Der
Terrorangriff auf dem Sinai hat die Menschen in Ägypten und Israel gleichsam
geschockt. Ein Blick in die Kommentarspalten verrät: Die Zukunft der ägyptischen
Halbinsel bereitet Analysten auf beiden Seiten ernsthafte Sorgen.
Von Dominik Peters
Die Sicherheitslage auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel scheint endgültig außer Kontrolle geraten zu sein: Am vergangenen Sonntag hatten Terroristen bei einem Angriff auf einen ägyptischen Polizeiposten an der Grenze zu Israel mindestens 15 von ihnen getötet, in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kam es erneut zu einem blutigen Zwischenfall, das ägyptische Militär versucht nun in einer Offensive die Region wieder zu stabilisieren. Vergeblich, wie viele Kommentatoren prognostizieren.
Die Sicherheitslage auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel scheint endgültig außer Kontrolle geraten zu sein: Am vergangenen Sonntag hatten Terroristen bei einem Angriff auf einen ägyptischen Polizeiposten an der Grenze zu Israel mindestens 15 von ihnen getötet, in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kam es erneut zu einem blutigen Zwischenfall, das ägyptische Militär versucht nun in einer Offensive die Region wieder zu stabilisieren. Vergeblich, wie viele Kommentatoren prognostizieren.
Heba Affify ist in der
Internetausgabe „Egypt Independent“
davon überzeugt, dass die Halbinsel ein „failed state“ innerhalb des
ägyptischen Staates sei, in dem die lokale Bevölkerung das Militär vor
Radikalen schütze – und nicht umgekehrt. Auch Rami G. Khouri läutet die
Alarmglocken.
„Seit einigen Jahrzehnten“, so
der Redakteur des libanesischen „Daily
Star“, „verliert der ägyptische Staat in Grenzregionen und den
Armenvierteln der Großstädte Stück für Stück die Kontrolle über diese.“ Dass die
Armee nun versuche mit militärischen Mitteln den Sinai wieder zu befrieden, sei
nicht der richtige Weg, zumal die dortige Bevölkerung keinerlei soziale
Hilfeleistung oder wirtschaftliche Unterstützung erhalte. „Das Ergebnis“, so
Khouri, „sind die momentanen Aufstände und Revolutionen in den arabischen
Ländern, deren Bürger mehr von der Regierung erwarten, als einen Soldaten an
jeder Ecke.“
Dass wäre jedoch der Wunsch der „Jerusalem Post“. Dort heißt es nach einer „von tiefstem
Herzen kommenden Kondolenz“, dass Ägypten nun eine Kampagne starten solle, um „von
Iran unterstützte dschihadistische Terroristen“ aus dem Sinai zu vertreiben, sowie
die Ausbildung der dort ansässigen Beduinen durch „Iran, den weltweiten Dschihad
und al-Qaida.“ Außerdem ist man überzeugt, dass Ägyptens Präsident Mohammed Mursi
das Zepter des Handelns in die Hand nehmen sollte: „Nun ist die Zeit gekommen,
sich für den Westen und gegen Iran zu entscheiden und die Beziehungen zu Israel
zu vertiefen, um unseren gemeinsamen Gegner zu bekämpfen: Terrorismus.“
Ron Ben-Jischai von der
israelischen Tageszeitung „Jedioth
Aharonoth“ glaubt der Angriff hatte nicht eine weitere Machterosion der
ägyptischen Zentralregierung zum Ziel, sondern das bilaterale Verhältnis
zwischen Israel und Ägypten. Er kommentiert: „Der Zwischenfall verdeutlicht
auch, dass die Terroristen des Dschihad, für die der Sinai ein sicherer
Rückzugsort ist, vorhaben, die Region zu entflammen, indem sie eine Situation
schaffen, in der die ägyptische Armee scheinbar an einem Angriff auf Israel beteiligt
ist. Die Terroristen planten offenbar, den anfänglichen Schock, den ihr
Eindringen nach Israel verursacht hätte, dafür zu nutzen, einen israelischen
Soldaten oder Bürger zu entführen.“
Abdullah Iskandar von der in
London ansässigen „Al-Hajat“ kritisiert
währenddessen die Muslimbruderschaft, die sofort nach Bekanntwerden des
Attentats mit dem Finger auf Israel zeigte, „bevor irgendwelche ernst- und
glaubhaften Untersuchungen“ begonnen hatten. „Auch wenn der Mossad nicht zögert
gezielte Tötungen durchzuführen, wenn diese Israel nutzen“, so Iskandar,
voreilige Schlüsse zu ziehen sei angesichts der von Ägypten verantworteten
Sicherheitslage auf dem Sinai „ein Affront.“
Auch Dan Margalit von der „Israel Hajom“ blickt mit einigem
Unbehagen auf die Grenze: „Mursi hat die Flaggen auf Halbmast hängen lassen und
versprochen die verantwortlichen Kriminellen zu bekämpfen, praktisch ist das
aufgrund mangelnder militärischer Kraft und Wille aber nicht realisierbar. Der
Sinai war lange Zeit losgerissen vom Rest Ägyptens, ist nicht Teil des
ägyptischen Heimatlandes, von dem Anwar as-Sadat sich weigerte auch nur ein
Sandkorn zurückzugeben, als er den Friedensvertrag mit Israel unterzeichnete.
Der Sinai“, so Margalit, „ist auf dem Papier ägyptisch, in Wirklichkeit nicht.“
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