Dem Aufruf zu einem Generalstreik am Monat sind gestern nur wenige Ägypter gefolgt. Die meisten Menschen gingen wie an anderen Werktagen zur Arbeit, größere Proteste blieben aus. Nur einige Dutzend Demonstranten versammelten sich vor dem Gebäude der Journalistenvereinigung in Kairos Stadtzentrum. An den Universitäten im Land protestierten mehrere hundert Studenten. Die Parlamentsabgeordneten der Muslimbrüder verließen demonstrativ den Plenarsaal um ihre Solidarität mit den Streikeden zu bekunden. Landesweit wurden etwa 50 Menschen festgenommen.
Zu dem Streik hatte ein Bündnis junger Ägypter unter der Bezeichnung "Jugend des 6. April" aufgerufen. Publik gemacht wurde der Aufruf in erster Linie über das Internet. Mehr als 75000 Ägypter schlossen sich einer Facebook-Gruppe an, die für den 6. April zum landesweiten "Tag des Zorns" aufriefen. Offenbar gelang es den Organisatoren jedoch kaum, ihre Anhänger vom Computer auf die Straße zu bringen.
Die erste Aktion dieser Art fand genau vor einem Jahr, am 6. April 2008, in Ägypten statt. Damals hatte der Streikaufruf die Unterstützung mehrerer Gewerkschaften und konnte somit mehr Menschen mobilisieren. Besonders im Nildelta hatten damals Tausende protestiert, Hunderte wurden verletzt, mindestens ein Mensch bei Unruhen getötet. In diesem Jahr äußerten der Oppositionelle Ayman Nour und auch die Muslimbrüder zwar ihre Solidarität mit den Initiatoren des Streikaufrufs, logistische Unterstützung leisteten sie jedoch ebensowenig wie Gewerkschaften oder Berufsvertretungen. Dadurch befolgte in diesem Jahr kaum ein Arbeitnehmer den Aufruf zur Arbeitsniederlegung.
Hinzu kam, dass die ägyptische Staatssicherheit im Vorfeld des 6. April alles unternahm um Proteste zu verhindern. Im Vorfeld wurden mehrere Organisatoren verhaftet, viele Sympathisanten dadurch offenbar eingeschüchtert.
Nach fünf Jahrzehnten einer Ein-Parteien-Herrschaft herrschen bei vielen Ägypten Apathie und Gleichgültigkeit. Ernsthafte Alternativen zu Mubarak und seiner NDP gibt es ebenso wenig wie eine Kultur des zivilen Ungehorsams. Eine Graswurzelbewegung wie die "Jugend des 6. April" mit ihrer sehr heterogenen Anhängerschaft, die von den Kommunisten bis zu den Muslimbrüdern reicht, hat es vor diesem Hintergrund sehr schwer große Massen zu mobilisieren. Nach dem gestrigen Misserfolg und den großen Erwartungen die viele im Vorfeld des gestrigen Tages hegten, dürfte es den Streikorganisatoren auch schwer fallen in Zukunft mehr Leute zu Protesten zu bewegen.
Dienstag, 7. April 2009
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