Montag, 10. September 2012

Libanon gegen Australien: Stimmung aus der Dose

Von Björn Zimprich

Zur Einstimmung auf das morgige WM-Qualifikationspiel der libanesischen Nationalmannschaft hier der Spielbericht des Freundschaftsspiels gegen  Australien. 

Die Startaufstellung der Libanesen
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Donnerstagabend, 6.September. Ort Saida, Libanon. Die libanesische Nationalmannschaft spielt heute ein Vorbereitungsspiel gegen die „Socceroos“ aus Australien. Es ist kein Unbekannter Gegner. 2006 schafften sie es ins Achtelfinale der Weltmeisterschaft und waren den schwachauftretenden Italienern überlegen. Durch einen unberechtigten Elfmeter schummelten sich die Italiener damals  dann doch noch ins Viertelfinale. Der Rest ist Geschichte. Fußball ist nicht gerecht. 


Zumindest fairer sollte es heute ablaufen. 7000 Fans haben sich im Rafik Hariri Stadion versammelt. In traumhafter Fußballkulisse: Das Stadion liegt direkt am Mittelmeer. Kurzfristig wurde das Spiel von Beirut nach Saida verlegt, der Rasen soll angeblich von einem Virus befallen sein. Lediglich für 22600 Fans ist in Saida Platz, halb soviel wie im Beiruter Hauptstadion. Für das Spiel gegen Australien reicht dies aber. Zwischen 2,50 Euro und 7,50 Euro kosten die Karten. Die Armee sorgte von Außen für Sicherheit, hielt sich aber auch während des Spiels hauptsächlich vor den Toren auf. Die libanesischen Fans haben gleich den Beiruter Straßenlärm aus der Hauptstadt nach Saida mitgebracht. Dutzende Stadion-Dosen-Hupen sorgen für eine lautstarke Kulisse. Wer braucht da noch ausverkaufte Ränge. Die Fußballstimmung im Land ist ohnehin seit einem Jahr im Aufwind. Das Land macht sich Hoffnungen, sich für die WM 2014 in Brasilien zu qualifizieren. Zum ersten Mal in der Geschichte des kleinen Landes hat sich der Libanon für die vierte und entscheidende Runde qualifiziert. Aber um nach Brasilien zu dürfen, müssen noch einige Siege her. Noch sind sie mit einem Punkt Letzter in ihrer Gruppe. Am Dienstag kommt mit dem Iran ein regionales Fußballschwergewicht für das nächste Qualifikationsspiel ins Land. Das Freundschaftspiel gegen die international Erfahrenen „Socceroos“ ist daher ein willkommener Test.
 

Dodo sitzt verletzt auf der Bank


20:45 – Anpfiff. Theo Bücker nutzt das Spiel, um sich in der Aufstellung auszuprobieren. Youssef Mohamed musste auf der Bank bleiben. Während des Trainings zwei Tage zuvor verletzte er sich am Fuß. Für ihn lief Hassan Mazher in der Verteidigung auf. Mit dem 17-jährigen Stürmer Philip Paoli wagte er eine weitere Neuerung auf dem Platz, wenn auch erst im späteren Spielverlauf.

Libanon beginnt verhaltend. Die Männer des deutschen Nationaltrainers Theo Bücker fangen an zu kombinieren. Versuchen aus dem Mittelfeld Druck gegen die Australier aufzubauen. In den ersten Minuten kommen Sie aber kaum in Strafraumnähe. Gleichzeitig schaffen es die Australier Akzente zu setzen, sie tauchen mehrmals vor Torwart Abbas Hassan auf.

Plötzlich ertönt ein lauter dumpfer Knall. Das strahlende Scheinwerferlich wird matt. Die Hälfte der Stationbeleuchtung ist mit einem Schlag weg. Das Land produziert nur Zweidrittel seines benötigten Stroms. Der Strom wird in regelmäßigen Abständen in allen Landesteilen abgestellt. Wer es sich leiten kann, hat einen Generator. Libanesen sind Stromausfälle gewöhnt. Der Schiedsrichter nicht. Er unterbricht die Partie, hofft auf volle Beleuchtung. Das Gegenteil passiert. Totalausfall. Das Stadion mit der libanesischen und australienschen Nationalsmannschaft sowie den 7.000 Fans versinkt in kompletter Umnachtung. „Welcome to Lebanon“! 

Die Gastgeber nehmen es mit Humor. Die Fans lachen und grölen, wollen mit ihren Handytaschenlampen Licht spenden. Nach ein paar Minuten geht es mit einer Notbeleuchtung weiter. Gewöhnung oder nicht. Der Stromausfall irritierte die libanesischen Spieler mehr als die angereisten Australier. Diese gehen in die Offensive, Tim Cahill köpft unhaltbar für Libanons Torwart Abbas Hassan zum 0:1 in der 20 Minute. Abwehrmann Hassan Mezher verpasste seinen Einsatz als Abwehrspieler, ließ Cahill ungehindert in den eigenen Strafraum eindringen und das Tor erzielen. 

Nach dem 0:1 lassen die libanesischen Spieler die Arme hängen. Bis weit in die eigene Hälfte können sich die australischen Spieler vorwagen, bevor sie überhaupt attackiert werden. Die Libanesen üben sich in passiver Abwehr, aber nicht in Angriff. Dies wurde schon drei Minuten später bestraft. Auch Matt Mckay fand ungehindert seinen Weg vorbei an Hassan Mezher und traf zum 0:2. Abbas Hassan war noch knapp am Ball, konnte das Tor aber nicht mehr verhindern.

Roda Antar bleibt stärkster Spieler


Nach dem 0:2 sieht das Spiel entschieden aus. Australien spielt seine internationale Erfahrung aus. Die „Socceroos“ wirken abgeklärt. Haben die Partie im Griff. Selbst bei Ballbesitz rücken die libanesischen Spieler nicht auf. Eine geballte Abwehrkette von bis zu sechs Spielern soll Schlimmeres verhinden. Druck nach vorne kann so kaum entwickelt werden.  

Es dauert bis zur 25 Minute bis Mohamed Haidar durch ein starkes Dribbling im australischen Strafraum spielerische Akzente setzt und den libansischen Angriff belebt. Die Fans im Rafik Hariri Stadion sind wieder da. In den folgenden Minuten nimmt sich auch Roda Antar des Spiels an. Der 31 Jahre alte Fürhungsspieler ist in Deutschland durch seine Einsätze beim HSV und dem 1 FC Köln bekannt. Der defenisve Mittelfeldspieler versucht es mit einem Distanzschuss. Nur eine Minute später kommt er wieder zum Schuss vor dem Kasten des australischen Keepers Mark Schwarzer. Roda Antar ist in Höchstform und holt sich fürs Meckern gleich eine gelbe Karte ab. (38 Minute) 

Die Stimmung kocht wieder. Es wird gehubt. Geht heute in Saida vielleicht doch noch was?  Die Mannschaft hat den Schock des 0:2 Rückstand überstanden. Die Fans auch! 

Zur Halbzeit steht es 0:2 für Australien.  

Zur zweiten Hälfte wechselt Theo Bücker den wenig glänzenden Rechtsaußenverteidiger Hassan Mezher aus. Knappe zwanzig Minuten später muss auch Roda Antar vom Platz. Ganz sicher aber nicht wegen mangelnder Leistung. Theo Bücker will seinen Schlüsselspieler für das Pflichtspiel am Dienstag gegen den Iran schonen.   
Roda Antar wird ausgewechselt.
Mit der Auswechslung von Roda Antar nahm Bücker aber die Wucht aus dem libanesischen Spiel. Der Mittelfeldspieler tritt als Führungsspieler auf. Übernahm Verantwortung mit seinen Distanzschüssen und sorgte für die wenigen gefährlichen Momente des libanesichen Spiels. Einsatz und Laufbereitschaft sind bei den meisten der anderen Spieler heute Mangelware. Die Stimmung im Stadion ebbt ab, die Fans werden leiser, hören auf die Spieler anzufeuern.

In der 88 Minute schießt Australien das 0:3. Das Spiel ist längst entschieden. Die Fans verlassen schon vor Abpfiff in Scharen das Stadion. Australien gewinnt 0:3 gegen den Libanon.   

Hassan Jaber ist dennoch nicht niedergeschlagen. „Der Trainer hat neue Kombinationen ausprobiert“ sagt der Fan aus Nabatieh. Für die zahlreichen Gegentore macht er die schwächen der Innenverteidigung verantwortlich. „Wir haben diesmal ein recht solides Kurzpassspiel gezeigt. Aber mir fehlte die Spielinteligenz“. Für Dienstag, dem Qualifikationsspiel gegen den Iran, hofft Jaber auf eine deutliche Leistungsteigerung. Der Rest des Landes sicher auch. 

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