In der Ebene, die sich suedoestlich des Stadtzentrums von Kairo erstreckt, haben die wohlhabenden Familien der Stadt seit Jahrhunderten ihre Toten bestattet. Diese "Stadt der Toten" erstreckt sich ueber mehrere Qudaratkilometer. Mit dem unkontrollierten Wachstum der Nilmetropole ist seit etwa 200 Jahren jedoch Leben in die Friedhoefe eingekehrt. Heute leben vermutlich mehr als 1 Million Menschen inmitten der Graeber.
Am Freitag Mittag ist Vogelmarkt auf der staubigen Hauptstrasse, die in die Stadt der Toten fuehrt. Frauen feilschen hier mit den Haendlern um die Preise fuer Huehner oder Tauben, Kinder stehen staunend vor Vogelkaefigen mit gelben, gruenen oder blauen Wellensittichen. Die meisten Maenner sind zu diesem Zeitpunkt beim Gebet in einer der zahlreichen Moscheen.
Zunaechst faellt beim Betrachten der Haueser entlang der Strasse auf, dass diese zu verschiedenen Zeiten Stueck fuer Stueck errichtet worden zu sein scheinen. Zudem sticht ins Auge, dass die Erdgeschosse mit zum Teil mit Sauelenelementen verziert sind, die ans antike Griechenland erinnern. Tatsaechlich waren diese alten Gebauede urspruenglich Mausoleen, in denen Tote beigesetzt wurden. Als die Bevoelkerung in Kairo immer weiter anwuchs, und der Wohnraum knapp wurde, sind hier Menschen eingezogen und haben diese Haueser spaeter Stueck fuer Stueck ausgebaut.
Ein Stueck weiter die Strasse entlang, saeumen Mauern den Weg. Damit hatten die Familien ihre Grundstuecke abgegrenzt, auf denen sie ihre Verwandten beerdigten. Die Grabsteine sind zum Teil noch erhalten. Hinter diesen Mauern stehen hauefig eingeschossige Haeuser, in denen heute viele Familien leben. Zum Teil wurden diese Haueser auch schon frueher errichtet, weil die Angehoerigen die 40 taegige Trauerzeit bei den Graebern ihrer verstorbenen Verwandten verbringen wollten.
Wie sovieles in Aegypten ist das Leben zwischen den Grabern zwar formal verboten, wird de facto aber vom Staat toleriert weil man den hier Lebenden schlicht keiner Alternative anbieten kann. Zumindest teilweise haben die Haueser Strom, die Leitungen hierfuer verlaufen oft ausgehend von einer der zahlreichen Moscheen in der Totenstadt. Erhascht man einen Blick in eine der schmalen Hauesertueren, so faellt auf, dass das Innere haeufig in grellen Gelb- oder Blautoenen gestrichen wurde. In den Innenhoefen kann man Grabplatten erkennen.
Insgesamt macht die Stadt der Toten an diesem Fraitag einen eher doerflichen Eindruck. Kinder in Ballack- oder Beckhamtrikots spielen auf den sandigen Wegen barfuss Fussball, Hunde liegen traege in der Sonne, Esel ziehen mit Knoblauchzehen beladene Wagen ueber die Strassen, Familien verbrennen ihren Muell. Daneben scheint die Totenstadt die Heimat vieler Kairoer Taxifahrer zu sein. Vor vielen der lehmfarbenen Haeuser steht eines der schwarzweissen Autos.
Samstag, 29. März 2008
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