Wenige Tage nachdem sich die rivalisierenden politischen Lager im Libanon auf eine Machtteilung einigten, haben die radikal-sunnitischen Bewegungen Fatah al-Islam und Jund al-Sham mit zwei Anschlägen auf die libanesische Armee auf sich aufmerksam gemacht.
Zunächst explodierte am Samstag nahe des palästinensischen Flüchtlingslagers Nahr al-Bared eine Bombe, die einen 23-jährigen Soldaten tötete. Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppe Fatah al-Islam, die sich vor genau einem Jahr in Nahr al-Bared schwere Gefechte mit den libanesischen Streitkräften geliefert hatte. Bei den Kämpfen kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, weite Teile des Palästinenserlagers wurden zerstört.
Am selben Tag erschossen libanesische Soldaten einen Mann der sich ihnen am Eingang zum Flüchtlingslager Ain al-Hilweh näherte. In der Hand hielt der Mann eine Handgranate, um den Bauch hatte er einen Sprengstoffgürtel geschnallt. Er trug gefälschte Papiere des UN-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser bei sich, die ihn fälschlicherweise als Palästinenser ausweisen sollten. Vermutlich war der verhinderte Selbstmordattentäter Anhänger der Jund al-Sham, die sich im vergangenen Sommer ebenfalls Kämpfe mit der Armee in Ain al-Hilweh lieferten.
Die Ereignisse vom Wochenende unterstreichen die Gefahr, die von extremistischen sunnitischen Gruppierungen im Libanon ausgeht. Verstärkt werden könnte der Zulauf dieser Bewegungen durch die Kämpfe zwischen der schiitischen Hizbollah und der sunnitischen Mustaqbal-Bewegung Anfang Mai, bei denen die sunnitische Regierungsmiliz der Hizbollah nicht gewachsen war. Auf Grund dieser von einigen als Demütigung empfundenen Niederlage könnten sich Sunniten gerade aus dem armen Nordlibanon Bewegungen wie der Fatah al-Islam zuwenden.
Im vergangenen Jahr waren es vor allem Irak-Veteranen der al-Qaida und anderer Gruppen, um die sich die Fatah al-Islam-Kämpfer aus dem In- und Ausland scharten. Der Libanon bietet ihnen einen idealen Nährboden aus konfessionellen Spannungen, einer schwachen Zentralregierung und nur begrenzt schlagkräftigen Sicherheitskräften.
Die Zeitung al-Safir berichtete am Montag, sunnitische Terroristen planten Anschläge gegen die im Südlibanon stationierten UNIFIL-Soldaten. Die Sicherheitskräfte im Norden und Süden des Landes seien in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.
Im letzten Jahr erhielten die Extremisten der Fatah al-Islam und Jund al-Sham praktisch keine Unterstützung seitens der libanesischen Sunniten, die in großer Mehrheit den Kampf der Armee in Bahr al-Bared unterstützten. So lange der politische Konflikt im Libanon in erster Linie als ein politischer Machtkampf und nicht als ein konfessioneller Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten verstanden wird, dürfte die Unterstützung für die jihadistischen Sunniten weiterhin gering ausfallen. Bis dahin dürfte die größte Gefahr von kleinen Extremistenzellen ausgehen, deren Kämpfer häufig aus dem arabischen Ausland stammen.
Dienstag, 3. Juni 2008
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