Donnerstag, 27. Oktober 2011

Eine Wahl wie jede andere? Tunesien nach dem 26. Oktober 2011

Ein Beitrag von Johanne Kübler
Nach dem Triumph der langen Schlangen am Wahlsonntag, gibt sich ein Teil der Bevölkerung bei der Verkündung des partiellen Wahlergebnisses verschnupft. Zwar hatten mehrere Umfragen ein hohes Ergebnis der moderat-islamistischen Partei Nahda vorhergesagt, aber viele hatten wohl an ein Wunder geglaubt. Schon denken Einige laut darüber nach, wieder demonstrieren zu gehen, während Andere Lehren für die nächsten Wahlen ziehen.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Der Fall Hussein Ghrer - Wie Syriens Regime kritische Blogger verschwinden lässt

Hussein Ghrer ist ein Blogger aus Syrien. Seit vergangenem Montag ist er spurlos verschwunden, höchstwahrscheinlich entführt vom syrischen Geheimdienst. „Ich werde um 12 Uhr wieder zuhause sein“, waren die letzten Worte, die seine Frau per Telefon von ihm hörte. Seither fehlt von Hussein jede Spur, sein Auto ist wie vom Erdboden verschluckt, ans Handy geht er nicht. Alles spricht dafür, dass Hussein seit dem letzten Freitag einer der tausenden Oppositionellen ist, die vom Regime eingekerkert und gefoltert werden.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Israels Gretchenfrage

Über die israelische Armee ranken sich gerade hierzulande Mythen. Nun kommen die Soldaten erstmals selbst zu Wort – David Ranan hat es mit seinen Interviews geschafft, eines der momentan wichtigsten Bücher über Israel zu veröffentlichen, das durch die Causa Shalit aktueller ist denn je.

Montag, 24. Oktober 2011

Die Regierung Netanyahu nach dem Gefangenenaustausch mit der Hamas

Ein Beitrag von Amina Nolte

Im Sommer 2006 ist er als Sohn der Familie Schalit an der Grenze zum Gazastreifen entführt worden, vor sechs Tagen nun ist er als Sohn der ganzen Nation zurückgekehrt: der Soldat Gilad Schalit ist im Rahmen eines vereinbarten Gefangenenaustausches zwischen Israel und der Hamas am Dienstag nach fünf Jahren und fünf Monaten in seine Heimat zurückgekommen.

 Das Bild des blassen, ausgemergelten Gilad, tapfer lächelnd, die Hand zum militärischen Gruß erhoben, ist um die Welt gegangen. Doch mit seiner Rückkehr nach Israel war gleichzeitig auch die Freilassung von 1027 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen verbunden.

 Gilads sehnlich erwartete Zusammenführung mit seiner Familie – sie fand in diesem Umstand ihre vielfache Entsprechung in der Westbank und in Gaza, wo palästinensische Familien und Freunde ihre Angehörigen und Liebsten feiernd in Empfang nahmen.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Buchvorstellung "Die Entzauberung des Ostens"

Von Behrang Samsami

Warum reist ein erfolgreicher deutschsprachiger Schriftsteller wie Hermann Hesse 1911 nach Südostasien? Warum lässt sich ein wenig bekannter Expressionist namens Armin T. Wegner im Ersten Weltkrieg als Sanitäter ins Osmanische Reich versetzen? Und wie kommt 1933 die Schweizer Industriellentochter und Autorin Annemarie Schwarzenbach dazu, sechs Monate lang den gesamten Vorderen Orient zu bereisen? Was treibt alle drei dazu an, ihre Heimat und Familie zu verlassen und entbehrungsreiche und langwierige Reisen in eine ihnen unbekannte Region der Welt auf sich zu nehmen? – Es ist, kurz gesagt, der große „Zauber des Orients“, der von ihnen Besitz ergriffen hat.

Montag, 17. Oktober 2011

Wo kommst du her - Ein Versuch, sich in Ägypten zu integrieren

Ein Gastbeitrag aus Kairo von Amir Heinitz 

“Wo kommst Du her? Bist Du Ägypter?” „Aus el-Minya“ lächele ich bestimmt. „Ja, er kommt aus el-Minya. Sieht genau so aus, wie ich. Schau!“ Sami und ich fangen beide an zu lachen, und der Bekannte von Sami schaut verwirrt. „Nein, nein, ein Scherz, ich komme aus Almanya.“ Aus Deutschland. „Aber woher das Arabisch? Hast Du an der Amerikanischen Universität gelernt?“ Ich winke ab. „Nein, hier auf der Straße, Sharia Tahrir. Und Sami ist mein Lehrer.“ Ein grosses Lachen folgt, Sami freut sich über das Kompliment. Sami ist so alt wie ich. Kommt aus el-Minya, einer Stadt am Nil im Süden des Landes, und er arbeitet so lange in dem Kiosk gegenüber meines Balkons, wie ich dort wohne.

 Das sind die guten Tage. Ein gelungener Scherz auf Arabisch, die Leute lachen mit einem, behandeln einen, als gehöre man dazu. Ich bin nicht mehr nur noch der Weiße, der Mann mit dem Geld, der Glückliche, der aus der reichen Welt stammt. Wir lachen zusammen, wir scherzen, wir erklären das eine und das andere, noch eine Zigarette, hier, willst Du was zu essen haben? Iss was!

Sonntag, 16. Oktober 2011

Bandenkämpfe bei Baalbek

Von Björn Zimprich

Der gewaltsame Tod zweier Menschen am vergangenen Donnerstag wirft ein Schlaglicht auf die Bandenkämpfe zwischen rivalisierenden Familienclans im Bekaa-Tal. Bei einer Schießerei zwischen Angehörigen des Jaafar- und des Rifai-Clans wurde unter anderem ein zehn Jahre altes Kind von einem Querschläger tödlich getroffen. Auslöser der Auseinandersetzung soll laut der staatlichen Nachrichtenagentur NNA ein Entführungsversuch eines Mitglieds der Rifai durch Angehörige der Jaafar gewesen sein. Libanesische Sicherheitskräfte drangen daraufhin in das Gebiet vor und unterbanden weitere Kämpfe.

Samstag, 15. Oktober 2011

Der "iranische Terrorplot" in der arabischen Presse: "Man riecht den Krieg"

Eine Presseschau von Christoph Sydow und Björn Zimprich

In der vergangenen Woche machten der amerikanische Justizminister Eric Holder und das FBI Details eines angeblich vom Iran geplanten Attentats auf Adel al-Jubeir, den saudischen Botschafter in den USA, öffentlich. Mansour Arbabsiar, ein mittlerweile inhaftierter Iraner mit amerikanischem Pass, habe gemeinsam mit Gholam Shakuri, einem Mitglied der iranischen Quds-Brigaden, den Anschlag geplant und dafür die Unterstützung eines mexikanischen Drogenkartells gesucht, so die Anklage. "Teile der iranischen Regierung" seien an der Planung beteiligt gewesen.

 Mittlerweile häufen sich auch in der amerikanischen Presse kritische Stimmen, die Zweifel an der Stichhaltigkeit der Vorwürfe anmelden. Zu dilletantisch erscheint ihnen das Vorgehen der angeblichen Verschwörer.

 Auch in den arabischen Zeitungen wird die Darstellung der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden infrage gestellt. Kritiker sehen in der Anklage den Vorwand für einen bevorstehenden Krieg gegen das Regime in Teheran. Die saudische Presse hingegen tobt vor Wut auf die Iraner und will die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

 "Wir wissen, dass der Iran nicht die Schweiz ist. Aber ganz sicher sind die Vereinigten Staaten von Amerika auch nicht die Mutter Theresa." Mit dieser Gegenüberstellung leitet Abdel Bari Atwan seinen Kommentar in der in London erscheinenden al-Quds al-Arabi ein.

Freitag, 14. Oktober 2011

Die kurdische Aufstandsbewegung in Syrien nach der Ermordung Meshaal Tammos

Ein Beitrag von Natalia Gorzawski.

Mit Meshaal Tammo wurde am Freitag vergangener Woche einer der bekanntesten und bedeutendsten kurdischen Oppositions-Politiker Syriens von Milizionären des Assad-Regimes getötet. Mit dem Tod der Symbolfigur könnten der kurdische Aufstand, aber auch die landesweite Protestbewegung langfristig eine neue Dynamik erhalten. Obwohl es in den vergangenen Monaten Demonstrationen in und um Qamishli, der größten Stadt im syrischen Teil Kurdistans gab, hat der Protest der größten ethnischen Minderheit Syriens bisher keineswegs seine volle Stärke gezeigt. Zu zurückhaltend waren die Reaktionen vieler kurdischer Oppositionsführer auf den landesweiten Protest, zu gering die Anzahl der Demonstranten.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas – Hintergründe und Folgen

Von Christoph Sydow und Christoph Dinkelaker

Seit fast 2000 Tagen befindet sich Gilad Shalit in der Gefangenschaft der Hamas. Über fünf Jahre nach seiner Entführung im Juni 2006 während einer Patrouillenfahrt nahe des Gazastreifens haben sich Israel und die Hamas auf die Freilassung des Soldaten im Austausch gegen 1027 in israelischen Gefängnissen einsitzende palästinensische Häftlinge verständigt. Wieso wurde gerade jetzt der Durchbruch erreicht und welche Folgen hat die Einigung für die regionalen Akteure?

Dienstag, 11. Oktober 2011

Ägyptens Presse zu den Unruhen in Kairo: "Sind wir in die Falle des Konfessionalismus getappt?"

Zwei Tage nach den blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten, der Armee und in Zivil gekleideten Schlägertrupps in Kairo, sind die Ereignisse nach wie vor das dominierende Thema in den ägyptischen Zeitungen. Einigkeit herrscht weitgehend darüber, dass die Straßenschlachten, bei denen nach jüngsten Angaben mehr als 24 Menschen getötet wurden und mehr als 150 verletzt wurden, zu verurteilen sind.

 Doch schon bei der Beschreibung der Ereignisse vom Sonntag Abend offenbart sich die Kluft zwischen der staatlichen, armee-freundlichen Presse auf der einen, und den unabhängigen, oppositionellen Blätter auf der anderen Seite. Während die regierungsnahe Zeitung al-Ahram verklausuliert von den „Vorfällen“spricht, verurteilt die liberale al-Wafd das Vorgehen der Armee als „Massaker“.

Samstag, 8. Oktober 2011

Tag des Militärs in Ägypten: Machtdemonstration mit Pauken und Trompeten


Die Vier F-16 Kampfjets tauchen plötzlich am wolkenfreien Himmel über Kairo auf. Es ist kurz nach 14 Uhr. Donnernd und im Tiefflug fliegen sie erst die Corniché am Nil entlang, dann über den Tahrir-Platz. Wenige Sekunden später kommen die nächste Flugzeuge, sechs insgesamt: zwei ziehen blaue, zwei weiße und die übrigen rote Kondensstreifen hinter sich her; rot, weiß, schwarz, die Farben der ägyptischen Flagge, sieht man nicht.

Freitag, 7. Oktober 2011

Friedensnobelpreis für Tawakul Karman - Ehrung für die Mutter der Proteste

Ein Beitrag von Hannes Alpen und Christoph Sydow 

 Überraschende Entscheidung des Nobelpreiskomitees in Oslo: Die Jemenitin Tawakul Karman gehört zu den drei Frauen, die in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhalten. Damit würdigt das Gremium ihren Kampf für Frauenrechte im Jemen, der lange vor dem Arabischen Frühling begann.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Der Fall Maikel Nabil Sanad - Der Hunger nach der Revolution

Seit mehr als 40 Tagen befindet sich der ägyptische Blogger Maikel Nabil Sanad im Hungerstreik, um seine Freilassung aus dem Gefängnis zu erzwingen. Der 26-Jährige ist dem Tod nahe, auch weil die Öffentlichkeit sich kaum für sein Schicksal interessiert.

Samstag, 1. Oktober 2011

Umfrage zum Aufstand in Syrien - Wie repräsentativ sind 551 Syrer?

Seit mehr als einem halben Jahr tobt der Aufstand in Syrien, doch wenig ist bekannt darüber wie breit der Rückhalt der Opposition im Volk wirklich ist. In weiten Teilen des Landes protestieren Menschen gegen das Assad-Regime. Täglich trotzen tausende Syrer den schießenden Soldaten und Angehörigen der Shabiha-Milizen. Knapp 3000 Menschen mussten die Zusammenstöße bislang mit ihrem Leben bezahlen. Doch das Zentrum der Hauptstadt Damaskus, sowie das Handelszentrum Aleppo sind bislang weitestgehend ruhig geblieben.. Die Zahl der Demonstranten ist – so wie sich die Lage derzeit darstellt – noch immer deutlich geringer als in Ägypten vor dem Sturz Mubaraks.

Wie groß ist also die Ablehnung des syrischen Regimes im Volk wirklich und wie viel Unterstützung genießen die Oppositionellen? Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte die kalifornische Pepperdine University die Ergebnisse einer Meinungsumfrage, die vor wenigen Wochen im Auftrag des Democracy Council in Syrien durchgeführt wurde. Die Ergebnisse scheinen eindeutig: 86% der Syrer bewerten Präsident Baschar al-Assad negativ, acht von zehn Syrern wollen einen Regimewechsel, nur jeder Zwanzigste hat einen negativen Eindruck von den Protestierenden.