Die einen liebten ihn,
die anderen hassten ihn: Der Journalist und Politiker Tommy Lapid war laut und
selbstverliebt, aggressiv und ein Freund von deftiger Hausmannskost. Sein Sohn hat den
unglaublichen Lebensweg des Multitalents aufgeschrieben und damit ein
Leseerlebnis der besonderen Art kreiert.
Von Dominik Peters
Tommy Lapid. Personifizierter
Donnerhall. Ein Mann, laut, aggressiv und von sich überzeugt, dessen beste
Freunde Israels ehemaliger Ministerpräsident Ehud Olmert und der geniale Satiriker
Ephraim Kischon waren und der Rudolf Kasztner, eine der tragischsten
Persönlichkeiten in der Geschichte des Landes, sowie Ezriel Carlebach seine Mentoren nannte.
Der studierte Jurist, der eine Vorliebe
für deftige Hausmannskost vom Balkan hatte und eine nicht minder deftige Sprache
sprach, eine Femme fatale zur Mutter hatte, durch den Ausbruch des Sinai-Krieges 1956 vom
Lokalreporter des Wüstennestes Beersheva zum Starreporter avancierte und diesen
Status bis zu seinem Tod im Sommer 2008 beibehielt, lässt sich kaum beschreiben,
sein Leben gleicht der Fahrt mit einer Achterbahn.
Doch sein Sohn, der nicht minder berühmte Jair
Lapid, hat es versucht – auf eine ganz eigene Art und Weise: Er schlüpft in die
Rolle seines Vaters, dem personifizierten Orthodoxen-Fresser, schreibt aus
dessen Perspektive und kreiert damit ein Leseerlebnis der besonderen Art.
Eines, das von jenem ungarischen Einwandererkind handelt, das beinahe
seine gesamte Familie in den Öfen von Ausschwitz und Mauthausen verloren hatte,
es in Israel nicht nur zum Politiker-Star und Aushängeschild der säkularen „Schinui“-Partei
und rechten Hand des Medienmoguls Robert Maxwell, sondern auch zu einem der einflussreichsten
Journalisten des Landes brachte.
Der sich dabei immer treu
blieb, ob als Justizminister und Vize-Ministerpräsident
unter Ariel Scharon, Generaldirektor des staatlichen israelischen Rundfunks oder
als polemische und wortgewaltige Edelfeder der konservativen Tageszeitung „Maariv“,
deren Chefredakteur und England-Korrespondent er lange Zeit war, sowie als Mann
für das Grobe und doch gleichzeitig auch den intelligenten Wortwitz in der
legendären Polit-Talkshow Popolitika,
deren Einschaltquoten bis heute unerreicht und dessen Folgen auf Youtube ein
Hit sind, weil dieser Mann eine nur schwer zu füllende Lücke in der israelischen Gesellschaft
hinterlassen hat.
Es gibt Bücher, die den
Leser von der ersten Seite an nicht mehr loslassen – die Memoiren Tommy Lapids gehören
in diese Kategorie, sind sie doch Bericht und Zeugnis eines faszinierenden
Lebens, meisterhaft erzählt und elegant verknüpft mit den großen Ereignissen
des jüdischen Staates.
Yair Lapid:
Memories After My
Death
Elliott & Thompson
368 Seiten
24,99 Euro
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