Aus Protest über den arabischen Nachrichtenkanal "al-Jazeera" hat Tunesien seinen Botschafter aus Qatar abberufen. Der in Doha ansässige Satellitensender wird von der tunesischen Regierung beschuldigt, eine "feindliche Kampagne" gegen den Maghrabstaat zu führen.
Auslöser des Aufruhrs waren zwei Interviews mit dem im Pariser Exil lebenden Oppositionellen Moncef Marzouki. In den Gesprächen am 14. und 21. Oktober hatte dieser die tunesische Regierung scharf angegriffen und zu "zivilem Ungehorsam" gegen den Staat aufgerufen. Marzouki ist Vorsitzender der verbotenen Oppositionspartei "Kongress für die Republik" und war lange Jahre Chef der tunesischen Menschrechtsliga. Immer wieder macht er als solcher auf Menschenrechtsverstöße in dem Mittelmeerstaat aufmerksam.
Die tunesische Regierung bezichtigte al-Jazeera daraufhin, eine "feindliche Kampagne zur Schädigung Tunesiens" durchzuführen und die "moralischen Prinzipien" auf denen Journalismus fuße verlassen zu haben. Daraufhin habe man, wie erst heute bekannt wurde, bereits am vergangenen Donnerstag sein gesamtes Botschaftspersonal aus Doha abgezogen. Gleichwohl legte das Außenministerium in Tunis Wert auf die Feststellung, dass sich dieser Schritt allein gegen al-Jazeera, nicht aber gegen den "Bruderstaat Qatar" richte.
Der Chef der Nachrichtensenders, Waddah Khanfar, wies die Anschuldigungen der tunesischen Seite zurück und lud "jeden tunesischen Offiziellen ein sich auf dem Sender zu äußern". Es ginge dem Sender, dessen Leitmotto "Meinung und Gegenmeinung" lautet, nicht darum sich mit Leuten, die im Programm Gelegenheit bekommen sich zu äußern, gemein zu machen.
Auseinandersetzungen zwischen dem meinungsfreudigen Satelliten-TV und den Regierungen der arabischen Welt haben seit dem ersten Ausstrahlungstag im November 1996 Tradition. So hatten in der Vergangenheit bereits Marokko und Libyen ihre Botschafter aus Qatar aus Protest über den Sender zeitweise abgezogen. Seit 2004 darf al-Jazeera auch im Irak kein Studio mehr unterhalten. Ebenso untersagen ihm Saudi-Arabien und Bahrain die Berichterstattung. Auch Algerien unterband zeitweise die Berichterstattung, nachdem der Sender über Massaker der Armee während des Bürgerkriegs berichtet hatte.
Als Ägyptens Staatschef vor einigen Jahren in der al-Jazeera-Zentrale in Doha zu Gast war soll er gefragt haben: "Und diese Blechdose macht den ganzen Ärger?"
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