Montag, 26. Mai 2008

Qatars Einfluss im Nahen Osten wächst

Das Doha-Abkommen, mit dem der Machtkampf im Libanon vorerst beigelegt wurde, unterstreicht den wachsenden Einfluss des Golfstaats Qatar innerhalb der Länder des Nahen Ostens. Das Emirat schickt sich an, politischen Schwergewichten wie Ägypten und Saudi-Arabien auf dem Feld der Diplomatie den Rang abzulaufen.

Das Herrscherhaus der Familie al-Thani hat es in den vergangenen Jahren verstanden zu den rivailisierenden Fraktionen und Regionalmächten sowie den USA gleichermaßen gute Beziehungen aufzubauen und sich den Ruf eines ehrlichen Maklers zu erarbeiten. So ist Qatar zum einen der Sitz des Hauptquartiers der US-Truppen im Nahen Osten, zum anderen verfügt Doha über gute Beziehungen zum Iran. Im vergangenen Dezember war der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad während des Gipfeltreffens des Golfkooperationsrats (GCC) zu Gast in Qatar.

Seit 12 Jahren gibt es in der Hauptstadt des Emirats ein israelisches Handelsbüro, in dem israelische Diplomaten tätig sind, auch wenn Qatar und Israel offiziell noch keine diplomatischen Beziehungen unterhalten. Im April war Außenministerin Tzipi Livni Gast eines Demokratieforums in Doha.

Gleichzeitig verfügt Familie al-Thani über gute Beziehungen zur Hamas und zur Hizbollah. Als einziger arabischer Staat neben Syrien lobte Qatar die Hizbollah nach dem Zweiten Libanonkrieg im Sommer 2006 für ihren "Widerstand" gegen Israel und beglückwünschte die schiitische Bewegung zum ersten arabischen Sieg gegen Israel. Schon wenige Wochen nach Kriegsende begann Qatar den Wiederaufbau zerstörter Dörfer im Südlibanon finanziell und logistisch zu unterstützen und arbeitete dabei eng mit der Hizbollah zusammen.

Die guten Kontakte der Qataris zu allen regionalen Akteuren waren entscheidend für einen Erfolg der inner-libanesischen Verhandlungen in Doha. Die natürlichen arabischen Führungsmächte Saudi-Arabien und Ägypten kamen hierfür kaum in Frage, da ihre Regierungen einseitig für das Regierungslager im Libanon Partei ergriffen hatten.

Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass Qatar als Öl- und Gasexporteur über die nötigen finanziellen Mittel verfügt derartige Abkommen zu erleichtern. Schon wird darüber spekuliert, dass Familie al-Thani mit üppigen Geldzahlungen die rivalisierenden Parteien im Libanon zu einer Einigung bewegt zu haben.

Auch bei den Konflikten zwischen Hamas und Fatah in Palästina, dem Krieg in Darfur, sowie den ständigen Machtkämpfen zwischen rivalisierenden Kräften in Somalia hat Doha in der Vergangenheit versucht zu vermitteln - hier jedoch mit weniger Erfolg.

Mit derartigen diplomatischen Initiativen versucht Qatar sein Profil im Wettstreit der wirtschaftlich aufstrebenden Golfstaaten zu schärfen. Für den Staat, der nur halb so groß ist wie Hessen und in dem weniger als eine Million Menschen leben, ist die politische Stabilität der Region besonders wichtig; auch deshalb ist das Emirat um einen Ausgleich zwischen dem Iran und den USA bemüht.

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