Nach langem Zögern hat Mohammad Khatami seine Kandidatur für die iranischen Präsidentschaftswahlen am 12. Juni 2009 erklärt. Der 65-Jährige hatte das Amt bereits von 1997 bis 2005 inne. Nach jetzigem Stand dürfte der studierte Philosoph und Islamgelehrte der aussichtsreichste Konkurrent von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinejad werden.
Wie gut Khatamis Chancen gegen Ahmedinejad wirklich stehen, lässt sich derzeit nur vermuten. Schon seit mehr als einem Jahr steckt Irans Wirtschaft in der Krise. Die Inflation liegt seit Monaten zwischen 20 und 30%, wovon besonders Staatsbedienstete und Rentner betroffen sind. Doch auch die "Bazaaris", also mittelständische Geschäftsleute und Händler, protestierten in den letzten Monaten gegen Ahmedinejads verfehlte Wirtschaftspolitik.
Der rapide gefallene Ölpreis der vergangenen Monate entwertete zudem die wichtigste Einnahme der iranischen Wirtschaft. Internationale Sanktionen als Reaktion auf das iranische Atomprogramm haben ebenso negative Auswirkungen.
Außenpolitisch fällt Ahmadinejads Bilanz bislang zwiespältig aus. Einerseits hat er das Ansehen seines Landes im Westen mit seinen wiederholten anti-israelischen Äußerungen massiv beschädigt und sich und das iranische Volk mit seinen Ansichten zur Homosexualität der Lächerlichkeit preisgegeben.
Gleichzeitig ist Teherans Einfluss im Nahen Osten größer denn je. In den palästinensischen Gebieten und dem Libanon haben die vom Iran unterstützten Hamas und Hizbollah mehr Macht denn je. Im Irak regiert eine Führung, die dem Iran freundlich gesinnt ist und auf absehbare Zeit wird sich auch daran nichts ändern. Bei vielen Treffen arabischer Staatschefs sitzt Ahmedinejad mittlerweile mit am Tisch. Als weiteren Ausdruck des nationalen Selbstbewusstseins schoss der Iran Anfang Februar seinen eigenen Satelliten "Omid" in die Weltumlaufbahn.
Mohammad Khatamis Siegchancen hängen vor allem davon ab, wie seine Reformversprechen bei den Wählern ankommen. In seiner Amtszeit stärkte er zwar die Zivilgesellschaft, ermutigte Journalisten und Studenten zu Kritik an der Gesellschaft und stärkte die Herrschaft des Rechts. Gleichzeitig wirkten viele Reformbemühungen halbherzig und blieben auf halbem Wege stecken, auch weil substanzielle Veränderungen von Ayatollah Khamenei und dem mächtigen konservativen Wächterrat blockiert wurden.
Im deutlichen Gegensatz zu Ahmadinejad kann Khatami eher zugetraut werden, die Beziehungen zu den USA zu normalisieren. Ob Barack Obamas ausgestreckte Hand und die Gesprächsangebote aus Washington Khatamis Wahlchancen erhöhen, wird die Zeit zeigen.
Dienstag, 10. Februar 2009
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6 Kommentare:
Über Mahmoud Ahmadenijad kann man denken was man will, er ist jedenfalls die Person, dessen Worte offenbar am liebsten falsch übersetzt und verstanden werden. Ich kann kein Farsi, aber ich habe mir von einem Farsikundigen sagen lassen, dass er über Schwule gesagt hat: "Wir haben in Iran derartig Homosexuelle wie in den USA" und er soll wohl damit gemeint haben, dass Schwule, die wie in den USA auftreten, so im Iran nicht zu finden sind (was nicht wundert)
Ich selbst kann kein Farsi und halte mich ein Transkript von Ahmedinejads Auftritt in Columbia:
In Iran, we don't have homosexuals like in your country. (Laughter.) We don't have that in our country. (Booing.) In Iran, we do not have this phenomenon. I don't know who's told you that we have it. (Laughter.)
Vielleicht kann sich ja ein Farsikundiger das im Artikel verlinkte YouTube-Video angucken und sagen, ob Ahmadinejad korrekt wiedergegeben wurde.
Ich meinte natürlich dass mir gesagt wurde "NICHT derartige"
Ich werd mal rumfragen, wen ich ausfindig machen kann, der das kann. Dir ist sicher kein Vorwurf zu machen, der Duktus der Massenmedien ist nicht gerade pro-iranisch und erst stehen die nicht hinter Ahmadenijad.
Hier hab ich mal direkt was dazu gefunden: http://www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=686
Aber mal zum Thema des Artikels, ich habe bisher noch von niemanden eine Prognose gehört, wie die Wahl ausgehen könnte. Wäre dankbar mal eine zu hören!
Ich wäre mit Prognosen hier sehr vorsichtig, da diese im Falle Irans oft ziemlich danebenlagen; Ahmadinejads Wahlsieg hat auch kaum jemand vorhergesagt. Z.Zt. weiß man noch nicht einmal, wer antritt (bzw. zugelassen wird) und unter den iranischen Bedingungen ist "normale" Demoskopie praktisch nicht möglich.
Generell scheinen die meisten Iraner zu bestätigen, daß Ahmadinejads Popularität stark abgenommen hat; die Frage ist aber, ob seine Wählerschaft wirklich Alternativen hat. Von Khatami sind die meisten Leute auch eher enttäuscht (wobei manche seine Zeit im Rückblick etwas verklären) und noch weiß kein Mensch, ob Laridjani antritt...unter diesen Umständen haöte ich eine Prognose zum gegenwärtigen Zeitpunkt doch eher für Kaffeesatzleserei...
Kaffeesatzleserei hin oder her, das Wahlvolk in der ganzen Welt schwenkt gerne mal kurzfristig um. Wir suchen ja auch nicht nach einer Prophezeiung, sondern nach einer Prognose. Ich denke, wenn die USA wirklich wollen, dass Ahmadenijad verliert, sollten das Team um Barak Obama mit netten Worten dem ganzen Land und im speziellen Khatami einschmeicheln. Wenn das iranische Volk aus dem Westen beeinflussbar ist, dann meiner Meinung nach nur, wenn man ihren nationalen Stolz bestätigt und z.B. ihre wissenschaftlichen Leistungen würdigt. Jeder hört es gerne wenn man gut über ihn spricht.
Wenn ich eine Prognose abgeben müsste, würde ich nach jetzigem Stand darauf tippen, dass irgendein Kandidat aus dem konservativen Lager gewinnt - nicht jedoch Ahmadinejad.
Sollte Larijani antreten, dürfte er ganz gute Aussichten haben. Ein anderer Kandidat soll wohl Mohammad Ali Qalibaf sein, ehmmaliger Bürgermeister von Teheran.
Auch unter den Konservativen ist die Unzufriedenheit mit Ahmadinejad mittlerweile wohl groß. Die Wirtschaftskrise wird ihm angelastet und seine Visionen von der baldigen Rückkehr des Mahdi werden wohl auch aus diesen Kreisen eher spöttisch beobachtet.
Da ich meine Zweifel habe, dass die Iraner Khatami noch mal eine Chance geben, würde ich also nach jetzigem Stand dem konservativen Lager die größten Chancen zusprechen, den nächsten Präsidenten zu stellen.
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