Nach 20 Monaten bekommt der Libanon wieder eine Regierung, an der alle großen Konfessionen und Parteien beteiligt sind. Am Nachmittag ernannte Präsident Michel Suleiman eine neue Regierung, die sich aus 24 Ministern und 6 Staatsministern zusammensetzt und bis zu den nächsten Parlamentswahlen im Früjahr 2009 im Amt bleiben soll.
Die Nominierung des neuen Kabinetts bildet einen wichtigen Schritt in der Umsetzung des Doha-Abkommens, das den seit Ende 2006 herrschenden Machtkampf im Libanon beilegen soll. Die im Mai geschlossene Vereinbarung sah die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit vor, in der das bisherige Regierungslager "March 14" 16 und die Opposition 11 Minister stellen sollte. Drei Minister sollten vom neugewählten Präsidenten Suleiman bestimmt werden.
Bis zuletzt herrschte Uneinigkeit darüber welche Ministerien von der Parlamentsmehrheit und welche von der Opposition um die Hizbollah besetzt werden sollten. Besonders die Nominierung Ali Qansos zum Staatsminister durch die Hizbollah stieß im Regierungslager auf Ablehnung. Qanso war bis vor wenigen Wochen Chef der Syrischen Sozialistischen Nationalen Partei (SSNP), die wie der Name nahelegt enger Verbündeter Syriens im Libanon ist.
Insgesamt sind 14 verschiedene Gruppierungen aus 7 Konfessionen an der Regierung beteiligt, hinzu kommen mehrere Unabhängige. Die Mustaqbal-Bewegung von Mehrheitsführer Saad Hariri stellt neben dem alten und neuen Regierungschef Fuad Siniora drei weitere Minister. Ebenfalls drei Ministerien werden von Politikern der FPM-Bewegung Michel Aouns geleitet, der die größte christliche Fraktion im Parlament stellt und sich als Gewinner der Regierungsneubildung sehen darf. Seine christlichen Rivalen aus dem Regierungslager von den Lebanese Forces und der Kataib Partei mussten sich mit zwei beziehungsweise einem Posten zufrieden geben.
Die sicherheitspolitisch wichtigen Ressorts für Inneres und Verteidigung hat der Präsident mit Vertrauten besetzt um diese angesichts der latenten Gewalt im Libanon aus Parteiquerelen herauszuhalten. Zwei Minister die in der Vergangenheit mit lautstarker Polemik gegen die Opposition auf sich aufmerksam machten, Ahmad Fatfat und Nayla Muawwad, sind künftig nicht mehr in der Regierung vertreten. Die einzige Frau im Kabinett ist weniger wegen ihrer politischen Fähigkeiten oder ihrer Beliebtheit sond vielmehr wegen ihres Namens auf diesen Posten gelangt. Die künftige Bildungsministerin Bahia Hariri ist die Schwester des 2005 ermordeten ehemaligen Regierungschefs Rafiq Hariri.
Um den konfessionell-politischen Charakter der verschiedenen Bewegungen zu verschleiern haben sowohl Regierung als auch Opposition je ein Regierungsmitglied aus einer Konfession benannt, in der sie praktisch keinerlei Unterstützung genießen. So nominierte das Regierungslager den Schiiten Ibrahim Shamseddine zum Informationsminister und die Hizbollah gab das Jugendministerium an ihren drusischen Verbündeten Talal Arslan.
Die Hizbollah begnügt sich mit einem einzigen Ministerium - Mohammad Fneish wird neuer Arbeitsminister. Diese Zurückhaltung hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Schiitenbewegung seit jeher bestrebt sich als Kraft zu präsentieren, die sich aus der oftmals schmutzigen und korrupten Politik im Libanon heraushält.
Zum anderen wollte man das christliche Lager innerhalb der Opposition, das von Michel Aoun geführt wird, stärken. Die zwischen Opposition und Regierung gespaltenen Christen sind die Wechselwähler die man bei den anstehenden Parlamentswahlen im nächsten Jahr auf die eigenen Seite ziehen will. Dafür muss die Hizbollah den Christen zeigen, dass sie als gleichberechtigte Partner akzeptiert werden.
Freitag, 11. Juli 2008
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1 Kommentar:
Solange der Libanon ein fragmentierter Staat mit discount-Herrscher die sich an den meistbietenden verkaufen (USA, EU/Frankreich, Saudi-Arabien und der GCC, Vatikan) mit einer grundlegenden rassistischen, faschistischen Grundphilosophie, wird es dort kein Frieden, keine Gleichberechtigung und keinen Wachstum geben.
Alle Vereinbarungen sind eine Verzögerung des kommenden nahöstlichen Krieges mit Libanosia und Palästina im Mittelpunkt.
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