Der Beginn des Arabischen Gipfeltreffens am Mittwoch in Riyadh haengt wie ein Damoklesschwert ueber der libanesischen Politik. Stets hatten Vertreter von Regierung und Opposition erklaert, bis zum 28.Maerz muesse ein Kompromiss zur Loesung des seit November 2006 schwelenden Machtkampfes gefunden werden. Doch in den vergangenen Wochen endeten gleich mehrere Treffen zwischen dem Mehrheitsfuehrer im libanesischen Parlament, Saad Hariri, und dem Parlamentspraesidenten und Oppositionsvertreter Nabih Berri ergebnislos, obwohl beide ein Scheitern ihrer Verhandlungen zwischenzeitlich praktisch aussgeschlossen hatten.
Im Kern scheiterte eine Einigung bislang wohl an zwei Streitpunkten. Die Opposition mit der Hizbollah als staerkster Kraft fordert eine Sperrminoritaet in der libanesischen Regierung, das heisst das kuenftig mindestens ein Drittel der Minister in einer "Regierung der Nationalen Einheit" von der Opposition gestellt wuerden. Damit koennte kein wichtiges Gesetz mehr ohne die Zustimmung der Hizbollah und ihrer Verbuendeten auf den Weg gebracht werden. Vor diesem Hintergrund fordert die Opposition eine Aufstockung des Kabinetts auf 30 Ministerposten. 19 dieser Minister sollen von den Parteien des "Bewegung des 14.Maerz" bestimmt werden, 11 Minister wuerden demnach vom Oppositionsbuendnis aufgestellt.
Ein anderes Kompromissmodell, das in den vergangenen Wochen mehrfach diskutiert wurde, saehe nach der Formel 19+10+1 anstelle eines 11.Oppositionellen einen neutralen Minister vor, der von Regierung und Opposition gemeinsam bestimmt wird. Samir Geagea, verurteilter Moerder, Fuehrer der Forces Libanaises und einer der Koepfe des Regierungsbuendnisses, erklaerte der 19+11-Formel am Wochenende eine klare Absage.
Ein weiteres Streitthema ist der Internationale Gerichtshof, der den Mord am ehemaligen libanesischen Ministerpraesidenten Rafiq Hariri aufklaeren soll. Am 13.November 2006 hatte das Kabinett der Bildung eines internationalen Tribunals zugestimmt. Praesident Emile Lahoud, der auf Seiten der Opposition steht, weigert sich jedoch seither den entsprechenden Beschluss zu unterzeichnen. Der Grund hierfuer ist, dass zwei Tage zuvor die fuenf schiitischen Minister aus der Regierung zurueckgetreten waren. Damit sei die Regierung seither illegitim, so der Standpunkt des Staatschefs, da laut Verfassung alle grossen Konfessionsgruppen in der Regierung vertreten sein muessen. Dies war zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht der Fall, der Beschluss damit null und nichtig.
Auch das Parlament haette theoretisch die Moeglichkeit, seine Zustimmung zum Tribunal zu geben, doch weigert sich Parlamentssprecher Berri, das Parlament einzuberufen, bevor der Machtkampf mit der Regierung geloest ist. Grundsaetzlich habe man gegen ein internationales Tribunal nichts einzuwenden, so die Opposition, doch nach dem jetzigen Entwurf werde dieses zum Werkzeug der USA. Streitpunkt ist unter anderem die Zahl der libanesischen und auslaendischen Richter des Tribunals. Syriens Staatschef Baschar al-Assad hatte in der vergangenen Woche bekraeftigt, dass sein Land keine Beschuldigten an den Gerichtshof ausliefern werde, sondern gegebenenfalls selbst ueber die Tatverdaechtigen urteilen werde, die dann haerter bestraft wuerden, als dies ein UNO-Gerichtshof je tun koenne.
Nun werden also gleich zwei Delegationen den Libanon beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Saudi-Arabien vertreten. Emile Lahoud wird als Chef der offiziellen Delegation wohl mit zwei der zurueckgetretenen Minister anreisen, Ministerpraesident Fuad Siniora wird mit zwei aktuellen Kabinetssmitgliedern an dem Treffen teilnehmen, der genaue Status seiner Delegation ist noch unklar.
Seit mittlerweile fast vier Monaten stehen sich die beiden politischen Lager nun also in diesem Machtkampf, der die Politik und Wirtschaft des Landes praktisch laehmt, gegenueber. Unzaehlige Kompromissvorschlaege wurden diskutiert und wieder verworfen, auslaendische Delegationen haben sich bei Hariri, Berri, Jumblatt, Aoun und Co. die Klinke in die Hand gegeben, unter dem Strich ohne Ergebnis. Das Volk betrachtet diese Entwicklung zunehmend mit Gleichgueltigkeit und Apathie. Je nach politischer Zugehoerigkeit schiebt man den Schuld fuer die Unfaehigkeit zum Kompromiss einem anderen zu. Spricht man mit Oppositionsanhaengern, so hoert man etwa, dass Siniora sehr wohl zu einem Kompromiss nach der 19+11-Formel bereit waere, dieses jedoch am Veto der USA scheitere. Regierungssympathisanten meinen, dass ein Kompromiss so lange unmoeglich sein wird, wie sich Syrien gegen das Hariri-Tribunal stellt. Der Grundtenor in diesen Tagen ist jedoch ziemlich pessimistisch.
Wie es nach dem Ende des Arabischen Gipfels weitergeht, weiss niemand. Die von der Opposition angekuendigte Kampagne des zivilen Widerstandes ist immer noch nicht angelaufen. Oberflaechlich scheint sich die Lage im Land seit dem Bombenanschlag von Ain Alaq und der Grossdemonstration zum Hariri-Jahrestag Mitte Februar stetig beruhigt zu haben, gleichzeitig hoert man jedoch auch von anderen Entwicklungen. In dem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Beiruter Viertel Tarek al-Jdeide soll ein regelrechter Exodus von schiitischen Familien eingesetzt haben. In dem Stadtviertel befindet sich auch die Arabische Universitaet, an der sich Ende Januar ein blutiger Streit zwischen Anhaengern von Regierung und Opposition entzuendet hatte. In dessen Verlauf hatten auch Heckenschuetzen von Wohnhauesern auf Jugendliche geschossen. Laeuft man durch die Strassen von Tarek al-Jdeide so sind die Fahnen der "Adler" unuebersehebar, einer sunnitischen Jugendbewegung, in der viele die Keimzelle einer kuenftigen (Buergerkriegs-)miliz sehen.
Montag, 26. März 2007
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