Libanons Parlamentssprecher Nabih Berri hat die Präsidentschaftswahlen auf den 23. Oktober vertagt. Eigentlich hätte heute der erste Wahlgang stattfinden sollen, doch wurde dieser von der Opposition größtenteils boykottiert, so dass sich weniger als die erforderlichen zwei Drittel der 128 Abgeordneten im Sitzungssaal versammelten. Gemäß der libanesischen Verfassung muss der Staatspräsident im ersten Wahlgang mit Zwei-Drittel-Mehrheit von der Nationalversammlung gewählt werden.
Zuvor waren viele Abgeordnete des Regierungslagers unter strengen Sicherheitsvorkehrungen aus ihren Unterkünften im Phoenicia-Hotel zum Parlamentsgebäude in Beirut Downtown gebracht worden. Dort hatten sich auch einige Oppositions-Vertreter eingefunden, jedoch betraten nur acht von ihnen betraten den Plenarsaal. Somit waren zwar 91 Abgeordnete im Parlamentsgebäude, jedoch nur 76 von ihnen im Sitzungsaal. Das notwendige Quorum von 86 wurde damit verfehlt.
Die heutige Parlamentssitzung war die erste seit dem Bruch der Regierung vor knapp einem Jahr. Am Rande des Treffens sollten informelle Gespräche zwischen Vertreten beider Lager geführt werden, die zu einer Einigung auf einen Konsenspräsidenten beitragen könnten. Unter anderem trafen sich Parlamentssprecher Berri und der Mehrheitsführer in der Nationalversammlung Saad Hariri.
Zuvor hatte sich Berri gestern mit dem Patriarchen der Maroniten im Libanon, Nasrallah Boutros Sfeir, in dessen Amtssitz in Bkerke getroffen. Anschließend zeigte sich der Parlamentsspräsident sehr optimistisch, dass vor Ablauf der Amtszeit des aktuellen Präsidenten Emile Lahoud am 24.November ein Konsenspräsident gefunden werde.
Es wird erwartet, dass sich in den kommenden Wochen bis zum 23.Oktober Diplomaten aus den USA, Europa und der arabischen Welt um eine Lösung der Krise im Libanon bemühen werden.
Das wird nicht einfach, zu gegensätzlich scheinen die Forderungen, die Regierung und Opposition an einen neuen Präsidenten stellen.
Das Regierungslager will, dass Syrien seinen Einfluss auf die libanesische Politik endgültig verliert. Zudem soll der neue Staatschef das UNO-Tribunal unterstützen, das die Anschlagsserie auf Politiker und Journalisten im Libanon aufklären will. Ein weiteres Anliegen ist die Umsetzung der UN-Resolutionen 1559 und 1701, die eine Entwaffnung der Hizbollah fordern.
Die Opposition will ihrerseits den Einfluss der USA auf den Libanon einschränken. Außerdem soll der neue Präsident den Status der Hizbollah im Südlibanon unagetastet lassen. Ein weiteres großes Anliegen ist der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft, die nach Ansicht der Hizbollah und ihrer Verbündeten unter der jetzigen Regierung weiter um sich gegriffen haben.
Hinzu kommen untersschiedliche Interessen der ausländischen Akteure. Dass Syrien und Iran einen Präsidenten im Präsidentenpalast in Baabda sehen wollen, der ihnen wohlgelitten ist, ist kein Geheimnis. Ebenso bevorzugt Saudi-Arabien einen Präsidenten, der die Unterstützung der sunnitischen Libanesen genießt, die mehrheitlich hinter Saad Hariri und der Regierung Fuad Sinioras stehen. Die USA wollen einen Präsidenten verhindern, der die Rolle der Hizbollah und ihrer Unterstützer in Damaskus und Teheran stärken würde.
Die EU dürfte am ehesten einem Konsens-Präsidenten zugeneigt sein. Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und andere haben UNIFIL-Soldaten im Libanon stationiert, die bereits Ziel von Anschlägen wurden. Ihnen dürfte daher am ehesten daran gelegen sein, dass sich der Riss, der durch den Libanon geht, nicht weiter vertieft und sich die Blauhelm-Soldaten unvermittelt in einem Bürgerkrieg wiederfinden.
Dienstag, 25. September 2007
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