Hier ein Bericht von Daniel aus dem Jemen:
Nachdem ich nun gute eineinhalb Wochen in der jemenitischen Hauptstadt bin, wird es Zeit einen ersten Bericht fuer alsharq bereitzustellen.
Das Erste was den im Sommer hier ankommenden Besucher empfängt, ist eine Smogglocke aus Staub und Fahrzeugabgasen, welche der Stadt ein weniger glanzvolles Antlitz verleiht. Auf ca 2200 m über dem Meer in einem Gebirgsbecken gelegen, wird das Luft holen so nicht immer zu einer einfachen Aufgabe.
Der Legende nach wurde Sana'a von Noahs Sohn Sem nach der biblischen Sintflut gegründet. Als historisch gesichert gilt jedenfalls, dass die Stadt im sabaeischen Königreich als befestigter Posten zur Sicherung von einem der 2 wichtigen Karawanenwege diente, auf dem Weihrauch durch die Berge in den Norden transportiert wurde. Über Jahrhunderte in ihrer Größe kaum verändert, erlebte Sana'a ab 1962 ein bis heute anhaltendes enormes Wachstum. Während 1962 geschätzte 90.000 Menschen in der Stadt lebten, die zu jenem Zeitpunkt der Fläche der heutigen Altstadt entsprach, sind es momentan im Ballungsgebiet ungefähr 2 Millionen.
So ist denn Sana'as eigentliches Wahrzeichen auch die Altstadt mit seinen schätzungsweise 14.000 architektonisch einzigartigen, bis zu 9 Stockwerke hohen Turmhäusern. Diese erhalten ihr typisches Erscheinungsbild durch die unterschiedlich gefärbten Lehmziegel, aus denen sie errichtet sind und den fantasievollen Verzierungen an den Fassaden. 1988 erhielt die Altstadt aufgrund dieser Kulisse den Titel eines UNESCO Weltkulturerbes.
Auf Spaziergängen durch die engen Gassen und über den "suq al-milh" wird deutlich, was der Reiseführer meint, wenn man liest kein Land der Region repräsentiere das "alte Arabien" besser als der Jemen. Seine Authentizität hat es in meinen Augen vor allem wegen der relativ wenigen Touristen bewahren können. So ist der suq hier kein vordergründig touristisches Schauspiel, sondern nach wie vor eines der wichtigsten Zentren sozialer Interaktion. Arabisches Markttreiben lässt sich hier in seiner Reinform erleben.
Auffällig sind die zahlreichen Poster in den kleinen shops, auf denen für jeden offen einsehbar, die Köpfe von Hassan Nasrallah, Sheikh Yasin (Mitbegründer der Hamas), aber vor allem von Saddam Hussein präsentiert werden. Symphatie für die Führer islamisch-arabischer Organisationen scheint demnach die Konfessionsgrenzen zu überwinden.
Das größte Problem der Stadt ist die Wasserversorgung. So sind etwa nur die allerwenigsten Häuser an das öffentliche Wassernetz angeschlossen. Steigt man auf das Dach eines der Turmhäuser, so kann man nicht nur einen atemberaubenden Blick auf die zerklüfteten Gebirgszüge am Horizont genießen, sondern wird gleichzeitig vom Anblick der Abertausenden Wassertanks überrascht, über welche die Wasserversorgung sichergestellt wird. Im Durchschnitt sinkt der Grundwasserspiegel jedes Jahr um 6-8 Meter, was die Anlage von Brunnen immer schwieriger macht. Entsalzenes Meerwasser in die Stadt zu leiten, birgt den Aufwand die Leitung über 3000m hohe Bergketten zu verlegen, was enorm kostspielig wäre. Manche Experten prophezeihen deshalb das düstere Szenario einer kompletten Evakuierung Sanaas in unbestimmter Zukunft. Das Bewusstsein, eines derart ernsthaften Problems gegenüberzustehen, zeigen allerdings nur wenige Einwohner.
Montag, 7. Juli 2008
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