Mittwoch, 25. Juni 2008

Großbritannien streicht iranische Volksmojahedin von Terrorliste

Großbritannien hat die die Volksmojahedin, eine bewaffnete iranische Oppositionsbewegung, von seiner Terrorliste gestrichen. Die britische Regierung reagierte damit auf ein Gerichtsurteil vom Dezember 2007, das dem Kabinett bescheinigte bei dem Verbot der Volksmojahedin wichtige Beweise außer Acht gelassen zu haben.

Die Volksmojahedin, persisch Mojahedin-e Khalq (MEK), wurden in den 1960er Jahren als Widerstandsbewegung gegen den Schah und den ihrer Meinung nach zu großen westlichen Einfluss in Persien gegründet. In den folgenden Jahren verübten Anhänger der MEK Anschläge gegen Regierungsvertreter und US-Bürger im Iran. Nach der Islamischen Revolution unterstützte die Bewegung aktiv die Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran.

Doch schon kurz nach der Errichtung der islamischen Republik im Iran betrachtete Revolutionsführer Ayatollah Khomeini die MEK als Gefahr für seine Herrschaft. In den 1980er Jahren wurden tausende ihrer Anhänger inhaftiert, gefoltert und ermordet - besonders nachdem bei einem Anschlag 1981 Mohammad Beheshti, Vorsitzender des Revolutionsrates, zusammen mit mehr als 80 anderen Menschen getötet wurde. Für das Attentat werden die Mojahedin-e Khalq verantwortlich gemacht, die sich jedoch nie offiziell zu dem Anschlag bekannten. Im offiziellen Sprachgebrauch der Islamischen Republik Iran werden die Volksmojahedein als Monafeqin, Heuchler, bezeichnet.

Zunächst ging der Teil der Führungselite der Bewegung, der den Verfolgungen der Islamischen Republik entkommen konnte, ins Exil nach Frankreich, 1986 verlegte man sein Hauptquartier in den Irak, der sich zu dieser Zeit im Krieg mit dem Iran befand. Bis zum Sturz Saddams 2003 wurden die MEK vom irakischen Dikator finanziert und ausgerüstet. Nach der Invasion nahmen die US-Truppen im Irak 6000 MEK-Kämpfer fest und konfiszierten mehr als 2000 militärische Ausrüstungsgegenstände darunter 19 Panzer britischer Produktion. Anschließen stimmten die Volksmojahedin einem WWaffenstillstand zu. Heute leben Schätzungen zu Folge noch etwa 3000 MEK-Kämpfer im Irak, die meisten von ihnen im Lager Ashraf in der Proviz Diyala nahe der Grenze zum Iran.

Seit 1997 werden die MEK von den USA auf der Terrorliste geführt. Diese Einstufung galt als eine Geste des guten Willens gegenüber dem damals neu gewählten Präsidenten Mohammad Khatami. Außerdem stuft die EU die Volksmojahedin als terroristische Organisation ein. Dennoch wird die Bewegung in Frankreich und Deutschland weitgehend toleriert und sammelt in den Innenstädten spenden, nachdem den Passanten Bilder von öffentlichen Exekutionen im Iran gezeigt werden.

Für das kommende Wochenende planen die Volksmojahedin eine Großdemonstration in Paris. An der FU Berlin werben Exil-Iraner "Exil-Iranischen Gemeinschaft in Berlin" agressiv um Teilnehmer an der Kundgebung und bieten kostenlose Busfahrten nach Paris an. Laut dem Verfassungsschutzbericht 2007 zählt die Bewegung in Deutschland etwa 900 Anhänger.

Die Ideologie der Volksmojahedin besteht aus einer Mischung aus Marxismus und Islamismus und wurde maßgeblich von dem iranischen Soziologen Ali Shariati beeinflusst. Heute strebt die Bewegung nach eigener Aussage einen säkularen Staat im Iran an, in dem Religion und Politik getrennt sein sollen.

Maßgeblich geprägt werden die Mojahedin-e Khalq heute durch einen Personenkult um ihre beiden Anführer, das Ehepaar Massoud und Maryam Rajavi, die in Paris leben. Massoud Rajavi ist jedoch seit einigen Jahren nicht mehr öffentlich aufgetreten und möglicherweise tot. Aussteiger aus der Bewegung berichten, dass die Rajavis ähnlich wie Sektenführer auftreten und eine totale Kontrolle über ihre Anhänger, bis hinein ins Privatleben, auszuüben versuchen. In irakischen Lagern seien ausstiegswillige MEK-Mitglieder psyschisch und physisch gefoltert worden.

Nach der Entscheidung der britischen Regierung hoffen die Volksmojahedin nun, dass die EU und die USA gleichziehen und die Bewegung legalisieren. Unterstützung erhielten sie dabei von Lord Corbett, einem britischen Befürworter der jüngsten Entscheidung: "Unsere Regierung, die Regierungen der EU und die USA müssen nun verstehen, dass MEK unsere Verbündeten und nicht unsere Feinde sind, im Kampf gegen die Bedrohung die Irans theokratisches Regime darstellt."

Dienstag, 24. Juni 2008

Gescheiterte Staaten in der Arabischen Liga

Drei Mitgliedsländer der Arabischen Liga - Somalia, Sudan und Irak - gehören zu den 10 instabilsten Staaten der Welt. Dies geht aus dem "Failed States Index" 2008 hervor, der vom Foreign Policy Magazine und dem Fund For Peace veröffentlicht wird.

Anhand von 12 sozialen, wortschaftlichen und politischen Indikatoren analysiert der Bericht die Gefahren für die Stabilität und die Entwicklung von 177 Staaten. Zu den Indikatoren gehören die demographische Entwicklung, Flüchtlingsbewegungen, die wirtschaftliche Entwicklung, die Menschenrechtslage und ausländische Einflussnahme in den untersuchten Ländern.

Somalia nimmt in diesem Jahr die Spitzenposition unter den "Gescheiterten Staaten" ein. Die unpopuläre Übergangsregierung habe praktisch keine Kontrolle über das Land, äthiopische Truppen versuchen eine Machtübernahme der Islamisten zu verhindern, vor der Küste überfallen Piraten Schiffe, mehr als 700000 Menschen sind aus der Hauptstadt Mogadischu geflohen.

Gleich an zweiter Stelle des Failed States Index folgt der Sudan. Die humanitäre Lage in Darfur sei unverändert schlecht, Rebellengruppen die von den Regierungen des Tschad und des Sudan unterstützt werden, bekämpfen sich und verschlimmern die Flüchtlingskrise in Darfur.

Die Situation im Irak habe sich in den letzten 12 Monaten zwar verbessert, fundamentale Veränderungen zum Positiven seien jedoch ausgeblieben. 4 Millionen Menschen sind auf der Flucht, staatliche Dienstleistungen an die Bürger gibt es kaum und der Konflikt zwischen den rivalisierenden sunnitischen, schiitischen und kurdischen Fraktionen zeige keine Besserung. Die verbesserte Sicherheits- und Wirtschaftslage könne sich jederzeit wieder verschlechtern. Die von den USA bewaffneten sunnitischen Milizen könnten ihre Waffen jederzeit gegen die irakische Regierung, die Schiiten oder die US-Armee richten.

Die Fortschritte, die der Irak in den vergangenen 12 Monaten gemacht habe seien "unerheblich" und könnten durch eine Nahrungsmittelkrise, ein Attentat auf eine hochrangige Persönlichkeit oder ein Attentat, das die ethnischen Spannungen hochkochen lässt, rückgängig gemacht werden. Diese Einschätzung führt dazu, dass der Irak auf Rang 5 des Failed States Index geführt wird.

Israel ist nach Bangladesh der Staat, der sich im Ranking im Vergleich zum Vorjahr, am meisten verschlechtert hat und rangiert auf Position 58. Als Gründe werden die Unfähigkeit die arabische Minderheit umfassend zu integrieren, wirtschaftliche Ungleichheit sowie die wachsende Uneinigkeit der politischen Führer genannt. Desweiteren sei der 58. Rang der Situation in der West Bank geschuldet. Die fortdauernde Not der Bewohner des Westjordanlandes habe auch Auswirkungen auf die Stabilität Israels.

Montag, 23. Juni 2008

AI-Bericht zur Folter in Tunesien

Unter dem Deckmantel der Anti-Terror-Politik werden in Tunesien Menschen illegal festgehalten und gefoltert. Diese Anschuldigungen erhebt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem heute erschienenen Bericht "In the Name of Security: Routine Abuses in Tunisia".

Die Anti-Terrorgesetze in dem nordafrikanischen Land würden missbraucht, um legitime und friedliche Aktivitäten der Opposition zu unterdrücken und unter Strafe zu stellen, so AI. Opfer der staatlichen Folter berichten davon, wie sie während ihrer Haft geschlagen und mit Elektroschocks behandelt wurden, dass ihnen Schlaf entzogen wurde und Flaschen und andere Gegenstände in ihren Hintern eingeführt wurden.

Die meisten dieser Menschenrechtsverletzungen würden von der Staatssicherheit DSS durchgeführt, die praktisch "ungestraft foltert", so der AI-Bericht. Staatsanwälte und Richter unternehmen nichts um die Rechte der Gefangenen zu schützen und machten sich so zu Komplizen der Misshandlungen.

Ungeachtet der schweren Menschenrechtsverletzungen haben die USA sowie arabische und europäische Staaten tunesische Staatsbürger in ihre Heimat ausgeliefert, die von den tunesischen Behörden beschuldigt werden, in "erroristischen Aktivitäten" verstrickt zu sein. "Anstatt Tunesier die Folter und unfaire Prozesse erwarten, zur Rückkehr in ihrer Heimat zu zwingen, sollten ausländische Regierungen Druck auf die tunesische Regierung ausüben, konkrete Schritte für eine Menschenrechtsreform zu unternehmen.", fordert Amnesty International.

Freitag, 20. Juni 2008

Libanon: Neue Regierung lässt auf sich warten

Einen Monat nach dem Abkommen von Doha haben sich die rivalisierenden Parteien im Libanon noch immer nicht auf die Bildung einer neuen Regierung einigen können. Der Streit entzündet sich an der Verteilung der Ministerposten. Zwar steht fest, dass 16 Portfolios von der Parlamentsmehrheit besetzt werden, 11 von der Opposition und drei Minister von Präsident Michel Suleiman bestimmt werden, allerdings herrscht Uneinigkeit darüber, wer welches Ministerium zugeschlagen bekommt.

Besonders die Schlüsselministerien wie Verteidigung, Inneres, Finanzen, Auswärtige Angelegenheiten, Justiz und Gesundheit sind umkämpft. Diese Ämter sind zum Einen mit Prestige und Einfluss verbunden und versprechen zugleich Pfründe, Gelder und Posten, die die Parteien an ihre Anhänger verteilen können. Die Interessen der libanesischen Bürger, die nach dem Doha-Abkommen euphorisch auf ein Ende der inner-libanesischen Zwistigkeiten hofften, spielen dabei aller Beteuerungen zum Trotz nur eine untergeordnete Rolle.

Besonders Michel Aoun, mit der Hizbollah verbündeter Führer der größten christlichen Fraktion im Parlament, erhebt Ansprüche, die von der Parlamentsmehrheit und Präsident Suleiman bislang abgelehnt wurden. So fordert der ehemalige General der libanesischen Armee etwa das Verteidigungsministerium für seine Freie Patriotische Bewegung. Außerdem sollten die Befugnisse des Ministerpräsidenten beschnitten werden.

Präsident Sleiman und der designierte alte und neue Regierungschef Fuad Siniora zeigen sich skeptisch, dass eine Einigung über die Zusammensetzung der Regierung der Nationalen Einheit in Kürze erreicht werden könnte. Die libanesische Verfassung setzt keine Frist für die Bildung einer Regierung. Daher ist nicht auszuschließen, dass bis zu den Parlamentswahlen 2009 keine Regierung vereidigt wird.

Donnerstag, 19. Juni 2008

Zum Umgang mit den Muslimbrüdern in Ägypten

Die ägyptische Regierung sollte die Muslimbrüder in die politische Landschaft integrieren und formal als Partei anerkennen. Diese Forderung erhebt die International Crisis Group (ICG) in ihrem gestern veröffentlichten Bericht "Egypt's Muslim Brothers: Confrontation or Integration".

Darin legt die ICG Welle der Repressalien und Verhaftungen dar, denen sich die Islamisten seit ihrem Erfolg bei den Parlamentswahlen Ende 2005 ausgesetzt sehen, bei denen sie etwa 20% der abgegebenen Stimmen erhielten. So wurde die Teilnahme der Muslimbrüder bei den Kommunalwahlen im April dieses Jahres praktisch verhindert, ihre Arbeit im Parlament stark eingeschränkt, tausende Mitglieder verhaftet, ihre Anführer und Finanziers vor Miltärgerichte gestellt.

Die Strategie der Regierung, die auf eine Unterdrückung der Muslimbrüder setzt, ist nach Ansicht der ICG "gefährlich kurzsichtig". Stattdessen sollte der Staat Schritte unternehmen um die Teilnahme der Bruderschaft am politischen Leben "zu normalisieren." All die Repressalien gegen die 1928 in Ismailia von Hassan al-Banna geründete Bewegung hätten nämlich keinesfalls deren Legitimation eingeschränkt.

Gleichzeitig habe auch die Muslimbruderschaft ihren Ansatz geändert. Sie nutze ihre Präsenz im Parlament um sich der Regierung entgegen zu stellen und sich als Kraft für politische Reformen zu präsentieren. Trotz der staatlichen Verfolgung nehme die Bewegung weiterhin an Wahlen für das Oberhaus, Lokalräte oder Gewerkschaften teil. Zudem hab man 2007 erstmals den Willen bekundet, eine politische Partei zu bilden. Diese Gelegenheit sollte genutzt werden, um den religiösen und den politischen Flügel der Muslimbrüder zu trennen, so die ICG.

Die Muslimbrüder müssten jedoch ihre Positionen beszüglich Demokratie und Menschenrechten klar definieren. Bisherige Erklärungen dazu seien widersprüchlich und bisweilen illiberal. Dies betreffe etwa die Rolle der Frau oder der Status religiöser Minderheiten. Nach dem Verständnis der Islamisten dürfte keine der beiden Gruppen den Staatschef stellen.

Die ICG bezeichnet es als sehr unwahrscheinlich, dass noch unter dem aktuellen Präsidenten Husni Mubarak die Muslimbrüder oder eine mit ihr verbündete Partei anerkannt werden. Das Regime und die Bruderschaft sollten jedoch in einen Dialog treten, der den Weg zu einer Einbindung der Bewegung ebene. "Die Muslimbrüder sind zu mächtig und zu repräsentativ, als dass Stabilität oder eine wirkliche Demokratisierung erreicht werden könnten, ohne sie einzubinden."

Mit der Frage, wie die EU und die USA mit den Muslimbrüdern umgehen sollten, befasst sich Joshua Stacher in seinem Bericht "Brothers in Arms? Engaging the Muslim Brotherhood in Egypt".

Darin fordert Stacher, Post-Doc Fellow an der Syracuse University, die westlichen Regierungen auf, mehr Druck auf die ägyptische Regierung auszuüben, ihre Reformversprechungen zu erfüllen und lautere Kritik zu üben wenn Oppositionelle, auch Islamisten, Opfer willkürlicher Verhaftungen werden. Wenn der Westen seine Glaubwürdigkeit widererlangen wolle, müsse der Druck auf den ägyptischen Staat das politische System zu öffnen und nicht gewalttätige Islamisten wie die Muslibrüder darin einzubeziehen, zunehmen.

Außerdem fordert Joshua Stacher, dass Vertreter westlicher Regierungen mehr Gelegenheiten nutzen sollten in einen Dialog mit ägyptischen Oppositionellen, darunter auch den Muslimbrüdern, zu treten. Es sei nicht hilfreich die Bewegung als unflexible religiöse Organisation zu betrachten, mit der man keine gemeinsame Grundlage teile. Stattdessen solle man die Bruderschaft daran messen, was sie sagt und wie sie handelt.

Stachers Forderungen sind von der Überzeugung geleitet, dass eine Fortschritt der politischen reformen in Ägypten und der Region unwahrscheinlich ist, wenn große islamistische Bewegungen vom politischen Prozess ausgeschlossen bleiben. Gleichzeitig zeugen sie von der Hoffnung, dass ein solcher Austausch dazu führt, dass islamistische Parteien von ihrer pauschalen Verurteilung westlicher Politik in der Region abrücken und Themen finden, bei denen sie konstruktiv mit europäischen und noramerikanischen Regierung zusammenarbeiten können.

Dienstag, 17. Juni 2008

Israel und Hamas einigen sich auf Waffenstillstand

Israel und die Hamas haben sich bei Verhandlungen unter ägyptischer Vermittlung auf einen Waffenstillstand geeinigt, der am Donnerstag Morgen in Kraft treten soll. Dies berichtet die ägyptische Nachrichtenagentur MENA, eine Bestätigung von israelischer Seite hierfür steht noch aus.

Die arabische Zeitung "al-Hayat" hatte zuvor gemeldet, das Waffenstillstandsabkommen sehe einen Drei-Phasen-Plan vor. Demnach werde zunächst eine 6-monatige Waffenruhe vereinbart. Drei Tage später solle Israel die Grenzübergänge Karni und Sufa zum Gazastreifen öffnen.

In einer zweiten Phase werde Israel das Verbot bestimmter Materialien und Rohstoffe für Gaza aufheben. Ausgenommen davon seien Rohmaterialien, die für den Bau von Bomben und Raketen verwendet werden könnten.

Eine Woche danach solle ein Treffen stattfinden, indem die Möglichkeiten für eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen diskutiert werden.

Über die Freilassung des von der Hamas entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit solle unabhängig vom Waffenstillstand verhandelt werden, berichtet "al-Hayat" weiter. Shalit befindet sich seit dem 25. Juni 2006 in Geiselhaft.

Der Generalstabschef der israelischen Armee, Gabi Ashkenazi, erklärte heute bei einer Anhörung vor dem Knesset-Kommitte für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, die Armee werde einen Waffenstillstand respektieren, sich aber gleichzeitig auf eine groß angelegte Militäroperation in Gaza vorbereiten.

Montag, 16. Juni 2008

Blogger im Nahen Osten - 27 Verhaftungen seit 2003

Seit 2003 sind in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens 27 Blogger inhaftiert worden, weil sie auf Menschenrechtsverstöße aufmerksam machten oder ihre Regierungen kritisierten. Dies geht aus dem aktuellen World Information Access Report hervor, der von der University of Washington veröffentlicht wurde.

14 Blogger wanderten in den letzten 5 Jahren in Ägypten ins Gefängnis, 8 im Iran, 3 in Syrien, 2 in Tunesien und je einer in Kuwait und Saudi-Arabien. Gründe für die Verhaftungen waren etwa die Organisation von Protesten über das Internet, die Verletzung "kultureller Normen", Kritik an der Politik, Berichte über Korruption und Menschenrechtsverletzungen oder Politiker.

Besonders im vergangenen Jahr wurden Blogger Ziel staatlicher Verfolgungen, allen voran in Ägypten. Dies unterstreicht die wachsende Bedeutung der Bloggerszene im Nahen Osten und zeigt die Bedrohung die die herrschenden Regime durch die freie Meinungsäußerung im Internet empfinden. In Ägypten wurden im vergangenen Jahr 9 Blogger im Umfeld der Wahlen zum Shura-Rat, dem ägyptischen Oberhaus, inhaftiert.

Seit Jahresbeginn sind 4 weitere Cyberdissidenten in Ägypten festgenommen worde, weil sie zu Streiks und Protesten aufgerufen hatten. Die Zahl der Blogger, die wegen ihrer Veröffentlichungen im Gefängnis landen, wird in den kommenden Monaten weiter zunehmen.

Freitag, 13. Juni 2008

Syrien löst sich aus der Isolation

In den letzten Wochen mehren sich die Anzeichen dafür, dass Syrien politisch und wirtschaftlich vom Doha-Abkommen, das den Machtkampf im Libanon fürs Erste auf Eis legte, profitiert. Jüngster Beweis für diese Entwicklung ist die Einladung des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy an Syriens Staatschef Bashar al-Assad an der traditionellen Militärparade anlässlich des französischen Nationalfeiertags teilzunehmen.

Paris hatte seine diplomatischen Beziehungen zu Damaskus nach dem Anschlag auf Libanons ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq al-Hariri im Februar 2005 unterbrochen. Hariri war ein enger persönlicher Freund des damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac. Nach der Wahl Michel Sleimans zum neuen libanesischen Staatspräsidenten erklärte Nicolas Sarkozy "eine neue Seite in den Beziehungen zwischen Frankreich und Syrien könnte sich öffnen."

Mit der Einladung an Bashar al-Assad erhofft sich Frankreichs Präsident zugleich syrische Unterstützung für die von Paris initiierte Mittelmeer-Union. Diese "Union für das Mittelmeer" soll am 13. Juli offiziell gegründet werden und die Zusammenarbeit zwischen der EU und den afrikanischen und westasiatischen Mittelmeer-Anrainern auf Gebieten wie Energie, Sicherheit und Handel verbessern.

Bereits in der vergangenen Woche unterzeichnete Syrien mit dem französischen Unternehmen Lafarge einen Vertrag, der den Bau zweier Zementfabriken in Damaskus und Aleppo vorsieht. Die Franzosen planen hierfür Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar. Außerdem hofft Frankreich auf den Zuschlag für den Bau einer U-Bahn in Damaskus und den Kauf mehrerer Airbus-Flugzeuge durch die staatliche syrische Fluggesellschaft.

In der nächsten Woche wird Bashar al-Assad gemeinsam mit seiner Ehefrau Asma nach Indien reisen. Auch mit der aufstrebenden südasiatischen Wirtschaftsmacht sollen Wirtschaftsabkommen geschlossen werden, etwa auf den Feldern der Ölförderung oder der IT-Branche in Syrien.

Innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft scheint Syrien ebenfalls aus seiner jahrelangen Isolation herauszutreten. Seit dem Abkommen von Doha besuchte Assad Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Libyen. Die Emirate sagten Damaskus zu 500000 Tonnen Weizen aufzukaufen und anschließend den Syrern kostenlos zu überlassen, um die heftigen Preissteigerungen für Lebensmittel in Syrien zu drosseln.

Diese Rehabilitation Syriens unterläuft Bemühungen der USA das Land durch Sanktionen wirtschaftlich zu isolieren. Frankreich, Indien und einige arabische Länder sind nicht bereit den Vereinigten Staaten auf diesem Kurs zu folgen und nutzen die amerikanische Weigerung zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Damaskus aus.

Derzeit ist jedoch noch völlig offen, ob die positive Einstellung gegenüber Syrien von Dauer sein wird. Dies hängt zum einen von den innenpolitischen Entwicklungen im Libanon ab, wo sich die Bildung einer neuen Regierung weiter hinzieht. Zum anderen droht den Damaskus Ungemach durch das Hariri-Tribunal, das möglicherweise syrische Staatsbürger anklagen wird, am Mord des ehemaligen libanesischen Regierungschefs beteiligt gewesen zu sein. Außerdem bleibt abzuwarten wie etwa Staaten wie Ägypten und Saudi-Arabien, die Assads Regime ablehnend gegenüber stehen, auf die jüngsten Entwicklungen reagieren werden.

Mittwoch, 11. Juni 2008

Irak: Widerstand gegen Sicherheitsabkommen mit den USA

Der Abschluss zweier Verträge zwischen den USA und dem Irak über eine langfristige Militärpräsenz der Amerikaner im Zweistromland verzögert sich weiter. Ursprünglich sollten das Status of Forces Agreement (SoFA) und das Strategic Framework Agreement (SFA) bis Ende Juli vorgelegt werden, so dass die Abkommen bis Ende des Jahres ratifiziert werden können.

Das SoFA-Abkommen soll den rechtlichen Schutz des amerikanischen Militärpersonals sowie amerikanischen Besitzes im Irak regeln. Ähnliche Vereinbarungen haben die USA auch mit anderen Staaten geschlossen, in denen sie dauerhafte Militärbasen unterhalten, darunter Deutschland und Japan.

Das Strategic Framework Agreement regelt die Rolle der USA beim hinsichtlich der Verteidigung des Irak vor inneren und äußeren Bedrohungen, der nationalen Versöhnung und der Bekämpfung von Terrorgruppen.

Unter Iraks Politikern, innerhalb wie außerhalb der Regierung, regt sich Widerstand gegen eine Unterzeichung der Abkommen zu den derzeit bekannten Bedingungen. Mitglieder der schiitischen Dawa-Partei von Ministerpräsident Nuri al-Maliki erklärten, das SoFA-Abkommen sehe die Einrichtung von 58 Militärbasen der US-Armee vor. Das würde eine Ausweitung der US-Präsenz bedeuten, da die Amerikaner derzeit nur 30 Militärstützpunkte im Irak unterhalten.

Des weiteren forderten die Verhandlungsführer der USA die Kontrolle des irakischen Luftraums bis in eine Höhe von 30000 Fuß, sowie die Immunität für US-Soldaten und Kämpfer privater Sicherheitsfirmen. Darüber hinaus solle den US-Truppen das Recht gegeben werden irakische Aufständische festzuhalten.

Ali al-Adib, führendes Mitglied der Dawa-Partei, erklärte zu dem von den USA vorgeschlagenen Abkommen.: "Es würde die irakische Souveränität einschrenken. Die Amerikaner bestehen darauf, dass sie entscheiden, was eine Agression gegen den Irak und was Demokratie im Irak darstellt. Wenn wir einer Agression ausgesetzt sind, sollten wir diese als solche definieren und um Hilfe bitten."

Am Montag traf sich Regierungschef al-Maliki in Teheran mit dem iranischen Revolutionsführer Ali Khamenei. Dieser habe den Iraker angewiesen, den Sicherheitspakt mit den USA nicht zu unterzeichnen, da diese lediglich ihre dauerhafte Besatzung des Irak legitimieren wollten. Die Folge sei, dass sich die Amerikaner in alle inneren Angelegenheiten des Landes einmischen würden, ähnlich wie es die Briten nach der Unabhängigkeit des Irak 1932 taten. Teheran fürchtet zudem, der Irak könnte der Ausgangspunkt für eine US-Invasion des Iran werden.

Iraks Außenminister Hoshyar Zebari verwies darauf, dass die Verhandlungen über die Abkommen mit den USA noch liefen und alle Verträge vom Parlament verabschiedet werden müssten. Die USA wollen die Verhandlungen bis Ende Juli abschließen, damit die Verträge mit Ablauf des UN-Mandats am 31. Dezember 2008 in Kraft treten können.

Gleichwohl haben Regierungsvertreter in Wahington eingeräumt, dass sich die Verhandlungen bis zum nächsten Jahr hinziehen könnten. Damit besteht die Möglichkeit, dass den Irakern dann amerikanische Gesprächspartner gegenübersitzen, die einen schrittweisen Rückzug aus dem Irak einleiten wollen. Vielde deutet darauf hin, dass die irakische Führung Zeit gewinnen will, bis ein neuer US-Präsident gewählt wird.

Dienstag, 10. Juni 2008

Ägypten verbietet Genitalverstümmelung

Ägyptens Nationalversammlung hat am Sonntag ein Gesetz verabschiedet, das die Verstümmelung weiblicher Genitalien ab sofort unter Strafe stellt. Bei Zuwiderhandlung drohen künftig Geldstrafen zwischen umgerechnet 120 und 600 Euro oder Haftstrafen von drei Monaten bis zwei Jahren.

Bereits 1997 hatte das Gesundheitsministerium versucht, der gerade in Oberägypten weitverbreiteten Praxis Einhalt zu gebieten, als es festlegte, dass die Beschneidung weiblicher Genitalien nur von Ärzten und nur "in Ausnahmefällen" durchgeführt werden dürfe. Im Juni 2007 erließ das gleiche Ministerium ein Dekret, das allen Medizinern die Durchführung dieser Operation untersagte. Doch auch das am Wochenende beschlossene Gesetz sieht Ausnahmen vor, wenn eine "medizinische Notwendigkeit" für eine Beschneidung vorliegt.

Ein zweites Gesetz erlaubt Müttern künftig, ihre Kinder unter ihrem Namen registrieren zu lassen. Bislang trugen außerehelich geborene Kinder automatisch den Familiennamen des Vaters. Beide Parlamentsbeschlüsse wurden gegen die Stimmen der im Parlament vertretenen Muslimbrüder getroffen. Sie argumentierten, dass die Registrierung der Kinder mit dem Familiennamen der Mutter koranischen Bestimmungen widerspreche.

Auch die Beschneidung der Frau sei Teil der islamischen Werte und Traditionen und widerspreche nicht der Sharia. Einen anderen Standpunkt in dieser Frage vertritt der ägyptische Großmufti Ali Gomaa. Weder im Koran noch in der Sunna werde die Beschneidung der weiblichen Genitalien gutgeheißen. Nachdem im Juni 2007 ein Mädchen an den Folgen der Verstümmelung starb, erklärte Gomaa die Beschneidung nicht nur für unislamisch sondern für verboten. Auch eine Konferenz islamischer Gelehrte an der Azhar-Universität ächtete im November 2006 die Genitalverstümmelung.

Befürworter der Beschneidung berufen sich auf einen Hadith, also einen Ausspruch des Propheten Muhammad, indem dieser zu einer Beschneiderin weiblich Sklaven gesagt haben soll: "Wenn du schneidest übertreibe nicht, denn dass ist angenehmer für die Frau und besser für den Mann." Dieser Hadith gilt jedoch als schwach, da die Überliefererkette, die den Ausspruch bis zu seiner Verschriftlichung weitertrug, unvollständig ist. Andere Befürworter argumentieren, dass Muhammad die vorislamische Tradition der weiblichen Beschneidung nicht ausdrücklich verbat und diese somit billigte.

Freitag, 6. Juni 2008

Darfur: Chefankläger wirft Sudans Regierung systematischen Völkermord vor

Mit drastischen Worten hat der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno-Ocampo, am Donnerstag vor dem UN-Sicherheitsrat die Lage in Darfur geschildert und dabei die sudanesische Regierung des Völkermords beschuldigt. Der Argentinier stellte gestern seinen siebenten Bericht vor, seit der UN-Sicherheitsrat 2005 mit der Resolution 1593 den Internationalen Strafgerichtshof mit der Untersuchung der Verbrechen in Darfur beauftragt hatte.

"In Darfur zeigen Beweise eine organisierte Kampagne sudanesischer Offizieller um Zivilisten anzugreifen, besonders die Fur, Massalit und Zarghawa, mit dem Ziel ganze Gemeinschaften physisch und seelisch zu zerstören." Der gesamte Staatsapparat sei in den letzten 5 Jahren dafür mobilisiert worden, so Moreno-Ocampo weiter. Das Militär, sowie die Sicherheits- und Geheimdienste arbeiteten mit den Janjaweedmilizen zusammen, ebenso seien alle Ministerien, der diplomatische Dienst und die Justiz an den Verbrechen in Darfur beteiligt.

"Das Verdecken von Straftaten sudanesischer Offizieller, das Vortäuschen, dass alles gute wäre in Darfur, Andere der Verbrechen zu beschuldigen - das ist ein Charakteristikum des kriminellen Systems. Wie haben das alles schon einmal gesehen - in Ruanda, im ehemaligen Jugoslawien, in meinem eigenen Land Argentinien während der Militärdiktatur", so Moreno-Ocampo gestern. "Das Nazi-Regime berief sich auf seine nationale Souveränität um seine eigene Bevölkerung anzugreifen, dann überquerte es seine Grenzen um Menschen in anderen Ländern anzugreifen."

Die Regierung des Sudan kooperiere nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Das Gericht habe Haftbefehle für zwei sudanesische Staatsbürger, Ahmed Harun und Ali Kushayb, einen Führer der Janjaweed-Miliz ausgestellt, die Regierung in Kharoum weigere sich jedoch, die beiden dem Strafgerichtshof zu überstellen.

"Ahmed Harun ist noch immer Staatsminister für humanitäre Angelegenheiten. Er ist Mitglied in dem Kommitte, das die Stationierung der UNAMID-Mission überwacht. Straflosigkeit ist kein leeres Wort. Ahmed Harun greift Zivilisten an, verhindert Hilfslieferungen und unterminiert die schützende Funktion der Friedenstruppen. Die internationale Gemeinschaft schickt Feuerwehrleute und die Regierung in Khartoum unterstützt den Brandstifter."

Im Dezember vergangenen Jahres habe der Strafgerichtshof geplant, ein Flugzeug umzulenken, mit dem Haroun zur Hajj nach Mekka fliegen wollte. Die sudanesische Regierung habe jedoch von den Plänen erfahren und die Reise verhindert, so Moreno-Ocampo. "Sobald Haroun den Sudan verlässt, wird er verhaftet."

Sudans Staatschef Umar al-Bashir zeigte sich von den Worten des Chefanklägers unbeeindruckt. Bei einem Treffen mit einer UN-Delegation in Khartoum erklärte Bashir, die internationale Gemeinschaft würde die Situation in Darfur ausnutzen. "Diese teuflische Kampagne greift die Politik und die Positionen meines Landes an. Sie ist bestrebt zu übertreiben und Fakten zu verzerren. Sie hat das Image, Erbe und die Werte unseres Volkes verletzt."

Die Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs ist völkerrechtlich nicht unumstritten, da etwa durch das Gericht Vertreter fremder Staaten direkte Macht über Bürger anderer Staaten bekommen. 41 Länder haben das Rom-Statut zur Schaffung des IStGH zwar unterzeichnet aber nicht ratifiziert, darunter die USA, China, Russland, Israel und der Iran. Bei der Abstimmung des UN-Sicherheitsrats zur UN-Resolution 1593, die dem Gericht in Den Haag das Recht zur Verfolgung der Verbrechen in Darfur gibt, enthielten sich die USA.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Obamas Pro-Israel-Rede schockt Palästinenser

Die Palästinenserführung zeigt sich geschockt und wütend von Äußerungen des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama vor dem American Israeli Public Affairs Committee (AIPAC). Dort hatte Obama gestern erklärt: "Jerusalem wird die Hauptstadt Israels bleiben und sie wird ungeteilt bleiben."

Die Palästinenser wollen das 1967 von Israel eroberte und besetzte Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres zukünftigen Staates machen. Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas wies gegenüber al-Jazeera Obamas Äußerungen brüskiert zurück: "Jeder weiß, dass Ost-Jerusalem 1967 besetzt wurde und wir werden einen Staat ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt nicht akzeptieren. Ich denke die Sache ist klar."

Saeb Erekat, palästinensischer Verhandlungsführer in den aktuell laufenden Friedensgesprächen mit Israel, erklärte Obamas Rede habe "alle Türen zum Frieden geschlossen."

Hinsichtlich eines eventuellen Friedensschlusses zwischen Israel und der palästinensischen Führung erklärte Obama bei seiner Ansprache in Washington: "Israels Sicherheit ist sakrosant und nicht verhandelbar. Die Palästinenser brauchen einen zusammenhängenden Staat, der es ihnen erlaubt im Wohlstand zu leben - aber jedes Abkommen mit dem palästinensischen Volk muss Israels Identität als jüdischer Staat bewahren mit sicheren, anerkannten und zu verteidigenden Grenzen."

Erekat warf Obama daraufhin vor "israelischer als die Israelis selbst" zu sein. Weiter erklärte der Vertraute von Palästinenserpräsident Abbas: "Was mich wirklich enttäuscht ist, dass jemand wie Barack Obama, der mit einer Kampagne des Wandels antritt - wenn es um AIPAC und darum geht, was über einen palästinensischen Staat gesagt werden muss, dann scheitert er."

Sami Abu Zuhri, Sprecher der im Gazastreifen regierenden Hamas, erklärte, Obamas Worte seien Beweis "für die Feindschaft gegenüber Arabern und Muslimen und die Beteiligung an der Agression gegen die Palästinenser".

Mittwoch, 4. Juni 2008

Fotos aus Kairo und Alexandria

Mit einiger Verspätung noch ein paar Fotos aus Ägypten, unter anderem vom IAM-Konzert an den Pyramiden.


Kairo und Alex

Dienstag, 3. Juni 2008

Sunnitische Extremisten im Libanon

Wenige Tage nachdem sich die rivalisierenden politischen Lager im Libanon auf eine Machtteilung einigten, haben die radikal-sunnitischen Bewegungen Fatah al-Islam und Jund al-Sham mit zwei Anschlägen auf die libanesische Armee auf sich aufmerksam gemacht.

Zunächst explodierte am Samstag nahe des palästinensischen Flüchtlingslagers Nahr al-Bared eine Bombe, die einen 23-jährigen Soldaten tötete. Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppe Fatah al-Islam, die sich vor genau einem Jahr in Nahr al-Bared schwere Gefechte mit den libanesischen Streitkräften geliefert hatte. Bei den Kämpfen kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, weite Teile des Palästinenserlagers wurden zerstört.

Am selben Tag erschossen libanesische Soldaten einen Mann der sich ihnen am Eingang zum Flüchtlingslager Ain al-Hilweh näherte. In der Hand hielt der Mann eine Handgranate, um den Bauch hatte er einen Sprengstoffgürtel geschnallt. Er trug gefälschte Papiere des UN-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser bei sich, die ihn fälschlicherweise als Palästinenser ausweisen sollten. Vermutlich war der verhinderte Selbstmordattentäter Anhänger der Jund al-Sham, die sich im vergangenen Sommer ebenfalls Kämpfe mit der Armee in Ain al-Hilweh lieferten.

Die Ereignisse vom Wochenende unterstreichen die Gefahr, die von extremistischen sunnitischen Gruppierungen im Libanon ausgeht. Verstärkt werden könnte der Zulauf dieser Bewegungen durch die Kämpfe zwischen der schiitischen Hizbollah und der sunnitischen Mustaqbal-Bewegung Anfang Mai, bei denen die sunnitische Regierungsmiliz der Hizbollah nicht gewachsen war. Auf Grund dieser von einigen als Demütigung empfundenen Niederlage könnten sich Sunniten gerade aus dem armen Nordlibanon Bewegungen wie der Fatah al-Islam zuwenden.

Im vergangenen Jahr waren es vor allem Irak-Veteranen der al-Qaida und anderer Gruppen, um die sich die Fatah al-Islam-Kämpfer aus dem In- und Ausland scharten. Der Libanon bietet ihnen einen idealen Nährboden aus konfessionellen Spannungen, einer schwachen Zentralregierung und nur begrenzt schlagkräftigen Sicherheitskräften.

Die Zeitung al-Safir berichtete am Montag, sunnitische Terroristen planten Anschläge gegen die im Südlibanon stationierten UNIFIL-Soldaten. Die Sicherheitskräfte im Norden und Süden des Landes seien in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.

Im letzten Jahr erhielten die Extremisten der Fatah al-Islam und Jund al-Sham praktisch keine Unterstützung seitens der libanesischen Sunniten, die in großer Mehrheit den Kampf der Armee in Bahr al-Bared unterstützten. So lange der politische Konflikt im Libanon in erster Linie als ein politischer Machtkampf und nicht als ein konfessioneller Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten verstanden wird, dürfte die Unterstützung für die jihadistischen Sunniten weiterhin gering ausfallen. Bis dahin dürfte die größte Gefahr von kleinen Extremistenzellen ausgehen, deren Kämpfer häufig aus dem arabischen Ausland stammen.

Montag, 2. Juni 2008

Regierungskrise in Kuwait

Weniger als einen Monat nach den Parlamentswahlen in Kuwait hat Emir Sabah al-Ahmad al-Sabah mit der Auflösung der Nationalversammlung gedroht. Grund ist die Weigerung der Parlamentsmehrheit mit der von Sabah ernannten Regierung zusammen zu arbeiten.

Bei den Wahlen am 17. Mai wurde das 50-köpfige Parlament neu bestimmt, nachdem die Nationalversammlung zuvor vom Emir aufgelöst worden war. Gemäß der Verfassung des Golfstaats ist der Premierminister zwar dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, allerdings haben die Abgeordneten das Recht, einzelne Minister öffentlich anzuhören. Diese Anhörungen werden live im Fernsehen übertragen und stellen die wirksamste Waffe der Parlamentarier dar.

Aus den Parlamentswahlen gingen die sunnitischen Islamisten gestärkt hervor, die nun 21 Abgeordnete stellen. Hinzu kommen 5 schiitische Abgeordnete, die ebenfalls dem islamistischen Lager zugerechnet werden. Zwei der Parlamentarier waren im März dieses Jahres kurzzeitig verhaftet worden, nachdem sie an einer Trauerfeier für den getöteten Hizbollah-Kommandeur Imad Moughniyeh teilgenommen hatten. Die Regierung beschuldigt sie zudem, einen kuwaitischen Arm der Hizbollah gegründet zu haben. Die Schiiten stellen etwa ein Drittel der circa eine Million Kuwaitis.

Die liberalen und nationalistischen Fraktionen stellen zusammen 11 Abgeordnete, die übrigen Mandate gingen an Stammesführer. Keine einzige der 27 kandiderenden Frauen schaffte den Einzug in die Majlis al-Umma.

Der Zorn des Parlaments entzündet sich daran, dass sich das Wahlergebnis nicht in der vom Emir ernannten Regierung widerspiegelt, indem viele alte Gesichter wieder auftauchen. So machte der Monarch erneut seinen Neffen Nasser Mohammed al-Ahmad al-Sabah zum Regierungschef. Auch die Schlüsselministerien für äußere Angelegenheiten, Inneres und Verteidigung wurden erneut mit Mitgliedern der Herrscherfamilie besetzt.

Während der gestrigen Parlamentseröffnung und der Vereidigung der 15 Minister blieben 9 islamistische Abgeordnete der Zeremonie fern. Sie protestierten zum einen gegen die Zusammensetzung der neuen Regierung und dagegen, dass die beiden Ministerinnen bei ihrer Vereidigung ohne Kopftuch erschienen.

Der Emir hat das Recht, die Nationalversammlung jederzeit aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Von diesem Recht wurde in den vergangenen beiden Jahren bereits zwei Mal Gebrauch gemacht, da Regierung und Parlament nicht kooperierten und die Nationalversammlung laufend Minister zu öffentlichen Anhörungen vorlud.

Notwendige Wirtschaftsreformen blieben seither auf der Strecke. Ausgerechnet der Golfstaat mit der längsten Tradition demokratischer Einrichtungen läuft Gefahr den Anschluss an seine Konkurrenten Bahrain und Qatar zu verlieren.