Nachdem ich gestern in einem Beitrag die Diskussion auf dem Medienforum der Deutsch-Arabischen-Freundschaftsgesellschaft und der Friedrich-Ebert-Stiftung über das Bild Deutschlands in der arabischen Welt zusammengefasst dargestellt habe, soll nun der Blick umgekehrt werden. Am Dienstag debattierten deutsche und arabischen Journalisten nämlich auch darüber, welche Bilder über die arabischen Länder von deutschen Medien vermittelt werden und wie diese entstehen.
Einigkeit herrschte unter den Diskutanten darüber, dass der Fokus der deutschen Berichterstattung auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus gerichtet sei. Nach Einschätzung der Zeitungsjournalistin Andrea Nüsse liege dies jedoch weniger daran, dass das Thema besonders "sexy" sei, sondern sei vielmehr der Furcht und dem Sicherheitsbedürfnis der deutschen Rezipienten geschuldet.
Im Übrigen sei ihre Erfahrung, dass nach den Anschlägen vom 11. September 2001 das Interesse der Deutschen am Islam und der Entwicklung der arabischen Gesellschaften gewachsen sei. Erst in den letzten Jahren, ihrer Ansicht nach seit der Ermordung des holländischen Filmemachers van Gogh, werde der Fokus wieder stärker auf das Phänomen des Terrorismus verengt. Grundsätzlich könne man eine längere Geschichte in der Zeitung aber nur unterbringen, wenn sie einen Deutschland-Bezug habe.
Das Hauptproblem für einen Nahost-Korrespondenten stellten ihrer Ansicht nach oftmals die Heimatredaktionen dar. Ihnen erscheine einer nuancierte Berichterstattung über die arabischen Länder oftmals zu komplex für den Durchschnittsleser. Geschichten abseits der großen Politik und des Nahostkonflikts seien kaum gefragt. Ein großes Problem sei zudem, dass die Reporter vor Ort ein riesiges Gebiet abdecken müssten. Für viele Medien berichtet ein einziger Korrespondent für die gesamte arabische Welt und oftmals auch noch den Iran.
Der libanesische Fernsehjournalist Bassam Abou Zeid erklärte, es werde kein vollständiges Bild vom Nahen Osten in den deutschen Medien vermittelt. Dies lege jedoch oftmals weniger an den Journalisten als an ihren Quellen und Gesprächspartnern vor Ort, die häufig selbst kein Interesse daran haben, ein vollständiges Bild ihrer Gesellschaften zu vermitteln.
Marcel Pott, langjähriger Reporter für den ARD-Hörfunk im Nahen Osten, kritisierte, dass die deutschen Medien das Phänomen des politischen Islam in seiner Vielschichtigkeit seit Jahrzehnten vernachlässigten.
Die Frage ob deutsche Medien einseitig pro-israelische berichteten verneinte Pott, erklärte aber, dass es hinsichtlich des arabisch-israelischen Konflikts bei vielen Journalisten eine Schere im Kopf gebe. Als Beispiel führte Pott ein Ereignis aus dem letzten Libanonkrieg 2006 an. Damals sei ein libanesischer Flüchtlingskonvoi, der von Journalisten der CNN, BBC und des ZDF begleitet wurde, von der israelischen Armee beschossen worden. Mehrere Menschen, darunter ein deutscher Kameramann wurden verletzt. Während die Korrespondenten von BBC und CNN ausführlich darüber berichteten, habe das ZDF den Vorfall verschwiegen.
Zuvor habe Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Mitglied im ZDF-Fernsehrat, die Berichterstattung des Senders als unausgewogen kritisiert, da das Leiden der israelischen Bevölkerung nicht genügend Platz finde. Die "journalistische Todsünde" des ZDF sei möglicherweise eine Folge dieser Einflussnahme, so Pott.
Weiter erklärte er, dass es Pressure Groups und Journalisten wie Henryk M Broder gebe, die Kritikern an der israelischen Besatzung und dem "territorialen Chauvinismus" Israels Krypto-Anti-Semitismus vorwerfen. Dies hab zur Folge, dass über die wachsende Aggressivität und Militanz jüdischer Siedler im Westjordanland zwar in israelischen Medien lang und breit debattiert werde, diese Entwicklung in Deutschland jedoch kein Thema sei.
Marcel Pott kritisierte zudem, dass in deutschen Medien oft leichtfertig mit bestimmten Attributen umgegangen werde. So werden mit der Bezeichnung "radikal-islamisch" so unterschiedliche Gruppierungen wie Hamas, Hizbollah und die Taliban charakterisiert, die sich in ihrem Wesen und ihrer Zielsetzung deutlich voneinander unterschieden.
Iskander el-Dick, Journalist für das arabische Programm der Deutschen Welle, bescheinigte den deutschen Medien, dass sich die Berichterstattung über die arabische Welt seit Mitte der 90er Jahre qualitativ und quantitativ deutlich verbessert habe. Gleichwohl bildeten in den Massenmedien die arabische und die islamische Welt zu oft eine Einheit. Es werde übersehen, dass sich schon Länder wie Algerien, der Libanon und Saudi-Arabien deutlich von einander unterscheiden. Insgesamt seien die deutschen Medien zu sehr darauf fixiert die Defizite des Nahen Ostens zu betonen.
Michael Kronacher, Vorstandsmitglied der DAFG, kritisierte, dass arabischen Botschaftern und Diplomaten die Bereitschaft und Professionalität fehle um etwa in Talkshows die Standpunkte ihrer Länder offensiv zu vertreten. Dem hielt el-Dick entgegen, dass umgekehrt jedoch auch den deutschen Fernsehsendern die Bereitschaft fehle, arabische Diplomaten einzuladen, da dies mit einer Aufwertung des Gastes verbunden sei.
Donnerstag, 27. November 2008
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2 Kommentare:
Dabei hat die arabische Welt dioch soviel zu bieten. Steht sogar schon in der Wikipedia:
"Saudi Arabien ist wahrscheinlich eines der sichersten Länder der Welt. Sieht man einmal von jüngsten Feldzügen gegen Al-Kaida ab und vergißt einige Bombenattentate der letzten 10 Jahre gegen amerikanische Einrichtungen, gibt es im Land praktisch keine Kriminalität. Kaum jemand verriegelt seine Haus- oder Autotür, niemand muß um sein Hab und Gut fürchten. Ursache dafür ist eine orthodoxe und konsequente Auslegung der Scharia, dem islamischen Gesetzbuch. Das saudi-arabische Strafrecht gilt in Westeuropa als eines der exotischsten und despotischsten der Welt. In den USA und in Asien wird dies schon differenzierter gesehen."
Gell do guckt d'r Herr Schäuble.
Wikipedia ist nicht Wikitravel, aber ich tippe mal, dass da jemand von der saudischen Botschaft mitgeschrieben hat.
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