Eine vom US-Senat verabschiedete Resolution, die de-facto eine Teilung des Irak vorsieht, ist bei irakischen Politikern auf eine breite Ablehnung gestoßen. Der vom emeritierten Präsidenten des Council on Foreign Relations, Leslie Gelb, und dem demokratischen Senator Joe Biden ausgearbeitete Plan sieht einen dezentralisierten, föderalen Irak vor in dem nahezu alle Regierungsaufgaben von autonomen Regionalregierungen übernommen würden. Die Zentralregierung in Baghdad wäre praktisch nur noch für den Schutz der Grenzen und die Verteilung der Erdöleinnahmen verantwortlich. Faktisch hätte die Umsetzung des Biden-Gelb-Plans über kurz oder lang die Aufspaltung des Irak in einen kurdischen Norden, einen sunnitischen Westen und einen schiitischen Südirak zur Folge.
Gleichwohl ist die Resolution mehr von symbolischer Bedeutung, da sie keinerlei bindende Wirkung für den Präsidenten und seine Außenpolitik besitzt. Mit einer Mehrheit von 75 zu 23 Stimmen wurde der Plan angenommen, unter Zustimmung der Hälfte der republikanischen Senatoren. Auch die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton stimmte dem Entwurf zu, ihr innerparteilicher Konkurrent Barack Obama enthielt sich der Stimme.
Viele irakische Politiker, Schiiten wie Sunniten, sehen in dem Senatsbeschluss ein neues Kapitel kolonialer Machtausübung nach dem Muster "Teile und Herrsche". Ähnlich wie Briten und Franzosen Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit dem Sykes-Picot-Plan den Nahen Osten unter sich aufteilten, wollten nun die USA das Schicksal des Irak bestimmen, das Land aufteilen und seine Souveränität untergraben. Zwar verweist die US-Resolution darauf, dass selbst die irakische Verfassung von einem dezentralisierten, föderalen" Irak spricht, dennoch wird der Vorschlag als anmaßende Einmischung der Vereinigten Staaten in die irakische Politik gewertet.
"Der Vorschlag widerspricht allen Gesetzen der internationalen Gemeinschaft und ihrer legitimen Institutionen, die den Menschen das Selbstbestimmungsrecht und das Recht zur Verteidigung ihrer Einheit und Souveränität zusprechen", erklärte etwa Izzat al-Shahbandar im Namen der säkular orientierten "Nationalen Irakischen Liste" des ehemaligen Ministerpräsidenten Iyad Allawi. Der jetzige Regierungschef Nouri al-Maliki nannte den Biden Plan ein "Rezept für ein nationales Desaster". Für die größte sunnitische Fraktion im irakischen Parlament, die "Irakische Übereinstimmungsfront" erklärte Hashim Taye: "Wir lehnen die Resolutionen ab, die das Schicksal des Irak aus dem Ausland bestimmen wollen. Das ist eine gefährliche Aufteilung, basierend auf Konfessionalismus und Ethnizität."
Das eine Umsetzung des Plans die Probleme des Irak lösen würde scheint ohnehin fraglich, denn auch innerhalb der autonomen Regionen, deren Schaffung Biden und Gelb vorsehen, toben blutige Machtkämpfe. Im Südirak, der so etwas wie "Schiitistan" würde, bekämpfen sich Badr-Brigaden und die Miliz des Predigers Muqtada al-Sadr. In "Sunnistan" führt die "al-Qaida im Zweistromland" Krieg mit lokalen Klanführern, die sich zur "Anbar-Rettungsfront" zusammengeschlossen haben. Deren Anführer, Abdul Sattar al-Rishawi, wurde am13.September bei einem Anschlag getötet, zu dem sich al-Qaida bekannte.
Auch im irakischen Musterteilstaat Kurdistan stehen sich mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) zwei Gruppen gegenüber, die sich noch in den 1990ern blutige Auseinandersetzungen lieferten. Die Annahme, dass eine Spaltung des Irak entlang der Konfessionen das Land befrieden könnte scheint daher kaum realistisch. Eine Balkanisierung des Irak ist nicht die Lösung.
Montag, 1. Oktober 2007
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