Samstag, 8. Oktober 2011

Tag des Militärs in Ägypten: Machtdemonstration mit Pauken und Trompeten


Die Vier F-16 Kampfjets tauchen plötzlich am wolkenfreien Himmel über Kairo auf. Es ist kurz nach 14 Uhr. Donnernd und im Tiefflug fliegen sie erst die Corniché am Nil entlang, dann über den Tahrir-Platz. Wenige Sekunden später kommen die nächste Flugzeuge, sechs insgesamt: zwei ziehen blaue, zwei weiße und die übrigen rote Kondensstreifen hinter sich her; rot, weiß, schwarz, die Farben der ägyptischen Flagge, sieht man nicht.


Nach wenigen Minuten steigt die ganze Formation am Hilton-Hotel vorbei auf und verschwindet. Es ist eine beeindruckende Machtdemonstration des ägyptischen Militärs, auch am Boden – dort mit Pauken und Trompeten. Die ertönen vor der 14 Stockwerken hohen „Mogamma“, dem 1950 von der UdSSR erbauten zentralen Verwaltungsbehörde des Landes, in dessen Schatten zur Mittagszeit Paradesoldaten, den antiquierten Holzkarabiner mit aufgestecktem Bajonett bei Fuß, und ein Musikcorps in roten Uniformen, schwarzen Hosen und gelb-goldenen Handschuhen auflaufen.

Das Militär will mit dem Volk feiern – und das bleibt zuhause

Es sollte ein Festakt werden, an diesem Donnerstag. Der Grund: Am 6. Oktober 1973 begann der Jom-Kippur-Krieg gegen Israel – und das ägyptische Militär wollte, wie jedes Jahr, den Beinahe-Sieg gegen den jüdischen Staat feiern. Der 30. Todestag Anwar as-Sadats spielte hingegen eine geringere Rolle; zwar berichteten die Zeitungen großflächig, das Staatsfernsehen beschränkte sich indes tagsüber darauf, schwarz-weiß Aufnahmen aus jenen Tagen zu zeigen, in denen israelische Kampfjets brennend zu Boden fallen, untermalt mit Richard Wagner.

Damals dafür verantwortlich: Hosni Mubarak. Er hatte es als Oberbefehlshaber über die ägyptische Luftwaffe seinerzeit geschafft, die gewaltige Bar-Lev-Linie zu bombardieren und damit den Weg frei zu machen für die eigenen Infanterie- und Panzerverbände. Damals an vorderster Front und bei der blutigen Schlacht um die sogenannten „chinesischen Farmen“ dabei, war auch Muhammad Hussein al-Tantawi.

Der hatte die Ägypter aufgerufen, auf den Tahrir-Platz zu kommen, teilzuhaben an den Feierlichkeiten. Doch der erhoffte Menschenauflauf blieb aus, die meisten zuhause. Erst abends fanden sich tausende auf dem zentralen Platz ein – und forderten die Übergabe der Macht in die Hände von Zivilisten. Auch am Freitag fand eine Demonstration unter dem Motto „Rückkehr in die Kasernen“ statt. Wie bereits in der vergangenen Woche waren es nur wenige hundert Männer und Frauen.

Zugeständnisse an Parteien – und für Israel ein neues Botschaftsgebäude

Die hatten, ebenso wie die größten Parteien des Landes, aber ihr Ziel erreicht – Zugeständnisse des Militärs. In einem Treffen zwischen Parteien und Armee konnte nach Angaben des ägyptischen Staatsfernsehens am vergangenen Samstag erreicht werden, dass bei den anstehenden Wahlen Ende November keine Parlamentssitze vermeintlich unabhängigen Kandidaten vorbehalten seien sollen. Über alle Parteigrenzen hinweg wurde diese Passusänderung begrüßt – schließlich befürchtete man, dass ehemalige Weggefährten des gestürzten Hosni Mubarak über diese Umweg doch wieder ins Parlament einziehen könnten.

Einziehen, das will auch das israelische Diplomatencorps alsbald in ein neues Anwesen, zwei Autostunden von der kairener Innenstadt entfernt, das berichtet die halbstaatliche Tageszeitung „al-Ahram“. Die endgültige Entscheidung stehe jedoch noch aus, die Sicherheitsprüfungen, so heißt es, seien bisher nicht abgeschlossen.

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