Bei einem Anschlag im Zentrum Kairos sind gestern Abend eine französische Touristen getötet und mehr als 20 Menschen verletzt worden. Die Explosion ereignete sich auf dem Vorplatz der Hussein-Moschee am Eingang zum berühmten Khan al-Khalili-Markt. Minütlich halten hier Touristenbusse - für Anschläge gegen Ausländer gibt es in Kairo kaum einen geeigneteren Platz.
Im April 2005 waren bei einem Anschlag fast an gleicher Stelle der Attentäter und zwei Touristen aus den USA und Frankreich getötet worden. Seither hatte es in Kairo keine Anschläge mehr gegeben.
Über die Umstände des Anschlags gibt es widersprüchliche Angaben. Zunächst hieß es, eine Handgranate sei vom Dach des El Hussein-Hotels geworfen worden, später erklärte die Sicherheitsbehörden, der Sprengsatz sei unter einer Bank detoniert. Eine zweite Bombe, die nicht explodierte, soll nach der ersten Detonation entschärft worden sein.
Bislang hat sich noch niemand zu dem Anschlag von gestern bekannt. Ein Parlamentsabgeordneter der regierenden NDP machte in einer ersten Stellungnahme am Anschlagsort den Iran und die Taliban für die Tat verantwortlich. Weitaus wahrscheinlicher dürfte es jedoch sein, dass das Attentat von ägyptischen Islamisten begangen wurde, die unabhängig von al-Qaida und anderen Netzwerken gehandelt haben.
Die relative Primitivität der Sprengsätze und der geringe Organisationsgrad, der für den Anschlag notwendig war, lassen vermuten, dass eine einzelne Gruppe junger Islamisten den Anschlag verübt haben könnte. In den letzten Monaten dürften Ägyptens Islamisten reichlich Zulauf erhalten haben. Das Land steckt seit mehr als einem Jahr tief in der Wirtschaftskrise, Millionen junger Männer leben ohne Perspektive in Elendsvierteln und die Komplizenschaft der Regierung während des Gaza-Kriegs und der Abriegelung des Gazastreifens hat viele Ägypter ernsthaft erbost.
Mit diesem Anschlag auf eines der ägyptischen Touristenzentren wollen die Täter offenbar den Tourismussektor zum Erliegen bringen und den Staat somit einer seiner wichtigsten Einnahmequellen berauben. Eine ähnliche Strategie verfolgten die Gamaa Islamiya und die Jihad-Organisation in den 1980er und 1990er Jahren. Dadurch wurden beide Gruppen im Volk jedoch bald so verhasst, dass sie - auch in Folge einer massiven Gegenkampagne des Staates - der Gewalt schließlich abschworen.
Der Anschlagszeitpunkt gibt jedoch auch zu weiteren Spekulationen Anlass. Im März soll das ägyptische Parlament über eine Verlängerung des seit 1981 herrschenden "Ausnahmezustands" abstimmen. Zwar ist die Zustimmung des Parlaments dank der großen NDP-Mehrheit in der Nationalversammlung sicher, dennoch dürfte das Attentat der Regierung als zusätzliche Rechtfertigung in die Hände spielen. Gleichzeitig bietet der Anschlag Husni Mubarak die Gelegenheit, sich dem neuen US-Präsidenten Barack Obama als Frontkämpfer gegen den militanten Islamismus zu präsentieren.
Mittlerweile sind offenbar mehrere Tatverdächtige festgenommen worden. Über ihre Identität ist bislang nichts bekannt.
Fotos: Philipp Spalek
Montag, 23. Februar 2009
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