Ein Gericht in Kairo hat den etwa 2000 ägyptischen Bahais in einem Urteil die Anerkennung als Religionsgemeinschaft verwährt und ihre Anhänger als Apostaten bezeichnet. "Die Verfassung garantiert die Glaubensfreiheit für die drei anerkannten himmlischen Religionen Islam, Christentum und Judentum. Die Bahai betreffend, haben alle islamischen Juristen erklärt, dass der Bahai-Glaube zu keiner der drei anerkannten Religionen gehört", so Richter Sayed Nofal laut AFP am Sonnabend in der Urteilsbegründung.
Die Religionsgemeinschaft der Bahai entstand in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts und geht auf den persischen Religionsstifter Bahaullah zurück. Wie die Muslime glauben die Bahais an die Einheit Gottes. Sie sehen jedoch im Propheten Muhammad nicht "das Siegel der Propheten" sondern glauben daran, dass Gott in zeitlichen Abschnitten "geistliche Erzieher" auf die Erde entsendet, von denen auch Bahaullah nicht der Letzte sei. Die zentrale Offenbarungsquelle für die weltweit knapp 7,5 Millionen Bahais sind die Schriften Bahaullahs, allen voran das "Heiligste Buch", Kitab-i Aqdas.
Die beiden ägyptischen Bahais Hussam Izza Mussa und seine Frau Ranya Enayat hatten vor Gericht darum gekämpft ihre Religion auf ihren Personaldokumenten angeben zu dürfen. Im April 2006 hatte ein gericht ihrer Klage zunächst stattgegeben, nach einem Einspruch des Innenministeriums wurden ihre Dokumente jedoch nur eine Monat später konfisziert.
In Ägypten, einem Staat in dem seit 1981 offiziell ein Ausnahmezustand herrscht, ist es jedoch Vorschrift, seine Papiere stets bei sich zu tragen. Ohne Dokumente ist es schlicht unmöglich sich um einen Job zu bewerben, Eigentum zu erwerben, ein Bankkonto zu eröffnen, Kinder in Schulen anzumelden oder sich auch nur im Krankenhaus behandeln zu lassen.
Hossam Bahgat, Direktor der Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) forderte Ägyptens Regierung auf, eine Lösung für die mehreren Hundert betroffenen Bahais zu finden. Diese hätten fünf Jahrzehnte lang ihren Glauben zeigen können, bis sie nun von einem gericht gezwungen worden seien, sich zwischen Islam und Christentum zu entscheiden.
Zusätzlich erschwert wird die Lage der Bahais in Ägypten durch die tatsache, dass sich das religiöse Zentrum der Bahai im Begräbnisort Bahaullahs in Akko, einer Hafenstadt im heutigen Israel befindet. Aus diesem Grund sehen sich ihre Anhänger immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert mit den "zionistischen Besatzern" zu kooperieren.
In der Urteilsbegründung vom Samstag heißt es etwa: "Eines der Hauptziele der Bahai-Bewegung ist die Aufrechterhaltung ihrer Beziehungen zur Besatzungsmacht, von der sie gefördert und geschützt wird." Dass Ägypten seit 1979 mit genau jener Besatzungsmacht einen Friedensvertrag unterhält spielte bei der Gerichtsentscheidung offenbar keine Rolle.
Dienstag, 19. Dezember 2006
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