Von Dominik Peters
Für
Bishoy Gerges Mossad war es ein außergewöhnlicher Moment: Nach altem koptischem
Brauch zog der Junge heute in der Kairener Markus-Kathedrale mit verbundenen
Augen den Namen des neuen koptischen Papstes aus einem Glaskasten, der mit rotem Wachs versiegelt gewesen war. Sieger
dieses Lotterieverfahrens ist nun Weihbischof Tawadros, der heute Geburtstag
feierte und dessen künftiger Titel auf Deutsch Theodoros II lauten wird.
Er
konnte sich gegen Bischof Raphael und den Mönch Raphael Awa Mina durchsetzen.
Alle drei hatten die Abstimmung im Kloster Wadi Natrun abgewartet und waren zu Beginn der vorigen Woche von einem Gremium, bestehend aus neun Bischöfen und neun Laien, in die
finale Auswahlrunde gewählt worden, nachdem sie sich bereits gegen 14 weitere
in einem ersten Wahlgang mit insgesamt 2412 Wahlberechtigten hatten durchsetzen
könnnen.
Der
61-Jährige wurde am 4. November 1952 im oberägyptischen Mansoura als Wajih
Sobhi Baki Solayman geboren, vor 15 Jahren zum Bischof ernannt und hat damit
die formalen Kriterien erfüllt, nachdem ein Kandidat älter als 40 Jahre sein muss und mindestens 15 Jahre in einem
Kloster gelebt haben soll. Er
diente im Bischofsamt bisher in al-Buhaira im nordwestlichen Nil-Delta,
assistierte jedoch zugleich auch der bis zum vergangenen Sonntag als
Interimspapst für die Übergangsphase seit dem Tod Papst Shenouds III. agierte.
Pharmazeut und
liberal-konservativer Denker
Innerhalb
der koptischen Kirche gilt Tawadros als Taube. Schließlich hatte er noch kürzlich öffentlich
erklärt: „Wir teilen die gleiche Geschichte, Kultur und Wurzeln mit unseren
muslimischen Brüdern und wir sollten unsere Kinder dazu ermutigen, dass sie die
kirchliche Umgebung verlassen und sich mit der Gesellschaft vermischen.“
Diese und andere Sätze brachten dem in Alexandria und Großbritannien
studierten Pharmazeuten das Wohlwollen vieler Laien ein, deren Rat sich nach
Angaben der Tageszeitung „al-Ahram“ bereits vor dem Losverfahren ausgesprochen
hatte und dessen „Weisheit, Bodenhaftung und Fähigkeit für ein gutes Verhältnis
zwischen jedermann zu sorgen, Christen wie auch Muslimen“ gelobt hatte.
Gleichwohl
gehen Kenner der Kirchenkreise nicht davon aus, dass man von ihm einen radikalen
Kurswechsel erwarten könne, etwa in Fragen der hierarchischen Strukturen, die der im März dieses Jahres
verstorbene Papst Shenouda III. maßgeblich ausgebaut hatte und die vor allem
von jungen Kopten mehr und mehr in Frage gestellt werden.
Die
kommenden Aufgaben sind kaum zu bewältigen
Am 18. November wird Tawadros feierlich als 118. Nachfolger des Evangelisten Markus auf dem Thron des Patriarchen „von
Alexandria bei Ägypten, der Pentapolis und ganz Afrika“ eingeführt Zu diesem Anlass wird auch Präsident Mohammed
Mursi erwartet, dessen Freiheits- und Gerechtigkeitspartei allen Kopten kurze
Zeit nach Bekanntgabe des Ergebnisses gratulierte. Erst in den kommenden
Monaten wird sich indes zeigen, ob die bislang im Land gebliebenen rund zehn
Millionen Kopten über ihren neuen Papst wirklich jubeln können.
Dann, wenn sich zeigt, wie Tawadros mit dem schweren Los umgehen wird, die
größte im Nahen Osten lebende Gemeinde autochthoner Christen in Zeiten des Um-,
Auf- und Zusammenbruchs zu führen und zu vertreten, aber auch zwischen den
verschiedenen Meinungen innerhalb der Kirche zu moderieren – zumal auch die
Diasporagemeinden, die bei den Vorwahlen erstmals mitstimmen durften, auf mehr
Mitspracherecht pochen. All das unter einen
päpstlichen Hut zu bringen, gleicht einer kaum lösbaren Mammutaufgabe.
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