Knapp zwei Tage nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in den kurdischen Autonomiegebieten des Irak liegen erste vorläufige Ergebnisse vor.
Demnach wurde Masoud Barzani mit etwa 70% im Präsidentenamt bestätigt. Im Gegensatz zu 2005 wurde der Präsident direkt, und nicht vom Parlament gewählt. Sein einzig ernst zunehmender Herausforderer, der in London lebende Akademiker Kamal Mirawdeli, kam aber immerhin auf 23%, obwohl er seine Kandidatur erst Ende Mai bekannt gegeben und praktisch keinen Wahlkampf führen konnte.
Bei den Parlamentswahlen verzeichnete die IHEC (Iraq's Independent High Electoral Commission) eine Beteiligung von mindestens 80%. Zwar konnte die vereinigte Liste der beiden großen Parteien KDP und PUK knapp 60% der kurdischen Stimmen auf sich vereinen, musste jedoch herbe Verluste einstecken. 2005 hatte die "Kurdistani List" von Masoud Barzani und Jalal Talabani mit einem Ergebnis von 90% einen ungefährdeten Sieg eingefahren.
2009 wurde die Dominanz von KDP und PUK jedoch ernsthaft von dem PUK-Abtrünnling Navshirwan Mustafa herausgefordert. Mustafas "Gorran"-Liste kam auf ca. 25% und wird im neuen kurdischen Regionalparlament somit stärkste Oppositionskraft, nach eigenen Angaben rechnet die Partei mit 28 Sitzen im 111-köpfigen Parlament. Die "Kurdistani List" wird demnach 55 Sitze erhalten - dazu kommen wohl 11 Vertreter der turkmenischen, armenischen und christlichen Minderheiten, die traditionell mit Barzani alliiert sind. Auf immerhin 12% kam die vereinigte "Service and Reform List" von vier kleineren linken und islamistischen Parteien, u.a. die "Islamic Union of Kurdistan", die 2005 noch zusammen mit Barzani und Talabani angetreten war, und die "Islamic Group in Kurdistan", deren Führer Ali Bapir 2003-2005 von den Amerikanern inhaftiert worden war.
Innerhalb der drei kurdischen Regionen Erbil, Dahuk und Sulaimaniye gab es teilweise beträchtliche Unterschiede in der Stimmenverteilung. Besonders in Sulaymanie, traditionell die Hochburg der PUK, scheint sich die Unzufriedenheit mit der Politik des Talabani-Clans in Stimmen für die abtrünnige "Gorran"-Liste umzuschlagen. Während die "Kurdistani"-Liste in Barzanis Stammregion Erbil 64% und in Dahuk gar 79% einfuhr, musste sie sich in Sulaymanie mit 35% geschlagen geben. Mustafas "Gorran"-Liste konnte dort knapp 50% der Stimmen auf sich vereinen. Auch bei den Präsidentschaftswahlen fiel Sulaymanie aus der Reihe und ist die einzige der drei Regionen, in denen Masoud Barzani sich geschlagen geben musste.
Das amtliche Endergebnis wird für den 28.Juli erwartet. Größere Unregelmäßigkeiten wurden bisher weder von der IHEC, noch von den knapp 350 ausländischen Wahlbeobachtern überliefert - obgleich sich diese in erster Linie im Vorfeld der Wahl abgespielt hatten. Noch nicht ausgezählt seien laut IHEC die Stimmen der Polizei- und Armeekräfte, die Loyalität der Peschmerga gilt aber eher Barzani und Talabani und könnte das Endergebnis noch etwas zu deren Gunsten ändern.
Dennoch wird sich die Koalition aus KDP und PUK in den nächsten Jahren einer Opposition gegenüber sehen, die mit insgesamt knapp 40% stärker ist, als in vielen anderen Parlamenten der Region und durch die Wahlen mit noch mehr Selbstbewusstsein nach außen treten wird.
Montag, 27. Juli 2009
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