Dienstag, 17. Oktober 2006

Rosh Haschana - Ramadan - Yom Kippur Vol. 2

Langsam neigt sich der muslimische Fastenmonat Ramadan, der neunte Monat im islamischen Mondkalener, dem Ende zu. Sobald "ihr in der Morgendämmerung einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden könnt!“ (Sure, 2, Vers 187) ist den Muslimen Enthaltung vom Verzehr jedweder irdischer Substanzen, Speisen und Getränken, Rauchen, Geschlechtsverkehr, Menstruation, Trunkenheit und Irrsinn geboten.

Fast zwangsläufig scheint im Fastenmonat folgerichtig alles anders: Tagsüber spielt sich das Leben auf Sparflamme ab, die Menschen sind träge und schließen ihre Läden früher als gewöhnlich. Man sollte während des Ramadan nicht zuviel von seinen Mitmenschen verlangen, sonst reagieren selbst normalerweise ausgeglichene Gemüter äußerst gereizt, wie ich auf der Straße und bei der Arbeit hautnah miterleben konnte.

Ca. eine Stunde vor dem Sonnenuntergang erwacht die Stadt aus ihrer Lethargie, plötzlich herrscht auf den Straßen reges Treiben. Jeder will noch einige Lebensmittel besorgen, bevor das große Fressen beginnen kann. Während der Muezzin das Abendgebet singt verkündet ein lauter Kanonenschlag den Moment des Fastenbrechens.

Die Prozedur beginnt mit dem genüsslichen Verspeisen einer Dattel. Aus meiner Erfahrung ist aber das erste Glas Wasser nach 10 Stunden ohne Flüssigkeit durch nichts zu übertreffen (nach zwei Tagen schrecklichen Leidens und völliger Unproduktivität sind aus meiner aktiven Solidariät mit den Muslimen bewundernde Lippenbekenntnisse geworden). Bei den so genannten Iftars werden Unmengen an Leckereien verschlungen. Auf eine Suppe und verschiedene Salate folgen in der Regel Lamm und Huhn mit Reis. Als Dessert werden süße Spezialitäten serviert, die nur während des Ramadan angeboten werden. Nach dem Essen werden schließlich die tagsüber nicht gerauchten Zigaretten und die nicht getrunkenen Kaffee fleißig nachgeholt. Was das Verbot von Alkohol anbetrifft, so zeigt sich mein muslimisches Umfeld als sehr konsequent.

Da man während des Ramadan jeden Abend zu einem üppigen Festmahl bei Familienmitgliedern oder bei Freunden eingeladen ist, scheint es nicht weiter verwunderlich, dass der Großteil der Bevölkerung (im FASTENMONAT) einige Kilos zulegt. Es ist statistisch nachgewiesen, dass während des Ramadan die Lebensmittelkosten um ein Vielfaches steigen. Dementsprechend wachsen die Müllberge im Kidron-Tal, durch das ich zu unserem Büro gelange, deutlich spürbar.

Hinsichtlich der Atmosphäre während des Fastenmonats konnte man einen schleichenden Prozess beobachten. Anfangs wirkten die Menschen sehr fröhlich, insbesondere die Altstadt war sehr belebt und bis Mitternacht spielte sich das Leben draussen ab.
Die Beleuchtung der Straßen mit bunten Halbmonden erinnert auch jetzt noch an ein wunderschön kitschiges Weihnachten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, doch mittlerweile ist die Magie der ersten Festmahle verflogen. Heute meinte beispielsweise unsere Sekretärin, die konsequent den Fastenmonat ignoriert und weiterhin ihre Zigaretten und Kaffee genießt, zum Fasten: "I am so sick of fasting, sick of seeing my family every day for the feast and I am sick of all these people pretending to be good muslims for one month".

Außerdem schlägt die extreme israelische Polizei- und Armeepräsenz der Bevölkerung aufs Gemüt. Auch in diesem Jahr wurden tausende Palästinenser, die nicht in Jerusalem residieren, an Checkpoints und durch Straßensperren daran gehindert, im heiligen Monat Ramadan in der Al-Aqsa Moschee zu beten. Selbst ich werde täglich von diesen Soldaten penetriert: in der Altstadt werde ich oft durch Soldaten aufgehalten, die mich bestimmte Gassen nicht passieren lassen wollen. In der Regel lautet die Begründung: "It´s dangerous!!! There are lots of Muslims". Nachdem ich den Soldaten dann erkläre, dass ich mit diesen gefährlichen Muslimen zusammenlebe, darf ich dann meinen Weg unter verständnislosen Blicken schließlich fortsetzen,

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hey Christoph, hier Richie, guter Bericht! Würde vieles gern mit Dir erleben. Freu mich schon, wenn Du wieder nach Berlin kommst, aber das dauert ja noch ein Weilchen; bis dahin Alles Gute und viele Grüße.

Anonym hat gesagt…

Wow,das du tatsächlich die Tage durchgehalten hast ist beeindruckend.Respekt!!!Außerdem sehr eindrücklich und nachdenkenklich stimmend hinsichtlich des Glauben-lebens,bei uns wohl(wie geschrieben)mit der Weihnachtszeit vergleichlich.
Sehr schön,
Liebe Grüße Jonathan

Anonym hat gesagt…

'Außerdem schlägt die extreme israelische Polizei- und Armeepräsenz der Bevölkerung aufs Gemüt. Auch in diesem Jahr wurden tausende Palästinenser, die nicht in Jerusalem residieren, an Checkpoints und durch Straßensperren daran gehindert, im heiligen Monat Ramadan in der Al-Aqsa Moschee zu beten. Selbst ich werde täglich von diesen Soldaten penetriert... '

Mit anderen Worten: Die 'extrem präsente' zionistische Soldateska missbraucht armen Christlichen Jungen!
Wieso nur kommt mir das irgendwie bekannt vor?!?
*ungläubiges Kopfschüttel*

'Wow,das du tatsächlich die Tage durchgehalten hast ist beeindruckend.Respekt!!!'

...und das gleich mehrfach?!?!? Unglaublich!!
*nochmehr kopfschüttel'

hochachtungsvoll
ein Mensch