Freitag, 14. Juli 2006

Mails aus dem Libanon

Seit der Entführung zweier israelischer Soldaten vor 2 Tagen bombardiert die israelische Armee Ziele im Libanon. Mehr als 60 Zivilisten sind seither ums Leben gekommen, die Infrastruktur wird auf das Level von 1990 zurückgebombt - kurzum die Libanesen werden in ihrer Gesamtheit kollektiv für die Aktivitäten einer Gruppe, der Hizbollah, bestraft.

Hier sind zwei Mails die einem Kommilitonen zu Beginn der Angriffe von zwei jungen Libanesen gesendet wurden. Das Mobilfunknetz im Libanon ist mittlerweile nicht mehr funktionstüchtig. Um die Betreffenden zu schützen wurden die Namen geändert.

Dear ...,

It seems that we,Lebanese, are not allowed to live in peace since every ten to twenty years we have to face different attacks from Israel. I should confess that is wasn't Isreal's fault alone but also Hizbullah's because they kidnapped two Israeli soldiers.

The result of these stupid attacks are the Lebanese Airport, all bridges leading the South of Lebanon and more the death of more than 30 civilians. What the hell are these people doing in the amazing Lebanon.Everytime we want to stand up and make a step forward there must be something happening that would bring us not only 5 but 100 years back. I am so sad. I don't believe what I hear and what I see.

You are the only one who could listen to me and understand what I am saying.Our weapon is to pray and deeply pray to our Heavenly father Jesus christ that things stop there and the war won't continue to include Lebanon as a whole.

thanks for reading this message with deep pain in heart

yours Latif


Dear friends and family,

As you might have already heard, Israel has declared war on Lebanon because Hezbollah (a Lebanese party) kidnapped two of its soldiers and killed eight.After 22 years of recovering from the Lebanese-Israeli war, Lebanon is on the verge of even a greater war.

As I am writing this email, Israeli warplanes are bombing roads, bridges and government installations. They are also closing our borders, air travel as well as sea travel are now also totally blocked. This in turn will put Lebanon under great distress as its need for food, oil, medicines, cloths (all are imported)…. Grows by the minute.

If the situation escalates, more Arab countries are likely to join in, which in turn would get the US involved, thus getting Iran involved…. We might be on the verge of World War III. I hope I'm wrong though.

The purpose of this email is to ask you for your prayers as Lebanon enters this shocking war. Please pray for peace and wisdom for both the Lebanese sides and the Israeli side.There is a great chance I will not be able to check my emails or respond to any, because we use a dialup connection. Our telephone lines will most likely be destroyed sometime today or tomorrow.

Your prayers are greatly appreciated. If anyone can bring peace to the region it is Jesus Christ!May Christ grant you peace and may he hear your prayers,

George

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Seit der Entführung zweier israelischer Soldaten vor 2 Tagen bombardiert die israelische Armee Ziele im Libanon.

Sollte dem Auge des unbestechlichen Beobachters entgangen sein, dass es nicht nur diese Entführung gab. Sondern vorher (wie wohl in den letzten Jahren immer wieder geschehen) auch Raketenangriffe?

... kurzum die Libanesen werden in ihrer Gesamtheit kollektiv für die Aktivitäten einer Gruppe, der Hizbollah, bestraft.

Und ich dachte, die Libanesen hätten die Hisbollah in die Regierung gewählt.
Wofür sich die Israelis wohl kollektiv bestrafen lassen dürfen. Aber bitteschön nicht umgekehrt, aber bitte keine Gegenwehr!

Um die Betreffenden zu schützen wurden die Namen geändert.

Schützen? Vor dem Mossad?

PS: Ich wünsche den Libanesen baldigen Frieden. Vielleicht schaffen sie es ja jetzt, die ferngesteuerten Islamisten loszuwerden, die sie ständig in Kriege treiben.

C.Sydow hat gesagt…

was würde denn geschehen, sollte der energieminister muhammad fneish (hizbollah-mitglied)aus der regierung geworfen werden? die luftangriffe würden aufhören oder hätten gar nicht erst stattgefunden?

diese argumentation ist lächerlich. die libanesische regierung hat keinerlei kontrolle über die hizbollah oder den süden des libanon. darum ist es falsch, die libanesische regierung oder das libanesische volk für die entführungen und den raketenbeschuss der hizbollah verantwortlich zum machen. die militärschläge israels sind unangemessen und zeigen die politische schwäche der israelischen regierung.

die libanesischen mail-schreiber sollen weniger vor dem mossad, sondern eher vor bestimmten gruppen geschützt werden, die libanesischen christen nicht wohlgesonnen sind. man kann schließlich momentan nicht einschätzen, wie sich die situation entwickeln wird, inter-konfessionelle spannungen sind in meinen augen jedoch vorprogrammiert.

Anonym hat gesagt…

Hallo, C. Sydow. Deine Argumentation zur "Verantwortung" ist nicht logisch, da die libanesische Politik doch ein anderes Ziel erfolgreich verfolgt hat. Den Abzug der Syrer. Leider wurde das Ziel der Entwaffnung der Milizen nicht annähernd so intensiv verfolgt, man unternahm noch nicht mal Schritte gegen die Aufrüstung der Hezbollah und dieses Versagen fällt auf die Regierung zurück.

Allerdings liegt die Verantwortung für die Eskalation bei anderen Leuten: http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/politik/260957.

Aus dem Mandatsauftrag der UNFIL: "Assist the Government of Lebanon in ensuring the return of its effective authority in the area.", etc..

Anonym hat gesagt…

Wie fügt man hier links ein? Egal: Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat zehn Monate nach der Entführung von drei israelischen Soldaten durch libanesische Hisbollah-Extremisten am Freitag "schwere Fehler" eingeräumt. Einige Fehlentscheidungen hätten zur Nichtweitergabe wichtiger Informationen an Israel geführt, die der Aufklärung des Falles dienlich gewesen wären, ließ UN- Generalsekretär Kofi Annan seinen Sprecher erklären. Zugleich bestritten die UN jedoch, dass auf den Videos die Entführung der Israelis am 7. Oktober zu sehen sei. Allerdings hätten "hochrangige UN-Offizielle vor Ort und im Hauptquartier bedeutende sensitive Informationen für sich behalten", sagte UN- Untergeneralsekretär Joseph Connor in New York. Er war von Annan mit der Untersuchung des Verhaltens der indischen UN-Kommandeure im Gebiet der Grenze Libanons zu Israel beauftragt worden.

Connor deckte unter anderem auf, dass es ein zweites Video gibt, dessen Existenz zunächst verschwiegen worden war. Trotz aller Fehler hätten die UN Israel jedoch nicht bewusst in die Irre geführt, sagte er. Die drei israelischen Soldaten waren vor einem israelischen Grenztor entführt worden, dass sich 400 Meter von einem Stützpunkt der UN-Truppen in Libanon (UNIFIL) befindet. [....]

C.Sydow hat gesagt…

@shual:
seit dem syrischen abzug im april 2005 unternimmt der libanon erste schritte in richtung demokratie. der bürgerkrieg, in dem sich sunniten, schiiten, christen und drusen in den verschiedensten allianzen bekämpften, liegt erst 15 jahre zurück.

allen diesen gruppen und ihren führern ist auch heute noch ein tiefes misstrauen gegenüber ihren gegenern von einst zu eigen. daher muss jede machtverschiebung innerhalb des konfessionellen systems des libanons bei einzelnen akteuren auf misstrauen stoßen.

wenn man die hizbollah in diesem sehr kurzen zeitraum von etwas mehr als einem jahr entwaffnet hätte, so wäre dies nur durch umfangreiche konzessionen gegenüber den libanesischen schiiten möglich gewesen. diese waren die "zedern-revolutionäre" um hariri jr. offenbar nicht zu leisten bereit gewesen.

hinzu kommt, dass vollkommen unklar ist, über welche waffen-reservoire die millizen der anderen konfessionen (lebanese forces etc.) verfügen.

daher hätte eine entwaffnung der hizbollah nur zu einer destabilisierung des fragilen libanon geführt, der ohnehein schleppend ablaufende demokratisierungs-prozess wäre vermutlich vollkommen zum stillstand gekommen.

möglich gewesen wäre eine einbindung der hizbollah in die libanesische armee, dieser meinung war zumindest der un-sondergesandte terje larsen noch im märz dieses jahres.:KLICK

dass die libanesische armee derzeit nicht in der lage ist, das libanesische volk zu verteidigen, zeigt sich in diesen tagen. ich bin mir sicher, dass sich die angehörigen der mehr als 60 todesopfer über ein funktionierende luftabwehr sehr gefreut hätten.

Anonym hat gesagt…

Mehr als eine funktionierende Luftabwehr hätten aber ernsthafte Versuche der Entwaffnung der Hisbollah gebracht. Warum hat man nicht nach einer robusten UN-Truppe gerufen? (Abgesehen davon, dass die UN wohl kaum fähig ist, ernsthafte Aufgaben zu erledigen.)

Nun ist es zu spät und Israel muss den Job machen.

Anonym hat gesagt…

"und Israel muss den Job machen."

Job=mehr als 140 Zivilisten töten! (und die Zahl steigt stetig..)

Die Pro-Israel-Fraktion wird offensichtlich immer gröber in ihren Rechtfertigungsanstrengungen. Das reicht von "das haben sie doch selbst verschuldet" bzw. "sollen sie doch ihre Wahl ändern" bis zu "Israel hat alle Rechte der Welt zu tun und zu lassen, was es will.". Bisweilen fällt dann eben auch "Israel muss den Job machen".

Das Motto ist immer dasselbe: Olmert hat es vorgesagt (israelisches Leben sei wertvoller als palästinensisches) und genau das wird in der Argumentation ausgesagt, um das israelische Vorgehen zu rechtfertigen.. pfui.

Anonym hat gesagt…

Guter Text, C. Sydow. Trotzdem ist die Entwaffnungs-Frage gleichbedeutend mit der Minderung des syrischen Einflusses zu sehen.

Mich wundert hierbei das es zwar viele Kaffeekränzchen der Amerikaner mit Entwaffnungs-Politikern gab aber das Gegenteil geschah. Nun "plötzlich" tauchen modifizierte iranische Raketen-Typen auf, etc... Ich denke es waren schlichte Lippenbekenntnisse ohne Gehalt. Und beleuchtet man den Hintergrund der einzelnen politischen Strömungen kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nehmen wir das Beispiel von Narallah Sfeir, dem einflußreichen Maroniten-Kardinal dann finden wir nicht nur Handshakes bis hoch zu GWB bei den Amerikanern, sondern auch die Bezeichnung des Terrors gegen Israel als "natürliche Resistance".

In Wahrheit wird der Kampf gegen den Erzfeind im Hinterkopf bejaht und ich glaube keinem libanesischen Politiker, den ich nicht selbst geschmiert habe.

Anonym hat gesagt…

@Omar Abo-Namous

"Die Pro-Israel-Fraktion wird offensichtlich immer gröber in ihren Rechtfertigungsanstrengungen."

Es ist leider die Faktenlage, die die israelische Aktion rechtfertigt: Eine an der Regierung beteiligte Miliz, die Israel seit Jahren angreift. Kein Land der Welt würde sich das auf Dauer gefallen lassen können.
Dass manche dies von Israel zu fordern scheinen, verrät mehr über sie als über die Realität dort unten.