Ägyptens Regierung hat angekündigt, zahlreiche Staatsunternehmen zu privatisieren und die Unternehmensanteile gratis an alle Ägypter zu vergeben. Laut dem Plan der Regierung soll jeder ägyptische Staatsbürger der älter ist als 21 Aktien erhalten - dies wären etwa 40 Millionen Menschen.
Unklar ist bislang wann die Aktienpakete ausgegeben werden und welchen Wert sie haben. Spekulationen, nach denen pro Kopf Aktien im Wert von umgerechnet knapp 300 Euro vergeben werden sollen, wurden nicht bestätigt. In jedem Fall wären die Auswirkungen dieses Regierungsplans für das Land, in dem 40 Prozent der Bürger von weniger als 2 US-Dollar pro Tag leben, gewaltig.
Nach jetzigem Stand kommen 155 staatliche Unternehmen für eine Privatisierung in Frage. An jedem Unternehmen will der Staat jedoch zwischen 30 und 67 Prozent der Aktien behalten - bei strategisch wichtigen Betreiben wie etwa der Zement- und Stahlindustrie mehr, bei anderen weniger. Ein Teil der Aktien soll in einen Fond für zukünftige Generationen fließen, mit dem etwa Bildungsprojekte finanziert werden sollen.
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden bereits einige Staatsunternehmen privatisiert, zu allererst Telekommunikationsunternehmen und Banken. Für viele Leute an entscheidenden Positionen war dieser Privatisierungsprozess eine Einladung zur Selbstbereicherung. Bei der Entscheidung darüber wann welche Aktien zu welchem Preis ausgegeben werden, sollen horrende Bestechungsgelder geflossen sein.
Mit dem jüngsten Plan, an dem Präsidentensohn Gamal Mubarak federführend mitgewirkt hat, soll die Akzeptanz für den Privatisierungsprozess erhöht werden. In einem Land, in dem sich die Schere zwischen Arm und Reich im letzten Jahrzehnt immer weiter geöffnet hat, soll nun auch die Unterschicht von den Segnungen der Privatisierung profitieren.
Besonders in diesem Jahr haben die Ägypter mit steigenden Rohstoffpreisen und eine Inflationsrate von 20% zu kämpfen. Anfang 2008 vervielfachte sich der Brotpreis, es kam zu Streiks und Protesten gegen die Regierung. Gamal Mubarak versicherte jedoch, dass der jüngste Plan keine Reaktion auf die Wirtschaftskrise sei, sondern in den letzten beiden Jahren sehr sorgfältig von Wirtschaftsexperten ausgearbeitet wurde.
Die Frage ist nun, wie arme Ägypter auf den plötzlichen Geldsegen durch die Gratisaktien reagieren werden. Höchstwahrscheinlich wird ein Großteil von ihnen die Papieren umgehend verkaufen. Der Plan, die ägyptischen Bürger am langfristigen Erfolg der privatisierten Unternehmen teilhaben zu lassen, dürfte damit scheitern.
Mittwoch, 12. November 2008
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