46 Jahre arbeitete Mahmoud Khodeiri im ägyptischen Justizwesen, zuletzt stand er dem höchsten Appelationsgericht des Landes vor. Mitte September 2009 trat Khodeiri schließlich von seinem Posten zurück - und erhebt nun schwere Vorwürfe gegen Präsident Hosni Mubarak.
"Es ist klar, dass das Regime ehrliche Richter nicht besonders mag", fasst er gegenüber der ägyptischen Tageszeitung al-Masri al-Yawm seine Enttäuschung über die politische Instrumentalisierung der ägyptischen Justiz zusammen.
Khodeiri gehörte zudem dem formal höchsten juristischen Gremium Ägyptens, dem Obersten Verfassungsrat, an. Nach der umstrittenen Wiederwahl Mubaraks 2005 hatte dieser eine Untersuchung der erhobenen Vorwürfe veranlasst. Wohl zur unangenehmen Überraschung des ägyptischen Präsidenten stellte das Gremium schwerwiegende Unregelmäßigkeiten und klare Gesetzesbrüche fest - und brüskierte Mubarak, der jeglichen Betrug kategorisch von sich wies, als es von "weitreichenden Wahlfälschungen" sprach.
Bereits in der Vergangenheit hatte der Oberste Verfassungsrates Mubarak ein ums andere Mal düpiert und die ihm formal zustehende Unabhängigkeit auch tatsächlich bewiesen. So ordnete das Gremium in den 1980ern zweimal die Auflösung der Volksversammlung an, im Jahr 2000 wurden die Parlamentswahlen der Jahre 1990 und 1995 für gefälscht erklärt.
Mubarak reagierte - und machte Mitte Juli 2009 von seinem Ernennungsrecht für den Obersten Verfassungsrat Gebrauch. Al-Ahram gegenüber mutmaßte Khodeiri damals, dass "Mubarak alle Hebel in Bewegung setzt, um die wichtigen Posten in der Justiz mit absolut loyalen Günstlingen zu besetzen." Auswirkungen hat das vor allem auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen 2011 und die wohl bevorstehende Machtübergabe Mubaraks, die der scheidende Präsident wohl ganz nach seinen Vorstellungen sicherstellen will.
Der neue Vorsitzende des Obersten Verfassungsrates, der 68-jährige Farouk Sultan, soll dafür Gewähr tragen, schließlich wird er in dieser Funktion auch die Oberste Wahlkommission leiten und über die Zulassung aller Kandidaten entscheiden. Khodeiri verweist auf das Beispiel der letzten Wahlen 2005 und den damaligen Vorsitzenden des Obersten Verfassungsrates Mamdouh Marei. "Nicht wenige glauben, dass Marei, in Abwesenheit internationaler Wahlbeobachter, die Präsidentschaftswahlen 2005 zugunsten Mubaraks manipuliert habe. Zur Belohnung wurde er danach umgehend zum Justizminister ernannt."
Das ist nicht der einzige Vorwurf in Richtung Marei, dem er zudem direkte Einmischung in die Rechtsfindung, besonders in politisch motivierten oder brisanten Fällen vorwirft: "Es gibt einige Richter, die bestimmte sensible politische Fälle bekommen, um ein bestimmtes, von der Regierung gewünschtes Urteil zu bekommen. All dies geschieht auf Anordnung des Justizministers."
Mittwoch, 30. September 2009
Montag, 28. September 2009
Fastenbrechen in Marokko - 100 Polizisten gegen 10 Sandwichs
Der Ramadan ist zwar seit einigen Tagen vorbei, für eine Gruppe junger Marokkaner hat der islamische Fastenmonat jedoch Folgen. Sie hatten im Internet zum Fastenbrechen während der Nachmittagsstunden aufgerufen. Nun drohen ihnen empfindliche Geld- oder Haftstrafen.
Freitag, 25. September 2009
Türkei und Syrien: Ein neues Bündnis am Horizont ?
Als am 16. September 2009 der der syrische Außenminister Walid Muallem und sein türkischer Amtskollege Ahmet Davutoglu zur Pressekonferenz luden, um ein bilaterales Abkommen zum freien Waren- und Reiseverkehr zwischen beiden Ländern zu verkünden, stieß das auf vergleichsweise wenig mediale Beachtung. Kein Wunder, schließlich kündigte sich die UNO-Vollversammlung in New York an, die dicht gedrängt auch die erwarteten Schlagzeilen produzierte und alle wesentlichen Konfliktherde und -akteure - Netanyahu, Abbas, Obama, Gaddafi und Ahmadinejad - bündelte.
Im Schatten des medialen Großaufgebots scheint jedoch eine neue Allianz am Horizont, die möglicherweise die politischen und ökonomischen Dynamiken der Region eher verändern kann.
Denn der beidseitige Abschaffung der Visapflicht soll nur der Anfang sein für eine neue Ära umfassender syrisch-türkischer Partnerschaft, wie beide Seiten deutlich machten.
Noch vor zehn Jahren schien das fast undenkbar. Unversöhnlich standen sich die Türkei und Syrien gegenüber. Der Streit um Zugang und Nutzung des Euphrat-Wassers sowie die unverhohlene Unterstützung Syriens für die kurdische Arbeiterpartei PKK führte zu ständigen Spannungen und Grenzscharmützeln. Nur zaghaft ging Bashar al-Assad nach seiner Amtsübernahme auf den Nachbarn zu. Erst als der Politikprofessor Ahmet Davutoglu als Außenminister eine neue Vision der regionalen Rolle der Türkei formulierte, näherten sich Ankara und Damaskus an und stellten fest, dass beiden Staaten Kooperation mehr nützt als latente Feindschaft.
Auf mehrere Gebieten könnte die neue Allianz wesentliche Auswirkungen haben:
1. Wirtschaft:
Bereits im letzten Jahr schloss die Türkei ein ähnlichen Vertrag zum Reise- und Warenverkehr mit der irakischen Regierung unter Nuri al-Maliki, mit dem Iran ist ein solches Abkommen schon seit Jahren in Kraft. Dieser neue "Schengen-Raum" soll langfristig den zweiten integrierten Wirtschaftsgroßraum im Nahen Osten - neben der Golfregion - schaffen. Zudem soll sich die Chance bieten, einen für den Nahen Osten so typischen Wasserkonflikt auf friedliche Weise und im Konsens zu regeln.
2. Israel/Palästina:
Lange Zeit stand die Türkei abseits der wichtigen Akteure im zentralsten aller Nahostkonflikte. Die meisten arabischen Staaten verurteilten die regional einmalig engen Beziehungen Ankaras, und besonders des politischen einflussreichen Militärs, zu Israel. Die AKP und Davutoglu schlugen einen neuen Kurs ein und sucht nun gerade dieses traditionell gute Verhältnis zu Israel zu nutzen, um als neuer Friedensvermittler zur Regionalmacht aufzusteigen. Auf arabischer Seite wiederum konnte die türkische Führung wiederum glaubhaft punkten, als Ministerpräsident Erdogan auf dem Weltwirtschaftsforum im Davos Anfang 2009 Israels Präsidenten Shimon Peres öffentlich scharf für den Gazakrieg geißelte und die indirekten Friedensverhandlungen auf Eis legte.
Aus syrischer Sicht ist das durchaus von Vorteil. Denn seit dem Antritt der Rechtskoalition um Benjamin Netanyahu und Avigdor Liebermann ist das türkisch-israelische Verhältnis sichtlich abgekühlt. Und zusammen mit den international integren Türken könnte Syrien seinen Weg aus der internationalen Isolation fortführen und seiner Verhandlungsposition erheblich mehr Gewicht verleihen.
3. Irak:
Das syrisch-irakische Verhältnis gestaltet sich dem Sturz Saddam Husseins äußerst ambivalent. Einerseits schulterte Syrien die Hauptlast des irakischen Flüchtlingsstrom, andererseits wirft Bagdad seinem Nachbarn stets vor, das Einsickern von Terroristen über die gemeinsame Grenze nicht zu unterbinden, oder gar bewusst zu fördern. So zuletzt Mitte August, als mehrere Bomben das Bagdader Regierungsviertel erschütterten und Ministerpräsident Nuri al-Maliki wütend Richtung Damaskus polterte. Die Türkei könnte zwischen beiden Streithähnen schlichten und gemeinsame Interessen aller drei Staaten, etwa in den Bereichen Wasser- und Energieversorgung, hervorheben.
Desweiteren beherbergen alle drei Staaten, sowie Iran, erhebliche kurdische Bevölkerungsanteile, wenngleich in diesem Bereich Entwicklungen in alle Richtungen möglich scheinen und nur schwer zu prognostizieren sind. Einerseits teilen alle diese Staaten die Furcht vor einem erstarkenden kurdischen Nationalismus, der von der immer selbstbewusster auftretenden Regionalverwaltung im Irak ausgeht. Insofern könnten die Kurden Gefahr laufen, koordinierten Repressionen seitens Syriens, Irans und der Türkei ausgesetzt zu werden. Andererseits stellen Kurden ein wichtiges Wählerpotenzial für die türkische Regierungspartei AKP, die innerhalb der stark nationalistischen Parteienlandschaft den kulturellen Rechten der Kurden noch am offensten gegenübersteht. Offene militärische Interventionen im Irak, wie zuletzt 2007, sind unter Davutoglu jedenfalls kaum zu erwarten. Mehr kulturelle Rechte und ein erleichterter Waren- und Reiseverkehr könnte denn auch den Lebenstandard der kurdischen Bevölkerung heben und, so das Kalkül, dem kurdischen Nationalismus den Wind aus den Segeln nehmen.
4. EU-Beitritt:
Inwiefern die türkisch-syrische Allianz die Ambitionen der Türkei auf den EU-Beitritt beeinflusst, kann unterschiedlich interpretiert werden. Auf den ersten Blick scheint Ankara auf die stockenden Beitrittsverhandlungen mit einer Umorientierung gen Orient zu reagieren. In einem solchen zukünftigen Staatenbündnis könnte Ankara dann sogar eine führende Rolle spielen und wäre nicht auf eine Appanage am Rande Europas reduziert. Andererseits aber kann das türkische Engagement in Nahost gerade als eine Art Bewerbungsschreiben für einen EU-Beitritt gedeutet werden. Die Türkei unterstreicht die Bedeutung, die ihr Einfluss auf die verschiedenen, oben angeführten, Konfliktfelder der Region für die EU haben kann und steigert so ihren Wert für das europäische Staatenbündnis. Sowohl in Fragen der Energieversorgung, als auch der Außen- und Sicherheitspolitik könnte die Türkei als entscheidendes Bindeglied auftreten und dem internationalen Gewicht und dem regionalen Ansehen der EU wieder zu Geltung verschaffen.
5. Türkisch-Arabisches Verhältnis
Die Spannungen zwischen Syrien und der Türkei beschränken sich nicht allein auf politische und wirtschaftliche Fragen. Der Gegensatz von türkischem und arabischem Nationalismus hat seit dem Ende des Osmanischen Reiches Ressentiments auf beiden Seiten unterfüttert. Die Annäherung könnte, so die Hoffnung, das gemeinsame kulturelle Erbe beider Staaten betonen. Sowohl in Syrien als auch in der Türkei könnte der erleichterte Reiseverkehr auch Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen ermöglichen und möglicherweise zu einer Revision etablierter Geschichtsbilder der jeweiligen Nationalismen führen.
Die Wunden der Vergangenheit werden allerdings noch eine Weile brauchen, um zu heilen. Das gilt insbesondere für die syrische Seite, die noch immer auf den Sanjak Alexandretta im Nordwesten besteht, der 1939 von der Türkei annektiert worden war. Das Gebiet um die alte Metropole Antiochia ist auf jeder syrischen Karte als integraler Bestandteil Syriens ausgewiesen, Damaskus hat die Annexion nie akzeptiert. Das umstrittene Territorium könnte so als großer Zankapfel der gegenseitigen Annäherung im Weg stehen - kann aber genauso gut davon profitieren und als gemeinsamer Begegnungsort zwischen Türken und Arabern voranschreiten.
Im Schatten des medialen Großaufgebots scheint jedoch eine neue Allianz am Horizont, die möglicherweise die politischen und ökonomischen Dynamiken der Region eher verändern kann.
Denn der beidseitige Abschaffung der Visapflicht soll nur der Anfang sein für eine neue Ära umfassender syrisch-türkischer Partnerschaft, wie beide Seiten deutlich machten.
Noch vor zehn Jahren schien das fast undenkbar. Unversöhnlich standen sich die Türkei und Syrien gegenüber. Der Streit um Zugang und Nutzung des Euphrat-Wassers sowie die unverhohlene Unterstützung Syriens für die kurdische Arbeiterpartei PKK führte zu ständigen Spannungen und Grenzscharmützeln. Nur zaghaft ging Bashar al-Assad nach seiner Amtsübernahme auf den Nachbarn zu. Erst als der Politikprofessor Ahmet Davutoglu als Außenminister eine neue Vision der regionalen Rolle der Türkei formulierte, näherten sich Ankara und Damaskus an und stellten fest, dass beiden Staaten Kooperation mehr nützt als latente Feindschaft.
Auf mehrere Gebieten könnte die neue Allianz wesentliche Auswirkungen haben:
1. Wirtschaft:
Bereits im letzten Jahr schloss die Türkei ein ähnlichen Vertrag zum Reise- und Warenverkehr mit der irakischen Regierung unter Nuri al-Maliki, mit dem Iran ist ein solches Abkommen schon seit Jahren in Kraft. Dieser neue "Schengen-Raum" soll langfristig den zweiten integrierten Wirtschaftsgroßraum im Nahen Osten - neben der Golfregion - schaffen. Zudem soll sich die Chance bieten, einen für den Nahen Osten so typischen Wasserkonflikt auf friedliche Weise und im Konsens zu regeln.
2. Israel/Palästina:
Lange Zeit stand die Türkei abseits der wichtigen Akteure im zentralsten aller Nahostkonflikte. Die meisten arabischen Staaten verurteilten die regional einmalig engen Beziehungen Ankaras, und besonders des politischen einflussreichen Militärs, zu Israel. Die AKP und Davutoglu schlugen einen neuen Kurs ein und sucht nun gerade dieses traditionell gute Verhältnis zu Israel zu nutzen, um als neuer Friedensvermittler zur Regionalmacht aufzusteigen. Auf arabischer Seite wiederum konnte die türkische Führung wiederum glaubhaft punkten, als Ministerpräsident Erdogan auf dem Weltwirtschaftsforum im Davos Anfang 2009 Israels Präsidenten Shimon Peres öffentlich scharf für den Gazakrieg geißelte und die indirekten Friedensverhandlungen auf Eis legte.
Aus syrischer Sicht ist das durchaus von Vorteil. Denn seit dem Antritt der Rechtskoalition um Benjamin Netanyahu und Avigdor Liebermann ist das türkisch-israelische Verhältnis sichtlich abgekühlt. Und zusammen mit den international integren Türken könnte Syrien seinen Weg aus der internationalen Isolation fortführen und seiner Verhandlungsposition erheblich mehr Gewicht verleihen.
3. Irak:
Das syrisch-irakische Verhältnis gestaltet sich dem Sturz Saddam Husseins äußerst ambivalent. Einerseits schulterte Syrien die Hauptlast des irakischen Flüchtlingsstrom, andererseits wirft Bagdad seinem Nachbarn stets vor, das Einsickern von Terroristen über die gemeinsame Grenze nicht zu unterbinden, oder gar bewusst zu fördern. So zuletzt Mitte August, als mehrere Bomben das Bagdader Regierungsviertel erschütterten und Ministerpräsident Nuri al-Maliki wütend Richtung Damaskus polterte. Die Türkei könnte zwischen beiden Streithähnen schlichten und gemeinsame Interessen aller drei Staaten, etwa in den Bereichen Wasser- und Energieversorgung, hervorheben.
Desweiteren beherbergen alle drei Staaten, sowie Iran, erhebliche kurdische Bevölkerungsanteile, wenngleich in diesem Bereich Entwicklungen in alle Richtungen möglich scheinen und nur schwer zu prognostizieren sind. Einerseits teilen alle diese Staaten die Furcht vor einem erstarkenden kurdischen Nationalismus, der von der immer selbstbewusster auftretenden Regionalverwaltung im Irak ausgeht. Insofern könnten die Kurden Gefahr laufen, koordinierten Repressionen seitens Syriens, Irans und der Türkei ausgesetzt zu werden. Andererseits stellen Kurden ein wichtiges Wählerpotenzial für die türkische Regierungspartei AKP, die innerhalb der stark nationalistischen Parteienlandschaft den kulturellen Rechten der Kurden noch am offensten gegenübersteht. Offene militärische Interventionen im Irak, wie zuletzt 2007, sind unter Davutoglu jedenfalls kaum zu erwarten. Mehr kulturelle Rechte und ein erleichterter Waren- und Reiseverkehr könnte denn auch den Lebenstandard der kurdischen Bevölkerung heben und, so das Kalkül, dem kurdischen Nationalismus den Wind aus den Segeln nehmen.
4. EU-Beitritt:
Inwiefern die türkisch-syrische Allianz die Ambitionen der Türkei auf den EU-Beitritt beeinflusst, kann unterschiedlich interpretiert werden. Auf den ersten Blick scheint Ankara auf die stockenden Beitrittsverhandlungen mit einer Umorientierung gen Orient zu reagieren. In einem solchen zukünftigen Staatenbündnis könnte Ankara dann sogar eine führende Rolle spielen und wäre nicht auf eine Appanage am Rande Europas reduziert. Andererseits aber kann das türkische Engagement in Nahost gerade als eine Art Bewerbungsschreiben für einen EU-Beitritt gedeutet werden. Die Türkei unterstreicht die Bedeutung, die ihr Einfluss auf die verschiedenen, oben angeführten, Konfliktfelder der Region für die EU haben kann und steigert so ihren Wert für das europäische Staatenbündnis. Sowohl in Fragen der Energieversorgung, als auch der Außen- und Sicherheitspolitik könnte die Türkei als entscheidendes Bindeglied auftreten und dem internationalen Gewicht und dem regionalen Ansehen der EU wieder zu Geltung verschaffen.
5. Türkisch-Arabisches Verhältnis
Die Spannungen zwischen Syrien und der Türkei beschränken sich nicht allein auf politische und wirtschaftliche Fragen. Der Gegensatz von türkischem und arabischem Nationalismus hat seit dem Ende des Osmanischen Reiches Ressentiments auf beiden Seiten unterfüttert. Die Annäherung könnte, so die Hoffnung, das gemeinsame kulturelle Erbe beider Staaten betonen. Sowohl in Syrien als auch in der Türkei könnte der erleichterte Reiseverkehr auch Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen ermöglichen und möglicherweise zu einer Revision etablierter Geschichtsbilder der jeweiligen Nationalismen führen.
Die Wunden der Vergangenheit werden allerdings noch eine Weile brauchen, um zu heilen. Das gilt insbesondere für die syrische Seite, die noch immer auf den Sanjak Alexandretta im Nordwesten besteht, der 1939 von der Türkei annektiert worden war. Das Gebiet um die alte Metropole Antiochia ist auf jeder syrischen Karte als integraler Bestandteil Syriens ausgewiesen, Damaskus hat die Annexion nie akzeptiert. Das umstrittene Territorium könnte so als großer Zankapfel der gegenseitigen Annäherung im Weg stehen - kann aber genauso gut davon profitieren und als gemeinsamer Begegnungsort zwischen Türken und Arabern voranschreiten.
Mittwoch, 23. September 2009
Libanon: Wiederaufbau Nahr al-Bareds in der Schwebe
Ein Gastbeitrag von Ray Smith
Seit Ende August ruhen im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared die Baumaschinen. Der libanesische Staatsrat verhängte ein zweimonatiges Moratorium über den Wiederaufbau des zerstörten Camps.
Nahr al-Bared, das nördlichste der 12 palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon, wurde 2007 in einem dreieinhalbmonatigen Krieg komplett zerstört. Obwohl bereits Anfang 2008 ein Masterplan für den Wiederaufbau vorlag und von der libanesischen Regierung gutgeheißen wurde, verzögerte sich der Beginn der Bauarbeiten immer wieder. Als schließlich im Frühling 2009 beim Räumen des Schutts auch noch antike Ruinen unter dem ehemaligen Camp gefunden wurden, glaubten nur noch wenige Flüchtlinge diesen Berichten. Zu viele – teils sehr fadenscheinige – Begründungen für den Aufschub des Wiederaufbaus hatten sie sich zwei Jahre lang immer wieder anhören müssen.
Seit Ende August ruhen im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared die Baumaschinen. Der libanesische Staatsrat verhängte ein zweimonatiges Moratorium über den Wiederaufbau des zerstörten Camps.
Nahr al-Bared, das nördlichste der 12 palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon, wurde 2007 in einem dreieinhalbmonatigen Krieg komplett zerstört. Obwohl bereits Anfang 2008 ein Masterplan für den Wiederaufbau vorlag und von der libanesischen Regierung gutgeheißen wurde, verzögerte sich der Beginn der Bauarbeiten immer wieder. Als schließlich im Frühling 2009 beim Räumen des Schutts auch noch antike Ruinen unter dem ehemaligen Camp gefunden wurden, glaubten nur noch wenige Flüchtlinge diesen Berichten. Zu viele – teils sehr fadenscheinige – Begründungen für den Aufschub des Wiederaufbaus hatten sie sich zwei Jahre lang immer wieder anhören müssen.
Montag, 21. September 2009
Gottes Kartenhaus
Der »libanesische Madoff« Salah Ezzedine verprellt tausende schiitische Kleinanleger und sorgt für den größten Finanzskandal der libanesischen Geschichte. Ausgerechnet Hizbullah soll zu den faulen Geschäften ermutigt haben und zieht sich den Unmut ihrer Anhänger zu
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Jemen: Regierung bietet "Houthi"-Rebellen Waffenstillstand an
Anlässlich des Fastenbrechens (Eid al-Fitr), der das Ende des Ramadan markiert, verkündete die jemenitsche Regierung am 19. September ein neues Waffenstillstandsangebot an die "Houthi"-Bewegung.
Seit etwa fünf Jahren wird die nordjemenitische Provinz Saadah von schweren Auseinandersetzungen erschüttert. Die so genannte "Houthi"-Bewegung, benannt nach ihrem 2004 getöteten Gründer Hussein Badreddin al-Houthi, sieht sich dabei selbst als legitimer Verteidiger der zaiditischen Schiiten, die den Jemen bis zu dessen Teilung 1962 regierten, heute aber nur 25% der Bevölkerung des südarabischen Staates ausmachen. Die Shabab al-Mu'minin (=gläubige Jugend), wie sich die "Houthis" selber bezeichnen, fordern kulturelle und religiöse Eigenbstimmung, während Staatspräsident Ali Abdallah Saleh ihnen Terrorismus vorwirft und die Hände des Iran im Spiel sieht.
Seit dem Ausbruch der Kämpfe kochte der Konflikt stets auf Sparflamme, zermürbte aber die gesamte ansässige Bevölkerung in der Provinz nördlich der Hauptstadt Sanaa und sorgte für ein Klima ständiger Instabilität, die das Armenhaus der Arabischen Halbinsel zusätzlich schwächten. Insgesamt fünfmal versuchten sich Regierungstruppen und Aufständische zu einem Frieden durchzuringen. Über Waffenstillstände kam man allerdings nie heraus, und selbst diese wurden regelmäßig gebrochen.
Unmittelbar nach der letzten gescheiterten Waffenruhe Mitte August 2009 schließlich eskalierten die Kämpfe und erreichten eine neue Stufe. Die jemenitische Armee startete eine Großoffensive und setzte ertsmals großflächig ihre Luftwaffe ein. Die humanitäre Situation der Zivilbevölkerung verschärfte sich daraufhin drastisch, ohne jedoch genügend internationalen Druck zu generieren, der die Regierung gezwungen hätte, die Flüchtlingsproblematik in die militärischen Planungen einzubeziehen. Erst am 2. September, nachdem die Vereinten Nationen einen Appell zur Errichtung eines huminitären Korridors veröffentlichten, erreichten internationale Hilfskräfte die Zivilbevölkerung. Insgesamt schätzt die UN, dass bis zu 150.000 Menschen durch die anhaltenden Kämpfe zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden sind, allein 55.000 durch die jüngste Armeeaktion.
Diese Zugeständnisse hinderten allerdings beide Seiten nicht daran, den Kampf fortzusetzen, wenngleich die Kriegsführung der jemenitischen Truppen nun international durchaus kritischer beäugt wurde. Der Luftangriff auf das Dorf Adi, bei dem am 18. September 2009 etwa 80 Zivilisten zum Opfen fielen, wäre sonst vielleicht kaum bemerkt worden. So aber erregte der Vorfall einige Aufmerksamkeit und nötigte Präsident Ali Abdullah Saleh eine öffentliche Entschuldigung ab. Aus strategischer Sicht erwies sich der fehlgeleitete Beschuss als besonders schwerwiegend, schließlich handelte es sich bei den Opfern um sunnitische Stammesangehörige, die mit den staatlichen Truppen gegen die "Houthis" kämpften.
Dass die jemenitische Regierung nur einen Tag später einen neuen Waffenstillstand verkündete, mag diesen Umständen geschuldet sein. Die "Houthis" wiederum begrüßten in einer ersten Stellungnahme das Angebot und schlugen zugleich die zügige Aufnahme umfassender Friedensgespräche vor. Die Bedingungen sind in etwa die gleichen wie vor dem August 2009: Räumung von militärischen Posten, Waffenübergabe an die jemenitische Armee und Rückzug aus den besetzten Lokalverwaltungen. Damals wurde das Angebot ohne jegliche Diskussion abgelehnt, die heutige Reaktion erscheint, zumindest im Ton, sehr viel positiver.
Ob die jemenitische Regierung allerdings zu einem politisch-kulturellen Dialog bereit ist, wie er von der "Houthi"-Bewegung ursprünglich mal gefordert wurde, ist weiterhin unklar. Bisher rechtfertigte Ali Abdullah Saleh den Kampf gegen die "Houthi"-Rebellen als Kampf gegen den Terror - und kam international damit vergleichsweise ungeschoren davon. In der Tat gilt der Jemen in den letzten Jahren als neues Domizil für sunnitische Jihadisten. "Al-Qaida auf der Arabichen Halbinsel" hatte erst im August 2009 sein Hauptquartier in den Jemen verlegt und von dort aus wahrscheinlich den Anschlag auf den saudischen Antiterror-Chef Muhammad bin Nayef geplant. Dass die größte islamistische Bedrohung im Jemen aber nicht von den "Houthis", sondern von al-Qaida ausgeht, dürfte die Strategie der Regierung auf den Prüfstand stellen. Selbst die saudischen Nachbarn, die Salehs Grenzkrieg gegen die "Houthis" bislang vorbehaltlos unterstützten, dürften nun auf eine Prioritätenverschiebung drängen, schließlich kann die vergleichsweise schwache jemenitische Armee wohl kaum an zwei Fronten - gegen die "Houthis" und al-Qaida - bestehen und gibt letzterer eher den Freiraum ungestört zu agieren.
Seit etwa fünf Jahren wird die nordjemenitische Provinz Saadah von schweren Auseinandersetzungen erschüttert. Die so genannte "Houthi"-Bewegung, benannt nach ihrem 2004 getöteten Gründer Hussein Badreddin al-Houthi, sieht sich dabei selbst als legitimer Verteidiger der zaiditischen Schiiten, die den Jemen bis zu dessen Teilung 1962 regierten, heute aber nur 25% der Bevölkerung des südarabischen Staates ausmachen. Die Shabab al-Mu'minin (=gläubige Jugend), wie sich die "Houthis" selber bezeichnen, fordern kulturelle und religiöse Eigenbstimmung, während Staatspräsident Ali Abdallah Saleh ihnen Terrorismus vorwirft und die Hände des Iran im Spiel sieht.
Seit dem Ausbruch der Kämpfe kochte der Konflikt stets auf Sparflamme, zermürbte aber die gesamte ansässige Bevölkerung in der Provinz nördlich der Hauptstadt Sanaa und sorgte für ein Klima ständiger Instabilität, die das Armenhaus der Arabischen Halbinsel zusätzlich schwächten. Insgesamt fünfmal versuchten sich Regierungstruppen und Aufständische zu einem Frieden durchzuringen. Über Waffenstillstände kam man allerdings nie heraus, und selbst diese wurden regelmäßig gebrochen.
Unmittelbar nach der letzten gescheiterten Waffenruhe Mitte August 2009 schließlich eskalierten die Kämpfe und erreichten eine neue Stufe. Die jemenitische Armee startete eine Großoffensive und setzte ertsmals großflächig ihre Luftwaffe ein. Die humanitäre Situation der Zivilbevölkerung verschärfte sich daraufhin drastisch, ohne jedoch genügend internationalen Druck zu generieren, der die Regierung gezwungen hätte, die Flüchtlingsproblematik in die militärischen Planungen einzubeziehen. Erst am 2. September, nachdem die Vereinten Nationen einen Appell zur Errichtung eines huminitären Korridors veröffentlichten, erreichten internationale Hilfskräfte die Zivilbevölkerung. Insgesamt schätzt die UN, dass bis zu 150.000 Menschen durch die anhaltenden Kämpfe zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden sind, allein 55.000 durch die jüngste Armeeaktion.
Diese Zugeständnisse hinderten allerdings beide Seiten nicht daran, den Kampf fortzusetzen, wenngleich die Kriegsführung der jemenitischen Truppen nun international durchaus kritischer beäugt wurde. Der Luftangriff auf das Dorf Adi, bei dem am 18. September 2009 etwa 80 Zivilisten zum Opfen fielen, wäre sonst vielleicht kaum bemerkt worden. So aber erregte der Vorfall einige Aufmerksamkeit und nötigte Präsident Ali Abdullah Saleh eine öffentliche Entschuldigung ab. Aus strategischer Sicht erwies sich der fehlgeleitete Beschuss als besonders schwerwiegend, schließlich handelte es sich bei den Opfern um sunnitische Stammesangehörige, die mit den staatlichen Truppen gegen die "Houthis" kämpften.
Dass die jemenitische Regierung nur einen Tag später einen neuen Waffenstillstand verkündete, mag diesen Umständen geschuldet sein. Die "Houthis" wiederum begrüßten in einer ersten Stellungnahme das Angebot und schlugen zugleich die zügige Aufnahme umfassender Friedensgespräche vor. Die Bedingungen sind in etwa die gleichen wie vor dem August 2009: Räumung von militärischen Posten, Waffenübergabe an die jemenitische Armee und Rückzug aus den besetzten Lokalverwaltungen. Damals wurde das Angebot ohne jegliche Diskussion abgelehnt, die heutige Reaktion erscheint, zumindest im Ton, sehr viel positiver.
Ob die jemenitische Regierung allerdings zu einem politisch-kulturellen Dialog bereit ist, wie er von der "Houthi"-Bewegung ursprünglich mal gefordert wurde, ist weiterhin unklar. Bisher rechtfertigte Ali Abdullah Saleh den Kampf gegen die "Houthi"-Rebellen als Kampf gegen den Terror - und kam international damit vergleichsweise ungeschoren davon. In der Tat gilt der Jemen in den letzten Jahren als neues Domizil für sunnitische Jihadisten. "Al-Qaida auf der Arabichen Halbinsel" hatte erst im August 2009 sein Hauptquartier in den Jemen verlegt und von dort aus wahrscheinlich den Anschlag auf den saudischen Antiterror-Chef Muhammad bin Nayef geplant. Dass die größte islamistische Bedrohung im Jemen aber nicht von den "Houthis", sondern von al-Qaida ausgeht, dürfte die Strategie der Regierung auf den Prüfstand stellen. Selbst die saudischen Nachbarn, die Salehs Grenzkrieg gegen die "Houthis" bislang vorbehaltlos unterstützten, dürften nun auf eine Prioritätenverschiebung drängen, schließlich kann die vergleichsweise schwache jemenitische Armee wohl kaum an zwei Fronten - gegen die "Houthis" und al-Qaida - bestehen und gibt letzterer eher den Freiraum ungestört zu agieren.
Donnerstag, 17. September 2009
Libanon: Warten auf die neue Regierung
Mehr als 100 Tage nach den Parlamentswahlen vom 7. Juni hat der Libanon immer noch keine neue Regierung. Frustriert und zermürbt von den monatelangen Verhandlungen hatte der designierte neue Premierminister Saad Hariri das Mandat zur Regierungsbildung in der vergangenen Woche zunächst zurückgegeben. Heute wurde er jedoch von Präsident Michel Suleiman erneut mit der Kabinettsbildung betraut, nachdem Hariri von der Parlamentsmehrheit das Vertrauen ausgesprochen worden war.
Samstag, 12. September 2009
Muammar al-Qaddafi - 40 Jahre Moderevolution
Nicht nur politisch hat sich der libysche Staatsführer seit 1969 einigen Verwandlungen unterzogen. Auch modisch kann ihm wohl kein anderes Staatsoberhaupt der Welt aufgrund seines scheinbar unerschöpflichen Reservoirs an Kleidern, Stoffen und Abzeichen das Wasser reichen. Robert Chatterjee und Ulrike Gasser stellen einiges Outfits vor weiterlesen
Freitag, 11. September 2009
Funkstille auf alsharq
Liebe Leser,
da wir bis heute gemeinsam ein Seminar zur Schia an der Meißener Sommeruni gehalten haben, herrschte in dieser Woche Funkstille auf dem Blog. Ab der kommenden Woche werden wieder regelmäßig Artikel erscheinen.
da wir bis heute gemeinsam ein Seminar zur Schia an der Meißener Sommeruni gehalten haben, herrschte in dieser Woche Funkstille auf dem Blog. Ab der kommenden Woche werden wieder regelmäßig Artikel erscheinen.
Donnerstag, 3. September 2009
40 Jahre Qaddafi in Libyen- ein Schurkenstaat auf Abwegen?
"Ich bin der Führer der Führer Arabiens, ich bin der König der Könige Afrikas und ich bin der Imam aller Muslime" (Muammar al Qaddafi)
Von Natalia Gorzawski
Von Natalia Gorzawski
Aus Anlass des Revolutionsjubiläums in Libyen möchte ich einen kurzen Blick auf die Entwicklungen eines Landes wagen, das aufgrund seines undurchsichtigen Systems in vielen Analysen über die arabische Welt gern übergangen wird. Dabei soll der Fokus meiner Ausführungen auf den letzten Jahren der Qaddafi-Ära liegen und von der Frage geleitet sein, wie viel Veränderung das Land und sein Führer nach dem Schritt aus der internationalen Isolation im Jahr 2004 tatsächlich erlebt hat. Der Umgang Europas und der Vereinigten Staaten mit dem 67-jährigen Revolutionsführer und seinem Regime suggeriert jedenfalls einen Wandel des einstigen Wolfes und „Gauners“ Qaddafi zum zahmen Lamm und stabilen Partner des Westens.
Dienstag, 1. September 2009
Ein Anschlag und viele Fragen
Der Mordversuch am saudischen Anti-Terrorchef Muhammad bin Nayef überschattet den Ramadan im Königreich. Al-Qaida meldet sich zurück und wirft Fragen über die saudische Strategie im Kampf gegen den Terror auf
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