Freitag, 30. November 2007

Golfstaaten diskutieren Dollarschwäche und Sicherheitspolitik

Von Montag an treffen sich die sechs Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrats zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen in Qatars Hauptstadt Doha. Im Mittelpunkt der zweitägigen Tagung der Staatschefs aus Kuwait, Saudi-Arabien, Bahrain, Qatar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman stehen die Themen Sicherheit sowie der Umgang mit dem schwächelnden Dollar, der den Wirtschaftsaufschwung am Golf gefährdet.

Erstmals wird mit Mahmud Ahmedinejad der Präsident des Iran an einem Gipfel des GCC teilnehmen. Diskutiert werden soll etwa die Lage im Irak, sowie der Konflikt um das iranische Nuklearprogramm. Um einer wachsenden internationalen Isolation entgegenzutreten, zeigt sich Ahmadinejad in den letzten Monaten bemüht, bei seinen arabischen Nachbarn Befürchtungen auszuräumen, nach denen der Iran nach der Atombombe strebe. Mit dem gleichen Ziel war der iranische Präsident erst vor zwei Wochen nach Bahrain gereist.

Eine weitere wichtige Rolle bei dem mittlerweile 28.Gipfeltreffen des Golf-Kooperationsrats wird die Währungspolitik der Golfstaaten spielen. Gegenwärtig haben mit Ausnahme Kuwaits alle Golfstaaten den Kurs ihrer Währung fest an den des US-Dollars gekoppelt. Mehr als 90% ihrer Staatseinnahmen erzielen die Länder der arabischen Halbinsel durch ihre Öl- und Gasexporte, für die sie Dollars erhalten. Im Gegenzug investieren sie diese Einnahmen zu einem großen Teil in Europa oder im Fernen Osten. Auf Grund ihrer Bindung an den US-Dollar und dessen Kursverfall gegenüber dem Euro, dem Pfund oder dem Yen, fallen die Öl-Einahmen in diesem Jahr geringer aus als erwartet. Mit dieser Entwicklung einher geht eine gestiegene Inflationsrate.

Als Reaktion darauf beschloss Kuwait im Mai diesen Jahres die starre Bindung des Rials an den Dollar, die lediglich Kursabweichungen bis 3,5% vom Dollarwert vorsah, aufzuheben. Seither orientiert sich der Kurs der kuwaitischen Währung an einem "Währungskorb", in dem mehrere Währungen, darunter vermutlich auch der Euro, enthalten ist.

Finanzanalysten gehen mittlerweile davon aus, dass die anderen Golfanrainer dem Vorbild Kuwaits folgen und die Kopplung an den Diollar aufheben werden. Insbesondere von Qatar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, den beiden Staaten mit der höchsten Inflationsrate, wird ein solcher Schritt erwartet. In Qatar lag die Inflationsrate in den letzten 12 Monaten zwischen 11 und 15%.

Eine negative Folge hat die Dollarschwäche für die Golfstaaten bereits. Die für 2010 geplante Währungsunion mit der Einführung des "Khaleeji" als gemeinsamem Zahlungsmittel ist vorerst auf Eis gelegt, nachdem Oman erklärt hatte die erforderlichen Kriterien nicht zu erfüllen.

Donnerstag, 29. November 2007

Ergebnisse der Annapolis-Konferenz

Palstinenserpräsident Mahmud Abbas und Ehud Olmert haben gestern nach sieben Jahren offiziell wieder Friedensverhandlungen aufgenommen. Das nächste Treffen ist für den 12.Dezember geplant, anschließend wollen sich die beiden Politiker alle 14 Tage treffen, so dass noch vor Ende des Jahres 2008 ein endgültiges Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern geschlossen werden soll.

Bis dahin liegt jedoch ein langer und steiniger Weg vor den Verhandlungspartnern. Die gemeinsame Erklärung von Israelis und Palästinensern, die unter Vermittlung der US-Regierung zu Stande kam geht über bloße Bekundungen des guten Willens und den Verweis auf die längst abgelaufene Roadmap kaum hinaus. Praktisch alle kritischen Fragen, die einer Lösung des Konflikts im Wege stehen bleiben unausgesprochen.

Eine mögliche Teilung Jerusalems, dessen arabischen Ostteil Israel 1980 annektierte und in dem die Palästinenser die Hauptstadt ihres zukünftigen Staates einrichten wollen, wurde aus Rücksicht auf Ehud Olmerts Koalitionspartner nicht in die Erklärung aufgenommen, die andernfalls mit dem sofortigen Rückzug aus der Regierung gedroht hatten.

Ebenso unklar bleibt der Umgang mit den israelischen Siedlungen im West-Jordanland, die das Land in dem der Palästinenserstaat entstehen soll durchschneiden und einen lebensfähigen Staat in der West Bank nach jetzigem Stand unmöglich machen. Damit einher geht die Frage nach dem zukünftigen Grenzverlauf zwischen dem jüdischen und dem arabischen Staat. Die von Israel in den letzten Jahren errichtete "Sperranlage" verläuft an vielen Stellen nicht entlang der Grenzen von 1967 sondern reicht weit in palästinensisches Territorium hinein. Von einem israelischen Rückzug aus den besetzten Gebieten ist in dem Statement nicht die Rede. Es gibt auch keinen Verweis auf die Arabische Friedensinitiative, in der die arabischen Staaten Israel die völkerrechtliche Anerkennung anbieten, wenn sich Israel im Gegenzug aus den besetzten Gebieten zurückzieht.

Auch zu der künftigen Verteilung des Wassers aus dem Jordan und dem See Genezareth, das für die Versorgung des Westjordanlandes mit Trinkwasser und für de Bewässerung der Felder unabdingbar ist, findet sich in der Erklärung nichts konkretes.

Gleiches gilt für die Frage des Rückkehrrechtes für die 1948 aus dem heutigen israelischen Staatsgebiet vertriebenen Palästinenser und ihre Nachkommen - insgesamt sind das heute etwa 4 Millionen Menschen. Sollten die Flüchtlinge das Recht bekommen in ihre Heimat zurückzukehren würde dies die demographischen Verhältnisse in Israel mittelfristig auf den Kopf stellen. Innerhalb weniger Jahrzehnte würden nicht-jüdische Araber die Mehrheit in Israel stellen.

All diese "Kernthemen" sollen nun in den Verhandlungsrunden im kommenden Jahr angegangen und geklärt werden. Damit stehen Olmert und Abbas heute praktisch an dem gleichen Punkt, an dem ihre mittlerweile ermordeten bzw. gestorbenen Amtsvorgänger Yitzhak Rabin und Yassir Arafat standen, als sie am 13.September 1993 ihre Prinzipienerklärung unterzeichneten. Auch damals sollten die ausstehenden Konfliktfelder durch spätere Verhandlungen geklärt werden - mit bekannten Ergebnis.

Etwas vielversprechender sieht die Bilanz hinsichtlich des syrisch-israelischen Konflikts über die Golanhöhen aus. So soll Syrien eine offizielle Einladung zur am 17.Dezember in Paris stattfindenden Konferenz erhalten haben, bei der um Finanzhilfen für den zukünftigen Palästinenserstaat debattiert werden soll. Für Anfang 2008 hat die russische Regierung ein Gipfeltreffen in Moskau terminiert, bei dem die Lösung des Golan-Konflikts im Mittelpunkt stehen soll. Details über mögliche Teilnehmer der Konferenz, die zwischen Februar und April stattfinden soll, liegen hierzu noch nicht vor.

Am Rande des Gipfels in Annapolis kam auch Bewegung in den Konflikt um die libanesischen Präsidentschaftswahl. Offenbar als Folge einer amerikanisch-syrischen Übereinkunft erklärten Vertreter der größten sunnitischen Partei im Libanon gestern ihre Bereitschaft, einer Verfassungsänderung zuzustimmen, die dem gegenwärtigen Armeechef Michel Sleiman den Weg zur Präsidentschaft freimacht. Der Name Sleimans wurde von der libanesischen Opposition mehrfach als Kompromisskandidat ins Spiel gebracht. Gleichwohl reagierten Vertreter der oppositionellen Hizbollah und der Amal-Bewegung gestern zunächst zurückhaltend auf das Angebot des Regierungslagers und machten ihr Votum von der Zustimmung ihres Favoriten auf die Präsidentschaft, Michel Aoun, abhängig.

Montag, 26. November 2007

Syrien in Annapolis - Hintergründe

Einen Durchbruch wird man von der morgen beginnenden Nahost-Konferenz in Annapolis nicht erwarten dürfen, dennoch ist allein schon die Teilnahme Syriens an dem Treffen positiv zu bewerten. Bislang haben sich jedenfalls Israels Ministerpräsident Ehud Olmert, der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas und US-Außenministerin Condoleezza Rice nicht auf ein gemeinsames Papier einigen können, auf dem die Grundlagen für die Verhandlungen im US-Bundesstaat Maryland festgehalten werden sollen.

Vor diesem Hintergrund und der Nichtteilnahme der Hamas ist der größte Erfolg des Annapolis-Gipfels allein die Tatsache, dass sich 16 arabische Staaten mit Israel an einen Tisch setzen. Syrien wird mit einer eher rangniederen Delegation in den USA vertreten sein. Staatspräsident Bashar al-Assad schickt seinen stellvertretenden Außenminister Faisal al-Miqdad zu den Gesprächen nach Maryland.

Zuvor habe Damaskus aus Washington die Zusage erhalten, dass der Konflikt um die von Israel besetzten Golanhöhen Teil der Verhandlungen in Annapolis sein wird. "Auf der Basis der Arabischen Friedensinitiative, internationaler Legitimation, der UN-Resolution 242 und 338, sowie dem Prinzip "Land für Frieden" wird Syrien nach Annapolis kommen um der Welt zu beweisen , dass Syrien Recht hat und dass der besetzte Golan syrisch arabisches Land ist, das zurückgegeben werden muss.", erklärte dazu Informationsminister Mohsen Bilal.

Wirklich überzeugt von einem Erfolg des Gipfeltreffens scheint auch Präsident Bashar al-Assad nicht zu sein. Nach einem Bericht der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA unterstrichen Assad und Irans Ministerpräsident Mahmud Ahmadinejad, dass die anstehende Konferenz in Annapolis "zum Scheitern verurteilt sei." Umso fragwürdiger erscheinen daher Syriens Motive für die Teilnahme.

Der Kommentator der staatlichen syrischen Tageszeitung "Tishreen" schreibt dazu in seinem heutigen Beitrag: "Syrien hat der Teilnahme am Annapolis-Gipfel zugestimmt, ohne Illusionen darüber zu haben, was passieren mag und [Syrien] ist überzeugt, dass Israel keinen Frieden will, denn sie haben die Friedensprozess mehr als sieben Jahre lang entgleisen lassen." Gleichzeitig gehe es Damaskus darum, führt der Kommentator Azzaddin Darwish fort, die Ernsthaftigkeit der amerikanischen Regierung bei den Bemühungen für Frieden auf die Probe zu stellen.

Die in Annapolis anstehenden Gespräche zwischen amerikanischen und syrischen Regierungsvertretern hat sich das Baath-Regime in Damaskus durch eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet, die von Washington positiv bewertet wurden. Jüngst lobte etwa der ranghöchste US-Kommandeur um Irak, General David Petraeus, Syriens Bemühungen den Zustrom ausländischer Kämpfer in das Zweistromland zu stoppen.

Wohlwollend registrierte die US-Regierung zudem eine von Assad und Jordaniens König Abdullah II gemeinsam unterzeichnete Erklärung, in der beide Staatschefs ihre "volle Unterstützung für die palästinensische Autonomiebehörde" bekunden. Dies könnte der erste Schritt der Syrer hinzu einer Abkehr von der Unterstützung für die Hamas bedeuten, deren Politbürochef Khalid Meshaal noch immer in Damaskus residiert.

Ob von dem Nahostgipfel in Annapolis auch ein Ende der engen syrisch-iranischen Beziehungen ausgeht, bleibt von den konkreten Ergebissen der Konferenz abhängig. Syrien ist aber genauso wie die anderen arabischen Staaten allein schon auf Grund der bloßen Teilnahme auf einen irgendwie greifbaren Erfolg des Treffens angewiesen. Andernfalls könnte Iran, dessen Regierungschef noch am Sonnabend erklärte hatte, die Konferenz diene nur dem "zionistischen Regime", am Ende als der große Gewinner dastehen, der sich nicht von Israel und den USA für einen gemeinsamen Fototermin hat erniedrigen lassen.

Freitag, 23. November 2007

Keine Einigung im Libanon - Präsidentenwahl erneut vertagt

Parlamentschef Nabih Berri hat die Präsidentschaftswahl im Libanon auf den kommenden Freitag, den 30.November, verschoben. Mittlerweile ist dies die fünfte Vertagung des Wahltermins. Regierung und Opposition haben sich noch immer nicht auf einen Kompromisskandidaten einigen können, der die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erreichen könnte. Auch ein gestern Abend vom christlichen Oppositionsführer Michel Aoun vorgelegter 6-Punkte Plan, der eine Teilung der Macht vorsieht, wurde von der Parlamentsmehrheit abgelehnt.

Offenbar soll nun zunächst die für den 26.November geplante Nahost-Konferenz in Annapolis abgewartet werden, von der man sich neue Impulse erwartet. Nicht zuletzt setzt man auf Zugeständnisse in Richtung Syrien, die die Wahl eines Konsenskandidaten vereinfachen könnten.

Zuvor hatten sich zur für 13 Uhr Ortszeit geplanten Parlamentssitzung zwar 109 der 127 Abgeordneten der Nationalversammlung im Parlamentsgebäude eingefunden, doch weigerten sich die Oppositionsmitglieder den Plenarsaal zu betreten und verhinderten somit das notwendige Plenum von 86 anwesenden Abgeordneten.

Walid Jumblatt, Chef der zum Regierungslager gehörenden Fortschrittlichen Sozialistischen Partei (PSP) , erklärte im Anschluss an Berris Entscheidung, seine Fraktion sei der Demokratie verpflichtet und strebe die Wahl eines Konsenskandidaten an, der die Souveränität des Libanon anerkennt.

Unklar ist zur Stunde, wer ab Mitternacht das Amt des Präsidenten kommissarisch ausfüllen wird. Gemäß der Verfassung müsste Präsident Emile Lahoud um 24 Uhr sein Amt an Ministerpräsident Fuad Siniora abgeben. Dessen Regierung betrachtet Lahoud jedoch als ungesetzlich, da die Schiiten seit dem Rückzug der Minister, die von den schiitischen Bewegungen Amal und Hizbollah gestellt wurden, nicht mehr im Kabinett vertreten sind. Gemäß dem Nationalen Pakt von 1943 müssen jedoch alle Konfessionen des Landes angemessen in der Regierung repräsentiert werden. Möglich ist daher, dass Lahoud bis auf Weiteres einfach im Amt bleibt, oder Armeechef Michel Suleiman zum Interimspräsidenten ernannt wird.

Unsere Online-Wahl bleibt nun bis zum kommenden Freitag geöffnet.

Donnerstag, 22. November 2007

Neue Initiative zur Lösung der Krise im Libanon

14 Stunden vor Ablauf der Frist zur Wahl eines neuen Präsidenten hat Michel Aoun, Chef der wichtigsten christlichen Oppositionspartei einen neuen Vorschlag zur Lösung des Konflikts zwischen Regierung und Opposition unterbreitet. Dieser 6-Punkte-Plan sieht vor, dass Aoun selbst einen Präsidentschaftskandidaten nominiert, der jedoch nicht aus den Reihen der Opposition kommt und im Gegenzug das Regierungslager den neuen Premierminister, der normalerweise vom Staatspräsidenten bestimmt wird, nominiert. Der neue Regierungschef dürfe jedoch kein Kandidat aus der Mustaqbal-Bewegung, also der stärksten sunnitischen Partei im libanesischen Parlament sein.

Der neugewählte Präsident solle jedoch nur eine Übergangslösung für die nächsten zwei Jahre sein. Nach den nächsten Parlamentswahlen 2009 solle das Mandat des Staatschefs enden und ein neuer Präsident von der Nationalversammlung gewählt werden. Der Interimspräsident müsse dem Memorandum zwischen Aouns FPM, also der stärksten christlichen Fraktion im Parlament, und der schiitischen Hizbollah verpflichtet sein, das die Waffen der Hizbollah auf absehbare Zeit unangetastet lässt. Im Gegenzug habe der von der Parlamentsmehrheit zu kürende Regierungschef die Aufgabe, für die Einrichtung des internationalen Tribunals zu sorgen, das den Mord am ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri und anderen anti-syrischen Politikern aufklären soll.

Die neue Regierung müsse Aouns Appell zufolge eine "Regierung der Versöhnung" sein, in der Regierungslager und Opposition gemäß der Sitzverteilung im Parlament repräsentiert sein sollen. Dies würde bedeuten, dass etwa 55% der Minister vom Regierungslager "14.März" gestellt werden, circa 45% der Kabinettsposten von der Opposition. Jede Seite würde je zwei Ministerien erhalten, über die sie volle Verfügungsgewalt erhalte, ohne dass die Gegenseite ihr Veto gegen Beschlüsse des Ministers erheben könne. Die libanesische Konsensdemokratie sieht vor, dass alle großen Konfessionen des Zedernstaats in der Regierung repräsentiert werden.

Bis zu den nächsten Parlamentswahlen 2009 solle zudem ein neues Wahlgesetz erarbeitet werden.

Michel Aoun erklärte weiter, dass dieses Angebot nur bis morgen 22 Uhr Ortszeit gelte. Eine Stunde später endet die Amtszeit des aktuellen Präsidenten Emile Lahoud offiziell. Ob morgen wirklich ein Wahlgang stattfinden wird ist mittlerweile eher unwahrscheinlich, da eine Lösung des Konflikts trotz des neuen Angebots von Aoun in weiter Ferne liegt. Sozialministerin Nayla Mouawad erklärte heute Nachmittag, sie glaube dass die Wahl erneut verschoben würde.

Es ist zudem äußerst fraglich, dass die Regierungsseite auf den Vorschlag des FPM-Chefs eingehen wird. Aouns Vorschlag hätte nämlich zur Folge, dass die Opposition mehr als ein Drittel der Kabinetssmitglieder stellen und damit die Möglichkeit haben würde ihr Veto gegen Regierungsbeschlüsse einzulegen. Monatelang hatten Anhänger der Opposition für dieses Recht demonstriert, ohne dass die Regieung einlenkte. Inwiefern das Vetorecht durch die Einführung "souveräner Portfolios" ausgehebelt würde ist bislang unklar. Dass das Regierungsbündnis nun jedoch nach fast einem Jahr der Proteste, die in den letzten Monaten deutlich an Entschlossenheit verloren hatten, einlenken wird, scheint gegenwärtig äußerst unwahrscheinlich.

Mehr zum Thema: Beiträge vom 20.November, vom 17.November und vom 12.November

Jordanien: Wahlniederlage für Islamisten

Die islamistische Opposition in Jordanien hat bei den Parlamentswahlen am Dienstag eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Laut dem gestern von Innenminister Eid al-Fayiz vorgelegten amtlichen Endergebnis, konnte die Islamische Aktionsfront (IAF), lediglich 6 Mandate im 110 Abgeordnete zählenden Parlament erringen. Insgesamt hatte die IAF in 22 Wahlkreisen Kandidaten ins Rennen geschickt. Bei den letzten Parlamentswahlen 2003 hatten die Islamisten noch 17 Mandate gewinnen können.

Die große Mehrheit der gewählten Parlamentsabgeordneten sind unabhängige Kandidaten, unter ihnen viele Vertreter von Beduinenfamilien, die König Abdullah gegenüber loyal sind und durch den Zuschnitt der Wahlkreise bevorzugt werden. So reichten zum Beispiel im Wahlbezirk Karak schon etwas mehr als 1000 Stimmen um ins Parlament einzuziehen, während Kandidaten in der Hauptstadt Amman mitunter fast 15000 auf sich vereinigen mussten um gewählt zu werden. Mit dieser ungleichen Verteilung wird versucht, die Zahl islamistischer Abgeordneter, die etwa in den Vorstädten Ammans ihre Hochburg haben, niedrig zu halten. Wohl auch deshalb war die Wahlbeteiligung in der Hauptstadt mit 35% am Niedrigsten. Landesweit gaben 54% der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Im neuen Parlament werden auch 7 Frauen vertreten sein, 6 von ihnen sichteren sich ihren Sitz über die Frauenquote.

Die IAF, die als der politische Arm der Muslimbrüder in Jordanien gilt, beschuldigte die Regierung der Wahlfälschung. Unternehmer hätten Stimmen gekauft und gerade in den letzten Stunden vor Schließung der Wahllokale seien Wählerstimmen manipuliert worden. Die Kandidaten und ihre Anhänger seien zudem daran gehindert worden, die Auszählung der Stimmen zu verfolgen. Innenminster Fayiz wies die Anschuldigungen als übertrieben zurück, gab aber zugleich bekannt, dass 17 Menschen wegen "Beeinflussung das Wahlprozesses" festgenommen wurden. Die USA lobten den Ablauf der Wahl in Jordanien.

Es wird nun damit gerechnet, dass König Abdullah II in den kommenden Tagen einen neuen Ministerpräsidenten ernennen und mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Als Favorit auf den Posten gilt der 61-jährige Nader Dahabi, Chef der größten jordanischen Freihandelszone um die am Roten Meer gelegene Hafenstadt Aqaba.

Dienstag, 20. November 2007

Präsidentenwahl im Libanon - Letzter Versuch am Freitag

Die ursprünglich für morgen geplante Wahl des neuen libanesischen Staatspräsidenten wird offenbar erneut verschoben, da sich Regierung und Opposition noch immer nicht auf einen Konsenskandidaten haben einigen können. Freitag, der 23.November, ist gleichzeitig der letzte Tag in der Amtszeit des aktuellen Präsidenten Emile Lahoud. Sollte bis Freitag 24 Uhr kein Kandidat vom libanesischen Parlament mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden, droht der Libanon im Chaos zu versinken.

Aus der vom Oberhaupt der maronitischen Kirche im Libanon, Patriarch Nasrallah Sfeir, vorgelegten Liste mit bis zu 12 möglichen Präsidentschaftskandidaten sind Gerüchten zufolge nur noch drei Politiker in der engeren Auswahl. Namentlich sind dies Robert Ghanem, der bislang jedoch vom Oppositionsbündnis "8.März" um Hizbollah und die Freie Patriotische Bewegung (FPM) von Michel Aoun abgelehnt werden soll, Michel Edde, dem das Regierungslager "14.März" ablehnend gegenübersteht, sowie der Zentralbankchef Riad Salameh, für dessen Amtsübernahme jedoch die Verfassung geändert werden müsste und gegen den es wohl auch auf Seiten der Parlamentsmehrheit Vorbehalte gibt.

Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner, zeigte sich nach Verhandlungen mit allen wichtigen politischen Gruppierungen enttäuscht vom Stand der Dinge. Besonders überrascht gab sich Kouchner darüber, dass trotz ständiger Beteuerungen der libanesischen Politiker, noch immer kein Konsenskandidat gefunden worden sei. "Jeder sagte, er würde zustimmen. Nun bin ich erstaunt, ist Frankreich erstaunt, dass etwas festgefahren, blockiert, entgleist ist und ich möchte, dass sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist."

Für den Fall, dass bis zum Ende der Woche kein neuer Präsident gewählt ist, drohen dem Land mehrere Szenarien, die nichts Gutes ahnen lassen. Wahrscheinlich ist, dass dann das Regierungslager, das mehr als 50% der Parlamentssitze hält, mit der einfachen Mehrheit einen Kandidaten aus ihren Reihen zum neuen Präsidenten wählt. Dieses Recht steht den Abgeordneten laut Verfassung zu, gleichwohl wäre dieser Fall ein Novum in der Konsensdemokratie des Libanon, in der bislang jedes Staatsoberhaupt mit einer Zwei-Drittelmehrheit gewählt wurde.

Auf keinen Fall würde ein auf diese Weise gekürter Präsident von der libanesischen Opposition anerkannt werden. Möglich ist, dass der aktuelle Präsident Emile Lahoud, der auf Seiten der libanesischen Opposition steht, einfach im Amt bleibt oder Armeechef Michel Sleiman als Interimspräsident einsetzt. Zusammenstöße zwischen bewaffneten Anhängern der beiden Lager sind in diesem Fall äußerst wahrscheinlich. Der zur Opposition gehörende drusische Politiker Wiam Wahhab zeigte auf einer Pressekonferenz erst heute Bilder, die mutmaßliche Ausbildungslager für Milizen der Regierungsparteien zeigen sollen.

Wie sich die libanesische Armee infolge einer Etablierung zweier Parallelregierungen verhalten wird bleibt abzuwarten. Ihr Oberbefehlshaber Michel Suleiman rief die Soldaten anlässlich des am Donnerstag bevorstehenden Nationalfeiertages im Gedenken an die Entlassung aus dem französischen Mandat am 22.November 1943 auf, die nationale Einheit zu bewahren.: "Das Heimatland steht auf dem Spiel und ihr seit die Beschützer der Nation."

Die Internetwahl des Präsidenten in der Sidebar oben rechts wird bis Freitag 9 Uhr MEZ verlängert.

Montag, 19. November 2007

Irak: Fortschritte und Schwierigkeiten

In weiten Teilen des Irak hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten verbessert. Zwar sind Anschläge gerade im Großraum Bagdad noch immer an der Tagesordnung, jedoch nicht mehr in der Häufigkeit wie noch zur Jahresmitte. Auch die Zahl der Todesopfer in den Reihen der US-Armee sank im Oktober auf den niedrigsten Wert seit März 2006. Gegenüber BBC berichten Einwohner Bagdads von einer schrittweisen Entspannung der Lage in ihrer Stadt.

Die Gründe hierfür liegen zum einen in der Aufstockung der US-Truppen auf mehr als 150000 Soldaten seit Jahresbeginn und in der weitgehenden Konzentration der Armeeführung auf die Befriedung Bagdads unter Vernachlässigung anderer Teile des Landes wie etwa des mehrheitlich schiitischen Südens, der der Kontrolle der Koalitionstruppen praktisch vollkommen entzogen ist.

Auch als Folge der gestiegenen amerikanischen Truppenpräsenz verkündete der einflussreiche schiitische Prediger Muqtada al-Sadr im August einen sechsmonatigen Waffenstillstand der von ihm kontrollierten Mahdi-Armee. Sadr konnte sich diese Geste des guten Willens leisten, da seine Miliz viele aus ihrer Sicht wichtige Ziele ohnehin erreicht hat. Weite Teile des Südirak stehen unter ihrer Kontrolle, den Rückzug der britischen Armee aus Basra konnte sie als Erfolg verbuchen. In Bagdad, einer Stadt die vor der US-geführten Invasion mehrheitlich von Sunniten bewohnt wurde, leben Schätzungen zufolge mittlerweile zu 75 bis 80% Schiiten. Die sunnitischen Einwohner sind nicht zuletzt als Folge täglichen Terrors der Mahdi-Miliz entweder aus der Stadt geflohen oder in Viertel geflüchtet, in denen sie unter dem Schutz bewaffneter sunnitischer Gruppen stehen. Dass ein großer Teil der mehr als 4 Millionen irakischen Flüchtlinge jemals in ihre angestammte Heimat wird zurückkehren können ist angesichts der tiefgreifenden Veränderungen der letzten jahre äußerst unwahrscheinlich.

Daher ist ein Grund für das Abflauen der Gewalt in den veränderten demographischen Realitäten im Irak zu sehen. Weite Teile des Landes wurden im Lauf der letzten vier Jahre "ethnisch gesäubert", aus Stadtteilen und Landstrichen die vormals von Sunniten wie Schiiten gleichermaßen bewohnt wurden, ist eine der beiden Gruppen häufig vertrieben worden. Viele der bewaffneten Auseinandersetzungen, die der Irak trotz allem noch immer erlebt, werden inzwischen nicht mehr entlang der Konfessionsgrenzen sondern innerhalb der Religionsgruppen gefochten.

Ein Beispiel hierfür ist die Provinz Anbar im Westen des Irak. Die Region mit dem "sunnitischen Dreieck" um die Städte Fallujah und Ramadi war lange Zeit ein Zentrum des sunnitischen Aufstands und entwickelte sich zum wichtigsten Operationsgebiet von al-Qaida im Irak. Seit Anfang des Jahres geraten die größtenteils ausländischen al-Qaida-Kämpfer zusehends in die Defensive, nachdem sich lokale Stammesführer zum "Rat zum Erwachen Anbars" zusammengeschlossen hatten, die seither massiv militärisch von den USA unterstützt werden. Der Anführer das Klan-Bündnisses, Scheich Abdul Sattar Abu Risha, wurde am 13.September bei einem Anschlag getötet, zu dem sich al-Qaida bekannte.

Der miltärische Erfolg des Anbar-Rates hat jedoch auch seine Schattenseiten. Die bewaffnete Miliz bewegt sich nämlich außerhalb der regulären irakischen Armee. Ob sich die Kämpfer aus Anbar, die sich zuallererst ihrer Familie und ihrer Heimatregion verpflichtet fühlen, später in die nationalen Streitkräfte der schiitisch-dominierten Regierung werden eingliedern lassen, scheint äußerst fraglich. Einer ihrer Scheichs hat bereits angekündigt, demnächst Bagdad aus den Fängen der schiitischen Extremisten befreien zu wollen.: "Sobald Anbar befriedet ist, müssen wir die Kontrolle über Baghdad einnehmen, und wir werden das tun. Woran die ganze Welt in Anbar gescheitert ist, das haben wir über Nacht erledigt. Baghdad wird viel einfacher."

So scheint sich in Anbar ein Szenario herauszukristallisieren, das im Laufe der Zeit im gesamten Irak greifen könnte. Das Land droht, wenn auch nicht formal, in unzählige Kleinstaaten zu zerfallen, bei denen die Aufgaben für Regierung und Sicherheit in den Händen lokaler Warlords liegen, die keinerlei demokratische Legitimation besitzen. Die Zentralregierung wird auf absehbare Zeit auf den Großteil des Landes kaum politischen Einfluss besitzen. Getragen wird die Regierung in Baghdad auch weiterhin größtenteils von Schiiten unter denen Muqtada Sadrs Brigaden den größten Einfluss besitzen. Unterstützung erhält die Regierung von den Kurden, die im Gegenzug unbehelligt von Bagdad im Norden des Landes freie Hand haben.

Unklar bleibt, wie die Rolle der US-Armee in dieser undurchsichtigen Gemengelage aussehen soll. Stephen Biddle, Militärstratege und Berater von General David Petraeus, dem Kommandeur der multi-nationalen Truppen im Irak, erklärte in der vergangenen Woche auf die Frage, wie sein "Best Case Scenario" für das Zweistromland aussehe, dass, wenn alles gut laufe, "80-100000 US-Soldaten für die nächsten 20 bis 30 Jahre" im Irak bleiben müssten.

Samstag, 17. November 2007

Präsidentschaftswahl im Libanon - Die Kandidaten

Der maronitische Patriarch Nasrallah Boutros Sfeir hat dem libanesischen Parlamentssprecher Nabih Berri und dem Mehrheitsführer im Parlament, Saad Hariri, seine Liste mit den Präsidentschaftskandidaten übergeben. Aus den dort angegebenen Namen sollen Berri und Hariri bis zum Wahltag am kommenden Mittwoch einen oder mehrere Bewerber auswählen, die sich den 128 Abgeordneten der Nationalversammlung zur Wahl stellen. Offiziell soll die Kandidatenliste bis dahin unter Verschluss gehalten werden, allerdings kursieren in den libanesischen Tageszeitungen vom Samstag Gerüchte über die von Sfeir nominierten Kandidaten.

Gegenwärtig werden in Beirut drei verschiedene Versionen der Bewerberliste verbreitet. Diese haben die Gemeinsamkeit, dass in jedem Fall davon ausgegangen wird, dass mit Nassib Lahoud und Boutros Harb die beiden offiziellen Kandidaten des Regierungslagers und mit Michel Aoun die christliche Führungsfigur der Opposition von Patriarch Sfeir nominiert wurden.

Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten libanesischen Offiziellen, dass der Patriarch drei weitere Namen als mögliche Kompromisskandidaten auf die Liste gesetzt habe. Diese seien Robert Ghanem, Joseph Tarabay und Damianos Kattar.

Eine andere Version liefert die heutige Ausgabe der Zeitung "as-Safir". Demnach habe Nasrallah Sfeir neben Lahoud, Harb, Aoun und Ghanem noch Michel Eddé und Michel Khoury nominiert. "al-Akhbar" berichtet gar von 12 Namen, die an Berri und Hariri weitergreicht wurden. Diese 12 Kandidaten seien in vier Gruppen eingeteilt.

Die erste Gruppe umfasst demnach die Spitzenpolitiker Aoun, Harb und Lahoud. In Gruppe 2 befänden sich die Konsenskandidaten Ghanem, Khoury, Eddé sowie Faris Boueiz und Pierre Daccache. In der dritten Gruppe wurden Wirtschaftsexperten zusammengefasst, namentlich Tarabay, Kattar und Riad Salameh. Die vierte Gruppe mit der Bezeichnung "Militär" besteht nur aus einer Person, nämlich Armee-Chef Michel Suleiman.

Hier einige Kurzportraits der Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge:

  • Michel Aoun wurde 1935 in Haret Hreik, einem Vorort von Beirut geboren. 1983 stieg Aoun inmitten des libanesischen Bürgerkriegs zum Oberbefehlshaber der libanesischen Streitkräfte auf. 1988 ernennt ihn der damalige Staatspräsident Amin Gemayel zum Ministerpräsidenten - ein Verstoß gegen den Nationalpakt von 1943, der dieses Amt den Sunniten vorbehält. Es bilden sich zwei konkurrierende Regierungen. 1989 erklärt Aoun Syrien, das mit seiner Armee Stück um Stück den Libanon besetzt, den Krieg. Das Taif-Abkommen, das den Bürgerkrieg beendet und Syriens Rolle als Ordungsmacht festschreibt wird von Aoun abgelehnt. Im Oktober 1990 flieht Aoun vor der syrischen Armee ins Exil nach Frankreich. Wenige Tage nach dem Abzug der Syrer kehrte Aoun am 7.Mai 2005 nach Beirut zurück. Bei den Parlamentswahlen im gleichen Jahr wird seine "Freie Patriotische Bewegung" stärkste christliche Fraktion im Parlament. Im Februar 2006 schließt Aoun überraschend ein Bündnis mit der von Syrien unterstützten Hizbollah. In dem gemeinsamen Memorandum fordern FPM und Hizbollah eine Demarkation der syrisch-libanesischen Grenze, Aufklärung über das Schicksal libanesischer Gefangener in Syrien, sowie den Austausch von Botschaftern zwischen beiden Ländern. Die Hizbollah dürfe so lange Waffen tragen bis die Shebaa-Farmen befreit und sämtliche libanesischen Häftlinge aus israelischen Gefängnissen befreit seien. Eine Umsetzung der UN-Resolution 1559, die die Entwaffung der Hizbollah fordert, sei nur durch einen inner-libanesischen Dialog möglich und könne nicht von außern erzwungen werden. Innenpolitisch setzt sich Aoun für eine entschiedene Bekämpfung der Korruption, sowie eine Stärkung der Armee ein. Staatseigene Unternehmen wie die Fluggesellschaft MEA und die Elektrizitätswerke sollen privatisiert werden. Mittelfristig wird eine Aufnahme in die Welthandelsorganisation angestrebt.
  • Faris Boueiz wurde 1955 in Beirut geboren. Der studierte Jurist war von 1992 bis 1998 libanesischer Außenminister. 2003 ernannte ihn Rafiq Hariri zum Umweltminister, dieses Amt gab er jedoch Ende 2004 aus Protest über eine erneute Amtszeit von Staatspräsident Emile Lahoud auf. Bis 2005 saß der Schwiegersohn des ehemaligen libanesischen Präsidenten Elias Hrawi für den Wahlkreis Kesrwan im Parlament. Bei den Wahlen 2005 trat Boueiz nicht mehr an, forderte er seine Anhänger auf, für das Bündnis von Michel Aoun zu stimmen. Boueiz ist entschiedener Gegner syrischen Einflusses auf die libanesische Politik und Befürworter des Hariri-Tribunals. Über die Frage der Bewaffnung der Hizbollah könne nur in einem inner-libanesischen Dialog entschieden werden.
  • Pierre Daccache wurde 1928 geboren. Der Mediziner zug 1972 erstmals in die libanesische Nationalversammlung ein. Aus Protest gegen die syrische Besatzung rief er zu einem Boykott der ersten Parlamentswahlen nach dem Bürgerkrieg 1992 auf. Vier Jahre später gewann er sein Mandat in einem Wahlbündnis mit der Hizbollah zurück. Im Jahr 2000 verpasste er den Einzug in die Nationalversammlung ebenso wie 2005 als er für Aouns FPM antrat. Im Jahr 2006 zog Daccache dennoch als Nachrücker für den verstorbenen Edmond Naim, ein Mitglied der Lebanese Forces, ins Parlament ein. Seither ist er unabhängiger Abgeordneter, der sich um Distanz zu beiden Lagern bemüht.
  • Michel Eddé wurde 1928 in Beirut geboren. Der studierte Jurist trat bereits 1966 seinen erste Ministerposten an. Seither war er immer wieder in verschiedenen Regierungen als Kabinettsmitglied tätig, zuletzt zwischen 1992 und 1996 als Kulturminister unter Premier Rafiq Hariri. Von 2003 bis 2007 war der enge Vertraute von Patriarch Nasrallah Sfeir Vorsitzender der Maronitischen Liga. Daneben ist Eddé seit 1990 Heruasgeber der wichtigsten französisch-sprachigen Tageszeitung des Libanon, L' Orient Le-Jour. Aus der aktiven Politik hat sich Eddé in den letzten Jahren zurückgezogen, gerade deshalb könnte er ein Kompromisskandidat sein.
  • Robert Ghanem wurde 1942 im Dorf Saghbine in der westlichen Bekaa-Ebene geboren. Seit 1992 ist der Jurist Parlamentsabgeordneter, zwischen 1995 und1996 war er kurzzeitig Bildungsminister unter Rafiq Hariri. Bei den Präsidentschaftswahlen 2004 wollte Ghanem ursprünglich gegen Emile Lahoud antreten, Hariri soll ihn jedoch zu Rücknahme seiner Kandidatur überredet haben. Bei den Parlamentswahlen 2005 trat Ghanem erfolgreich für das Regierungsbündnis "14.März", das damals auch noch von Amal und Hizbollah unterstützt wurde. In den letzten Monaten ist Ghanem bemüht sich der Opposition als akzeptabler Kandidat zu präsentieren. Bilder auf seiner Homepage zeigen ihn demonstrativ mit dem wichtigsten schiitischen Gestlichen im Libanon, Ayatollah Fadlallah, sowie mit Nabih Berri. Der Konflikt mit der Hizbollah und Syrien müsse im Konsens gelöst werden, so Ghanem. Wirtschaftspolitisch nennt Ghanem den Schuldenabbau als dringlichste Aufgabe.
  • Boutros Harb wurde 1944 in Tannourine im Nordlibanon geboren. Der Jurist wurde 1972 erstmals ins libanesische Parlament gewählt. In den Jahren 1979/1980 war er Bildungs- und Transportminister, zwischen 1990 und 1992 übernahm er unter Ministerpräsident Omar Karame erneut das Bildungsressort. In den 90er Jahren befand sich Harb stets in Opposition zu den Regierungen unter Rafiq Hariri. 1998 wollte er Emile Lahoud herausfordern, am Tag der Präsidentschaftswahl zog er seine Kandidatur jedoch kurzfristig zurück. Nach dem Mord an Hariri schließt sich Harb der anti-syrischen Bewegung an. Bei den Wahlen 2005 zieht er für die Kräfte des 14.März ins Parlament ein. Harb ist lautstarker Befürworter einer Entwaffung der Hizbollah.
  • Damianos Kattar wurde 1960 in Jezzine geboren. Im Jahr 2005 war er kurzzeitig Finanzminister unter Ministerpräsident Najib Miqati. Der anerkennte Ökonom ist für zahlreiche Unternehmen als Berater tätig. Politisch ist Kattar bislang recht unerfahren, als jüngster der Kandidaten könnte er jedoch einen Generationswechsel in der libanesischen Politik einleiten. Kattar verfügt über gute Kontake sowohl zur Regierung als auch zur Opposition.
  • Nassib Lahoud wurde 1944 in Baabda, passenderweise dem Ort in dem der Präsident residiert, geboren. Der Ingenieur führt mit Lahoud Engineering eines der erfolgreichsten Unternehmen des Nahen Ostens. 1990 wurde Lahoud, der weitläufig mit dem jetzigen Präsidenten verwandt ist, zum libanesischen Botschafter in den USA ernannt. 1991 zog Lahoud ins Parlament ein, seinen Sitz konnte er bis 2005 in den Parlamentswahlen stets verteidigen. 2001 war Lahoud einer der Mitbegründer der "Demokratischen Erneuerungsbewegung" zu der sich 50 libanesische Intellektuelle zusammenschlossen. Nach dem Attentat auf Rafiq Hariri schloss er sich der anti-syrischen Bewegung an. Bei den Parlamentswahlen 2005 erlitt Lahoud eine empfindliche Niederlage als er gegen einen Kandidaten von Aouns FPM unterlag. Für Aufregung sorgte in den vergangenen Wochen ein Bericht in "al-Akhbar" in dem Lahoud beschuldigt wird in den 1960ern Mitglied in der pro-syrischen Miliz "al-Saiqa" gewesen zu sein. Der Politiker wies die Anschuldigungen zurück, obwohl al-Akhbar eine Kopie seines Mitgliedsausweises veröffentlichte. Als Präsident will Nassib Lahoud die Rolle des Amtes im politischen System seines Landes stärken. Das Gewaltmonopol des Staates soll auf das gesamte Staatsgebiet ausgeweitet, die Hizbollah entwaffnet werden. Das Wahlrecht will Lahoud von 21 auf 18 herabsetzen und eine Frauenquote einführen. Wirtschaftspolitisch setzt Lahoud auf mehr Transparenz und eine stärkere Einbindung Libanons in den Mittelmeerhandel.
  • Riad Salameh ist seit 1993 Chef der libanesischen Zentralbank. In diesen Jahren galt er als enger Vertrauter von Rafiq Hariri. Unter Wirtschaftsfachleuten genießt Salameh großes Ansehen, da es ihm gelungen ist, Devisenreserven aufzubauen und die libanesische Lira ungeachtet der Krisen der vergangenen Jahre und des Sommerkriegs 2006 zu stützen. Im vergangenen Jahr wurde Riad Salameh deshalb von US-Magazin Euromoney zum Zentralbanker des Jahres 2006 gekürt. Allerdings müsste die libanesische Verfassung geändert werden, damit Salameh Präsident werden kann, da es einem öffentlichen Bediensteten seines Ranges nicht gestattet ist für das Amt zu kandidieren. Gerade das Regierungslager hat eine solche Verfassungsänderung bislang stets abgelehnt.
  • Michel Suleiman wurde 1948 in Amchit geboren. Nach einer erfolgreichen Miltärlaufbahn wurde Suleiman 1998 in der Nachfolge des jetzigen Präsidenten Emile Lahoud zum Chef der libanesischen Streitkräfte ernannt. Im vergangenen Jahr hielt er die Armee aus den Kampfhandlungen zwischen der Hizbollah und der israelischen Armee heraus. Einen Prestigegewinn konnte der General in diesem Jahr durch die Niederschlagung der Fatah al-Islam im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Barid verzeichnen. Bei den Unruhen im Januar dieses Jahres gelang es ihm als Armee-Chef die Zusammenstöße zwischen Regierung und Opposition ohne greoßes Blutvergießen einzudämmen. Suleiman sieht sich selbst als Kompromisskandidat, dem es vorrangig darum geht die Einheit der libanesischen Armee zu sichern. Auch für seine Wahl zum Präsidenten müsste zunächst die Verfassung geändert werden.
  • Joseph Tarabay ist der unbekannteste der genannten Kandidaten. In den 1990ern war er für die Einziehung der Einkommenssteur im Finanzministerium verantwortlich. Tarabay ist Vorsitzender der Arabischen Banken-Union, sowie der Vereinigung libanesischer Banken. Seit diesem Jahr ist er zudem Vorsitzender der Maronitischen Liga. Politisch ist Joseph Tarabay ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, aus diesem Grund gilt er als Kompromisskandidat.

Auf der Grundlage dieser kleinen Präsentation die Frage an die Leser: Wer sollte eurer Meinung nach neuer Präsident des Libanon werden? Oben rechts in der Sidebar könnt ihr abstimmen. Das interaktive Wahllokal bleibt bis Mittwoch 9Uhr MEZ geöffnet, dann nämlich soll sich das libanesische Parlament zur Wahl versammeln.

Freitag, 16. November 2007

Ahmadinejad reist nach Bahrain

Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad wird morgen zu einem Besuch nach Bahrain aufbrechen, von dem sich die arabischen Golfstaaten Klarheit über das iranische Atomprogramm erhoffen. Zumindest kann davon ausgegangen werden, dass Ahmadinejad die Reise nutzen wird, um die arabischen Golfanrainer davon zu überzeugen, dass der Iran die Lage nicht weiter eskalieren lassen will.

In einem gestern von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vorgelegten Bericht wird der Iran beschuldigt, entgegen der Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats mit der Uran-Anreicherung fortzufahren. In der Nuklaranlage in Natanz seien hierfür 3000 Zentrifugen in Betrieb. Die Erkenntnisse der IAEA über das iranische Nuklearprogramm seien geringer geworden, obwohl der Iran "ausreichenden Zugang zu Individuen zugelassen und auf Anfragen im vorgegebenen zeitlichen Rahmen geantwortet habe". Allerdings hätte die iranische Seite in der Zusammenarbeit mit der IAEA immer nur reagiert anstatt "pro-aktiv" zu handeln.

Die US-Regierung hat Militärschläge gegen den Iran nicht ausgeschlossen, setzt nach eigenen Angaben jedoch auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. Die iranische Führung hat bislang stets betont, das Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. Die oberste religiöse Autorität des Landes, Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei, hat die Produktion und den Einsatz von Nuklearwaffen gar für unislamisch erklärt.

Vor einigen Wochen war es jedoch ausgrechnet Bahrains Kronprinz Scheich Salman bin Hamad al-Khalifa, der gegenüber der britischen "Times" die Überzeugung geäußert haben soll, dass der Iran an der Entwicklung von Atomwaffen arbeite. Später wurde dieses Zitat dementiert, wohl auch weil Bahrain die guten Handelsbeziehungen mit dem Iran nicht gefährden will. Morgen werden beide Staaten ein Abkommen über Erdgas-Lieferungen aus dem Iran unterzeichnen.

Auch historisch sind beide Länder eng miteinander verbunden. Die Insel, auf der sich das heutige Königreich Bahrain befindet, stand jahrhundertelang unter persischer Herrschaft. Die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung sind Schiiten, die schon aus diesem Grund ein besonderes Verhältnis zum Iran haben.

Unter dem Strich hätte die Golfregion wohl am Meisten unter einem Krieg im Iran zu leiden. Der Wirtschaftsboom, den die Golfstaaten durch die Verfünffachung des Ölpreises seit 2002 erleben, könnte dann ganz schnell zum Erliegen kommen. Iranische Politiker haben für den Fall eines Krieges mit einer Blockade der Straße von Hormuz gedroht, durch die etwa 40% der weltweiten Öl-Produktion trabnsportiert werden.

Donnerstag, 15. November 2007

Vor der Annapolis-Konferenz: Syrien will Verhandlungen über den Golan

Syrien zeigt sich grundsätzlich zur Teilnahme an der geplanten Nahost-Konferenz in Annapolis bereit, beharrt aber auf der Einbeziehung der Golanhöhen in die Verhandlungen. Die ägyptische Zeitung "al-Ahram" berichtet heute unter Berufung auf eine palästinensische Quelle, dass Damaskus zur Beteiligung an dem für Ende des Monats geplanten Gipfel bereit sei, nachdem man von Seiten Russlands und des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas die Zusicherung erhalten habe, dass Syriens Regierung eine formelle Einladung der USA erhalten werde. Staatschef Bashar al-Assad hatte zuvor darauf bestanden, direkt von der US-Regierung eingeladen zu werden und nicht bloß als Teil der Delegation der Arabischen Liga an der Konferenz im US-Bundesstaat Maryland teilzunehmen.

Gleichzeitig machte Syriens Präsident Assad heute nach einem Gespräch mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, deutlich, dass nur mit einer Lösung des Konflikts um die Golanhöhen "ein gerechter und umfassender Frieden" mit Israel geschaffen werden könne. Diese Lösung kann aus syrischer Sicht nur in einem israelischen Rückzug von den 1967 eroberten Golanhöhen bestehen. Im Dezember 1981 annektierte Israel 1150 Quadratkilometer große Gebiet, dieser Schritt wurde jedoch 3 Tage später vom UN-Sicherheitsrat in der UN-Resolution 497 für nichtig erklärt. Heute leben etwa 17000 jüdische Israelis und eine ähnliche Anzahl Drusen in der Bergregion.

Amr Moussa erklärte zudem, dass sich die Außenminister der arabischen Staaten bei einem Treffen am 22./23.November in Kairo auf eine gemeinsame Verhandlungslinie für die Annapolis-Konferenz einigen werden. Unter anderem fordere die arabische Seite Garantien und einen festen Zeitplan für die Gespräche mit Israel.

Eine Teilnahme Syriens an der Konferenz in den USA würde eine Abkehr von der bisherigen amerikanischen Außenpolitik unter George Bush und Condoleezza Rice bedeuten, die auf eine Isolation Syriens setzt. Dieser Schritt entspräche zugleich der Forderung ehemaliger amerikanischer Außenpolitiker, die sich für eine Beteiligung Syriens aber auch der Hamas an den Gesprächen in Annapolis starkgemacht hatten.

Neue Flüchtlingswelle in Somalia

Allein in den letzten beiden Wochen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR schätzungsweise 173000 Menschen vor neuen Kämpfen aus der somalischen Hauptstadt Mogadischu geflohen. Damit hat sich die Gesamtzahl der "Internally Displaced People", also der Inlandsflüchtlinge, auf 850000 erhöht.

Auslöser der neuen Flüchtlingsbewegung ist ein erneutes Aufflammen der Kämpfe zwischen der äthiopischen Armee, welche die somalische Übergangsregierung unterstützt, und Anhängern der "Union der Islamischen Gerichtshöfe", die im vergangenen Jahr weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hatte, im Januar dieses Jahres jedoch von den äthiopischen Truppen aus der Hauptstadt vertrieben wurde.

Inmitten der Kämpfe finden sich knapp 1700 Soldaten aus Uganda wieder, die das erste Kontingent einer 8000 Mann starken Friedenstruppe der Afrikanischen Union bilden sollen. Noch in diesem Monat soll Burundi weitere Soldaten ans Horn von Afrika entsenden.

Eine Delegation der Europäischen Kommission, die sich in der vergangenen Woche vor Ort ein Bild von der Lage in Somalia machte, berichtete, dass seit Jahresbeginn 5000 Menschen bei den Kämpfen verwundet wurden. Das sind doppelt so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum.

Der Sondergesandte der Vereinten Nation in Somalia, Ahmedou Ould-Abdallah, rief die internationale Gemeinschaft auf, mit juristischen Schritten gegen die Verantwortlichen der Gewalt und Menschenrechtsvergehen in Somalia vorzugehen. "Ich denke, dass die Zeit für die internationale Justiz gekommen ist um zu zeigen, was man tun kann um den Somalis zu helfen.", so Ould Abdallah auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Nairobi.

14 Abkommen in den vergangenen 17 Jahren hätten nichts zu einer dauerhaften Lösung des Konflikts beigetragen - im Gegenteil: "Die humanitäre Situation in Somalia ist die schlimmste in Afrika und ich rede hier von der Versorung mit Nahrungsmitteln, Unterernährung all diese Themen. Die aktuelle Krise in Mogadischu kann diese Lag nur weiter verschlechtern."

Dienstag, 13. November 2007

Zur Gleichstellung der Geschlechter im Nahen Osten und Nordafrika

In keiner Region der Welt ist die geschlechterspezifische Ungleichheit so groß wie im Nahen Osten und Nordafrika. Dies geht aus dem Global Gender Gap Report 2007 hervor, der in der vergangenen Woche vom Weltwirtschaftsforum vorgestellt wurde. Der Bericht quantifiziert das Ausmaß der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in vier Hauptbereichen:
  • Wirtschaftliche Partizipation und Chancengleichheit
  • Bildungsniveau
  • Politische Teilhabe
  • Gesundheit und Lebenserwartung
"Der Index bewertet die Länder dahingehend, wie gut sie ihre jeweiligen Chancen und Ressourcen unter ihrer männlichen und weiblichen Bevölkerung aufteilen, unabhängig vom Gesamtniveau ihrer Ressourcen und Lebenschancen. Der Index benachteiligt also nicht jene Länder, die ein niedriges Gesamtniveau ihres Bildungswesens aufweisen. Vielmehr bekommen diejenigen Länder schlechte Noten, in denen die Bildungsressourcen zwischen Männern und Frauen ungleich verteilt sind.", erklärt Ricardo Hausmann, Direktor des Institute for International Development an der Harvard-Universität und einer der Autoren der Studie.

In zwei der vier untersuchten Hauptbereiche liegen der Nahe Osten und Nordafrika abgeschlagen auf dem letzten Platz unter den 8 Regionen, in welche die Autoren die 128 untersuchten Staaten einteilten. Hinsichtlich des Bildungsniveaus liegt das subsaharische Afrika noch hinter dem Nahen Osten, auf dem Feld der Gesundheit und Lebenserwartung bleiben sowohl Asien als auch das subsaharische Afrika hinter den arabophonen Staaten und dem Iran zurück.

Israel ist das Land in der Region, indem die Geschlechtergleichstellung am weitesten vorangeschritten ist. Der jüdische Staat liegt auf Platz 36 von 128 im Index erfassten Länder. Danach folgt mit großem Abstand Kuwait auf dem 96.Rang vor Tunesien, Syrien, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf den Plätzen 102 bis 105. Den Emiraten werden große Fortschritte bei der wirtschaftlichen Partizipation und der politischen Teilhabe der Frauen bescheinigt. Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern seien verringert worden. Ebenso wird der Einzug von neun Frauen ins Parlament positiv vermerkt.

Andere Staaten der Region stagnieren oder haben in den vergangenen 12 Monaten die Kluft zwischen den Geschlechtern vertieft. Im Falle Ägyptens (120.Platz) etwa sind die Werte in den Indizes für Bildungsniveau und Gesundheit gefallen, in Marokko (122) sind die Lohnunterschiede wieder größer geworden. Saudi-Arabien (124) ist noch immer ein Staat in dem Frauen ohne jede politische Teilhabe sind. Positiv werden hier lediglich "kleinere Verbesserungen" hinsichtlich der wirtschaftlichen Partzipation vermerkt. Den 128. und letzten Platz in der Rangliste nimmt Jemen ein. Insgesamt sind unter den 20 letztplatzierten Ländern, die im Global Gender Gap Report untersucht wurden, 9 Staaten aus Nordafrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten.

Montag, 12. November 2007

Präsidentschaftswahl im Libanon - Neuer Versuch am 21.November

Libanons Parlamentssprecher Nabih Berri hat die Präsidentschaftswahl erneut verschoben und für den 21.November neu angesetzt. In einer gemeinsamen Erklärung fordern Berri und der Mehrheitsführer in der libanesischen Nationalversammlung Saad Hariri das geistliche Oberhaupt der maronitischen Kirche im Libanon, Patriarch Nasrallah Boutros Sfeir auf, bis dahin eine Liste möglicher Kandidaten zusammenzustellen. Gemäß der libanesischen Verfassung muss der libanesische Staatspräsident ein Maronit sein.

Die Christen im Libanon sind in zwei sich bislang unversöhnlich gegenüberstehende politische Lager gespalten. Die falangistische Kataeb-Partei der Familie Gemayel gehört ebenso dem Regtierungslager an wie die Forces Libanaises, die während des Bürgerkriegs zunächst als bewaffneter Arm der Kateb entstand. Auf Seiten der von der Hizbollah angeführten Opposition stehen die "Freie Patriotische Bewegung" von Michel Aoun sowie "al-Marada", die Partei von Suleiman Frangieh. Die gegenseitige Ablehnung zwischen beiden Lagern geht weit über politische Meinungsverschiedenheiten hinaus. Praktisch die gesamte Familie Frangiehs, seine Eltern Tony und Vera und seine damals drei Jahre alte Schwester Jihane wurden am 13.Juni 1978 bei einem Angriff der Forces Libanaises auf den Landssitz der Frangiehs in Ehden ermordet. Angeführt wurde das Kommando der FL damals vom heutigen Parteichef Samir Geagea.

Dem Patriarchen Sfeir kommt nun die Aufgabe zu, inmitten dieser Gemengelage einen Kompromisskandidaten zu finden, auf den sich die verfeindeten Gruppen einigen und der anschließend im Parlament mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt wird. Wer ein solcher Kompromisskandidat sein könnte ist weniger als 2 Wochen vor Ablauf der Frist zur Wahl eines neuen Staatspräsidenten noch vollkommen unklar. Ein Name der in den letzten Tagen ins Spiel gebracht wurde ist Damianos Kattar. Der 47-jährige Wirtschaftswissenschaftler war 2005 kurzzeitig Finanzminister im Übergangskabinett von Najib Miqati, der zwar gute Beziehungen zur syrischen Staatsführung unterhält, gleichzeitig aber faire Wahlen inmitten der Wirren der "Zedernrevolution" organisierte, die den anti-syrischen Kräften eine Parlamentsmehrheit bescherten.

Sollten sämtliche Bemühungen um einen Konsens zwischen Regierung und Opposition scheitern, droht das Land vollends im Chaos zu versinken. Dann nämlich würde das Regierungslager einen Präsidenten mit einfacher Mehrheit wählen. Dieses Recht steht ihr gemäß der Verfassung zu, dennoch wäre ein solcher Schritt ein Novum in der Geschichte des Libanon. Dieser Präsident würde dann wohl auch von den USA anerkannt werden. Dies behauptet jedenfalls Walid Jumblatt, Chef der "Fortschrittlichen Sozialistischen Partei" (PSP), der sich in den letzten zwei Jahren vom größten Anhänger Syriens im Libanon zum lautesten Fürsprecher der USA im Zedernstaat geandelt hat.

Für den Fall, dass die Regierung einen Kandiaten aus ihren Reihen mit einfacher Mehrheit zum Präsidenten wählt, droht die Opposition mit drastischen Schritten. Das Volk werde den Grand Serail, den Sitz des Ministerpräsidenten in Beirut stürmen, warnte Michel Aoun, der selbst Präsident des Libanon werden will.

Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah erkärte gestern, die Opposition werde "niemals" einen Präsidenten akzeptieren, der vom Regierungslager allein gewählt wird. In einer Ansprache anlässlich des Märtyrertages forderte Nasrallah vorgezogene Parlamentswahlen um den Stillstand zu durchbrechen. Das politische Lager, das aus den Wahlen siegreich hervorgeht, solle dann das Recht bekommen den neuen Staatspräsidenten zu wählen.

Den amtierenden Staatspräsidenten Emile Lahoud forderte Nasrallah auf ein Vakuum für den Fall zu verhindern, das kein Konsenskandidat gefunden wird. Mit Bezug auf die libanesische Regierung erklärte der Hizbollah-Chef, der Libanon dürfe "nicht in die Hände von Dieben und Mördern fallen, die dem amerikanisch-zionistischen Schema im Libanon folgen."

Freitag, 9. November 2007

MTV Arabia vor dem Sendestart

Am kommenden Samstag, dem 17.November 2007, geht MTV Arabia auf Sendung. 26 Jahre nach seiner Gründung will der Musiksender nun den arabischen Markt mit seinen potentiell 190 Millionen Zuschauern erobern. Dieser Schritt scheint unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur konsequent. 60% der Einwohner in den Staaten des Nahen Ostens sind jünger als 25, hinzu kommt der Wirtschaftsboom gerade in den Golfstaaten, der für eine kaufkräftige Jugend gesorgt hat, die wiederum für MTVs Werbekunden attraktiv sein dürfte.

MTV Arabia wird sich jedoch zahlreicher Konkurrenz erwehren müssen. Knapp 50 Musikkanäle buhlen schon heute um die Gunst der Zuschauer zwischen Nuakchott und Muskat. Aus diesem Grunde soll der neue Sender, für den das MTV Network mit der Arab Media Group kooperiert, nicht nur Musikvideos abspielen sondern "ein Lifestyle-Sender werden.", erklärt Patrick Samaha, General Manager von MTV Arabia. "Wir werden auch Sendungen im Programm haben, die sich mit Sport, Kultur und Humor beschäftigen."

Nach bewährtem Muster sollen amerikanische Folgen der Formate "Pimp My Ride" und "Punk'd" mit arabischen Untertiteln ausgetrahlt werden. Bereits produziert wurden erste arabische Ausgaben der Sendung "Made", die auf MTV Arabia "al-Hulm", der Traum, heißen wird. Insgesamt sollen 45% des MTV-Programms vor Ort produziert werden, der Rest sind Konserven aus den USA. Bei der Musikauswahl soll das Verhältnis zwischen internationaler und arabischer Musik bei 60 zu 40 liegen.

Der musikalische Schwerpunkt des neuen Senders wird auf Hip Hop gelegt. Zugpferd von MTV Arabia soll die Sendung "Hip Hop Na" werden, eine weitere Version der im Nahen Osten so beliebten Castingshows. In sieben arabischen Städten haben junge Künstler die Chance bei einem Casting zu brillieren, die Gewinner jeder Sendung werden einen Song zur "Hip Hop Na - Compilation" beisteuern, die am Ende der 12 Folgen veröffentlich wird. In der Jury sitzen der amerikanische Produzent Fredwreck und Don Legend, Mitglied der saudischen Hip-Hop-Crew Jeddah Legends.

General Manager Robert Samaha ist bestrebt Befürchtungen aus dem Weg zu räumen, dass MTV Arabia kulturelle und geselschaftliche Empfindlichkeiten verletzen könne. "Wir haben nicht die Absicht irgendjemanden zu beleidigen und MTV wird die Normen und Empfindlichkeiten dieser Region nicht verletzen." Samaha ließ jedoch offen ob das arabische MTV dem Vorbild von MTV Pakistan und Indonesien folgen und das Programm fünf Mal täglich für Gebetsrufe unterbrechen wird.

Donnerstag, 8. November 2007

Tunesien: 20 Jahre Ben Ali


Seit zwei Jahrzehnten ist Tunesiens Präsident Zine el-Abidine Ben Ali an der Macht - vieles deutet darauf hin, dass dies noch eine Weile so bleiben wird. Am 7.November 1987 stürzte der damalige Ministerpräsident Ben Ali den seit der Unabhängigkeit 1956 herrschenden Staatschef Habib Bourguiba in einem unblutigen Putsch, indem er den damals 84-Jährigen für geschäftsunfähig erklären ließ.

Seither regiert Ben Ali das Land mit autoritären Vollmachten. Die Presse in Tunesien unterliegt der staatlichen Zensur, eine politische Betätigung außerhalb der herrschenden "Konstitutionellen Demokratischen Sammlungsbewegung" (RCD) ist praktisch nicht möglich. Die RCD hält 80% der Sitze im Parlament, 20% der Mandate teilen sich sechs Oppositionsparteien. Regimekritiker werden verfolgt, landen im Gefängnis oder fliehen ins Exil. Der Internetzugang wird staatlich beschränkt, in der Vergangnheit ist schon der Besuch verbotener Seiten mit Gefängnis bestraft worden.

Gleichzeitig erlebt das nordafrikanische Land seit Jahren ein konstantes Wirtschaftswachstum von 5% pro Jahr. Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums verfügt Tunesien über die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft Afrikas. Etwa zwei Drittel der Tunesier leben in den eigenen vier Wänden, immerhin jeder fünfte Haushalt hat ein eigenes Auto. Fast jeder Untertan Ben Alis hat freien Zugang zu Bildung und gesundheitlicher Grundversorgung.

Wie praktisch alle Staatschefs im Nahen Osten und Nordafrika sieht sich Zein al-Abidine Ben Ali einer islamistischen Opposition gegenüber, die anders als etwa in Marokko, Ägypten oder Jordanien jedoch kaum öffentlich in Erscheinung treten kann. Die wichtigste Gruppierung ist die "Bewegung der Wiedergeburt" an-Nahda. Die Partei ist seit 1991 offiziell verboten, lehnt aber Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ab. Über ihren Rückhalt in der Bevölkerung lassen sich keine gesicherten Aussagen treffen.

Daneben macht auch der islamistische Terrorismus vor Tunesien nicht Halt. Bei einem Anschlag auf die al-Ghriba Synagoge auf der Urlaubsinsel Djerba wurden am 11.April 2002 21 Menschen getötet, unter ihnen 14 deutsche Touristen, als der Attentäter Nizar Nawar mit einem Tanklaster in das Gebäude raste. Anfang des Jahres wurden bei mehreren Schusswechseln zwischen Sicherhietskräften und mutmaßlichen Islamisten 14 Menschen getötet. Die Männer sollen offenbar von der in Algerien operierenden Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) beeinflusst worden sein.

Auch vor diesem Hintergrund präsentiert sich der mittlerweile 71-jährige Ben Ali als Garant für Stabilität und Sicherheit. Es gilt als sicher, dass er sich bei den nächsten Wahlen 2009 im Amt bestätigen lassen wird. Um seine Macht zu sichern hat er in der Vergangenheit bereits zwei Mal die Verfassung ändern lassen. 1998 wurde die Anzahl der möglichen Legislaturperioden des Staatschefs auf 3 erhöht, 2002 gar auf 5. Bei den letzten Präsidentenwahlen 2004, die kaum demokratische Standards erfüllten, errang Ben Ali trotz mehrerer Gegenkandidaten fast 95% der Stimmen.

Dienstag, 6. November 2007

Wachsende Spannungen an libanesisch-israelischer Grenze

Libanesischen Medienberichten zufolge hat die Hizbollah am Wochenende ihre bislang größte Manöverübung in der Geschichte durchgeführt. Die Zeitung "al-Akhbar" meldete gestern, dass sich zwischen Freitag und Sonntag mehrere Tausend Hizbollah-Kämpfer unbewaffnet in das Gebiet südlich des Litani-Flusses begeben hätten, indem 13000 UNIFIL-Blauhelme und 15000 libanesische Soldaten stationiert sind. Damit hätte die Hizbollah formal nicht gegen die UN-Resolution 1701 verstoßen. Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah soll persönlich die Militärübung überwacht haben.

Zu den Zielen des Manövers berichtete al-Akhbar, dass die Schiiten-Miliz ihre Fähigkeit beweisen wolle ungehindert von der UNIFIL-Präsenz operieren zu können. Offenbar seien die Kämpfer aus dem Gebiet nördlich des Litani kommend unbewaffnet und in Zivilkleidung zu einzelnen Waffenlagern ausgeschwärmt, die schon vorher südlich des Flusses angelegt wurden und bislang nicht von der UNIFIL ausgehoben wurden. Die Hizbollah wolle "den Feind davon abhalten irgendein Abenteuer im Libanon zu unternehmen."

Hassan Izaddine, Hizbollah-Offizieller aus dem Südlibanon, bestätigte am Monat gegenüber "New TV" den Zeitungsbericht. "Das Manöver des Islamischen Widerstands ist Teil seiner Arbeit und seiner Verpflichtung den Libanon, seine Souveränität und sein Volk stets zu verteidigen."

Die libanesische Regierung und die UNIFIL zeigten sich bemüht die Ereignisse vom Wochenende herunterzuspielen. Ministerpräsident Fuad Siniora erklärte, die Hizbollah habe lediglich "eine Simulation auf dem Papier" durchgeführt. UNIFIL-Sprecherin Yasmina Bouziane erklärte, diese Einschätzung der Regierung werde durch Berichte von Blauhelmen im Südlibanon bestätigt. Für die Durchführung eines größeren Manövers der Hizbollah sprechen jedoch Berichte, nach denen während des Wochenendes praktisch permanent israelische Drohnen das israelisch-libanesische Grenzgebiet überflogen.

Die Militärübung vom Wochenende ist aus eine Reaktion auf ein Manöver der israelischen Armee in der vergangenen Woche. Bei diesem größten Testlauf seit Ende des Zweiten Libanonkriegs waren tausende Soldaten in Nordisrael beteiligt. Daneben häuften sich in den vergangenen Wochen Verletzungen des libanesischen Luftraums durch israelische Kampfflugzeuge. Dabei wurden erstmals seit Ende des Krieges israelische Jets von der libanesischen Luftabwehr unter Feuer genommen.

Unter dem Strich dürfte die Hizbollah mit dem Manöver vom Wochenende mehrere Ziele verfolgt haben. Zum einen ging es darum deutlich zu machen, dass die UNIFIL-Truppen den Bewegungsspielraum der Miliz kaum einschränken können und die Hizbollah praktisch nach Belieben handeln kann. Der israelischen Seite wurde signailiert, dass Nasrallahs Ankündigung einer "großen Überraschung" für den Fall eines israelischen Angriffs keine leeren Worte sein müssen. Auch innenpolitisch verdeutlicht die Hizbollah inmitten des Ringens um die Lösung der Präsidentschaftsfrage ihre Macht.

Montag, 5. November 2007

Ägypten: Gamal Mubarak nimmt Kurs aufs Präsidentenamt

Gamal Mubarak hat am Wochenende einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Nachfolge seines Vaters im Amt des ägyptischen Staatspräsidenten unternommen. Seit 2002 ist der 44-Jährige in der Hierarchie der herrschenden Nationaldemokratischen Partei (NDP) stetig nach oben geklettert und als stellvertretender Generalsekretär sowie Chef des "Politkommittees" de facto zweiter Mann in der Partei nach seinem Vater.

Am Samstag wählten ihn die 6700 Delegierten des 9.Parteitags in das neu eingerichtete "Oberste Kommittee". Laut den Parteistatuten kann nur eines der 50 Mitglieder dieses Gremiums der nächste Präsidentschaftskandidat der NDP werden.

Bislang haben sowohl Husni Mubarak als auch sein jüngster Sohn Gamal Gerüchte über eine Erbfolge in Ägypten stets bestritten. Gerüchte über einen verschlechterten Gesundheitszustand des 79-jährigen Präsidenten ließen derartige Spekulationen in den letzten Monaten immer wieder aufkommen.

Gestern durfte Gamal Mubarak die Eröffnungsrede am zweiten Tag der Parteiversammlung halten. Darin verwies der Präsidentensohn auf das Wirtschaftswachstum, das Ägypten seit dem letzten NDP-Parteitag vor fünf Jahren erlebt habe. Das Wirtschaftswachstum betrage mittlerweile 7,1 Prozent, die Summe der Auslandsinvestitionen sei von 600 Millionen Dollar im Jahr 2002 auf 11 Milliarden Dollar in diesem Jahr gestiegen. Gamal versprach die Schaffung von 4,5 Millionen neuen Jobs innerhalb der nächsten fünf Jahre. Außerdem solle in 10 Jahren das erste Atomkraftwerk in Ägypten ans Netz gehen.

Weite Teile der ägyptischen Gesellschaft profitieren jedoch nur unzureichend von dem wirtschaftlichen Aufschwung am Nil. Gerade Arbeiter die Exportgüter herstellen klagen über niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Im September hatten zehntausende Arbeitnehmer in der Textilfabrik in Mahalla al-Kubra die Arbeit für Tage niedergelegt.

Donnerstag, 1. November 2007

Bildungsoffensive in den arabischen Golfstaaten

Die arabischen Golfstaaten haben in den vergangenen Wochen eine Reihe von Schritten in die Wege geleitet, mit denen der Bildungsrückstand gegenüber westlichen Gesellschaften verringert werden soll. Insegsamt wollen die sechs Mitgliedssataaten des Golfkooperationsrats (GCC), Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Qatar, Bahrain, Kuwait und Oman von 2008 an erstmals mehr Geld für Bildung als für Waffen ausgeben. Saudi-Arabien und die VAE allein haben 22 Milliarden US-Dollar für den Bildungsetat vorgesehen, dem stehen 20 Milliarden Dollar für Rüstungsimporte aus den USA gegenüber.

Auf Einladung des Bildungsministers der VAE, Mohammed bin Zayed al-Nahyan, trafen sich Ende Oktober Wissenschaftler aus aller Welt, unter ihnen 16 Nobelpreisträger, in Abu Dhabi und Dubai zum "Festival of Thinkers", bei dem die Akademiker aus dem Westen mit ihren Kollegen aus dem Nahen Osten debattierten und über Möglichkeiten der Zusammenarbeit debattierten. Die Veranstaltung war bereits die dritte ihrer Art seit 2005.

Im besonderen Fokus des Festivals standen die Möglichkeiten für Frauen aus den muslimischen Staaten der Region, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Die Emirate scheinen hierbei auf einem guten Weg zu sein. Schon heute sind 10000 der 18000 Studenten an den Higher Colleges of Technology in den Emiraten Frauen.

Auch das konservative Saudi-Arabien zeigt sich bemüht den "Brain Drain" aus dem Nahen Osten zu stoppen. Am 21.Oktober legte König Abdullah den Grundstein für die "King Abdullah University of Science and Technology"(KAUST). Nahe der Kleinstadt Thuwal, 80 Kilometer nördlich von Jeddah am Roten Meer gelegen, soll hier bis September 2009 ein Campus für 20000 Studenten entstehen. 2,7 Milliarden US-Dollar lässt sich Abdullah diese "Universität des 21.Jahrhunderts" kosten.

Nicht nur bildungspolitisch, auch gesellschaftspolitisch betreten die zukünftigen Studenten auf dem 36 Quadratkilometer großen Gelände Neuland. Anders als im restlichen Saudi-Arabien, wo die Trennung der Geschlechter konsequent überwacht wird, sollen hier Studentinnen und Studenten gemeinsam im selben Klassenraum lernen. Die Religionspolizei, die über die Einhaltung der Kleidungsvorschriften und islamischen Sitten wacht, soll auf dem Campus keinen Zutritt haben.