von Nils Metzger
Aussöhnung sieht anders aus: In Bahrain wurde führenden Oppositionellen wegen ihrer Rolle während der Frühlingsunruhen der Prozess gemacht. Sechs Funktionäre und Menschenrechtler bekamen lebenslänglich.
Es ist der vergebliche Versuch, einen Schlussstrich unter die landesweiten Unruhen im Februar und März dieses Jahres zu ziehen. In einem erneuten Massenverfahren hat ein Militärgericht in Manama 21 prominente Oppositionelle zu teils lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. In dem Prozess, der Beobachtern zufolge kaum mehr als eine halbe Stunde dauerte, waren führende Mitglieder der schiitischen Wefaq-Partei und der linken Waad-Partei der »Verschwörung gegen das Königshaus« angeklagt worden. Chefankläger Isa Sultan warf den Oppositionellen bereits bei einer früheren Anhörung vor, mit Unterstützung des Irans einen Gottesstaat in Bahrain errichten zu wollen.
Zu den sechs Personen, die nun eine lebenslange Freiheitsstrafe antreten müssen, gehören der schiitische Politiker Hasan Mushaima, Generalsekretär der außerparlamentarischen Haq-Bewegung, sowie die Menschenrechtsaktivisten Abduljalil al-Singace und Abdulhadi al-Khawaja. Haq-Mitglied Al-Singace war erst im Februar nach einer Generalamnestie für politische Gefangene aus dem Gefängnis entlassen worden. Sechs Angeklagte wurden in Abwesenheit zu einer Strafe von jeweils 15 Jahren verurteilt. In einer ersten Stellungnahme kritisierte das Oppositionsforum »Bahrain Center for Human Rights« die Urteile als »drakonisch«.
Der Organisation zufolge wurden bislang rund 200 Menschen wegen Vergehen während der Unruhen bei Militärgerichten vorgeladen, wenigstens 90 erhielten langjährige Haftstrafen, in zwei Fällen wurde die Todesstrafe verhängt. Amnesty International warf der bahrainischen Regierung vor, mit den Verfahren gegen geltendes Recht zu verstoßen: Die jetzt urteilenden »Sondergerichte für Nationale Sicherheit« agierten auf der Grundlage der Notstandsgesetze vom 15. März 2011 – diese seien jedoch zum 1. Juni wieder aufgehoben worden. Die Verurteilung durch ein Militärgericht verstoße gegen internationale Standards, so Amnesty.
Erneut versammelten sich hunderte Demonstranten
Um einer Verurteilung zu entgehen, haben sich viele namentlich bekannte Aktivisten für ein Leben im Untergrund entschieden. Der populäre Blogger Ali Abdulemam, der schon mehrfach wegen seiner kritischer Artikel verhaftet wurde, ist seit der Eskalation der Proteste untergetaucht. Auch er wurde in dieser Woche zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Insgesamt soll in den kommenden Wochen noch mehr als 400 weiteren Aktivisten der Prozess gemacht werden.
Nach den jüngsten Urteile könnten sowohl die Forderungen nach mehr demokratischer Beteiligung als auch die interreligiösen Spannungen wieder zunehmen. Nach der Urteilsverkündung zogen hunderte Demonstranten durch die Hauptstadt Manama – die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor. Im Gerichtssaal selbst war schon vorher eine Angehörige eines der Angeklagten wegen Störens verhaftet worden. Erst nachdem im März saudi-arabische Truppen nach Bahrain verlegt wurden und der Sicherheitsapparat mit hunderten Verhaftungen und Verschleppungen gegen Aktivisten vorging, kehrte wieder Ruhe im Königreich ein.
Parallel zur juristischen Aufarbeitung der vergangenen Wochen rief die bahrainische Regierung zum »nationalen Dialog« auf. Der Reformprozess werde ungebrochen weitergehen, so Kronprinz Salman bin Hamad Al Khalifa. Ein Komitee unter der Leitung des stellvertretenden Premierministers Jawad bin Salem Al Arayadh soll bis zum 10. August einen Bericht über die Unruhen vorlegen und Handlungsvorschläge für politische Veränderungen ausarbeiten. Geplant ist auch ein formelles Zusammentreffen zwischen Vertretern des Königshauses, Oppositionellen und Nichtregierungsorganisationen am 1. Juli. Während sich die Proteste im Februar zunächst hauptsächlich gegen Premierminister Scheich Khalifa bin Salman al-Khalifa gerichtet hatten, geriet auch Staatsoberhaupt König Hamad bin Isa al-Khalifa wegen der zahlreichen Toten unter Kritik.
Donnerstag, 23. Juni 2011
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1 Kommentar:
Bitte immer die Namen der Richter nenne, damit diese später für etwaige Rechtsbeugung zur Verantwortung gezogen werden können. Sebi.
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