobt er in den höchsten Tönen, da er auf Seiten der Palästinenser stehe und gegen den Irak-Krieg gewesen sei. Von den Bombenangriffen auf den Irak im März und April 2003 waren auch die grenznahen Regionen Syriens betroffen. Ali berichtet von lauten Bombenexplosionen und berstenden Fensterscheiben. al-Qaim, die nächste größere Stadt im Irak ist etwa 35 Kilometer entfernt.

Usama bin Laden und die Anschläge des 11.September verurteilt Ali. Ideologisch scheint er der wahhabitischen Glaubenslehre nahezustehen. Fünfmal täglich lässte er alles stehen und liegen um zu beten, wann immer es ihm möglich ist, geht er dafür in die Moschee. Die schiitische Glaubenslehre lehnt er wegen ihrer Heiligenverehrung ab.
Ali hofft in Kuwait Arbeit finden zu können. In Syrien seien lukrative Jobs für Universitätsabsolventen praktisch nur für Leute mit Beziehungen zu einflussreichen Stellen erreichbar, klagt er. Wir genießen das reichhaltige Essen, das nach dem Brauch des Propheten auf dem Boden eingenommen wird. Alis Frau, die er 25 Tage zuvor ehelichte, bereitete unter anderem gefüllte Weinblätter, Kartoffeln und Tabbouleh zu.

Plötzlich fragt uns Ali, ob wir wüssten, wie man das rituelle Gebet der Muslime, Salat, vollführt. Er führt es uns vor und bittet uns, es ihm nachzutun. Beim ersten Mal gelingt uns dies noch nicht so ganz aber unser Lehrmeister zeigt es uns noch einmal. Anschließend verkündet er.: “Wenn nachher der Muezzin ruft, begleitet ihr mich zum Nachmittagsgebet in die Moschee.“
Gesagt, getan. Gemeinsam mit Ali gehen wir also in die schmucklose Kleinstadt-Moschee am Rand des Ortes. Natürlich haben wir uns zuvor der rituellen Waschung unterzogen. Auf dem Weg zum Gotteshaus erklärt uns Ali, dass zunächst jeder für sich bete bevor der Imam die Gemeinde zum gemeinschaftlichen Gebet versammelt.

In der Moschee zeigt uns Ali seinen Schwager sowie seinen Schwiegervater – man meint zu erahnen wo die Heirat beschlossen wurde. Wir beten also zunächst jeder für uns – machen als im Prinzip all das, was Ali auch macht. Als dann der Imam die Gebetsnische betritt versammeln sich die etwa 50 Gläubigen in einer Reihe, so dass sich die Schultern beruhen. Nach knapp 5 Minuten, einigen Verbeugungen gen Mekka und zahlreichen gemurmelten „Allahu Akbar“s ist das Gebet beendet.
Ali ist sichtlich stolz auf uns.

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´Früchte des Zorns´: 10 Jahre nach dem Massaker von Qana

Die libanesische Öffentlichkeit hat heute der 102 zivilen Opfer gedacht, die vor genau zehn Jahren bei einem israelischen Angriff auf das Hauptquartier des fidschianischen UN-Bataillons getötet wurden.
Im März 1996 hatten sich die Kämpfe im Südlibanon zwischen der schiitisch-libanesischen Widerstandsgruppe Hizbullah und der israelischen Armee verschärft. Eine 1993 ausgehandelte Waffenruhe endete, als beide Parteien gegen Inhalte eines beiderseitigen Abkommens verstießen, das sowohl Angriffe der Hizbullah auf israelisches Staatsgebiet als auch Attacken auf libanesische Territorien außerhalb der von Israel geschaffenen "Sicherheitszone" im Südlibanon verurteilte.
Am 11. April forderte die libanesische Vasallenmiliz der israelischen Armee, die "South Lebanese Forces",über ihren Rundfunk Bewohner aus 44 Dörfern im Südlibanon auf, das Gebiet innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Gleichzeitig startete Israel unter der Bezeichnung "Früchte des Zorns" einen 17tägigen Feldzug im Libanon, der mindestens 154 zivile libanesische Opfer forden sollte . Artillerie-, Luft- und Seestreitkräfte bombardierten neben Stellungen im Südlibanon auch Ziele in den großen Küstenstädten des Landes. Währenddessen beschoss die Hizbullah fortlaufend den Norden Israels mit Katyusha-Raketen, ohne dabei allerdings zivile Opfer zu verursachen.
Laut einer Sprecherin der Vereinten Nationen beantwortete die Hizbullah am 18. April israelischen Attacken mit Mörsergranaten, die 300 Meter entfernt vom Gelände des fidschianischen Bataillons der UNIFIL-Truppen abgefeuert wurden. 15 Minuten später wurde das Gebiet von israelischen Panzerhaubitzen bombadiert. 102 der Zivilisten, die ihre umliegenden Dörfer verlassen hatten und sich auf das deutlich erkennbare und somit vermeintlich sichere Gelände der UNIFIL-Truppen geflüchtet hatten, starben bei dem Angriff.
Nach weiteren zehn Tagen endete die Operation "Früchte des Zorns" nach einer neuen schriftlichen »Vereinbarung« zwischen den kriegführenden Parteien, die Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung und die Einrichtung einer Überwachungsgruppe, bestehend aus Vertretern der Vereinigten Staaten, Frankreichs, Syriens, des Libanon und Israels, vorsah. Neben 154 zivilen Opfern mussten ca. 300 000 Menschen aus dem Süden des Libanon flüchten. Das offizielle Ziel der Operation, die militärische Zerschlagung der Hizbullah, wurde nicht verwirklicht.
Die israelische Regierung unter Shimon Peres erklärte indessen, der Angriff bei Qana habe nicht dem UN-Gelände, sondern der nahe gelegenen Stellung der Hizbullah gegolten und die israelische Kampfeinheit habe aufgrund "fehlerhafter Daten" irrtümlich das UN-Gelände anvisiert.
Eine von den Vereinten Nationen veranlasste Untersuchung der Vorfälle kam zu folgendem Ergebnis:"Während die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, so ist es unwahrscheinlich, dass der Beschuss des Geländes der Vereinten Nationen das Resultat grober technischer und/oder verfahrenstechnischer Fehler war.

Montag, 17. April 2006

Iran: Zahl der HIV-Infizierten steigt durch wachsenden Drogenkonsum


Im Iran steigt die Zahl der HIV-Infizierten rapide an. Als Hauptgrund hierfür macht das Gesundheitsministerium in Teheran die Benutzung nicht desinfizierter Nadeln durch Drogenabhängige verantwortlich.
Mohammad Mehdi Gooya, Sprecher des Ministeriums erklärte heute gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur ISNA 70000 der etwa 68 Millionen Iraner seien mit dem Immunschwächevirus infiziert. Die Anzahl der "regelmäßigen Drogenkonsumenten" gab er mit etwa 3,7 Millionen an. 64,3 % der HIV-Infizierten seien Drogenabhängige. Die übergroße Mehrheit von ihnen, knapp 95% seien Männer.
Der Anteil der Junkies im Iran steige jährlich um etwa 8% teilte Gooya weiter mit. Etwa 137000 Iraner würden intravenös Drogen konsumieren.
Zum prozentualen Anstieg der HIV-Infizierten im Iran machte das Gesundheitsministerium keine Angaben, allerdings wurde ihre Zahl inoffiziell bislang mit etwa 20000 angegeben, wodurch sich nun ein deutlicher Anstieg abzeichnet. Auch erklärte die Behörde nicht, bei wie vielen Iranern die Immunschwächekrankheit AIDS bislang ausgebrochen sei. Ebenso wenig gab Gooya bekannt, woher die aktuellen Zahlen stammten.

Freitag, 14. April 2006

Libyen: Lionel Richie und José Carreras bei Gedenkfeiern zu US-Luftschlägen vor 20 Jahren

Trotz der jüngsten Annäherung an die USA plant Libyen für dieses Wochenende aufwändige Gedenkfeiern für die amerikanischen Bombenangriffe auf libysche Städte vor 20 Jahren. Unter anderem sollen morgen der US-Soul-Star Lionel Richie und der spanische Tenor Jose Carreras in den frühen Morgenstunden in der Hauptstadt Tripoli auftreten - exakt 20 Jahre nach den Luftangriffen der USA, bei denen mindestens 40 Menschen getötet wurden.

Das Informationsministerium erklärte gegenüber Agence France Presse (AFP) : "Ein großes Festival ist nahe der Residenz unseres Führers Moammar Gadhafi geplant, wo seine Adoptivtochter Hana durch den US-Angriff getötet wurde. Künstler aus den Vereinigten Staaten und Europa werden teilnehmen um der Welt die Botschaft zu überbringen, dass die Kunst Völker vereinen kann, die von der Politik getrennt wurden und um ihr Bedauern für die Taten ihrer Regierungen zu bekunden." In Erinnerung an Gadhafis getötete Tochter werden die Feierlichkeiten "Hana-Festival für Frieden und Freiheit" heißen.
Der Startschuss hierfür soll um 2 Uhr 30 morgens fallen, genau zu jenem Zeitpunkt an dem die Luftangriffe, von den Amerikanern "Operation El Dorado Canyon" genannt, auf Tripoli und Benghazi begannen - als Vergeltung für den Bombenanschlag auf die von GIs besuchte West-Berliner-Diskothek "La Belle", für den libysche Agenten verantwortlich gemacht wurden.

Nach Angaben der libyschen Staatsführung sollen neben Richie und Carreras weitere 65 Stars aus westlichen Staaten auftreten - zusammen mit Künstlern aus der Arabischen Welt wie etwa dem ägyptischen Sänger Mohammad Munir. Auch ein Film mit dem Titel "Der Widerstand gegen den Angriff" soll erstmals gezeigt werden. Daneben soll in den kommenden Tagen eine Konferenz zum Thema "Der US-Angriff, seine Konsequenzen und das Recht der Libyer auf Entschädigung und Entschuldigung" abgehalten, zu der auch westliche Akademiker eingeladen wurden.

Anders als die iranische Regierung oder der Irak unter Saddam Hussein hat Libyen, das einst auch zur "Achse des Bösen" gezählt wurde, in den vergangenen 5 Jahren einen pragmatischen Kurs eingeschlagen und sein Streben nach Massenvernichtungswaffen offiziell eingestellt. Seit Juni 2004 unterhält Tripoli wieder offizielle diplomatische Beziehungen mit Washington.
Dennoch hat Gaddafi dem amerikanischen Ex-Präsidenten Ronald Reagan persönlich die Bombenangriffe nie vergeben. Nach dessen Tod 2004 äußerte er sein Bedauern darüber, dass Reagan nun nicht mehr für "seine Verbrechen gegen die Kinder Libyens" zur Verantwortung gezogen werden könne.

Donnerstag, 13. April 2006

Libanon: Gedenken an Kriegsvermisste

Unter der Schirmherrschaft der Lebanese Association for Human Rights (LAHR) gedachten libanesische Familien heute in Beirut dem Schicksal ihrer im Bürgerkrieg verschleppten und vermissten Angehörigen.
Ist die Zahl der westlichen Geiseln im von 1975-1990 wütenden Konflikt noch weitgehend bekannt, so liegen für die libanesischen Opfer kaum Erhebungen vor. Bis zu 20.000 Libanesen, so schätzt man, wurden Opfer von Entführungen, von den meisten fehlt jede Spur. In der Zeit syrischer Bevormundung blieb die Aufklärung dieser Verbrechen naturgemäß aus. Inzwischen avancierte das Schicksal der Kriegsvermissten jedoch zu einer Hauptforderung (vorwiegend) anti-syrischer Politiker.
Das Datum der Veranstaltung hat ebenfalls einen gewichtigen symbolischen Anknüpfungspunkt: den "offiziellen" Beginn des Bürgerkrieges am 13. April 1975, auf dessen langfristige Folgen Waddad Halwani, Sprecherin des Kommittees für gekidnappte und vermisste Libanesen, eindringlich hinwies:
"Wir können nur gesunde Beziehungen zu Syrien haben, wenn der Internierung libanesischer Bürger ein Ende gesetzt wird." Unabdingaber sei dafür allerdings auch die Kooperation der libanesischen Führung, der Halwani offen Untätigkeit vorwirft. Sinnbildlich hierfür sei die Tatsache, dass ein extra eingesetztes syrisch-libanesisches Kommittee, welches die letztes Jahr bei Anjar gefundenen Massengräber (direkt neben dem syrischen Geheimdiensthauptquartier) untersuchen sollte, bisher immer noch keine Ergebnisse liefern konnte.
Syrien bildet jedoch nicht den einzigen Angriffspunkt der Veranstaltung. Explizit appellierte Halwani auch an das Schicksal von Israel verschleppter Libanesen. Eben darin könnte auch der Erfolg der neuerlichen Initiative liegen, denn sowohl anti-syrische wie anti-israelische (vor allem Hizbullah) Kräfte werden so angesprochen und könnten in dieser Frage ihren Willen zur "nationalen Versöhnung" präsentieren.
Dennoch, eine wahre Aufarbeitung der Vermisstenproblematik kann nicht nur auf die äußeren Regionalmächte Syrien und Israel zielen. So wie im Krieg vorrangig Libanesen gegen Libanesen kämpften, so gingen auch zahlreiche Entführungen auf das Konto libanesischer Milizen jeglicher Konfession, von denen einigen, wie den maronitischen Lebanese Forces oder der drusische PSP, der Einstieg in die libanesische Nachkriegspolitik gelang. Daher sind besonders sie in der Pflicht, ihre Vergangenheit endlich kritisch aufzuarbeiten.

Sonntag, 9. April 2006

UN-Sonderermittler Brammertz trifft Syriens Staatschef Assad

Serge Brammertz, Chef des UN-Ermittlerteams im Mordfall Rafiq Hariri wird sich heute in Damaskus mit Syriens Präsident Baschar al-Assad treffen, kündigten "Justizquellen" gegenüber der Beiruter Zeitung "Daily Star" an. In einem Telefoninterview mit dem Blatt erklärten die Informanten außerdem, dass der Belgier des weiteren mit Syriens Vize-Präsident Farouq al-Sharaa, sowie mehreren namentlich nicht genannten "Offiziellen" zusammenkommen werde.

"Er erwartet Antworten hinsichtlich neu gefundener Beweise und kürzlich gesammelter Informationen", zitiert "Daily Star" die Quellen.
Unter Berufung auf Informanten aus dem Umfeld des syrischen Präsidenten berichtet die libanesische Zeitung "al-Nahar", dass Treffen zwischen Assad und Brammertz sei "ein gewöhnlicher Empfang, der Teil des normalen Besucherempfangs des Präsidenten ist. Assad wird Brammertz über die neuesten Entwicklungen des syrisch-libanesischen Beziehungen unterrichten."

Seit seiner Amtsübernahme vom deutschen Detlev Mehlis im Januar, reiste der belgischer Ermittler bereits zwei Mal nach Syrien, wo er unter andrem mit mehreren Beamten des Außenministeriums und Vize-Präsident Scharaa zusammentraf. Im März hatt er gegenüber dem UN-Sicherheitsrat angekündigt, im April mit Baschar al-Assad reden zu wollen.
Gegenwärtig befinden sich sechs Hauptverdächtige im Mordfall Hariri in libanesischer Haft, darunter die Ex-Chefs mehrerer Geheimdienste und der Präsidentengarde. Ein von Mehlis erstellter Zwischenbericht kam zu dem Schluss die Beschuldigten hätten, wahrscheinlich auf Befehl aus Damaskus, das Attentat auf Hariri am 14.2.2005 initiiert.

Samstag, 8. April 2006

Saudi-Arabiens Jugend wird gewalttätiger

Gewalttaten Jugendlicher sind nicht nur ein Problem in europäischen Metropolen und ihren Vorstädten - auch im streng islamischen Königreich Saudi-Arabien steigt die Kriminalrate unter jungen Männern. Besonders die Religionspolizei, Muttawain, die über die Einhaltung der Sitten wacht, wird in letzter Zeit häufig Ziel von Übergriffen. Jüngst sorgte ein Vorfall in der Stadt Yanbu für Aufsehen, wo eine Gruppe Jugendlicher mehrere Sittenpolizisten angriff, um sich Zugang zu einem nur für Familien zugelassenen Park zu verschaffen. Einer der Angreifer schlug einem Muttawa auf den Hinterkopf woraufhin dieser das Bewusstsein verlor, berichtete die Zeitung "al-Riyadh". Auch in der Hauptstadt mussten in den vergangenen Wochen mehrfach Religionspolizisten nach tätlichen Angriffen in Krankenhäuser eingeliefert werden.

Die Zeitungen in Saudi-Arabien berichten ausführlich von diesen Vorfällen und betonen die Notwendigkeit dieser Instituion, die mit dem koranischen Grundsatz: "Das Gute gebieten und das Schlechte verbieten", begründet wird. "Die Kommission existiert um Menschen mit bösen Absichten daran zu hindern, ihre kranken Bestrebungen umzusetzen und die Gesellschaft zu verletzen,", erklärte etwa Nora Al Saad in einem Leitartikel für "al-Riyadh". Sie macht westliche Filme und TV-Sender für die Gewaltausbrüche unter männlichen Jugendlichen im saudischen Königreich verantwortlich.

Auch Tankstellenüberfälle sind im größten Ölförderland der Welt ein neues Phänomen. In Taif haben in der vergangenen Woche laut "al-Madina" vier Männer das Auto eines Polizisten gestohlen und mit diesem mehrere Tankstellen und Privathäuser überfallen.
"Ich bin optimistisch, dass die Behörden ihre Zeit darauf verwenden diese Bedrohung zu kontrollieren" ao al-Saad weiter gegenüber "Khaleej Times","Es ist sehr wichtig eine Lösung dafür zu finden, bevor sich diese Kriminalität in andere Städte ausbreitet und die öffentliche Sicherheit weiter in Frage stellt."

Donnerstag, 6. April 2006

Historische Wahlen für Kuwaits Frauen

Es war nur eine Nachwahl für das Regionalparlament, und gewonnen hat sie zudem auch nicht, dennoch wertet Jenan Bushehri gegenüber AFP das Ergebnis als Erfolg: "Ich bin sehr stolz darauf ein Teil der neuen Ära in Kuwait zu sein, die Frauen an Wahlen teilnehmen sieht."Seit der historischen Abstimmung im kuwaitischen Parlament im Mai 2005 besitzen Frauen erstmals in der Geschichte des Landes das aktive und passive Wahlrecht. Eigentlich sollte die Regelung erst bei den nächsten Parlamentswahlen 2007 zum Tragen kommen. Nachdem aber der Abgeordnete für den Distrikt Salmiya (ca. 15 km südlich der Hauptstadt) im Zuge der Regierungsumbildung (alsharq berichtete) zum Umweltminister berufen wurde, blieb sein Sitz vakant und stand nun erneut zur Wahl.Immerhin 1.807 von insgesamt 10.646 Stimmen konnte Bushehri schließlich auf sich vereinen.

Ihr Erfolg kommt nicht von ungefähr: Mit 33 Jahren kann die Ingeneurin bereits einen Masterabschluss vorweisen, arbeitet in der Kommunalverwaltung und hat zwei Kinder. Zudem, und das macht sie zu einer doppelten Aufsteigerin, entspringt sie der diskriminierten schiitischen Minderheit Kuwaits.Dass ihre Erfolgsaussichten trotz alledem schon im Voraus sehr beschränkt waren, sagt einiges über die Hemmnisse im Reformprozess des Landes aus: Denn der Gewinner der Nachwahl mit 5.436 Stimmen, Scheikh Yusuf Al-Suwaila, konnte sich der Unterstützung seiner beduinischen Klienten des Awazim-Stammes sicher sein.

Für die kuwaitische Führung ist die Nachwahl nicht nur ein Test für die nächsten Parlamentswahlen, sondern auch eine Gelegenheit ihren gesellschaftspolitischen Reformwillen zu präsentieren. "Wir sind stolz Frauen in Wahlen teilnehmen zu sehen, und hoffen sie werden sich in allen gesellschaftlichen Feldern derart betätigen können" äußerte etwa der anwesende Premier Muhammad Al-Ahmad Al-Sabah. Bei der Stimmabgabe selber wurden übrigens Männer und Frauen strikt getrennt - ein Zugeständnis an die starke islamistische Fraktion.Mindestens fünf Frauen haben bereits ihre Teilnahme an den nächsten Wahlen angekündigt und auch die Zahl der registrierten Wählerinnen wurde im Januar vom Innenministerium von 195.000 auf 334.000 erhöht.

Die Wahlrechtsreform ist sicherlich ein positiver Schritt, denn nur so kann der kuwaitische Staat das Potenzial nutzen, das er seinen Frauen durch exzellente Bildungsmöglichkeiten gegeben hat, ausnutzen. Der Widerstand der Islamisten konnte durch einige Zugeständnisse relativ leicht überwunden werden, in jedem Fall ist die Macht der Geistlichen wesentlich geringer einzuschätzen als beispielsweise in Saudi-Arabien, wo ähnliche Projekte viel stärker beeinträchtigt werden. Dennoch kann die Wahlrechtsreform in Kuwait nur eine erste sein: Denn knapp einer Million Einheimischer stehen im Golfstaat knapp zwei Millionen Immigranten, meist Gastarbeiter aus Süd- und Südostasien, gegenüber, denen bisher jegliche Partizipation im politischen Prozess verwehrt wurde.

Irak: Regierungsbildung verzögert sich weiter - eine Presseschau

In der Medienlandschaft das Nahen und Mittleren Osten wächst der Unmut über die schleppende Regierungsbildung im Irak. Im Dezember wurde gewählt - eine neue Regierung ist noch immer nicht in Sicht. Hierfür machen Zeitungen in der Arabischen Welt und dem Iran zum einen den amtierenden Premierminister Ibrahim al-Jaafari verantwortlich. Zum anderen wird die andauernde Besatzung des Kandes durch die Koalitionstruppen als Hinderungsgrund für eine funktionierende Demokratie betrachtet.
Hier einige Pressestimmen.:

  • "al-Sharq al-Awsat", London:

Ibrahim al-Jaafari hat den Irak in eine neue Ära geführt und jetzt ist es Zeit für ihn zu gehen, bevor er selbst zum Problem wird. Wenn er nicht geht, könnte er einen Konflikt zwischen den politischen Parteien innerhalb und außerhalb des Parlaments entfachen. Sollte Jaafari mit der Unterstützung seiner Partei an der Macht bleiben, würden die Irakis gespalten.

  • "az-Zaman", Irak:

Ist denn alles zur Geisel unserer Parteien und den Stimmungen, Hassgefühlen und Ressentiments ihrer Führer geworden? Gibt es denn kein Band, das den Irak einigen könnte außer das der Loyalität zu Mitgliedern der eigenen Partei? Haben wir, das irakische Volk, nicht das Recht, zu rufen, dass wir genug haben von der alptraumhaften Kette missglückter Abenteuer, die uns in den vergangenen drei Jahren auferlegt wurden?

  • "al-Akhbar", Ägypten:

Es scheint, als ob Washingtons Geduld angesichts des politischen Vakuums und der Unstimmigkeiten über die Regierungsbildung am Ende ist. So eilten Condoleezza Rice und Jack Straw nach Bagdad um die Krise einzudämmen und einen anderen schiitischen Kandidaten an Stelle von Jaafari zu nominieren, der von Sunniten und Kurden abgelehnt wird.

  • "al-Dustur", Jordanien:

Die wahren Entscheidungen werden vom US-Besatzer und seinem britischen Partner gefällt. Die Außenminister beider Staaten reisen nach Bagdad um eine irakische Regierung zu erzwingen. Das größte Scheitern der US-Politik ist die Sonnenfinsternis der Demokratie, jener Demokratie die Präsident Bush im Irak als Model für die Araber schaffen wollte. Die Realität ist, das Bushs Politik gescheitert ist.

  • "Keyhan", Iran:

Die Besatzer sind das Haupthindernis für die Errichtung eines demokratischen Systems im Irak. Die Besuche britischer und amerikanischer Offizieller zeigen, dass sie nicht die Krise beherrschen, sondern sich selbst in einer kritischen Situation befinden.

Mittwoch, 5. April 2006

Israel: "Iran errichtet Frontlinie im Südlibanon"

Der Iran hat nach Angaben hochrangiger israelischer Armeekommandeure im Südlibanon ein hochentwickeltes Spionagenetzwerk errichtet, um im Falle einer militärischen Konfrontation um das iranische Atomprogramm Ziele in Nordisrael zu identifizieren. Wie es aus Armeequellen heißt, habe der Iran zig Millionen Dollar investiert, um der Hizbullah beim Aufbau eines Netzwerks aus Kontrolltürmen und Überwachungsstationen entlang Israels Grenze mit dem Südlibanon zu helfen, berichtet die britische Zeitung „The Daily Telegraph“. Einige Wachtürme, so das Blatt weiter, seien aus verstärktem Beton und mit kugelsicherem Glas versehen. Sie befänden sich weniger als 100 Meter von israelischen Armeeposten entfernt.

„Das ist jetzt Irans Frontlinie mit Israel“, wird ein hochrangiger israelischer Militär zitiert, „Die Iraner benutzen die Hizbollah, um uns auszuspionieren und Informationen für zukünftige Angriffe zu sammeln. Und es gibt sehr wenig, was wir dagegen unternehmen könnten.“
Die Hisbollah war nicht bereit gegenüber der libanesischen Zeitung „The Daily Star“ zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. In der Tat dürften diese Anschuldigungen der „Partei Gottes“ ungelegen kommen, schließlich häuften sich in den vergangenen Monaten die Stimmen libanesischer Politiker, die ihr vorwarfen, syrische und iranische Interessen in der Region zu vertreten.

Nach Angaben der namentlich nicht genannten israelischen Militärkommandeure habe die Schiiten-Miliz ihre Aktivitäten im Südlibanon seit dem syrischen Rückzug vor knapp einem Jahr weiter verstärkt. Außerdem würden regelmäßig Teams der iranischen Revolutionsgarden, Pasdaran, in den Süden des Zedernstaates reisen, um Kämpfer der Hisbullah zu trainieren. Woher diese Informationen stammen, wollten die Israelis nicht sagen.
Bei einigen israelischen Generälen entsteht offenbar der Eindruck, der Iran nutze vorsätzlich das Machtvakuum, das durch den syrischen Abzug entstand, um seine Machtposition an Israels Nordgrenze auszubauen. Gegenüber dem Telegraph geben einige Militärs offen zu, den schwindenden Einfluss Syriens auf die Hizbollah zu vermissen. „Als die Syrer im Libanon waren, war es einfach für uns die Hisbollah zu kontrollieren.“, so ein Kommandeur im Norden Israels, „Wenn die Spannungen zu groß wurden, konnten wir Druck auf Damaskus ausüben und die Syrer handelten schnell um die Lage zu beruhigen.“

Dienstag, 4. April 2006

Fußball in Aleppo: Ein Spiel dauert länger als 90 Minuten

Wie ein Fußballspiel in Syrien in einem Zusammenstoß mit der Staatsmacht endete….

Natürlich gehört zu einer Reise nach Syrien auch der Besuch eines Fußballspiels. Zwar belegt die Nationalmannschaft in der FIFA-Weltrangliste nur Platz 89 und liegt damit noch hinter Fußballmächten wie Oman oder Panama, doch erfreut sich das Spiel unter den Syrern einer großen Beliebtheit. Die Spiele der großen europäischen Ligen und der Champions-League werden von arabischen Satellitensendern ebenso übertragen wie die Partien der heimischen Liga. Täglich erscheint in Syrien die Sportzeitung „ar-Riyadiyya“, die über nationale und internationale Sportereignisse berichtet. Aus dieser erfahren wir bei unserem Besuch im vorigen Jahr auch vom Spiel zwischen „al-Ittihad“ aus Aleppo und den Gästen von „al-Wahda“ aus der Hauptstadt Damaskus.

Per Omnibus machen wir uns auf den Weg und erreichen das Stadion „al-Hamdaniya“ weinige Minuten vor Anpfiff. Vor dem Stadion verkaufen Händler neben den obligatorischen Sonnenblumenkernen auch Schawarma, das schon geraume Zeit in der Mittagssonne verbracht hat, sowie selbstgestrickte Stirnbänder des aleppiner Vereins „al-Ittihad“, Stückpreis 5 Cent.
Sicherheitskontrollen am Eingang finden praktisch nicht statt.

Der fünffache Meister und Tabellenführer, dessen Name übersetzt soviel wie „Eintracht“ oder „Union“ bedeutet, empfängt an diesem Nachmittag den Titelverteidiger „al-Wahda“ (Einheit). Das Stadion scheint mit vielleicht 12000 Zuschauern nahezu ausverkauft, die in rot gekleideten Heimfans säumen besonders die Tribüne an der Gegengeraden. Auch aus der Hauptstadt haben sich schätzungsweise 500 Anhänger in Bussen auf die knapp 5 Stunden lange Fahrt nach Aleppo gemacht. Frauen sucht man im ganzen Stadion übrigens vergebens, auch wenn ihnen der Zutritt natürlich gestattet ist.

Zu Beginn des Spiels peitschen die Fans ihr Team lautstark aber friedlich nach vorn und die Gastgeber sind in der Tat hoch überlegen. Folgerichtig geht „al-Ittihad“ wenige Minuten vor dem Pausenpfiff mit 1:0 in Führung. Der Jubel ist riesig und in Sprechchören lässt das Publikum den Torschützen, einen dunkelhäutiger Stürmer namens Ali, hochleben. Doch im Gegenzug fällt der Ausgleich und das Spiel geht beim Stand von 1:1 in die Pause.

Nun finden die Umstehenden ausreichend Gelegenheit uns über die neuesten Entwicklungen im deutschen Fußball zu unterrichten. Immer wieder bekomme ich das Ergebnis der kurz zuvor ausgetragenen Champions-League-Partie zwischen Olympique Lyon und Werder Bremen präsentiert: „sitta wa ithnain, 7:2“. Außerdem kommen ständig Getränkeverkäufer durch die Reihen, die Coladosen verkaufen, die durch Eis-Brocken gekühlt werden, die später noch eine Rolle spielen sollten.

Die zweite Hälfte beginnt wie Halbzeit Eins. „al-Ittihad“ erspielt sich eine Torchance nach der nächsten doch Ali trifft selbst aus 4 Metern nicht das leere Tor. Die Zuschauer quittieren dies mit entgeisterten „Ya Allah, ya Allah“-Rufen und starren ungläubig gen Himmel. Etwa 10 Minuten vor Abpfiff macht das Hauptstadtteam aus heiterem Himmel das 2:1. Mit einem Schlag wird es um uns herum ganz ruhig, nur die Gästefans sind noch zu hören. Kinder um uns herum brechen in Tränen aus.

Dann, es läuft schon längst die Nachspielzeit, erzielen die Roten aus Aleppo doch noch den hoch verdienten Ausgleich – der Jubel kennt keine Grenzen, das Stadion bebt in seinen Grundfesten. Und noch immer lässt der Schiedsrichter nachspielen. In der 6. oder 7. Minute der Nachspielzeit plötzlich Rudelbildung am Strafraum von „al-Wahda“. Schemenhaft ist zu erkennen, dass sich einige Spieler prügeln und der Schiedsrichter hilflos Karten verteilt.

Auf einige Fans wirkt dies wie eine Initialzündung. Wie auf Kommando verlassen sie ihre Plätze und stürmen aufs Feld. Die Sicherheitskräfte wirken heillos überfordert und schwingen etwas überfordert mit ihren Schlagstöcken. Einige Fans bewerfen die Polizisten mit den Eisbrocken, die eigentlich für die Kühlung der Getränke gedacht waren. Unbeschwert nehmen die Beamten die kiloschweren Geschosse auf und werfen sie wahllos zurück in die Zuschauermenge. Die Spieler und Schiedsrichter versuchen heil in die Katakomben des Stadions zu fliehen, werden aber auf dem Weg dorthin einem wahren Bombardement an Gartenstühlen, die als Sitze im VIP-Bereich des Stadions dienten, ausgesetzt. Das syrische Fernsehen, das das Spitzenspiel live zeigt, hat die Übertragung zu diesem Zeitpunkt schon längst abgebrochen.

An den Stadionausgängen herrscht großes Gedränge, Väter mit ihren Söhnen versuchen dem Chaos schnell zu entkommen. Nach einigen Minuten hat sich der Ansturm auf die Ausgänge zwar gelegt, doch benutzen nun Jugendliche die Ausgänge als Schutz um von dort aus Steine auf die Polizisten auf dem rasen zu werfen. Wir decken notdürftig unsere Köpfe mit den Rucksäcken und sprinten durch den Ausgang, passiert ist uns nichts. Auf den umliegenden Straßen herrscht ebenfalls Chaos. In knapp hundert Meter Entfernung hat die Polizei ein Tränengas-Geschoss gezündet, beißender Rauch macht sich breit. Einige Männer stehen mit blutenden Kopfwunden am Straßenrand.
Wie wir am nächsten Tag aus „al-Riyadiyya“ erfahren haben sich einige Fans noch zwei Stunden nach Schlusspfiff Kämpfe mit Gästefans und Polizei geliefert. Vielen Jugendlichen dienen Fußballspiele wie diese offenbar als willkommenes Vehikel um angestauten Frust über Repressionen an der syrischen Staatsmacht in Gestalt von Polizisten abzulassen.

Übrigens konnte „al-Ittihad“ seine Tabellenführung bis zum Schluss behaupten und wurde schließlich zum 6.Mal syrischer Meister. „al-Wahda“ landete schließlich auf Rang 3.

Montag, 3. April 2006

Ägyptens Großmufti erklärt Statuen für unislamisch


Ein von Ägyptens Großmufti Shaikh Ali Gomaa erstelltes Rechtsgutachten, dass die Ausstellung von Statuen verbietet, schürt Ängste vor Angriffen auf die Kulturstätten des Landes. Gomaa, die höchste religiöse Autorität Ägyptens erklärte in der vergangenen Woche die Zurschausstellung von Statuen und Bildhauereien sei auf Grundlage der Hadithe (Überlieferungen von Aussprüchen und Taten des Propheten Muhammad) verboten.

Zwar bezog sich diese Fatwa vorrangig auf Statuen in den eigenen vier Wänden und nicht auf Ausstellungsgegenstände in Museen oder an öffentlichen Plätzen, doch verdammte der Rechtsgelehrte Bildhauer und ihre Werke als ganze. Daher fürchten einige Künstler und Intellektuelle, dass das Edikt Fanatiker dazu anstiften könne, die tausenden antiken Statuen aus pharaonischer Zeit zu beschädigen oder gar zu zerstören. Gamal al-Ghitani, Herausgeber des Literaturmagazins Akhbar al-Adab sagte gegenüber "al-Jazeera".: "Wir können nicht ausschließen, dass jemand in den Karnak-Tempel in Luxor eindringt und ihn auf Grundlage dieser Fatwa in die Luft jagt."

Schriftsteller Ezzat al-Qamhawi fürchtet Gomaas Erlass würde "die Muslime in das dunkle Zeitalter zurückbringen." Der Regisseur Daud Abdul Sayed erklärte, das Gutachten "ignoriert die spirituelle Entwicklung der Muslime seit der Offenbarung des Islam. Es war natürlich, dass sie Statuen im frühen Islam verboten , weil die Menschen sie anbeteten. Aber gibt es Muslime die 15 Jahrhunderte später Statuen anbeten?"
Auch die wichtigste islamistische Oppositionsbewegung Ägyptens kritisierte Gumaas Entscheidung. "Die Menschen sind viel besorgter wegen der Korruption. Sie würden lieber Fatwas sehen, die verbieten, dass die gleichen Leute 25 Jahre an der Spitze des Staates stehen aber keine Fatwas gegen Statuen.", erklärte Issam al-Aryan Sprecher der Muslimbrüder gegenüber AFP.

Unter vielen Intellektuellen macht sich die Furcht breit, dass Fatwas wie diese im Westen den Eindruck verstärken, der Islam sei eine rückwärtsgewandte Religion. Einige , wie etwa Abdul Sayid, vergleichen Gomaas Rechtsgutachten mit einem ähnlichen Edikt, das von den afghanischen Taliban erlassen wurde und zur Zerstörung Jahrhunderte alter Buddha-Statuen in Afghanistan führte. Diese Entscheidung wurde damals von hochrangigen sunnitischen Rechtsgelehrten einhellig verurteilt. Scheich Yusuf al-Qaradawi aber, der wegen seiner TV-Auftritte in arabischen Satelliten-Sendern in der gesamten sunnitisch-islamischen Welt hohes Ansehen genießt, unterstützt das neue Urteil seines ägyptischen Kollegen. "Der Islam verbietet Statuen, die Lebewesen wie Menschen oder Tiere darstellen. Der Islam verbietet alles was zu Heidentum führt oder danach riecht, inklusive der Statuen der alten Ägypter." Die einzige Ausnahme seien Kinderspielsachen.

Sonntag, 2. April 2006

Qatar: Regierung kündigt Parlamentswahlen für Anfang 2007 an


Das Golfemirat Qatar hat angekündigt Anfang kommenden Jahres erstmals in der Geschichte des seit 1971 unabhängigen Staates Parlamentswahlen abhalten zu wollen. Diese Ankündigung machte Vize-Premier und Außenminister Sheikh Hamad bin Jasem Al Thani am späten Samstag Abend in Qatars Hauptstadt Doha. Damit setze die Staatsführung einen wesentlichen Bestandteil der 2004 in einer Volksabstimmung gebilligten Verfassung des Emirats um.

Gleichzeitig betonte Sheikh Jasem dieser Schritt reihe sich ein in die Liste demokratischer Reformen die Qatars Emir Sheikh Hamad bin Khalifa al Thani seit seinem Amtsantritt 1995 eingeleitet habe. Dieser hatte damals in einem unblutigen Putsch, dessen Umstände bislang weitgehend im Dunkeln liegen, seinen Vater Khalifa bin Hamad von seinen Amtsaufgaben entbunden. Zu den von Hamad bin Khalifa eingeleiteten Reformen gehörte eine weitgehend Aufhebung der Zensur, die etwa das Entstehen des pan-arabischen Nachrichtensenders "al-Jazeera" begünstigte.

Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien befindet sich die Macht in dem 800000 Einwohner-Staat in den Händen der Herrscherfamilie al-Thani. Der Emir verfügt bislang über eine faktisch uneingeschränkte Machtfülle, lediglich ein 35-köpfiger Shura-Rat steht ihm beratend zur Seite.
Wie Jasem gestern gegenüber DPA weiter erläuterte, werden die Qataris im nächsten Jahr ein Zwei-Kammern-Parlament bestimmen. Nach einer zehnjährigen "Probezeit" könne dieses System jedoch wieder modifiziert werden. Offen ließ das Herrscherhaus bislang, ob für die Wahlen das Verbot der Gründung politischer Parteien aufgehoben wird.

Samstag, 1. April 2006

Ägypten: Krise der liberalen Opposition spitzt sich weiter zu

Bei Zusammenstößen zwischen den Anhängern des Chefs der Wafd-Partei, Numan Jumaa, und Unterstützern der mit ihm rivalisierenden Fraktionschefs Mahmoud Abaza und Mustapha el-Tawi, ist heute in Ägyptens Hauptstadt Kairo ein Mensch getötet worden.

Zu den Gewalttaten kam es laut "al-Jazeera"-Korrespondent Hussain Abdel-Ghani, nach dem Jumaa und seine Anhänger die Parteizentrale, in der sich Abaza mit Mitarbeitern aufhielt, belagerten und schließlich stürmten. Draufhin hätten Gefolgsleute Abazas das Feuer eröffnet - im Kugelhagel starb der Parteimitarbeiter Mamduh Ibrahim, weitere 27 Menschen wurden verletzt.
Daraufhin richtete sich die Wut der Jumaa-Loyalisten gegen die Anhängerschaft eines weiteren hochrangigen, mit Jumaa rivalisierenden Wafd-Politikers, Mustafa al-Tawi. Dessen etwa 700 Unterstützer seien von bewaffneten Anhängern des Parteichefs beschossen worden. Nach unbestätigten Angaben hat es auch bei diesen Schusswechseln einen Toten gegeben. Die Polizei hat nach Zeugenaussagen den Gewalttaten tatenlos zugesehen ohne diesen ein Ende zu bereiten.
Wie die staatliche ägyptische Nachrichtenagentur Mena unterdessen meldet, wurde der 71-jährige Jumaa mittlerweile festgenommen, nachdem die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen ihn augestellt hatte.

Der Streit um die Führung der traditionsreichen Wafd-Partei begann nach dem schwachen Abschneiden Jumaas bei der ägyptischen Präsidentschaftswahl in September, bei der er hinter Staatschef Hosny Mubarak und Ayman Nour lediglich auf Rang Drei kam. Seither versuchen Abaza und Tawi den alternden Parteichef zum Abdanken zu bewegen. Am Donnerstag scheiterten beide vor Gericht mit einer einstweiligen Verfügung, die Jumaa das Betreten der Parteizentrale verbieten sollte. Der heutige Tag zeigt, dass dieser nicht einmal vor Gewalt zurückschreckt um am Parteivorsitz festzuhalten.
Ägyptens Präsident Mubarak dürfte die Selbstdemontage der ältesten ägyptischen Partei sehr gelegen kommen, zeigt sie doch in den Augen vieler Ägypter die Unfähigkeit der säkularen Opposition sich zu einen und alternative Politikmodelle voranzutreiben. Profitieren dürfte daher neben Mubaraks NDP vor allem eine Gruppe - die Muslimbrüder.