Mittwoch, 31. Oktober 2007

Einrichtung einer sudanesischen Untersuchungskommission zum versuchten Schmuggel von "Waisenkindern aus Darfur"

Das sudanesische Außenministerium lud gestern die französische Botschafterin in Khartum, Christine Robchion, vor, um eine Klarstellung zu fordern bezüglich der inhaftierten französischen Mitarbeiter einer Menschenrechtsorganisation, denen der Transport von Kindern aus deren Flüchtlingslagern in Darfur nach Paris vorgeworfen wird. Bereits das sudanesische Kabinett hatte diese Ereignisse zuvor als einen Fall von Kinderhandel verurteilt. Das Justizministerium forderte von Interpol die Führung der Hilfsorganisation festzunehmen.

Die Regierung kündigte die Bildung einer offiziellen Untersuchungskommission an, der Mitglieder des Außenministeriums, des Ministeriums für soziale Angelegenheiten wie auch der nationalen Versammlung für Familie und Kinder angehören sollen. Der Justizminister Muhammad ‘Ali al-Mardi sagte gestern gegenüber Journalisten, dass die Generalstaatsanwaltschaft Klage gegen die Organisation erhebe und dass diese den Vorsitzenden sowie den Generalsekretär umfasse.

Paris versprach, rechtliche Schritte gegen den Menschenhandel, der über die Stadt Abéché im Tschad vollzogen wurde, zu unternehmen. Es herrschte Einstimmigkeit zwischen der sudanesischen und der französischen Regierung in der Bewertung der Ereignisse, die während eines Treffens zwischen einem Vertreter des sudanesischen Außenministeriums und der französischen Botschafterin besprochen wurden. Beide Seiten bezeichneten die Ereignisse als „kriminelle Handlungen, die dem internationalen Recht zuwider laufen und deren moralische Verurteilung und Überführung notwendig ist.“

Der Sprecher der sudanesischen Regierung ‘Umar Muhammad Salih sagte gegenüber Journalisten, dass das Kabinett die Geschehnisse als eine Form des Kinderhandels und als Ausnutzung der schlechten Lebensumstände der Familien verurteile. Das Ministerium für soziale Angelegenheiten gab einen umfassenden Bericht in Auftrag bezüglich der Maßnahmen, die der Staat in diesem Fall ergreifen könne.

Nach Sicht der nationalen Versammlung für Familie und Kinder sind die Handlungen eine Form des Menschenhandels. Erschwerend komme hinzu, dass sie eine Organisation beträfen, die Geld „zum Wohle“ der Kinder sammle. Die Vorsitzende der Versammlung Emira Fadil gab bekannt, dass die Verbrecher die Körper der Kinder mit Bandagen verbunden hätten, um so Verletzungen vor zu täuschen. Sie äußerte starke Zweifel am Kenntnisstand der französischen Behörden, indem sie darauf verwies, dass die Hilfsorganisation als Ziel verkündet hatte, zehntausend Kinder aus Darfur auszufliegen. Sie fügte hinzu, dass das Rote Kreuz im Tschad versprochen habe, eine Liste mit den Namen der Kinder der dortigen Botschaft zu übergeben.

Sudanesische Regierungskreise ließen verlauten, dass die Organisatoren mehr als eine Million Euro gesammelt und ein Flugzeug des Typs Boeing von der luxemburgischen Fluggesellschaft Luxair für 145 000 Euro gemietet hätten, um die Kinder von der Stadt Abéché in die französische Stadt Reims zu transportieren.


Thomas übersetzte diesen am 29.10 in der Zeitung "al-Hayat" erschienenen Artikel.

Dienstag, 30. Oktober 2007

Libyen: Italien will Kompensationen zahlen

60 Jahre nach Ende der kolonialen Besetzung stehen Italien und Libyen offenbar kurz vor dem Abschluss eines Vertrages, in dem die Zahlung von Kompensationen an das nordafrikanische Land geregelt wird. Italiens Außenminister Massimo D´Alema sagte der italienischen Nachrichtenagentur ANSA: "Wir schulden Libyen einiges und wir haben gleichzeitig ein fundamentales Interesse an Beziehungen mit diesem wichtigen Partner. Der Moment ist gekommen, einen weiteren Schritt zu unternehmen und ich hoffe, dass wir in einigen Tagen ein wichtiges Abkommen zwischen Italien und Libyen bekanntgeben können."

Zur Höhe möglicher Entschädigungszahlungen machte der Außenminister keine Angaben. 1999 hatte sich Italien erstmals offiziell für in der Kolonialzeit begangene Verbrechen in Libyen entschuldigt. Damals wurde spekuliert, dass Rom bereit sei, umgerechnet knapp 200 Millionen Euro zu zahlen.

Im so genannten italienisch-türkischen Krieg gelang es den italienischen Invasoren 1911/12 die damaligen Provinzen des Osmanischen Reiches Tripolitanien und Cyrenaica unter ihre Kontrolle zu bringen. In der Folge wurden etwa 150000 Italiener in dem eroberten Gebiet angesiedelt, das 1934 zur italienischen Kolonie Libyen erklärt wurde. Unter der Herrschaft des faschistischen Dikators Benito Mussolini wurden hunderttausende Libyer aus ihren Dörfern vertrieben und in Konzentrationslagern in der Wüste interniert. Am Ende der italienischen Besatzung 1943 war über ein Viertel der ursprünglichen Bevölkerung in Folge der blutigen Kolonialherrschaft ums Leben gekommen.

Besonders der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi bemühte sich in den vergangenen Jahren die Beziehungen zu dem rohstoffreichen Wüstenstaat am Südufer des Mittelmeers zu verbessern. 2004 traf sich der Medienmogul mit Libyen Revolutionsführer Muammar al-Gadhafi und stellte unter anderem den Bau einer Autobahn durch die Wüste in Aussicht.

Montag, 29. Oktober 2007

Oman: Wahlniederlage für Frauen

Im Konsultativrat des Sultanats Oman werden erstmals keine Frauen vertreten sein. Bei den Wahlen am vergangenen Samstag gelang es keiner der 21 Kandidatinnen eines der 84-Mandate in dem Gremium, das dem mit absoluter Macht herrschenden Sultan Qabus beratend zur Seite stehen soll, zu erringen.

Seit der Einrichtung des Konsultativrats, arabisch Majlis al-Shura, 1994 waren stets 2 weibliche Abgeordnete in dem Gremium vertreten, unter ihnen zuletzt die Rechtsanwältin Kamilia bint Muhammad al-Busaidy, die in diesem Jahr nicht wiedergewählt wurde. "Im Islam glauben wir an die Vorsehung für alles. In diesem Jahr bin ich nicht auserwählt. Vielleicht beim nächsten Mal.", so al-Busaidy, die bei den nächsten Wahlen 2011 wieder antreten will.

Ein Grund für die Niederlagen der Kandidatinnen mag darin liegen, das viele Frauen im Oman gerade in den ländlichen Gebieten auf ihre Männer angewiesen waren um überhaupt zu den Wahllokalen zu gelangen. Zudem dürften viele Wählerinnen ihre Präferenz für einen Kandidaten oder eine Kandidatin von der Wahl ihres Ehemannes abhänig gemacht haben. Eine Frauenquote, wie sie in anderen arabischen Ländern existiert, gibt es im Oman nicht.

Insgesamt hatten sich in den 61 Wahlbezirken 632 Bewerber zur Wahl gestellt. Diese wurden zuvor vom Sultan persönlich ausgewählt, nachdem lokale Ratsversammlung zuvor Wahlvorschläge eingereicht hatten. Parteien sind im Oman nicht zugelassen.

Erst seit 2000 werden die Mitglieder des Konsultativrats vom Volk direkt bestimmt. Für die Wahlen am Sonnabend hatten sich knap 390000 der etwa 2,5 Millionen Omanis registrieren lassen. 62,7% von ihnen gaben schließlich auch ihre Stimme ab. Vor vier Jahren hatte die Wahlbeteiligung noch bei über 70% gelegen, allerdings waren damals auch nur 260000 Bürger in den Wählerlisten eingetragen.

Freitag, 26. Oktober 2007

Qatar: Doha will Olympische Spiele 2016


In Qatars Hauptstadt Doha ist gestern offiziell der Startschuss für die Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2016 gegeben worden. In einer aufwändigen Show an der Corniche von Doha wurde unter anderem das Logo der Bewerbungskampagne vorgestellt, das von Studenten der Virginia Commonwealth University School of the Arts in Qatar entworfen wurde. Es zeigt al-Dahma, die "Blume des Frühlings", die in dem Wüstenstaat am Golf blüht und symbolhaft für das "pulsierende und farbenfrohe Leben" in Qatar stehen soll. Gleichzeitig stellt die stilisierte Blüte in arabischer Kalligraphie die Worte "Doha 2016" dar.

Die Bewerbung steht unter dem Motto "Celebrating Change". Mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele und der Paralympics 2016 wolle das Emirat den "positiven politischen, sozialen und ökonomischen Wandel" feiern, den das sportliche Großereignis für die gesamte Region mit sich bringen würde. In der Tat wäre die heute knapp 500000 Einwohner zählende Stadt die Erste im Nahen und Mittleren Osten, in der Olympische Spiele stattfinden.

Als eine Art Generalprobe richtete Doha im vergangenen Jahr die Asienspiele aus, deren Organisation anschließend gelobt wurde. Wie groß die Chancen für den Zuschlag durch das Internationale Olympische Kommittee (IOC) tatsächlich sind, lässt sich heute nur schwer beurteilen. Qatars Herrscherfamilie verspricht erstklassige Sportstätten, schon heute existiert die Aspire-Sportakademie in der junge Talente und Breitensportler unter anderem im größten überdachten Sportkomplex der Welt trainieren können. Bis Ende 2009 entsteht in Doha das erste unterirdische Fußballstadion der Welt, das mehr als 10000 Zuschauern Platz bieten soll. Dies ist auch ein Versuch sich vor der extremen Hitze in den Sommermonaten zu schützen, die ohnehin eine Austragung der Olympischen Spiele in den Monaten Mai oder September wahrscheinlich werden lässt.

Von Nachteil für Dohas Bewerbung ist sicher, dass mit Peking 2008 erst im nächsten Jahr eine asiatische Metropole die Sommerspiele ausrichtet. Dohas Mitbewerber sind zum einen Chicago und Rio de Janeiro, die beide als aussichtsreichste Kandidaten gelten dürften. Chicago, weil die letzten Spiele in den USA 2016 schon 20 Jahre zurückliegen werden; Rio deshalb, weil noch nie Olympische Spiele in Südamerika stattfanden. Die europäischen Bewerber Madrid und Prag dürften kaum Chancen haben, weil die Spiele 2012 in London stattfinden werden. Aus Asien bewerben sich neben Doha Aserbaijans Hauptstadt Baku und Tokio.

Am 8.Juni 2008 wird das IOC eine Shortlist der Bewerberstädte vorstellen, bei der einige der Kandidaten schon rausfallen dürften. Die Wahl des Austragungsortes der 31.Olympischen Spiele wird am 2.Oktober 2009 auf der IOC-Sitzung in Kopenhagen getroffen.

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Bericht zur Implementierung von UN-Resolution 1559

14 Monate nach Ende des Zweiten Libanonkriegs hat die Hizbollah ihr Waffenarsenal wieder auf Vorkriegsniveau gebracht und ein sicheres Kommunikationsnetzwerk aufgebaut - dies geht aus dem sechsten Halb-Jahres-Bericht über die Umsetzung der UN Resolution 1559 hervor, der gestern vom UN-Sondergesandten Terje Roed-Larsen vorgelegt wurde.

Im Kern fordert die am 2.September 2004 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 1559 den Abzug Syriens, die Entwaffnung der Hizbollah, sowie die Ausweitung der Kontrolle der libanesischen Regierung über das gesamte Staatsgebiet.

Zumindest in letzterem Punkt habe, so der Bericht, Libanons Regierung in den letzten 6 Monaten weitere Fortschritte erzielt, etwa durch die Niederschlagung der Fatah al-Islam im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared. Der vollständige Abzug syrischer Soldaten, miltärischer Anlagen und des Militärgeheimdienstes sei ebenfalls erfolgt. Keine Einigung habe es bislang jedoch über die Aufnahme umfassender diplomatischer Beziehungen zwischen Syrien und Libanon, die Demarkation der gemeinsamen Grenze sowie über die Zugehörigkeit der Shebaa-Farmen gegeben.

Zudem habe Roed-Larsen Informationen von Mitgliedsstaaten der UN erhalten, "die die Verdächtigungen zu erhärten scheinen, dass Syrien den Zustrom von Waffen und Kämpfern über die syrisch-libanesische Grenze erleichtert."

Am 8.Oktober habe der Norweger einen Brief des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora empfangen, der Informationen über Verhöre einzelner Kämpfer der Fatah al-Islam enthalte. Demnach plante die Organisation die Kontrolle über weite Teile des Nordlibanon zu erlangen, das Land durch Anschläge auf die Regierung und Wirtschaftsunternehmen zu destabilisieren und weitere Attentate auf die UNIFIL-Truppen durchzuführen. Ziel der Fatah al-Islam sei es gewesen, "die Regierung zu stürzen, die demokratische Wahle eines neuen Präsidenten in Frage zu stellen sowie die Zusammenstellung des Tribunals für den Anschlag auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri und andere zu behindern.", heißt es in dem Brief weiter dessen Wahrheitsgehalt die UN nicht überprüfen könne.

Die Fatah al-Islam-Kämpfer seien nach Sinioras Angaben mit Hilfe der "Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando" (PFLP-GC), die ihren Sitz in Damaskus hat, über die syrisch-libanesische Grenze gelangt. Der Plan der Fatah al-Islam sei mit Unterstützung des syrischen Geheimdienstes entstanden. "Der syrische Geheimdienst hat die Fatah al-Islam benutzt um ihren politischen und sicherheitspolitischen Zielen im Libanon zu dienen", so der libanesische Regierungschef.

Am 19.Oktober habe Roed-Larsen der Brief des stellvertretenden syrischen Außenministers erreicht, in dem dieser die Anschuldigungen Sinioras als "Desinformation" zurückweist. Syrien sei vielmehr "bereit, seinen libanesischen Brüdern zu helfen, die Kluft zwischen ihren unterschieldichen Positionen zu überbrücken und bekräftigt seinen Wunsch bessere Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf verschiedenen Ebenen aufzubauen." Zudem habe Syrien seinen Teil der Verpflichtungen, die sich aus Resolution 1559 ergaben, erfüllt. Man tue das Möglichste um den Waffenschmuggel über die Grenze zu verhindern und habe die Zahl der Grenzschützer verdoppelt. Die Vereinten Nationen seien jedoch nicht in der Lage die Informationen der syrischen Regierung zu verifizieren, ebenso wenig wie die von Hassan Nasrallah erhobenen Anschuldigungen, nach denen Israel hinter den Anschkägen im Libanon stecke.

Die Situation in den palästinensischen Flüchlingslagern stelle noch immer eine große Herausforderung für die Stabilität des Libanon dar, so der norwegische Diplomat in seinem Bericht weiter. Neben der Fatah al-Islam gebe es weitere Gruppen wie die Jund al-Sham und die Usbat al-Ansar, die miltärisch ausgebildet seien und Kontakte zu al-Qaida unterhielten. In Folge der Kämpfe in Nahr al-Bared hätten 32000 Menschen das Lager verlassen müssen. Die große Mehrheit von ihnen sei ins nahe Camp Baddawi geflohen, etwa 5000 hätten in Palästinenserlagern in Beirut oder Tyros Zuflucht gesucht. Die inner-palästinensischen Kämpfe zwischen Fatah und Hamas wirkten sich auch in den Lagern im Libanon aus, erst Anfang Oktober seien im Lager Miyeh-Miyeh zwei Menschen bei einem Schusswechsel zwischen Anhängern der verfeindeten Gruppen verletzt worden.

Die Hizbollah betreffend erklärt Torje-Larsen, er habe "Informationen von der israelischen Regierung und anderen Mitgliedsstaaten" erhalten, nach denen die Miliz ihre militärische Stärke im Vergleich zu den Monaten vor dem Krieg wieder ausgeglichen und sogar ausgebaut habe. Gleichwohl habe die UNIFIL keine Beweise für militärische Aktivitäten südlich des Litani-Flusses, also in jenem Bereich für den die Blauhelme Verantwortung tragen, feststellen können. Dennoch behindere der Fortbestand einer parallelen Militär- und Kommunikationsstruktur durch die Hizbollah die Ausdehnung der Kontrolle durch die libanesische Regierung über den gesamten Staat. Die Transformation der Hizbollah in eine rein politische Partei sie unabdingbar für die vollständige Wiederherstellung der libanesischen Souveränität. Alle Parteien des Libanon seien aufgerufen den Nationalen Dialog wiederaufzunehmen.

Auch andere Gruppen im Libanon hätten sich im vergangenen halben Jahr bewaffnet. Dies bezeichnet Torje-Larsen als "eine der beunruhigsten Entwicklungen" im Libanon, weil dadurch die Gefahr bewaffneter Zusammenstöße zwischen rivalisierenden Milizen steige.

Die Wahl eines neuen Präsidenten sei unentbehrlich für eine Lösung der politischen Krise im Libanon. Die konkurrierenden Lager des Landes seien aufgefordert, den von Parlamentssprecher Nabih Berri initiierten Dialog forzuführen.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Kaum Bewegung im Konflikt um die Westsahara

Im seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt um die Westsahara sieht UN-Generalsekretär Ban Ki Moon langjährige Verhandlungen zwischen den beiden Konfliktparteien Marokko, das das Wüstengebiet 1976 annektierte und der saharischen Befreiungsfront Polisario bevorstehen. Beide Seiten trafen sich im Juni und August zweimal zu Gesprächen unter UN-Vermittlung in Manhasset, einem Vorort von New York. Dabei seien die gegensätzlichen Standpunkte der beiden Kontrahenten erneut deutlich geworden, und eine ernsthafte Debatte über Kompromissvorschläge unmöglich gewesen so der UN-Generalsekretär gestern bei der Vorstellung seines Berichts zur Situation in Westsahara.

"Es fand kaum ein Meinungsaustausch statt, den man ernsthaft als Verhandlungen hätte bezeichnen können", so der Südkoreaner weiter. Marokko beharre darauf, die volle Autorität über die Westsahara zu behalten, während die Frente Polisario die knapp 400000 Einwohner des nordwestafrikanischen Territoriums in einem Referendum über die Unabhängigkeit von Marokko entscheiden lassen will. In einer gemeinsamen Erklärung die unter Vermittlung von Bans persönlichem Gesandten für die Westsahara, Peter van Walsum, zu Stande kam, einigten sich beide Seiten lediglich darauf, dass der Status Quo "inakzeptabel" sei. Ein Termin für eine neue Gesprächsrunde wurde bislang nicht vereinbart.

In seiner Erklärung empfiehlt Ban dem UN-Sicherheitsrat das Mandat der UN-Mission für das Referendum in West-Sahara (MINURSO), das seit September 1991 den Waffenstillstand zwischen Marokkos Armee und der Polisario überwacht, bis zum 30.April 2008 zu verlängern. Der Beobachtermission gehören 215 Personen an.

Ursprünglich wurde bereits mit dem Waffenstillstandsabkommen von 1991 ein Referendum vereinbart, dem sich Marokko jedoch widersetzte, da nach Ansicht der Regierung in Rabat Unklarheit darüber herrsche, wer in einer solchen Volksabstimmung wahlberechtigt sei. 1997 wurde die Übereinkunft über das Referendum von beiden Seiten im Abkommen von Houston erneut bestätigt, diese Versprechung wurde bislang jedoch ebenso wenig umgesetzt wie der später vom ehemaligen US-Außenminister James Baker vorgelegte Friedensplan.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Hintergründe zum sunnitischen Widerstand im Irak

Innnerhalb der verschiedenen Gruppierungen des irakischen Widerstands hat es in den vergangenen Wochen eine Reihe interessanter Entwicklungen gegeben. Zunächst hatten mehrere Gruppen die Bildung einer gemeinsamen Widerstandsbewegung verkündet. Demnach schlossen sich die "Front für Jihad und Reform", die "Islamische Front für den irakischen Widerstand" und der irakische Ableger der Hamas zum "Politischen Rat für den irakischen Widerstand" zusammen.

Die neue Allianz veröffentlichte einen 14-Punkte-Plan, in dem die Besetzung des Irak als ungesetzlich bezeichnet und der militärische Widerstand legitimiert wird. Der Irak solle seine volle Unabhängigkeit wieder erlangen und die Besatzer zu Kompensationszahlen gezwungen werden. Die Angriffe der Mujahedin sollten sich "gegen die Besatzer und ihre Agenten" richten, nicht jedoch gegen Zivilisten. Die Einheit des Irak solle gewahrt bleiben, über den Status Kurdistans erst nach der Befreiung entschieden werden. Jede Verfassung, jede Regierung, jeder Vertrag und jedes Gesetz, das unter der Besatzung entstanden sei, werde als nichtig betrachtet. Alle Gefangenen seien freizulassen.

Interessant ist die Forderung nach der Bildung einer "Regierung der Technokraten", die das Land vorübergehend regieren solle. Aus der Feder sunnitischer Islamisten wirkt dieses Ansinnen zunächst befremdlich, dahinter dürfte das Bestreben stehen, den Widerstand gegen die US-Truppen und die irakische Regierung auf ein breiteres Fundament zu stellen, das nicht nur auf militanten Islamisten ruht.

Die nicht an dem Bündnis beteiligte "Front für den Jihad und den Wandel" sah sich umgehend gezwungen deutlich zu machen, das auch ihr Kampf keinen Terrorismus darstelle. In einer Stellungnahme auf ihrer Website versprechen sie, den "gesegneten Jihad gegen die Besatzer" fortzusetzen, auch wenn sich die Gruppe nicht am "Politischen Rat für den Irakischen Widerstand" beteiligen werde.

Überraschend begrüßte am Wochenende auch die "Irakische Islamische Partei" (IIP) die neue Widerstandsallianz. Dies ist umso verwunderlicher da der Generalsekretär der IIP, Tariq al-Hashimi, irakischer Vize-Präsident und damit exponierte Figur des irakischen Regimes ist, das der Rat bekämpfen will. In einer Erklärung der unter Saddam Hussein verbotenen Partei wird das Ausland aufgerufen den Politischen rat als "wichtigen Vertreter eines Teils der irakischen Gesellschaft" zu akzeptieren.

Dieser Appell ist in erster Linie an die USA gerichtet, die in den vergangenen Monaten bereits mit sunnitischen Führern der "Anbar-Rettungsfront" verhandelt hatten. Dass ähnliche Gespräche auch mit dem neuen Bündnis zu Stande kommen, ist äußerst fraglich, da die Führer der einzelnen Gruppen bislang immer einen festen Zeitplan für den amerikanischen Rückzug aus dem Irak zur Vorbedingung für Gespräche gemacht hatten.

Gestern wurde dann auf dem arabischen Fernsehsender al-Jazeera ein Tonband des al-Qaida-Führers Usama Bin Laden veröffentlicht. Darin wendet sich dieser explizit an die Anhänger seines Netzwerks im Irak und beklagt darin die Aufsplitterung des islamistischen Widerstands. "Die Muslime warten darauf, dass ihr auch unter einem einzigen Banner versammelt und der Rechtleitung zum Sieger verhelft."

Seit Jahresanfang ist es Stück um Stück zu einem offenen Bruch zwischen den verschiedenen Fraktionen innerhalb der Austandsbewegung gekommen. Viele eher islamistisch-nationalistisch orientierte Gruppen, wie jene die sich nun im Politischen Rat zusammengeschlossen haben, lehnen die Anschläge der al-Qaida gegen schiitische Iraker und Zivilisten ab. Für die al-Qaida-Führung im Irak sind die vom Rat benannten Ziele allenfalls von untergeordneter Bedeutung, sie und ihre zu einem großen Teil aus dem Ausland rekrutierten Kämpfer sehen den Irak als Schlachtfeld in ihrem globalen Krieg.

Montag, 22. Oktober 2007

Libanon: Präsidentschaftswahl erneut vertagt

Parlamentssprecher Nabih Berri hat die Präsidentschaftswahl im Libanon erneut verschoben - neuer Termin ist nun der 12.November. Ursprünglich hätte sich das Parlament morgen zu Wahl versammeln sollen. Da sich aber Regierung und Opposition immer noch nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten haben verständigen können, will Berri beiden Seiten mehr Zeit für einen Kompromiss einräumen.

Nach der libanesischen Verfassung muss der neue Präsident im ersten Wahlgang mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit von der Nationalversammlung gewählt werden. Sollte kein Kandidat die erforderliche Stimmenzahl erhalten, genügt in einem weiteren Wahlgang die absolute Mehrheit. Dies wäre ein Novum in der Geschichte der libanesischen Republik, in der bislang jeder Präsident mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt wurde.

Beim ersten Versuch einen Nachfolger don Präsident Emile Lahoud zu küren, wurde die Parlamentssitzung am 25.September von Teilen der Opposition boykottiert, woraufhin Parlamentssprecher Berri, selbst ein führender Kopf des Oppositionslagers, die Wahl zunächst auf morgen vertagte.

Im Ringen um einen Kompromiss hat es in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche zwischen Regierung und Opposition gegeben, jedoch ohne Durchbruch. Berri traf sich mehrmals mit dem Mehrheitsführer im Parlament Saad Hariri und gestern führten zwei der wichtigsten christlichen Politiker der beiden Lager, Amin Gemayel und Michel Aoun, ein mehrstündiges Gespräch. Greifbare Ergebnisse blieben aus, gleichwohl betonten beide Seiten die Unterredungen fortsetzen zu wollen.

Unter der Schirmherrschaft des maronitischen Patriarchen Nasrallah Sfeir finden heute weitere Gespräche in Bkirki statt, dem Sitz des Kardinals. Ziel ist es, dass sich die verschiedenen christlichen Parteien auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten aus ihren Reihen einigen. Gemäß der libanesischen Verfassung muss das Staatsoberhaupt des Libanon ein maronitischer Christ sein.

Für Unruhe sorgten in den vergangenen Wochen aufgetauchte Berichte, nach denen die verschiedenen Parteien am Aufbau neuer Milizen arbeiteten. So tauchten Bilder von Anhängern Michel Aouns auf, die offenbar ein militärisches Training absolvierten. Ähnliche Aufnahmen kursieren von Anhängern Saad Hariris, sowie der ebenfalls sunnitischen Murabitun.

Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah forderte in der Zwischenzeit den Präsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen. In seiner Rede anlässlich des Jerusalem-Tags am 5.Oktober erklärte Nasrallah, nur so sei eine Wahl frei von ausländischer Einflussnahme garantiert. Die Regierungsseite wies diesen Vorschlag umgehend zurück, da er gegen das Abkommen von Taif verstoße, der mit der Bürgerkrieg 1989 beendet wurde. Ein weiterer Grund für die ablehnende Haltung der Regierung dürfte freilich sein, dass nach der momentanen Stimmungslage ein Sieg des christlichen Oppositionsführers Michel Aoun sehr wahrscheinlich wäre.

Drusenführer Walid Jumblatt traf sich unterdessen gestern in Wahington mit US-Vize-Präsident Dick Cheney. Zuvor war er Gast bei Wolf Blitzer in der CNN-Sendung "Late Edition". Jumblatt, bis 2005 ein treuer Gefolgsmann Syriens und Verbündeter der Hizbollah, zeigte sich überzeugt, dass Syrien und die Hizbollah hinter den Anschlägen auf Parlamentsabgeordnete des Regierungslagers steckten.

Noch vor vier Jahren hatte Jumblatt Angriffe auf die US-Armee im Irak begrüßt und George Bush einen "verrückten Imperator" genannt. Nach dem Columbia-Unglück erklärte er: "Meine Freude über die Columbia-Katastrophe war groß, weil ein israelischer Astronaut ums Leben kam oder ein jüdischer Astronaut - das macht keinen Unterschied."

Freitag, 19. Oktober 2007

Die Hizbollah und die libanesische Krise

Von Ruth aus Beer Sheva kam der Vorschlag, sich unabhängig voneinander mit dem Bericht "Hizbollah and the Lebanese Crisis" der International Crisis Group (ICG) zu beschäftigen und anschließend unsere Einschätzungen zu vergleichen. Hier also mein Kommentar:

Um eines gleich vorweg zu nehmen: Der ICG-Report liefert eine lesenswerte und exzellente Analyse der jüngeren Hizbollah-Geschichte und ihrer gegenwärtigen Lage und Strategie im Libanon. Der 34-seitige Bericht basiert auf Interviews mit Wissenschaftlern, sowie zahlreichen Gesprächen mit Teils hochrangigen Libanesen innerhalb und außerhalb der Organisation.

Seit dem Julikrieg habe sich die Unterstützung der Hizbollah unter den libanesischen Schiiten weiter gefestigt, so die Autoren. Auch unter säkularen Schiiten genieße die Hizbollah breite Sympathien, mittlerweile werde jeder Versuch die Hizbollah zu schwächen als Versuch gesehen die Schiiten in ihrer Gesamtheit zu schwächen. Unter vielen linken Schiiten herrsche mittlerweile der Glaube: "Nur die Hizbollah kann uns schützen".

Vor diesem Hintergrund sei auch der Zweite Libanonkrieg im vergangenen Jahr von Vielen als ein Feldzug verstanden worden, der den Südlibanon von den Schiiten "säubern" sollte. Die israelische Kriegsführung, der viele Zivilisten zum Opfer fielen und die christlichen Dörfer des Südens weitgehend verschonte, hat diesen Eindruck möglicherweise verschärft.

Für ihre These, dass sich die Popularität der Hizbollah in der schiitischen Gemeinschaft verstärkt hat, und bis weit in säkular-orientierte Kreise hineinreicht, liefert der ICG-Report zwar keine empirischen Daten, gleichwohl deckt sich diese Behauptung mit den Erkenntnissen, die ich Anfang des Jahres im Libanon gewinnen konnte.

In gleicher Weise wie das Ansehen der Hizbollah unter den Schiiten zugenommen hat, habe die Popularität unter den anderen Konfessionen des Libanon seit dem Krieg gelitten. So sei es Saad Hariri und seiner Mustaqbal-Bewegung gelungen, praktisch alle sunnitischen Gruppierungen hinter sich zu vereinen, auch jene islamistischen Gruppen, wie die Jamaa Islamiyya, die dem Politiker wegen seiner engen Bindung an die USA anfangs sehr skeptisch gegenüberstanden.

Ob diese Einschätzung in diesem Maße wirklich zutreffend ist, vermag ich nicht zu beurteilen, gleichwohl herrscht seit langem eine große Konkurrenz zwischen den sunnitischen Eliten aus Saida um die Familie Hariri und jenen aus Tripoli. Diese mögen momentan eine Allianz eingehen, ob diese von Dauer sein wird ist fraglich, schon bei der aktuellen Kontroverse um die Präsidentenwahl zeichnet sich jedoch ein Ausscheren des "Tripoli-Blocks" aus dem Hariri-Lager ab.

Sehr interessant sind die Erläuterungen zum Bündnis zwischen der Hizbollah und der christlichen Freien Patriotischen Bewegung (FPM) von Michel Aoun. Der ehemalige General floh 1990 vor den syrischen Truppen ins Pariser Exil und kehrte erst nach dem syrischen Abzug 2005 in den Libanon zurück. Umso überraschender kam dann das im Februar 2006 geschlossene Bündnis zwischen Hizbollah und Aoun, in dem die von Syrien unterstützte Hizbollah einige weit reichende Konzessionen machte.

So wird in dem beschlossenen Memorandum Syrien aufgefordert die Souveränität des Libanon zu achten, also die Grenze beider Staaten zu demarkieren, Aufklärung über das Schicksal libanesischer Gefangener in syrischen Gefängnissen zu liefern, sowie diplomatische Beziehungen zwischen beiden Saaten aufzunehmen. Im Gegenzug erkannte Aoun das Recht des bewaffneten Widerstands gegen Israel an, erfüllte damit also eine der Kernforderungen der Hizbollah.

Gleichwohl bleibt fraglich, wie stabil sich dieses Bündnis erweisen wird, sollte Aoun nicht zum neuen Präsidenten gewählt werden. Bislang hat die Allianz der Hizbollah mehr genützt als Aoun.

Sehr ambivalent schätzt die International Crisis Group die militärische Lage der Hizbollah nach dem Juli-Krieg ein. Auf der einen Seite ist es ein offenes Geheimnis, dass die Hizbollah unter Verletzung der UN-Resolution 1701 ihr Raketenarsenal dank iranischer und syrischer Hilfe längst wieder aufgestock hat. Gleichzeitig wurde ihre Bewegungsfreiheit durch die Stationierung der libanesischen Armee und der Aufstockung der UNIFIL-Truppen südlich des Litani deutlich eingeschränkt. Andererseits macht die Präsenz internationaler Truppen gerade aus europäischen Staaten israelische Angriffe unwahrscheinlicher, sicher somit also die Südflanke der Hizbollah.

Innenpolitisch steht nach Einschätzung der ICG der Fortbestand der Hizbollah als bewaffnete Widerstandsbewegung gegen Israel und amerikanischen Einfluss im Nahen Osten im Mittelpunkt. Hinter diesem Ziel stehen alle anderen hinten an, so etwa die Vertretung der Schiiten im politischen System des Libanon. Gegen diese Einschätzung sprechen meiner Ansicht nach jedoch die elaborierten Wahlprogramme der Hizbollah seit 1996, die teilweise deutlich auf soziale Themen abhoben und zum anderen die Investitionen der Organisation in den Bildungssektor der jungen Schiiten Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft bieten soll

Eingehend befasst sich der Bericht auch mit der islamischen Identität der Hizbollah. Es wird auf das Gründungsmanifest von 1985 verwiesen, indem im die Bewegung einer Herrschaft der Rechtsgelehrten, wilayat al-faqih, für den Libanon anstrebt. Zurecht wird darauf verwiesen, dass dieser Passus bis heute nicht gestrichen wurde. Dem entgegen stehen jedoch Aussagen des Generalsekretärs Hassan Nasrallah, der die Errichtung eines Staates nach iranischem Vorbild für unmöglich erklärte. Zudem sei an dieser Stelle noch einmal auf die Bündnisse mit nicht-schiitischen Parteien verwiesen, die einen derartigen Schritt mit Vehemenz ablehen würden.

Sehr erhellend sind die Ausführungen zum Verhältnis der Hizbollah zu Iran und Syrien. Natürlich ist die Entstehung einer Bewegung wie der Hizbollah ohne die Islamische Revolution im Iran kaum denkbar gewesen, ebenso profitierte sie von der israelischen Besatzung des Südlibanons die ihre Existenz in den Augen ihrer Anhänger Zug um Zug legitimierte.

Gleichwohl widerspricht die ICG-Analyse zurecht weit verbreiteten Annahmen, die in der Hizbollah eine bloßen Erfüllungsgehilfen Irans sehen. Zwar ist die Verbindung zwischen der Führungsriege der Hizbollah und der iranischen Staatsführung nach wie vor eng, doch sind die Zeiten vorbei, in denen sich Teheran in die inneren Angelegenheiten der Hizbollah aktiv einmischte. Auch ist die Hizbollah dank der Spenden von Auslans-Libanesen nicht mehr in dem Maße von Hilfszahlungen abhängig, wie dies vor einigen Jahren noch der Fall gewesen sein mag.

Die Beziehung zu Syrien ist von Pragmatismus geprägt. Die Hizbollah-Führung ist sich bewusst, dass das säkulare regime in Damaskus weite Teile der Hizbollah-Ideologie ablehnt. Das Baath-Regime strebe jedoch ein Scheitern des Hariri-Tribunals um jeden Preis an und unterstützt daher die Hizbollah als Gegengewicht zur Regierung. Die Hizbollah ist ihrerseits auf Waffenlieferungen von jenseits der syrischen Grenze angewiesen. Iran, Syrien und die Hizbollah haben somit zum Teil unterschiedliche Interessen, momentan ist jedoch jede Partei auf die beiden anderen angewiesen.

Leider nicht beleuchtet wird die Rolle Hassan Nasrallahs durch den ICG-Bericht. Zum einen würde mich interessieren, wie der gestiegenen Personenkult um seine Person im Libanon aufgenommen wird, und welcher Zweck damit verfolgt wird, zum anderen wie dieser innerhalb und außerhalb der schiitischen Konfessionsgruppe im Libanon aufgenommen wird..

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Weiterhin kaum Pressefreiheit in der Arabischen Welt

Iran, Somalia, die Palästinensergebiete, Irak, Libyen und Syrien gehören zu den 20 Ländern weltweit mit der geringsten Pressefreiheit. Dies geht aus einem Bericht der Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen" hervor, der gestern vorgestellt wurde. Die Situation in Somalia verschärfte sich durch das Aufflammen der Kämpfe zwischen äthiopischen Truppen und islamistischen Milizen, in Palästina führte der Bruderkrieg zwischen Hamas und Fatah, der einherging mit Geiselnahmen und Angriffen auf Journalisten, zu einer weiteren Einschränkung der Pressefreiheit.

Im Iran sind derzeit 8 Journalisten im Gefängnis, mehr als in jedem anderen Land der Region. Kritik an Korruption oder Steinigungen können hier zu Haftstrafen führen. Die täglichen Anschläge im Irak machen auch hier ein freies Arbeiten für Reporter unmöglich.

Das Land mit der größten Pressefreiheit im Nahen und Mittleren Osten ist Israel auf Rang 44 von 169 weltweit untersuchten Staaten. Es folgen die Golfstaaten Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate und Qatar auf den Plätzen 63, 65 und 79. Hier hat eine Liberalisierung der Pressegesetze erste Erfolge gezeigt, gleichwohl bleibt am Golf die Selbstzensur der Journalisten ein großes Problem, die sie etwa vor Kritk an der Herrscherfamilien zurückschrecken lässt.

Auch in Saudi-Arabien haben sich die Arbeitsbedingungen für Journalisten in den vergangenen 12 Monaten verbessert, doch noch immer wird die Arbeit der Pressevertreter von einem Kommitte des Informationsministeriums überwacht. Immerhin konnte das Königreich die Gruppe der 20 letztplatzierten Staaten verlassen und liegt nun auf Platz 148.

Praktisch unverändert schlecht ist es um die Pressefreiheit in den nordafrikanischen Ländern Algerien und Tunesien bestellt, in Marokko und Ägypten hat sich die Situation gar verschlechtert. So wurden in Ägypten kritische Blogger und unabhängige Journalisten inhaftiert. Auch in Marokko wurden unliebsame Zeitungsausgaben von den Behörden konfisziert.

Ägypten: Besorgnis über die Spannung zwischen den beiden Verhandlungsparteien der Friedenslösung im Sudan

Der ägyptische Außenminister drückte seine Besorgnis über das gespannte Verhältnis zwischen den beiden Verhandlungsparteien des Friedens im Sudan aus, nachdem die politische Führung der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM) den Entschluss gefasst hatte, ihre Mitarbeit in der Regierung der Nationalen Einheit zu beenden und ihre Minister in den Südsudan zurückzogen hatte.

Ein Sprecher des Außenministers rief in einer offiziellen Stellungnahme die sudanesischen Parteien auf, sich zu besinnen und zu einer Sprache des Dialogs zurückzufinden um die Streitigkeiten beizulegen. Er bekräftigte, dass der Dialog, der durch Offenheit und Transparenz gekennzeichnet sein müsse, die ideale und einzige Methode sei, die Streitigkeiten zu verhandeln, die die Umsetzung einiger Artikel des Friedensbeschlusses aufzeigt. Er rief die beiden Parteien der Regierung der nationalen Einheit dazu auf, sich um dessen Verwirklichung zu bemühen, indem er auf wichtige, verbleibende Artikel des Einigung verwies, deren Durchführung noch einige Hindernisse im Weg lägen. Deren Verwirklichung sei nicht möglich ohne die vollständige Zusammenarbeit der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung und der Nationalen Kongresspartei (NCP).

Er warnte vor dem gespannten Verhältnis der beiden Regierungsparteien, deren Aufgabe es sei, die Schwächen der Einigung zu beheben, so dass diese die Beilegung der Streitigkeiten nicht behinderten. Er bekräftigte, dass alle sudanesischen Parteien die drohenden Gefahren bekämpfen müssten, die die Zukunft des Sudan gefährdeten, aber weder den Norden, noch den Süden, noch den Osten oder Westen voneinander trennen könnten. So sei das sudanesische Volk ein Volk, einig in seinen Hoffnungen und seinen Rivalitäten.

Der ehemalige sudanesische Ministerpräsident und Führer der Umma-Partei Sadiq al-Mahdi wird am 24.Oktober nach Kairo reisen um mit ägyptischen Delegierten die aktuellen Entwicklungen im Sudan und die Gefahren zu erörtern, die dessen Einheit bedrohen. Ein Pressesprecher der Umma-Partei erklärte, dass Sadiq al-Mahdi eine Pressekonferenz mit ägyptischen und sudanesischen Journalisten abhalten werde um ihnen die aktuellen Entwicklungen im Sudan zu veranschaulichen, besonders im Lichte der Streitigkeiten zwischen der Nationalen Kongresspartei und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung.

Sein Besuch in Kairo wird nur drei Tage vor dem Beginn der zu erwartenden Verhandlungen in Libyen zwischen der sudanesischen Regierung und den Rebellengruppen stattfinden, die eine Einigung , die den Frieden in der Provinz Darfur möglich machen würde, ablehnen.

Am 30. und 31.Oktober findet eine Konferenz auf der Ebene der Außenminister oder ihrer Vertreter in Khartum unter der Schirmherrschaft der arabischen Liga statt um die humanitäre Lage in Darfur zu diskutieren.

Dieser Artikel erschien am 15.Oktober in der arabischen Zeitung "al-Hayat". Danke an Thomas für die Übersetzung.

Dienstag, 16. Oktober 2007

Marokko: König Mohammed stellt neue Regierung vor

Mehr als einen Monat nach den Parlamentswahlen hat Marokkos König Mohammed VI gestern in Rabat die neue Regierung vereidigt, an der sieben Frauen als Ministerinnen oder stellvertretende Ressortchefinnen beteiligt sind. Der neue Ministerpräsident Abbas al-Fassi wird künftig einer 5-Parteien-Koalition vorstellen, in der die islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) als zweitstärkste Parlamentsfraktion außen vor bleibt. 8 der 34 Ministerposten werden von Mitgliedern der Unabhängigkeistpartei "al-Istiqlal" besetzt, 7 Ressorts gehen an die Union Socialiste des Forces Populaire (USFP).

Mit der Berufung von 7 Frauen in die Regierung unterstreicht der 44-jährige König seine Bestrebungen Marokko gesellschaftlich weiter zu modernisieren und den Frauen zu größerer gesellschaftlicher Teilhabe zu verhelfen. Das bekannteste Regierungsmitglied wird Nawal al-Moutawakel. Sie gewann bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles die Goldmedaille über 400 Meter Hürden und war damit die erste afrikanische und muslimische Frau die Gold bei Olympia gewann. Das 45 Jahre alte Mitglied des Internationalen Olympischen-Kommittees (IOC) wird künftig das Sportministerium leiten.

Zu den wichtigsten Aufgaben der neuen Regierung wird gehören, das Vertrauen der Marokkaner in die Politik wiederzugewinnen. Bei den Parlamentswahlen am 7.September lag die Wahlbeteiligung bei nur 37%. Armut und Massenarbeitslosigkeit gerade unter jungen Menschen sind weit verbreitet. Das solide Wirtschaftswachstum von 9% im vergangenen Jahr geht einher mit einem wachsenden Handelsdefizit und rapide steigenden Lebenshaltungskosten.

Montag, 15. Oktober 2007

Qatar will Dresscode einführen

Der Golfstaat Qatar plant eine groß angelegte Kampagne mit der Gastarbeiter und Touristen zu "sittsamer Kleidung" aufgerufen werden. Mit Hilfe von Broschüren und Flugblättern will das Innenministerium sicherstellen, dass Ausländer die traditionellen Werte des Landes respektieren.

Die Flyer sollen auf Arabisch, Englisch, Urdu und der südindischen Sprache Malayalam gedruckt werden. Der Startschuss für die Kampgane "Respektiert die Kleidungssitten" soll in den kommenden Wochen fallen.

In einem Entwurf für die Broschüre heißt es: "Der Staat Qatar ist ein konservatives arabisches Land, das seine eigenen Traditionen und Bräuche hat, die auf der Einzigartigkeit seiner Geschichte und seinen nach islamischen Werten erzogenen Menschen beruhen. Bitte respektieren Sie diese Werte mit ihrer Kleidung! Befolgen Sie die Gesetze dieses Landes und ihr Respekt gegenüber diesen Gesetzen wird ihnen helfen, Verstöße zu vermeiden."

Genauere Angaben darüber, welche Art von Kleidung künftig als gesetzeswidrig eingestuft würde, wurden bislang nicht gemacht. Auch über mögliche Strafen herrscht bisher Ungewissheit. So bleibt unklar, ob sich die Behörden in Qatar an den Gesetzen des Emirats Sharjah orientieren werden. Dort ist etwa Gastarbeiterinnen vom indischen Subkontinent das Tragen des traditionellen Saris verboten, weil dieser zu körperbetont geschnitten sei.

Sonntag, 14. Oktober 2007

4 Tote bei Protesten im Südjemen

Bei einer Kundgebung im Südjemen sind gestern 4 Menschen von der Polizei erschossen worden. In der Stadt Radfan 300 Kilometer südlich der Hauptstadt Sanaa hatten sich hunderte Demonstranten versammelt um an den 44.Jahrestag des Aufstandes gegen die britische Protektoratsmacht zu erinnern. Zu den Protestierenden sollen viele ehemalige Kämpfer der Demokratischen Republik Jemen, die sich 1994 im Süden des Landes für unabhängig erklärt hatte, international jedoch nicht anerkannt wurde und nach nur 2 Monaten im Juli 1994 von der staatlichen jemenitischen Armee erobert wurde.

Der Jemen war praktisch seit dem 19.Jahrhundert geteilt. Der Norden wurde, obwohl er offiziell unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches stand, von zaiditischen Imam kontrolliert, die einer eigenen Glaubensrichtung innerhalb des schiitischen Islams folgen. Der Süden wurde von Großbritannien beherrscht, dessen Truppen sich 1967 aus Aden zurückzogen. In der Folge existierten zwei Staaten im Südwesten der Arabischen Halbinsel, die 1962 gegründete Jemenitische Arabische Republik im Nordjemen und die Demokratische Volksrepublik Jemen im Süden die von den Staaten des sozialistischen Ostblocks unterstützt wurde.

Am 22.Mai 1990 erfolgte die Wiedervereinigung der beiden Staaten. 1994 rebellierten Teile des Südens gegen die vom Nordjemen dominierte Herrschaft und die verfehlte Zentralisierungspolitik von Staatspräsident Ali Abdullah Saleh.

Die Spannungen zwischen Nord und Süd haben sich seither kaum abgeschwächt. In den kommenden Tagen werden im Süden weitere Proteste gegen Jemens Regierung erwartet.

Samstag, 13. Oktober 2007

Regierungskrise im Sudan

2 Jahre nach dem Friedensabkommen zwischen dem muslimisch dominierten Nordsudan und christlichen Rebellen aus dem Süden steht die gemeinsame Einheitsregierung vor dem Aus. Die Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (SPLM) zog am Donnerstag ihre Minister aus der Zentralregierung ab, da die Umsetzung des Friedensplans von Staatschef Umar al-Bashir und seinen Gefolgsleuten sabotiert werde.

Pagan Amum, Generalsekretär der SPLM, erklärte: "Präsidentenberater, Minister und Staatsminister werden nicht zur Arbeit erscheinen bis diese strittigen Punkte geklärt sind." Insgesamt zog die SPLM 19 Minister und stellvertretende Minister aus der Regierung zurück auf deren Bildung sich muslimischer Norden und christlich-animistischer Südsudan 2005 verständigt hatten.

Die Regierungskrise in Sudan verschärft sich 14 Tage vor Beginn von Friedensgesprächen zwischen sudanesischer Zentralregierung und mehreren Rebellengruppen aus Darfur. Die Friedensverhandlungen sollen am 27.Oktober in der libyschen Stadt Surt beginnen und dem Krieg in Darfur ein Ende bereiten.

Heute traf sich der ranghöchste Beamte der Vereinten Nationen im Sudan, Taye-Brook Zerihoun mit Salva Kiir, dem sudanesischen Vizepräsidenten und Chef der SPLM. Kiir bemängelte die Verzögerungen bei der Umsetzung des Friedensabkommens zwischen Nord- und Südsudan. Die SPLM als stärkste politische Bewegung im Süden fordert die Ziehung einer Demarkationslinie zwischen Nord und Süd. Außerdem sollten die muslimischen Soldaten aus dem Süden abgezogen werden.

Gemäß des Friedensabkommens sollen 2009 Wahlen im Sudan stattfinden, 2 Jahre später sollen die Bürger des Südsudan über ihre Unabhängigkeit vom Norden abstimmen.

Freitag, 12. Oktober 2007

Offener Brief an Papst Benedikt XVI

138 islamische Gelehrte haben sich in einem Offenen Brief an Papst Benedikt XVI und die Oberhäupter anderer christlicher Konfessionen gewandt und für mehr Verständigung zwischen den beiden Weltreligionen geworben. "Die Zukunft der Welt hängt vom Frieden zwischen Muslimen und Christen ab", heißt es in dem Schreiben anlässlich des Eid al-Fitr, jenes islamischen Feiertages der das Ende des Fastenmonats Ramadan markiert.

Die Unterzeichner des Offenen Briefs unterstreichen die Gemeinsamkeiten von Christentum und Islam, namentlich den Glauben an und die Liebe für den Einen Gott sowie die Nächstenliebe. Als Beweis hierfür werden immer wieder Textpassagen aus dem Koran und dem Neuen Testament gegenübergestellt und verglichen. Dem Propheten Muhammad seien die gleichen Wahrheiten offenbart worden die auch schon die vorangegangenen jüdischen und christlichen Propheten, unter ihnen Jesus, empfangen hätten.

Der Koran rufe die Muslime zur Freundschaft gegenüber Juden und Christen auf, warne aber gleichzeitig vor Agressionen gegen Muslime. "Wir sagen den Christen, dass wir nicht gegen sie sind und dass der Islam nicht gegen sie ist - so lange sie keinen Krieg gegen die Muslime auf der Grundlage ihrer Religion führen, sie unterdrücken und sie aus ihren Häusern vertreiben."

Die islamischen Gelehrten erinnern daran, dass Muslime und Christen zusammen 55% der Weltbevölkerung ausmachen. "Mit den schrecklichen Waffen der modernen Welt, in der Muslime und Christen verflochten sind wie nie zuvor, kann keine Seite einen Konflikt gewinnen zwischen mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung. Darum steht unsere gemeinsame Zukunft auf dem Spiel." Das 29-seitige Schreiben schließt mit den arabischen beziehungsweise lateinischen Friedenswünschen: wal-Salaamu Aleikum - Pax Vobiscum.

Den Anstoß zu dem gemeinsamen Brief der islamischen Rechtsgelehrten lieferte das Royal Aal al-Bayt Institute for Islamic Thought in Jordaniens Hauptstadt Amman. Bereits im vergangenen Jahr hatten sich 38 islamische Würdenträger als Reaktion auf die umstrittene Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI in einem Offenen Brief an den Vatikan gewandt.

In diesem Jahr gehören Vertreter aller islamischen Rechtsschulen zu den Unterzeichnern, Sunniten und Schiiten genauso wie Zaiditen, Ibaditen und Ismailiten. Zu den Bedeutendsten unter ihnen gehören Sheikh Ali Gumaa, der Großmufti von Ägypten, der Fernsehprediger Amr Khaled und er irakische Ayatollah Hussein Al-Sadr. Auch der ehemalige deutsche Botschafter und Konvertit Murad Hofmann hat den Brief unterzeichnet.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

USA: Forderung nach Dialog mit Hamas und Syrien

Eine Gruppe ehemaliger hochrangiger amerikanischer Diplomaten und Parlamentarier hat die US-Regierung in einem offenen Brief aufgefordert, in einen "aufrichtigen Dialog" mit der Hamas zu treten und Syrien zu der im November bevorstehenden Nahostkonferenz nach Annapolis offiziell einzuladen. Zu den acht Unterzeichnern des Briefes an George Bush und Condoleezza Rice gehören Demokraten wie Republikaner, unter anderem Zbigniew Brzezinski, ehemaliger außenpolitischer Berater von Jimmy Carter, Lee H. Hamilton, einer der Vorsitzenden der Iraq Study Group und Brent Scowcroft, sicherheitspolitischer Berater von Gerald Ford und George Bush senior.

Zunächst unterstreicht der Brief die Bedeutung der Konferenz von Annapolis für eine Lösung des Nahost-Konflikts, sieben Jahre nach dem gescheiterten Gipfel von Camp David bei dem sich Yassir Arafat und Ehud Barak 2000 nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten.
Ausgehend von den UN-Resolutionen 242 und 338, der Arabischen Friedensinitiative und der Roadmap des Nahost-Quartetts fordern die Unterzeichner die Gründung eines palästinensischen Staates entlang der Grenzen von 1967.

Jerusalem solle die Hauptstadt sowohl Israels als auch des zukünftigen Palästinenser-Staates werden. Im Einklang mit der Zwei-Staaten-Lösung solle auch die Frage der palästinensischen Flüchtlinge gelöst werden. Ihnen müssten "bedeutende finanzielle Kompensationen" sowie Hilfe bei der Wiederansiedlung zur Seite gestellt werden. Israelische Sicherheitsbedenken sollten ebenso respektiert werden, wie die palästinensische Souveränität.

Um einen ernsthaften Erfolg des Friedensgipfels zu gewährleisten, sei die Beteiligung auch der arabischen Staaten, die gegenwärtig keine diplomatischen Beziehungen zu Israel unterhalten, von Nöten. Israelisch-Syrische Gespräche unter internationaler Schirmherrschaft sollten in Annapolis ihren Anfang nehmen. Im Umgang mit der Hamas, die die Macht über 1,5 Millionen Palästinenser im Gaza-Streifen ausübt, sei ein "aufrichtiger Dialog" der momentanen internationalen Isolation vorzuziehen. Die Vermittlung eines Waffenstillstands zwischen Gaza und Israel durch die UN oder das Nahost-Quartett wäre "ein guter Anfangspunkt".

Wichtig sei, dass die Konferenz Ergebnisse bringe, die Einfluss auf das tägliche Leben von Israelis und Palästinensern haben. Die Lebensbedingungen und Sicherheit müssten sich entscheidend verbessern um die Akzeptanz unter beiden Völkern zu stärken. Um die Glaubwürdigkeit der Konferenz zu stärken solle Israel den Ausbau von Siedlungen im Westjordanland unverzüglich einfrieren. Den Menschen in Gaza müsse die "Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens" ermöglicht werden.

Die acht Unterzeichner warnen vor den Gefahren, die der Ausschluss von Syrien und der Hamas für die Lage im Nahen Osten auslösen könnten. Ein Waffenstillstandsabkommen oder ein Austausch des entführten Soldaten Gilad Shalit seien ohne die Hamas nicht möglich.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Saudi-Arabien: König Abdullah trifft Nachfolge-Regelungen

Saudi-Arabiens König Abdullah hat ein Dekret erlassen, in dem die Vorgehensweise zur Wahl eines Nachfolgers genauer geregelt wird. Damit soll in Zukunft eine nahtlose und konfliktfreie Machtübergabe innerhalb des saudischen Königshauses gewährleistet werden. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts war es mehrfach zu Machtkämpfen innerhalb der Familie Saud gekommen, die zum Teil auch blutig ausgetragen wurden.

Das von der staatlichen saudischen Nachrichtenagentur SPA verbreitete Dekret legt fest, dass nur Söhne des Staatsgründers Abdulaziz und deren männliche Nachkommen für den saudischen Thron in Frage kommen. Nach dem Tod des Königs sollen sich demnach diese männlichen Mitglieder der Herrscherfamilie unverzüglich treffen und den Kronprinz zum König ausrufen. Dieser hat dann 10 Tage Zeit einen neuen Kronprinz zu benennnen und den Familienrat über seine Wahl zu informieren.

Anders als in europäischen Königshäusern üblich wird der Thron in Saudi-Arabien nicht automatisch vom König an den ältesten Sohn übergeben. Das von König Abdullah vorgelegte Verfahren soll die Wahl der künftigen Monarchen nun zumindest transparenter machen.

Der moderne saudische Staat wurde 1932 von Abdulaziz ibn Saud gegründet. Nach dessen Tod 1953 lag die Macht über das ölreichste Land der Welt stets in den Händen eines seiner 44 Söhne. Sein erste Nachfolger Saud bin Abdulaziz wurde 1964 von seinem Halbbruder Faisal abgesetzt. Dieser wurde 1975 von einem seiner Neffen erschossen. Faisals Halbbruder Khalid übernahm die Macht bis zu seinem Tod 1982. Der nächste Mann an der Spitze Saudi-Arabiens wurde dessen Halbbruder Fahd der bis zu seinem Tode 2005 König blieb, de facto aber seit einem Schlaganfall 1995 amtsunfähig war und von seinem Halbbruder und jetzigen König Abdullah vertreten wurde.

Nach seiner Inthronisierung bestimmte der 83-jährige Abdullah seinen 81-jährigen Halbbruder Sultan bin Abdulaziz zum Kronprinzen. Es könnten noch Jahrzehnte vergehen bis die Macht auf die Enkelgeneration des Staatsgründers übergeht. Die jüngsten noch leben Söhne Abdulaziz' sind erst Anfang 60.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Israelische Regierung: Teilung Jerusalems möglich

Einen Monat vor der geplanten Nahost-Konferenz haben israelische Regierungsvertreter Gespräche über eine Teilung Jerusalems in Aussicht gestellt. Vize-Ministerpräsident Haim Ramon aus der Kadima-Partei erklärte im israelischen Radio: "Israel hat ein Interesse, die Hoheit über alle jüdischen Viertel Jerusalems zu erhalten und die Kontrolle über die arabischen Viertel den Palästinensern zu übertragen."

Damit macht die israelische Regierung einen Schritt in Richtung der palästinensischen Autonomiebehörde, die Verhandlungen über den Endstatus Jerusalems fordert. Das arabische Ost-Jerusalem wurde 1967 im Sechs-Tage-Krieg von Israel erobert und 1980 durch einen Beschluss der Knesset annektiert - ein Schritt der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt und in der UN-Resolution 478 als "völkerrechtswidrig" verurteilt wurde. Heute leben etwa 250000 muslimische und christliche Palästinenser und 180000 Juden, die seit 1967 hier angesiedelt wurden, in Ostjerusalem.

Erst heute wurde die Enteignung palästinensischen Bodens nahe Ostjerusalem bekannt. Hier sollen unweit der jüdischen Siedlung Maale Adumim 3500 Wohnungen und ein Industriegebiet entstehen. Noch im Mai beschloss das israelische Kabinett die Verlegung staatlicher Behörden und Gerichte nach Ostjerusalem um die jüdische Präsenz hier zu stärken.

Ramons Ausführungen zufolge würde die Jeruslamer Altstadt mit ihren für Muslime heiligen Stätten wie dem Felsendom und der al-Aqsa-Moschee einer "speziellen Oberherrschaft" unterstellt werden. Das jüdische Viertel und die Klagemauer würden unter israelischer Verwaltung bleiben.

Dieses Verhandlungsangebot ist noch immer weit entfernt von Forderungen der palästinensischen Seite, die im gesamten 1967 von Israel eroberten Ostjerusalem die Hauptstadt des künftigen Palästinenser-Staates errichten will.

Auch der zweite israelische Vize-Premier Avigdor Lieberman von der rechtsgerichteten Partei Yisrael Beytenu erklärte gestern seine Bereitschaft einige arabische Stadtteile unter palästinensische Verwaltung zu stellen, im Gegenzug sollten weiter jüdische Siedlungen im Westjordnaland errichtet werden. Zuvor hatte Lieberman, der bei Gelegenheit schon mal die Exekution arabischer Knesset-Abgeordneter gefordert hat, Konzessionen zu Gunsten der Palästinenser in Jerusalem stets abgelehnt.

Fraglich bleibt, ob der Vorschlag der israelischen Regierung und die Nahost-Friedenskonferenz im November substantiellen Erfolg bringen werden. Ministerpräsident Olmert liegt in Meinungsumfragen weit hinter Benjamin Netanyahu und dem Likud-Block, Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas herrscht nur noch über Teile des Westjordanlands. Ein Friedensabkommen, das Bestand haben soll, scheint momentan ohne die Beteiligung der Hamas kaum möglich.

Montag, 8. Oktober 2007

Ägypten: Unruhen auf dem Sinai

Bei Ausschreitungen in der ägyptischen Stadt al-Arish sind seit Sonnabend mehrere Menschen verletzt worden. Laut Medienberichten entzündeten sich die Unruhen in der Hauptstadt der ägyptischen Provinz Nord-Sinai an einem Streit zwischen Mitgliedern verschiedener Beduinenstämme. In dessen Folge hätten Angehörige des Tarrabin-Stammes ein Viertel in Arish angegriffen, dessen Bewohner zum verfeindeten Fawakhria-Stamm gehörten. Dabei sollen fünf Menschen verletzt und mehrere Autos und Läden in Feuer aufgegangen sein.

Gestern richtete sich der Unmut der Stadtbewohner gegen die örtliche Polizei und das lokale Büro der herrschenden Nationaldemokratischen Partei (NDP) von Husni Mubarak. Etwa 1200 Demonstranten hätten demnach zunächst das Parteibüro der NDP angegriffen und anschließend den Sitz der Provinzregierung mit Steinen beworfen, berichten Augenzeugen. Die Menge habe den Rücktritt des Gouverneurs und des Polizeichefs gefordert. Die Polizei setzte Tränengas ein, 40 Demonstranten sollen verhaftet worden sein.

Neben der Unzufriedenheit der Bürger von Atish über die offensichtliche Unfähigkeit der Sicherheitskräfte, sie vor Angriffen der halb-nomadischen Beduinen zu schützen machte sich auch Unmut über die wirtschaftliche Vernachlässigung der Region unweit der Grenze zu Israel und dem Gazastreifen breit. Der Norden des Sinai profitiert kaum vom Tourismusboom, den die Badeorte entland des Roten Meeres im Süden der Halbinsel erleben.

Beduinen des Sinai wurden auch beschuldigt an den Anschlägen auf die Tourismus-Hochburgen Sharm el-Sheikh, Taba und Dahab beteiligt gewesen zu sein, bei denen im Oktober 2004 125 Menschen getötet wurden. In deren Folge wurden hunderte Beduinen, unter ihnen auch Leute aus al-Arish, verhaftet und gefoltert.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Iranische Universität lädt George Bush ein

Eine iranische Universität hat US-Präsident George Bush eingeladen um auf dem Campus eine Rede zu halten. "Präsident Bush ist eingeladen eine Rede zu halten und auf eine Reihe von Fragen zu antworten, speziell zu den Themen Menschenrechten, Terrorismus und Holocaust", erklärte Alireza Afshour, Präsident der Ferdowsi-Universität in Mashhad, der zweitgrößten Stadt des Iran.

Diese Einladung ist eine Erwiderung auf die Rede des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad an der Columbia University. Deren Präsident Lee Bollinger hatte Ahmadinejad während der Diskussion einen "engstirnigen und grausamen Diktator" genannt. Afshour wolle nun George Bush die Gelegenheit zu einem Gegenbesuch im Iran geben, trotz des mangelnden Respekts der Ahmadinejad in Amerika entgegengebracht worden sei.

Es ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass es zu diesem Besuch kommen wird. Dana Perino, Sprecherin des Weißen Hauses erklärte gestern: "Wir nehmen das nicht allzu ernst. Wäre der Iran eine freie und demokratische Gesellschaft, die ihrem Volk das Recht auf freie Meinungsäußerung zugestehe und hätte der Iran keine nukleraren Ambitionen und würde der Iran nicht die Zerstörung des Staates Israel befürworten, dass würde der Präsident vielleicht über die Einladung nachdenken."

Dienstag, 2. Oktober 2007

"The Elders" besuchen den Sudan

Eine Gruppe erfahrener Staatsmänner und Perönlichkeiten ist im Sudan eingetroffen um sich vor Ort ein Bild von der Darfur-Krise zu machen. Der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu leitet die Delegation der Organisation "The Elders", die auf einer Initiative des Virgin-Gründers Richard Branson zurückgeht und die am 18.Juli 2007, dem 89 Geburtstag Nelson Mandelas, gegründet wurde. Neben Tutu sind der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der ehemalige Sondergesandte der UN, Lakhdar Brahimi und Nelson Mandelas Ehefrau Graca Machel in den Sudan gereist.

In der Hauptstadt Khartum trafen sie sich gestern mit Omar al-Bashir, dem sudanesischen Staatschef. Heute reiste die Delegation weiter nach Juba, die Hauptstadt des Südsudan, wo Gespräche mit Vize-Präsident Salva Kiir stattfinden sollen, der gleichzeitig Präsident des Südsudan ist. Zum Abschluss der Reise werden "The Elders" dann morgen in Al-Fasher in Darfur erwartet. Zum Ziel der Reise erklärte Erzbischof Tutu nach der Ankunft in Khartoum: "Wir sind hier im Sudan weil wir Stimmen derer hören wollen, die bisher nicht gehört worden sind und wir wollen Wege finden ihnen unsere Stimmen für den Frieden zu leihen."

In Darfur waren erst am Sonnabend bei einem Anschlag auf die Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) 10 Soldaten getötet worden. An dem Angriff einer der zahllosen Rebellengruppen in der Kriegsregion sollen bis zu 1000 Kämpfer beteiligt gewesen sein. Die 157 AU-Soldaten, mehrheitlich Nigerianer, wurden von dem Angriff auf ihre Basis in Haskanita überrascht. Noch immer werden 3 von ihnen vermisst.

Gegenwärtig sind 7000 Soldaten aus 26 afrikanischen Staaten in Darfur stationiert. Bis zum Jahresende sollen diese durch eine gemeinsame Friedensmission von UN und AU auf 26000 Kräfte verstärkt werden. Als Reaktion auf den Agriff vom Wochenende hat jedoch Senegals Präsident Abdoulaye Wade bereits mit einem Abzug seiner Soldaten gedroht.

Libanon: Hayat Dandache ist tot

Diese E-Mail kam heute Nacht aus Beirut:


Liebe Unterstützer und Unterstützerinnen unseres Spendenaufrufs ,


leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Hayat Abdel Karim Dandache Montag Nachmittag ihren Verletzungen im Krankenhaus in Beirut erlegen ist. Gestern war sie noch stabil, musste nicht mehr künstlich beatmet werden und alle waren guten Mutes, dass sie heute nach Deutschland verlegt werden kann. Doch dann hat sich ihr Zustand plötzlich im Laufe des heutigen Tages massiv verschlechtert – die Ärzte konnten nicht mehr helfen.


Wir sind zutiefst betroffen von diesem tragischen Tod. Wir können nur beten und Gott bitten, dass er bei der Familie, den Freunden und Bekannten ist und sie in ihrer Verzweiflung und Trauer begleitet und tröstet. Wir werden selbst versuchen, unser Mögliches dazu beizutragen, dass die Familie sich weiterhin begleitet fühlt.


Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. (Psalm 46,2)

Das Wort „Opfer“ hat ein Gesicht

Sie ist ein Opfer des Bombenanschlags vom 19 .9. 07, eine Verletzte von 75 Verletzten.

Wäre sie nicht Deutsche, hätte ich nicht von ihr erfahren.


Sie ist schwer verletzt, so schwer, dass ich ihr Gesicht nicht wieder erkennen kann. Ich erinnere mich an sie, vor 3-4 Monaten war sie einmal in der Gemeinde gewesen, wir hatten uns lange unterhalten. Eine junge Frau, sie ist 26 Jahre alt.

Nun liegt sie da, in der Intensivstation eines kleinen Krankenhauses. Sie wird beatmet, ihr Gesicht ist in Gaze gehüllt, nur die Augen und die Nase und der Mund schauen noch heraus.


Irgendetwas an ihrer verhüllten Gestalt strahlt Lebenswillen aus. Ich spüre, dass sie kämpft, sie gibt nicht einfach auf. Ich stehe da mit ihrem Mann, ihn schüttelt die Verzweiflung. Seine Frau, am morgen war sie noch unversehrt aus dem Haus gegangen zur Arbeit. Er erzählt, es war der erste Tag nach zehn Tagen Arbeitspause, endlich hatte es wieder ein Projekt für sie gegeben. Sie war auf dem nach Hause Weg gewesen.


Am nächsten morgen ist sie wach. Ihre braunen Augen, suchen mühsam nach Kontakt. „Wo bin ich?“ scheinen sie mich zu fragen. „Was ist mit mir geschehen?“

Ich erkläre vorsichtig, was passiert ist.

Heute ist sie gestorben.

Für mich hat das Wort Opfer ein Gesicht bekommen. In Zukunft werden mich die Zahlen von noch mehr Opfern mit ihren Augen anschauen. Gott erbarme dich!


(Friederike Weltzien)


Wir danken allen, die bereit waren, uns bei den Bemühungen, Hayats Leben zu retten, zu helfen. Spenden, die bereits für Hayat eingegangen sind, werden wir auf Wunsch selbstverständlich zurückerstatten (bitte melden sie sich), andernfalls werden wir mit ihrem Einverständnis die Gelder in einem Sonderfonds für entsprechende Notfälle zurückhalten.


Mit herzlichen Grüßen Ihre Pfr.in Friederike und Pfr. Uwe Weltzien (Pfr. der Ev. Gemeinde Beirut)

Montag, 1. Oktober 2007

Irak: Biden-Plan stößt auf breite Ablehnung

Eine vom US-Senat verabschiedete Resolution, die de-facto eine Teilung des Irak vorsieht, ist bei irakischen Politikern auf eine breite Ablehnung gestoßen. Der vom emeritierten Präsidenten des Council on Foreign Relations, Leslie Gelb, und dem demokratischen Senator Joe Biden ausgearbeitete Plan sieht einen dezentralisierten, föderalen Irak vor in dem nahezu alle Regierungsaufgaben von autonomen Regionalregierungen übernommen würden. Die Zentralregierung in Baghdad wäre praktisch nur noch für den Schutz der Grenzen und die Verteilung der Erdöleinnahmen verantwortlich. Faktisch hätte die Umsetzung des Biden-Gelb-Plans über kurz oder lang die Aufspaltung des Irak in einen kurdischen Norden, einen sunnitischen Westen und einen schiitischen Südirak zur Folge.

Gleichwohl ist die Resolution mehr von symbolischer Bedeutung, da sie keinerlei bindende Wirkung für den Präsidenten und seine Außenpolitik besitzt. Mit einer Mehrheit von 75 zu 23 Stimmen wurde der Plan angenommen, unter Zustimmung der Hälfte der republikanischen Senatoren. Auch die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton stimmte dem Entwurf zu, ihr innerparteilicher Konkurrent Barack Obama enthielt sich der Stimme.

Viele irakische Politiker, Schiiten wie Sunniten, sehen in dem Senatsbeschluss ein neues Kapitel kolonialer Machtausübung nach dem Muster "Teile und Herrsche". Ähnlich wie Briten und Franzosen Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit dem Sykes-Picot-Plan den Nahen Osten unter sich aufteilten, wollten nun die USA das Schicksal des Irak bestimmen, das Land aufteilen und seine Souveränität untergraben. Zwar verweist die US-Resolution darauf, dass selbst die irakische Verfassung von einem dezentralisierten, föderalen" Irak spricht, dennoch wird der Vorschlag als anmaßende Einmischung der Vereinigten Staaten in die irakische Politik gewertet.

"Der Vorschlag widerspricht allen Gesetzen der internationalen Gemeinschaft und ihrer legitimen Institutionen, die den Menschen das Selbstbestimmungsrecht und das Recht zur Verteidigung ihrer Einheit und Souveränität zusprechen", erklärte etwa Izzat al-Shahbandar im Namen der säkular orientierten "Nationalen Irakischen Liste" des ehemaligen Ministerpräsidenten Iyad Allawi. Der jetzige Regierungschef Nouri al-Maliki nannte den Biden Plan ein "Rezept für ein nationales Desaster". Für die größte sunnitische Fraktion im irakischen Parlament, die "Irakische Übereinstimmungsfront" erklärte Hashim Taye: "Wir lehnen die Resolutionen ab, die das Schicksal des Irak aus dem Ausland bestimmen wollen. Das ist eine gefährliche Aufteilung, basierend auf Konfessionalismus und Ethnizität."

Das eine Umsetzung des Plans die Probleme des Irak lösen würde scheint ohnehin fraglich, denn auch innerhalb der autonomen Regionen, deren Schaffung Biden und Gelb vorsehen, toben blutige Machtkämpfe. Im Südirak, der so etwas wie "Schiitistan" würde, bekämpfen sich Badr-Brigaden und die Miliz des Predigers Muqtada al-Sadr. In "Sunnistan" führt die "al-Qaida im Zweistromland" Krieg mit lokalen Klanführern, die sich zur "Anbar-Rettungsfront" zusammengeschlossen haben. Deren Anführer, Abdul Sattar al-Rishawi, wurde am13.September bei einem Anschlag getötet, zu dem sich al-Qaida bekannte.

Auch im irakischen Musterteilstaat Kurdistan stehen sich mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) zwei Gruppen gegenüber, die sich noch in den 1990ern blutige Auseinandersetzungen lieferten. Die Annahme, dass eine Spaltung des Irak entlang der Konfessionen das Land befrieden könnte scheint daher kaum realistisch. Eine Balkanisierung des Irak ist nicht die Lösung.