Ein Beitrag von Malte Gaier, Kollegiat am Max-Weber-Kolleg Erfurt.
Es wurde ein letzter Spießrutenlauf für die verbliebenen 52 Angestellten der US-Botschaft in Teheran, als sie am 20. Januar 1981 am Flughafen durch eine „Tod Amerika!“, „Nieder mit Carter!“ skandierende Menge zu einer abseits bereitstehenden Maschine geführt wurden. Die „Gäste des Ayatollah“ verließen 444 Tage nachdem die Botschaft der USA in Teheran am 4. November 1979 überrannt worden war den Iran in Richtung Ramstein, Deutschland.
Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges wirkte sich die Geiselnahme kurzfristig auf innenpolitische Entwicklungen im revolutionären Iran und in den USA gleichermaßen aus. Sie hinterließ einen Makel sowohl an der internationalen Wahrnehmung des Iran als auch an der Glaubwürdigkeit seiner Diplomatie gegenüber westlichen Staaten. Auf Seiten der USA wurde hingegen deutlich, dass sich abseits der Blockpolitik in der muslimischen Welt eine neue, bis dahin unbemerkt gebliebene und lange unterschätzte Konfliktmatrix entwickelt hatte. Deren Akteure begründeten die Wiedergeburt des politischen Islam zunehmend mit der als neo-imperialistisch, pro-israelisch und anti-muslimisch aufgefassten hegemonialen US-Politik, welche sich in der Region in der jahrzehntelangen Unterstützung autoritärer Regime zur Durchsetzung eigener geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen materialisiert hatte. Zusätzlich leiteten der Ausbruch des Iranisch-Irakischen Krieges und der Kampf um Afghanistan dramatische geostrategische und politische Umbrüche in der Region ein, in denen die USA im Irak und in Pakistan neue Bündnispartner fand.
Das Jahr 1979 gilt bis heute als schwarzes Jahr in der Geschichte des State Department. Die hausinterne Statistik zählte bis zu diesem Jahr rund 1.000 politisch motivierte Zwischenfälle, die sich seit 1968 gegen US-Botschaften weltweit gerichtet hatten und deren bis heute wohl eindrücklichste Analyse sich in Joseph G. Sullivans 'Embassies under Siege' findet. Die anti-amerikanische Stimmung in Teheran, welche die Besetzung der US-Botschaft am 4. November begünstigt hatte, war schon Monate zuvor für die im Lande befindlichen Amerikaner und internationalen Beobachter spürbar gewesen. Bereits am 14. Februar 1979 hatte die linksgerichtete Studentengruppe Fedajin-e Khalq das Botschaftsaußengelände für mehrere Stunden besetzt gehalten, war dann jedoch auf den Druck Ayatollah Khomeinis hin wieder abgezogen. Warnende Stimmen hatte es auch in US-Diplomaten-Kreisen gegeben, wie jüngste Veröffentlichungen vertraulicher Depeschen zeigen. So verlieh der nach Stationen in Iran, Pakistan und Afghanistan erneut nach Teheran entsandte Chargé d'Affaires Bruce Laingen in einem kürzlich veröffentlichten Kabel vom 13. August 1979 seinem Frust über die iranische „Bazaar-Mentalität“ und das Schattendasein der Übergangsregierung unter Premier Mehdi Bazargan und Außenminister Ebrahim Yazdi gegenüber dem Revolutionsregime um Khomeini Ausdruck:
THE PERSIAN PROCLIVITY FOR ASSUMING THAT TO SAY SOMETHING IS TO DO IT FURTHER COMPLICATES MATTERS. AGAIN, YAZDI CAN EXPRESS SURPRISE WHEN INFORMED THAT THE IRREGULAR SECURITY FORCES ASSIGNED TO THE EMBASSY REMAIN IN PLACE. "BUT THE CENTRAL COMMITTEE TOLD ME THEY WOULD GO BY MONDAY," HE SAYS.
Obwohl einige der später inhaftierten Botschaftsmitarbeiter anfänglich stillschweigend mit der Iranischen Revolution sympathisiert hatten, standen die Beziehungen zwischen den USA und Shah Mohammad Reza Pahlavi bis 1979 überwiegend im Zeichen der Stabilität. Dessen Regime, dem die Rolle eines anti-sowjetischen Blockstaates zugesprochen wurde, konnte durch millionenschwere Aufträge an die US-Rüstungsindustrie die viertgrößte Armee der Welt aufbauen. Im Gegenzug billigte man entlang der Nordgrenze die Errichtung von US-Spionagestationen zur Beobachtung sowjetischer Raketentests. Unvergessen blieb im Iran dennoch die Rolle, die die CIA im Rahmen der Mossadegh-Affäre 1953 gespielt hatte. Damals hatten die Brüder Allen W. als CIA-Direktor und John Foster Dulles in seiner Funktion als Außenminister unter international verdeckter Beteiligung im Zuge von Operation Ajax zur richtigen Zeit durch die Anwerbung von Demonstranten den Gewaltpegel auf Teherans Straßen schaffen lassen, der schließlich zur Absetzung Premierminister Mohammad Mossadeghs beigetragen und so das politische Überleben des Shah gesichert hatte.
So waren lautstarke Straßenproteste, die sich gegen die US-Präsenz richteten, am 4. November 1979 längst keine Besonderheit mehr. Doch spätestens als die Botschaftsmitarbeiter im Gebäude über Funk die Schreie der wachhabenden Marines hörten, wurde ihnen klar, dass es sich dieses mal um mehr als die üblichen Proteste handelte. Mit dem Schlimmsten rechnend, wurden in der Botschaft in Akkordarbeit vertrauliche Akten und Dokumente im Reißwolf vernichtet. Dennoch konnten später Teile der zerschredderten Dokumente von den iranischen Studenten wieder hergestellt und unter dem Titel „Dokumente aus der US-Spionage-Höhle“ veröffentlicht werden. Es gilt inzwischen als wahrscheinlich, dass es dabei zu Manipulationen einzelner Originaldokumente kam. Dieser Einblick in das Ausmaß des US-Engagements im Iran befeuerte zusätzlich die unverhohlen anti-amerikanische Stimmung auf der Straße und in weiten Teilen der revolutionsnahen Gesellschaft.
US-Präsident Jimmy Carter, dessen Regierung zuvor am 22. Oktober 1979 die Einreise des Shahs bewilligt hatte, wurde auf seinem Landsitz Camp David über die Geiselnahme unterrichtet. Um sich aufgrund einer schweren Krebserkrankung in den USA medizinisch behandeln zu lassen, hatte sich der Shah Anfang des Jahres an die US-Regierung gewandt. Nach eingehender Beratung hieß die Carter-Regierung den Shah willkommen, woraufhin sich dieser umgehend in New York behandeln ließ. Carter hatte zuvor am Rande der Guadeloupe-Konferenz Anfang Januar wider Erwarten den Shah für nicht mehr haltbar erklärt und damit die US-Unterstützung für den Iran, den er noch 1977 als „Insel der Stabilität“ im unruhigen und von Staatsstreichen durch das Militär geprägten Nahen Osten gepriesen hatte, beendet. Die iranische Forderung, den Shah auszuliefern um ihn im Iran wegen der Veruntreuung von Staatsgeldern vor Gericht zu stellen, war dennoch undenkbar.
Die Studenten-Bewegung die nach der Aufnahme des Shah in den USA zu Protesten aufrief und von der, gemeinsam mit anderen linksgerichteten Gruppen, die Initiative für den Sturm auf die US-Botschaft ausging, sah zunächst eine 48-stündige Protestaktion auf dem Gelände der Botschaft vor: Rückblickend meint der damals 24-jährige Student Ebrahim Asgharzadeh, der an den Planungen maßgeblich beteiligt war: „Wir hatten keinen konkreten und kalkulierten Plan für die Übernahme der Botschaft. Wir hatten auch nicht den Plan Geiseln zu nehmen. Wir waren einfach nur eine Gruppe von Studenten die gegen Amerika protestieren wollte und dass die Welt diesen Protest hört.“ Mehrere Vorlesungen an der Universität Teheran entfallen an diesem Tag, so dass sich am Morgen des 4. November eine schnell anwachsende Gruppe protestierender Studenten – viele davon mit einem Bild des Imam vor der Brust – vor der Botschaft aufmarschiert.
Im Vorfeld der Aktion war zunächst unsicher, wie die Revolutionsführung auf die Übernahme der Botschaft reagieren würde. In dieser zentralen Frage - ob Imam Khomeini die Studenten unterstützen und ihre Aktion gutheißen würde - gibt es auch heute widersprüchliche Meinungen. Trotz der in einer Radioansprache vom Imam schließlich verkündeten Unterstützung für die Studenten beharrt der damalige Außenminister Yazdi bis heute darauf, zuvor von Khomeini die Order erhalten zu haben, die Studenten umgehend und notfalls mit Gewalt vom Botschaftsgelände zu vertreiben. Der Unterstützung des Imam für die Geiselnehmer lag nicht zuletzt das taktische Kalkül zugrunde, auf der Welle des Anti-Amerikanismus sowohl eine breite Unterstützung für das bevorstehende Referendum über die Verabschiedung der islamischen Verfassung sicherzustellen, als auch die endgültige Marginalisierung der nun als „pro-amerikanisch“ diskreditierten moderaten Übergangsregierung Bazargan zu beschleunigen. Dessen Kabinett trat so auch bereits wenige Tage nach der Geiselnahme zurück.
Eine direkte Befreiungsaktion wurde von US-Seite nach eingehender Prüfung verworfen. Von einer solchen hatte neben dem israelischen Verteidigungsministerium auch Ulrich Wegener, der Kommandeur der westdeutschen, 1972 gegründeten GSG-9 abgeraten. Diese hatte die Operation zuvor unter realen Einsatzbedingungen durchexerziert und auf Wegeners persönliche Initiative hin den Amerikanern gar den Einsatz eines deutschen Befreiungsteams angeboten. Auch Pläne, über Sanktionen hinaus den Druck auf das iranische Regime zu erhöhen und es damit zu einem Einlenken in der Geiselfrage zu bewegen, wurden über die Planungsphase hinaus nicht weiterverfolgt. Seeblockaden oder Operationen gegen die Öl-Raffinerien von Abadan bargen das Risiko einer Eskalation, die etwa im Falle eines Spionage-Schauprozesses das Leben der Geiseln unmittelbar gefährdet hätte.
Auf dem Wege der Vermittlung unter Einbeziehung ausländischer Kontakte ließen sich jedoch zunächst keine erfolgversprechenden Kanäle nach Teheran aufbauen. Dennoch konnte PLO-Führer Yassir Arafat zumindest die Freilassung der weiblichen Gefangenen wie auch der afroamerikanischen Mitglieder des Botschaftsstabes durchsetzen. Mit diesem Schritt meinten sich die Studenten mit anderen, von der USA-Politik diskriminierten Gruppen solidarisieren und so in Teilen der Weltöffentlichkeit Verständnis für ihre Aktion schaffen zu können. Die Versuche von US-Seite, indirekte Verhandlungen einzuleiten, scheiterten nicht zuletzt an der mangelhaften Informationslage über die machtpolitische Situation im revolutionären Iran. Diese hatte unter anderem zur Folge, dass potentielle Vermittler bzw. USA-freundliche Elemente im iranischen Establishment nur durch die Hilfe anderer westlicher Staaten und Mittelsmänner - unter ihnen der damalige Botschafter der BRD im Iran, Gerhard Ritzel, - kontaktiert werden konnten.
In Anbetracht der Sackgasse, in der sich die Verhandlungen befanden, wurde ein Befreiungsplan (Operation Eagle Claw) ausgearbeitet, der den Einsatz von Special Forces vorsah, welche, abgesetzt in der Wüste Dasht-e Kawir, nach Teheran vordringen und die Geiseln befreien sollten. Die erste Boots-on-the-Ground-Operation im Nahen Osten geriet am 25. April 1980 zum Desaster für die USA. Acht amerikanische Soldaten starben und zwölf wurden verletzt als die bereits angelaufene Operation wegen eines Sandsturms abgebrochen wurde und zwei Hubschrauber kollidierten. Die folgende Zurschaustellung der toten Soldaten sowie der geborgenen Ausrüstung vor laufenden Kameras am Platz vor der US-Botschaft in Teheran machte die Demütigung vollkommen. Die amerikanische Öffentlichkeit wie auch die europäischen Vermittlungspartner, mit Ausnahme Großbritanniens, erfuhren so erst durch die Medien vom gescheiterten US-Befreiungsplan. Als Folge der gescheiterten Operation, die mitunter als göttlicher Eingriff zur Unterstützung der Revolution interpretiert wurde, verschärfte man die Haftbedingungen der Geiseln. In der Folge kam es zu nächtlichen Scheinexekutionen und öffentlichen Vorführungen der nunmehr über das ganze Land verteilten Gefangenen.
Die amerikanische Bevölkerung, der das Massensterben in Vietnam live durch das Fernsehen ins Wohnzimmer getragen wurde, hatte zunächst verstört auf die Gefangennahme von Teheran reagiert und angesichts der Wirkungslosigkeit der US-Sanktionen waren die Rufe nach einer härteren Gangart schnell lauter geworden. Der Umgang mit dem Tod von Landsleuten im Ausland wurde in den Welt- und dann in den Stellvertreterkriegen gegen die Sowjetunion zur traurigen Begleiterscheinung des US-Engagements in der Welt - die Solidarität mit gefallenen Soldaten, Missing-in-Action's und Prisoner-of-War's zum kollektiv durchlittenen Trauma. Das ungewisse Schicksal gefangengenommener Diplomaten hingegen stellte die kriegserfahrene Nation vor eine neue Herausforderung. Die Antwort darauf kam aus dem Radio: Tony Orlandos Bürgerkriegssaga Tie a Yellow Ribbon Round the Old Oak Tree wurde in den Monaten der Geiselnahme zum Standardtitel der US-Radiosender. Nur knapp zwei Wochen später folgte den Ereignissen von Teheran der Angriff auf die US-Vertretung in Islamabad durch islamistische Studentengruppen, die das Militärregime von Zia ul-Haq scheinbar ungehindert gewähren ließ. Diese Aktion sollte den USA, welche zunehmend versuchten den Kampf der Mujahidin gegen die Sowjettruppen in Afghanistan in ihrem Sinne zu lenken, ihre Abhängigkeit von Pakistan in diesem verdeckten Stellvertreterkrieg deutlich machen. In diesen Monaten wurde die gelbe Schleife zum Symbol des amerikanischen Patriotismus und sollte später unter dem Aufruf Support our Troops! die US-Truppen im Irak und in Afghanistan begleiten.
Für Jimmy Carter, der schon zu Beginn der revolutionären Unruhen zum Feindbild der protestierenden Menschenmengen avanciert war, brachte die gescheiterte Befreiungsaktion und das Stocken der Verhandlungen die Wahlniederlage im November 1980. Entsprechend hoch waren die iranischen Erwartungen an den neuen Präsidenten Ronald Reagan, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Invasion irakischer Truppen zwei Monate zuvor und die seit Ende 1979 aufgestockte sowjetische Militärpräsenz im Nachbarland Afghanistan, die deutlich machten, wie sehr der Iran auf den Beistand der USA angewiesen war. Reagan schockte die Iraner jedoch, als er die Position der zukünftigen Regierung deutlich machte, in der Geiselfrage nicht mit „Barbaren“ zu verhandeln. Beleidigend wirkte Reagans Statement auf jene kritischen Schichten im iranischen Establishment, die auf die Verletzung der diplomatischen Immunität und das Versagen ihres Landes beim Schutz ausländischer Staatsbürger und Einrichtungen mit Entrüstung und Scham reagiert hatten.
Bereits im September hatte der Botschafter der BRD im Iran Ritzel die Amerikaner über die Verhandlungsbereitschaft der iranischen Führung unterrichtet, woraufhin erste Treffen zwischen US-Unterhändler Warren Christopher und dem iranischen Emissär Sadegh Tabatabai folgten. Zuvor waren durch den Tod des Shahs am 27. Juli und den teilweisen Rücktransfer seines Vermögens an den Iran zwei wesentliche Forderungen der iranischen Seite entkräftet bzw. erfüllt worden. Jedoch erst in den letzten Stunden von Carters Amtszeit konnte der finale Durchbruch erzielt werden. Das am 19. Januar 1981 unterzeichnete Abkommen von Algier, welches jedoch auf das von Iran eingeforderte amerikanische Eingeständnis illegaler Operationen und Spionagetätigkeiten im Iran verzichtete, machte schließlich den Weg für die Rückführung der Geiseln in die USA frei.
Es wurde ein letzter Spießrutenlauf für die verbliebenen 52 Angestellten der US-Botschaft in Teheran, als sie am 20. Januar 1981 am Flughafen durch eine „Tod Amerika!“, „Nieder mit Carter!“ skandierende Menge zu einer abseits bereitstehenden Maschine geführt wurden. Die „Gäste des Ayatollah“ verließen 444 Tage nachdem die Botschaft der USA in Teheran am 4. November 1979 überrannt worden war den Iran in Richtung Ramstein, Deutschland.
Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges wirkte sich die Geiselnahme kurzfristig auf innenpolitische Entwicklungen im revolutionären Iran und in den USA gleichermaßen aus. Sie hinterließ einen Makel sowohl an der internationalen Wahrnehmung des Iran als auch an der Glaubwürdigkeit seiner Diplomatie gegenüber westlichen Staaten. Auf Seiten der USA wurde hingegen deutlich, dass sich abseits der Blockpolitik in der muslimischen Welt eine neue, bis dahin unbemerkt gebliebene und lange unterschätzte Konfliktmatrix entwickelt hatte. Deren Akteure begründeten die Wiedergeburt des politischen Islam zunehmend mit der als neo-imperialistisch, pro-israelisch und anti-muslimisch aufgefassten hegemonialen US-Politik, welche sich in der Region in der jahrzehntelangen Unterstützung autoritärer Regime zur Durchsetzung eigener geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen materialisiert hatte. Zusätzlich leiteten der Ausbruch des Iranisch-Irakischen Krieges und der Kampf um Afghanistan dramatische geostrategische und politische Umbrüche in der Region ein, in denen die USA im Irak und in Pakistan neue Bündnispartner fand.
Das Jahr 1979 gilt bis heute als schwarzes Jahr in der Geschichte des State Department. Die hausinterne Statistik zählte bis zu diesem Jahr rund 1.000 politisch motivierte Zwischenfälle, die sich seit 1968 gegen US-Botschaften weltweit gerichtet hatten und deren bis heute wohl eindrücklichste Analyse sich in Joseph G. Sullivans 'Embassies under Siege' findet. Die anti-amerikanische Stimmung in Teheran, welche die Besetzung der US-Botschaft am 4. November begünstigt hatte, war schon Monate zuvor für die im Lande befindlichen Amerikaner und internationalen Beobachter spürbar gewesen. Bereits am 14. Februar 1979 hatte die linksgerichtete Studentengruppe Fedajin-e Khalq das Botschaftsaußengelände für mehrere Stunden besetzt gehalten, war dann jedoch auf den Druck Ayatollah Khomeinis hin wieder abgezogen. Warnende Stimmen hatte es auch in US-Diplomaten-Kreisen gegeben, wie jüngste Veröffentlichungen vertraulicher Depeschen zeigen. So verlieh der nach Stationen in Iran, Pakistan und Afghanistan erneut nach Teheran entsandte Chargé d'Affaires Bruce Laingen in einem kürzlich veröffentlichten Kabel vom 13. August 1979 seinem Frust über die iranische „Bazaar-Mentalität“ und das Schattendasein der Übergangsregierung unter Premier Mehdi Bazargan und Außenminister Ebrahim Yazdi gegenüber dem Revolutionsregime um Khomeini Ausdruck:
THE PERSIAN PROCLIVITY FOR ASSUMING THAT TO SAY SOMETHING IS TO DO IT FURTHER COMPLICATES MATTERS. AGAIN, YAZDI CAN EXPRESS SURPRISE WHEN INFORMED THAT THE IRREGULAR SECURITY FORCES ASSIGNED TO THE EMBASSY REMAIN IN PLACE. "BUT THE CENTRAL COMMITTEE TOLD ME THEY WOULD GO BY MONDAY," HE SAYS.
Obwohl einige der später inhaftierten Botschaftsmitarbeiter anfänglich stillschweigend mit der Iranischen Revolution sympathisiert hatten, standen die Beziehungen zwischen den USA und Shah Mohammad Reza Pahlavi bis 1979 überwiegend im Zeichen der Stabilität. Dessen Regime, dem die Rolle eines anti-sowjetischen Blockstaates zugesprochen wurde, konnte durch millionenschwere Aufträge an die US-Rüstungsindustrie die viertgrößte Armee der Welt aufbauen. Im Gegenzug billigte man entlang der Nordgrenze die Errichtung von US-Spionagestationen zur Beobachtung sowjetischer Raketentests. Unvergessen blieb im Iran dennoch die Rolle, die die CIA im Rahmen der Mossadegh-Affäre 1953 gespielt hatte. Damals hatten die Brüder Allen W. als CIA-Direktor und John Foster Dulles in seiner Funktion als Außenminister unter international verdeckter Beteiligung im Zuge von Operation Ajax zur richtigen Zeit durch die Anwerbung von Demonstranten den Gewaltpegel auf Teherans Straßen schaffen lassen, der schließlich zur Absetzung Premierminister Mohammad Mossadeghs beigetragen und so das politische Überleben des Shah gesichert hatte.
So waren lautstarke Straßenproteste, die sich gegen die US-Präsenz richteten, am 4. November 1979 längst keine Besonderheit mehr. Doch spätestens als die Botschaftsmitarbeiter im Gebäude über Funk die Schreie der wachhabenden Marines hörten, wurde ihnen klar, dass es sich dieses mal um mehr als die üblichen Proteste handelte. Mit dem Schlimmsten rechnend, wurden in der Botschaft in Akkordarbeit vertrauliche Akten und Dokumente im Reißwolf vernichtet. Dennoch konnten später Teile der zerschredderten Dokumente von den iranischen Studenten wieder hergestellt und unter dem Titel „Dokumente aus der US-Spionage-Höhle“ veröffentlicht werden. Es gilt inzwischen als wahrscheinlich, dass es dabei zu Manipulationen einzelner Originaldokumente kam. Dieser Einblick in das Ausmaß des US-Engagements im Iran befeuerte zusätzlich die unverhohlen anti-amerikanische Stimmung auf der Straße und in weiten Teilen der revolutionsnahen Gesellschaft.
US-Präsident Jimmy Carter, dessen Regierung zuvor am 22. Oktober 1979 die Einreise des Shahs bewilligt hatte, wurde auf seinem Landsitz Camp David über die Geiselnahme unterrichtet. Um sich aufgrund einer schweren Krebserkrankung in den USA medizinisch behandeln zu lassen, hatte sich der Shah Anfang des Jahres an die US-Regierung gewandt. Nach eingehender Beratung hieß die Carter-Regierung den Shah willkommen, woraufhin sich dieser umgehend in New York behandeln ließ. Carter hatte zuvor am Rande der Guadeloupe-Konferenz Anfang Januar wider Erwarten den Shah für nicht mehr haltbar erklärt und damit die US-Unterstützung für den Iran, den er noch 1977 als „Insel der Stabilität“ im unruhigen und von Staatsstreichen durch das Militär geprägten Nahen Osten gepriesen hatte, beendet. Die iranische Forderung, den Shah auszuliefern um ihn im Iran wegen der Veruntreuung von Staatsgeldern vor Gericht zu stellen, war dennoch undenkbar.
Die Studenten-Bewegung die nach der Aufnahme des Shah in den USA zu Protesten aufrief und von der, gemeinsam mit anderen linksgerichteten Gruppen, die Initiative für den Sturm auf die US-Botschaft ausging, sah zunächst eine 48-stündige Protestaktion auf dem Gelände der Botschaft vor: Rückblickend meint der damals 24-jährige Student Ebrahim Asgharzadeh, der an den Planungen maßgeblich beteiligt war: „Wir hatten keinen konkreten und kalkulierten Plan für die Übernahme der Botschaft. Wir hatten auch nicht den Plan Geiseln zu nehmen. Wir waren einfach nur eine Gruppe von Studenten die gegen Amerika protestieren wollte und dass die Welt diesen Protest hört.“ Mehrere Vorlesungen an der Universität Teheran entfallen an diesem Tag, so dass sich am Morgen des 4. November eine schnell anwachsende Gruppe protestierender Studenten – viele davon mit einem Bild des Imam vor der Brust – vor der Botschaft aufmarschiert.
Im Vorfeld der Aktion war zunächst unsicher, wie die Revolutionsführung auf die Übernahme der Botschaft reagieren würde. In dieser zentralen Frage - ob Imam Khomeini die Studenten unterstützen und ihre Aktion gutheißen würde - gibt es auch heute widersprüchliche Meinungen. Trotz der in einer Radioansprache vom Imam schließlich verkündeten Unterstützung für die Studenten beharrt der damalige Außenminister Yazdi bis heute darauf, zuvor von Khomeini die Order erhalten zu haben, die Studenten umgehend und notfalls mit Gewalt vom Botschaftsgelände zu vertreiben. Der Unterstützung des Imam für die Geiselnehmer lag nicht zuletzt das taktische Kalkül zugrunde, auf der Welle des Anti-Amerikanismus sowohl eine breite Unterstützung für das bevorstehende Referendum über die Verabschiedung der islamischen Verfassung sicherzustellen, als auch die endgültige Marginalisierung der nun als „pro-amerikanisch“ diskreditierten moderaten Übergangsregierung Bazargan zu beschleunigen. Dessen Kabinett trat so auch bereits wenige Tage nach der Geiselnahme zurück.
Eine direkte Befreiungsaktion wurde von US-Seite nach eingehender Prüfung verworfen. Von einer solchen hatte neben dem israelischen Verteidigungsministerium auch Ulrich Wegener, der Kommandeur der westdeutschen, 1972 gegründeten GSG-9 abgeraten. Diese hatte die Operation zuvor unter realen Einsatzbedingungen durchexerziert und auf Wegeners persönliche Initiative hin den Amerikanern gar den Einsatz eines deutschen Befreiungsteams angeboten. Auch Pläne, über Sanktionen hinaus den Druck auf das iranische Regime zu erhöhen und es damit zu einem Einlenken in der Geiselfrage zu bewegen, wurden über die Planungsphase hinaus nicht weiterverfolgt. Seeblockaden oder Operationen gegen die Öl-Raffinerien von Abadan bargen das Risiko einer Eskalation, die etwa im Falle eines Spionage-Schauprozesses das Leben der Geiseln unmittelbar gefährdet hätte.
Auf dem Wege der Vermittlung unter Einbeziehung ausländischer Kontakte ließen sich jedoch zunächst keine erfolgversprechenden Kanäle nach Teheran aufbauen. Dennoch konnte PLO-Führer Yassir Arafat zumindest die Freilassung der weiblichen Gefangenen wie auch der afroamerikanischen Mitglieder des Botschaftsstabes durchsetzen. Mit diesem Schritt meinten sich die Studenten mit anderen, von der USA-Politik diskriminierten Gruppen solidarisieren und so in Teilen der Weltöffentlichkeit Verständnis für ihre Aktion schaffen zu können. Die Versuche von US-Seite, indirekte Verhandlungen einzuleiten, scheiterten nicht zuletzt an der mangelhaften Informationslage über die machtpolitische Situation im revolutionären Iran. Diese hatte unter anderem zur Folge, dass potentielle Vermittler bzw. USA-freundliche Elemente im iranischen Establishment nur durch die Hilfe anderer westlicher Staaten und Mittelsmänner - unter ihnen der damalige Botschafter der BRD im Iran, Gerhard Ritzel, - kontaktiert werden konnten.
In Anbetracht der Sackgasse, in der sich die Verhandlungen befanden, wurde ein Befreiungsplan (Operation Eagle Claw) ausgearbeitet, der den Einsatz von Special Forces vorsah, welche, abgesetzt in der Wüste Dasht-e Kawir, nach Teheran vordringen und die Geiseln befreien sollten. Die erste Boots-on-the-Ground-Operation im Nahen Osten geriet am 25. April 1980 zum Desaster für die USA. Acht amerikanische Soldaten starben und zwölf wurden verletzt als die bereits angelaufene Operation wegen eines Sandsturms abgebrochen wurde und zwei Hubschrauber kollidierten. Die folgende Zurschaustellung der toten Soldaten sowie der geborgenen Ausrüstung vor laufenden Kameras am Platz vor der US-Botschaft in Teheran machte die Demütigung vollkommen. Die amerikanische Öffentlichkeit wie auch die europäischen Vermittlungspartner, mit Ausnahme Großbritanniens, erfuhren so erst durch die Medien vom gescheiterten US-Befreiungsplan. Als Folge der gescheiterten Operation, die mitunter als göttlicher Eingriff zur Unterstützung der Revolution interpretiert wurde, verschärfte man die Haftbedingungen der Geiseln. In der Folge kam es zu nächtlichen Scheinexekutionen und öffentlichen Vorführungen der nunmehr über das ganze Land verteilten Gefangenen.
Die amerikanische Bevölkerung, der das Massensterben in Vietnam live durch das Fernsehen ins Wohnzimmer getragen wurde, hatte zunächst verstört auf die Gefangennahme von Teheran reagiert und angesichts der Wirkungslosigkeit der US-Sanktionen waren die Rufe nach einer härteren Gangart schnell lauter geworden. Der Umgang mit dem Tod von Landsleuten im Ausland wurde in den Welt- und dann in den Stellvertreterkriegen gegen die Sowjetunion zur traurigen Begleiterscheinung des US-Engagements in der Welt - die Solidarität mit gefallenen Soldaten, Missing-in-Action's und Prisoner-of-War's zum kollektiv durchlittenen Trauma. Das ungewisse Schicksal gefangengenommener Diplomaten hingegen stellte die kriegserfahrene Nation vor eine neue Herausforderung. Die Antwort darauf kam aus dem Radio: Tony Orlandos Bürgerkriegssaga Tie a Yellow Ribbon Round the Old Oak Tree wurde in den Monaten der Geiselnahme zum Standardtitel der US-Radiosender. Nur knapp zwei Wochen später folgte den Ereignissen von Teheran der Angriff auf die US-Vertretung in Islamabad durch islamistische Studentengruppen, die das Militärregime von Zia ul-Haq scheinbar ungehindert gewähren ließ. Diese Aktion sollte den USA, welche zunehmend versuchten den Kampf der Mujahidin gegen die Sowjettruppen in Afghanistan in ihrem Sinne zu lenken, ihre Abhängigkeit von Pakistan in diesem verdeckten Stellvertreterkrieg deutlich machen. In diesen Monaten wurde die gelbe Schleife zum Symbol des amerikanischen Patriotismus und sollte später unter dem Aufruf Support our Troops! die US-Truppen im Irak und in Afghanistan begleiten.
Für Jimmy Carter, der schon zu Beginn der revolutionären Unruhen zum Feindbild der protestierenden Menschenmengen avanciert war, brachte die gescheiterte Befreiungsaktion und das Stocken der Verhandlungen die Wahlniederlage im November 1980. Entsprechend hoch waren die iranischen Erwartungen an den neuen Präsidenten Ronald Reagan, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Invasion irakischer Truppen zwei Monate zuvor und die seit Ende 1979 aufgestockte sowjetische Militärpräsenz im Nachbarland Afghanistan, die deutlich machten, wie sehr der Iran auf den Beistand der USA angewiesen war. Reagan schockte die Iraner jedoch, als er die Position der zukünftigen Regierung deutlich machte, in der Geiselfrage nicht mit „Barbaren“ zu verhandeln. Beleidigend wirkte Reagans Statement auf jene kritischen Schichten im iranischen Establishment, die auf die Verletzung der diplomatischen Immunität und das Versagen ihres Landes beim Schutz ausländischer Staatsbürger und Einrichtungen mit Entrüstung und Scham reagiert hatten.
Bereits im September hatte der Botschafter der BRD im Iran Ritzel die Amerikaner über die Verhandlungsbereitschaft der iranischen Führung unterrichtet, woraufhin erste Treffen zwischen US-Unterhändler Warren Christopher und dem iranischen Emissär Sadegh Tabatabai folgten. Zuvor waren durch den Tod des Shahs am 27. Juli und den teilweisen Rücktransfer seines Vermögens an den Iran zwei wesentliche Forderungen der iranischen Seite entkräftet bzw. erfüllt worden. Jedoch erst in den letzten Stunden von Carters Amtszeit konnte der finale Durchbruch erzielt werden. Das am 19. Januar 1981 unterzeichnete Abkommen von Algier, welches jedoch auf das von Iran eingeforderte amerikanische Eingeständnis illegaler Operationen und Spionagetätigkeiten im Iran verzichtete, machte schließlich den Weg für die Rückführung der Geiseln in die USA frei.
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