Einen Tag nach dem Doppelanschlag auf
zwei Einrichtungen des syrischen Geheimdienstes und der staatlichen
Sicherheitskräfte in Damaskus, bei denen laut offiziellen Angaben 44
Menschen getötet und mehr als 160 weitere verletzt wurden, ist noch
vollkommen offen wer hinter der Tat steckt. Klar scheint hingegen,
dass das Attentat im Stadtteil Kfar Sousa dem angeschlagenen Regime
in die Hände spielt, denn es fügt sich in dessen Lesart, die
besagt, dass in Syrien kein Volksaufstand sondern eine islamistische
Terrorserie tobt.
Die Botschaft, die diese Bilder vermitteln sollen ist klar: Stellt euch hinter die Führung des Präsidenten Baschar al-Assad oder es werden weitere Anschläge dieser Art folgen. Im Staatsfernsehen schäumten Kommentatoren vor Wut darüber, dass die Arabische Liga, die Syrien wegen seiner gewaltsamen Unterdrückung der Opposition scharf kritisiert und bestraft hatte, den Anschlag nicht verurteilt habe. „Wo sind die Araber jetzt? Wo ist ihre Verurteilung des Blutvergießens, wo ihr Mitgefühl mit den Märtyrern und ihren Familien?“, brüllte ein Studiogast.
Keine Stunde war nach den Explosionen
am Freitag Vormittag vergangen, da verkündeten staatliche Medien,
das Terrornetzwerk al-Qaida würde hinter den Anschlägen stecken.
Wenig später flimmerten grausame Bilder über die syrischen
Fernsehbildschirme: Verstümmelte Körper, verkohlte Leichen,
abgetrennte Gliedmaßen. Wohl mit Bedacht hatten die Verantwortlichen
die Tatorte und die Opfer der Autobombenanschläge solange
unangetastet gelassen, bis die staatlichen TV-Sender – und nur die
dürfen ungehindert aus Syrien berichten – ihre Bilder im Kasten
hatten. Nach bisherigen Anschlägen in Damaskus hatten sich die syrischen Medien in der Vergangenheit deutluch zurückhaltender gezeigt.
Die Botschaft, die diese Bilder vermitteln sollen ist klar: Stellt euch hinter die Führung des Präsidenten Baschar al-Assad oder es werden weitere Anschläge dieser Art folgen. Im Staatsfernsehen schäumten Kommentatoren vor Wut darüber, dass die Arabische Liga, die Syrien wegen seiner gewaltsamen Unterdrückung der Opposition scharf kritisiert und bestraft hatte, den Anschlag nicht verurteilt habe. „Wo sind die Araber jetzt? Wo ist ihre Verurteilung des Blutvergießens, wo ihr Mitgefühl mit den Märtyrern und ihren Familien?“, brüllte ein Studiogast.
Dazwischen wurden mehrfach angeblich
spontane Telefonanrufe von syrischen Fernsehzuschauern geschaltet.
Diese erklärten, die Opposition habe den al-Qaida-Terroristen den
Weg geebnet, priesen Präsident Assad und forderten die
Sicherheitskräfte auf, hart und gnadenlos gegen die Feinde des
syrischen Staates vorzugehen. Zu lange sei die Regierung zu tolerant
mit den Protestierenden umgegangen. Sie seien Teil einer Verschwörung
uns müssten gestoppt werden, erklärte ein Anrufer. Spätestens
jetzt müssten doch alle Syrer, die arabischen Nachbarn und der
Westen begriffen haben, dass die Regierung lediglich Terroristen
bekämpfe, so der Tenor. Zeitgleich demonstrierten landesweit
tausende Syrer um dem Assad-Regime seine Unterstützung im Kampf
gegen die Staatsfeinde zu versichern. Ob spontan, wie von den
Staatsmedien dargestellt oder auf Befehl von oben, ist nicht
überprüfbar.
Auszuschließen ist eine Verantwortung
al-Qaidas für die Taten keinesfalls. Nur 24 Stunden vor dem
Doppelanschlag von Damaskus explodierten in Iraks Hauptstadt Bagdad
fast zeitgleich mehrere Bomben, die mehr als 60 Menschen töteten.
Die Grenzen zwischen beiden Staaten sind durchlässig, enge
Beziehungen zwischen sunnitischen jihadistischen Gruppen in beiden
Ländern existieren seit langem.
Hinzu kommt, dass al-Qaida bislang zu
den großen Verlierern der Umsturzbewegungen in der Arabischen Welt
gehört. Die Jihadisten spielten bei den Rebellionen keine Rolle und
wurden seither von gemäßigten Islamisten wie der En-Nahda in
Tunesien und den Muslimbrüdern in Ägypten kontinuierlich an den
Rand gedrückt. Möglich, dass al-Qaida mit den Anschlägen vom
Freitag ein Lebenszeichen senden will. In den letzten Wochen hatte
das Netzwerk mehrfach erklärt, auf Seiten der sunnitischen
Aufständischen in Syrien zu stehen – im Kampf gegen das von den
Alawiten dominierte syrische Regime, einer Religionsgruppe, deren
Anhänger von den sunnitischen Jihadisten nicht als Muslime anerkannt
werden. Üblicherweise bekennt sich al-Qaida aber nach Anschläge zu
ihren Taten – noch ist kein Bekennervideo aufgetaucht.
Das syrische Außenministerium erklärte
am Freitag, zwei Tage vor den Explosionen habe man eine Warnung aus
dem Libanon erhalten, laut denen al-Qaida-Terroristen auf dem Weg
nach Syrien seien. Verhindern konnte man die Taten offenbar nicht.
Der Zeitpunkt der Anschläge hätte der
syrischen Führung jedenfalls kaum gelegener kommen können. Am
Freitag sollte eigentlich eine Gruppe arabischer Diplomaten ihre
Arbeit aufnehmen, die eine Beobachtermission der Arabischen Liga
vorbereitet. Anstatt das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die
Demonstranten zu untersuchen, mussten die Beobachter nun zunächst
einmal die Anschlagsorte inspizieren. Die Arbeit der der arabischen
Delegation dürfte durch die Gewalteskalation weiter erschwert
werden.
Fragen wirft auch das Ziel der
Anschläge auf. Einrichtungen von Sicherheitskräften und
Geheimdiensten in Syrien sind üblicherweise hermetisch gesichert.
Unklar ist, wie die Attentäter mit ihren Autos voller Sprengstoff
bis zu den Gebäuden vordringen konnten. Aus Sicht einiger syrischer
Oppositioneller spricht dieser Umstand dafür, dass das Attentat vom
syrischen Regime selbst in Auftrag gegeben wurde. Ein Präsident, der
für den Machterhalt tausende Landsleute töten lässt, wird nicht
zögern auch Mitglieder von Geheim- und Sicherheitsdiensten zu
opfern, wenn es seiner Sache dient, so die Argumentation. Unisono
verurteilte jedenfalls die Opposition die Anschläge.
Wer auch immer für das Doppelattentat
verantwortlich ist und damit die landesweit eskalierende Gewalt in
die Hauptstadt getragen hat – eine weitere Verschärfung der Lage
droht in jedem Fall. Sollte tatsächlich al-Qaida hinter der Tat
stehen droht der Beginn einer Anschlagsserie. Sollte – auch das ist
eine vage Möglichkeit – die Freie Syrische Armee desertierter
Soldaten dahinter stecken, würde diese eine weitere Militarisierung
des Aufstandes bedeuten. Ohne Zweifel liefern die Bombenexplosionen dem Regime
den idealen Vorwand um die Proteste nun noch brutaler niederzuschlagen.
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