Das Sultanat Oman galt lange als eines der ruhigsten und stabilsten Länder im Mittleren Osten. Noch Ende vergangenen Jahres wurde das 40-jährige Thronjubiläum des Herrschers Sultan Qabus begangen. Es gab eine Woche Sonderurlaub, Extragehälter, Tanz und Gesang. Die Omanis verehren den Monarchen wie einen Halbgott.
Doch vor zwei Wochen erreichte die Welle der Revolten auch den Oman. Über die Krawalle und das veränderte Leben in der Industriestadt Sohar berichtet anonym ein dort lebender Deutscher.
Der Herkunftsort von Sindbad und das wichtigste Industriezentrum des Landes (125.000 Einwohner) ist ein verschlafenes Nest, selbst nach omanischen Maßstäben. Zum Höhepunkt meiner Woche gehörten bisher das Sushi-Buffet im Crowne Plaza Hotel und gemeinsames Fußballschauen bei Schischa und Schwarztee an der Hauptstraße. Das war vor Samstag, dem 26. Februar.
Als ich am Freitag von einem Kurztrip aus Dubai nach „Slow-har“ zurückkomme, freue ich mich noch auf die Ruhe der Stadt, wie ich zu diesem Zeitpunkt noch denke. Samstagmittag klingelt mein Handy: ein deutscher Freund berichtet von einer Demonstration am Weltkugel-Kreisverkehr, der nur einige hundert Meter von unserem Wohnkomplex entfernt ist. Für die Rückfahrt vom Hafen, die sonst nicht mehr als 20 Minuten dauert, benötige ich an diesem Abend über eineinhalb Stunden. Der Verkehrsknotenpunkt ist von Protestierenden blockiert.
Schließlich doch Zuhause angekommen, streife ich mir eine Disch-dasha über und gehe so halbwegs inkognito zum Kreisverkehr. Wo sonst bloß eine kleine Gruppe von Taxifahrern im Schatten der Bäume auf Kundschaft wartet, tobt nun eine gewaltige Demonstration. Rund eintausend Omanis marodieren über den Platz. Straßenschilder sind abgerissen, die Scheiben des großen Supermarkts bereits eingeschlagen, brennende Reifen verbreiten beißenden, schwarzen Rauch. In der Nacht eskaliert die Lage weiter. Die Demonstration wird gewaltsam aufgelöst und die Protestierenden versuchen das Polizeirevier zu stürmen. Wieder steigt Rauch auf, die Wache brennt. 45 Menschen werden festgenommen, zwei sterben. Ausnahmezustand in Sohar.
Nicht nur die Polizeistation geht in Flammen auf, auch der Amtssitz des Bürgermeisters („Wali“), eine Zweigstelle des Arbeitsministeriums, ein Liquor Store und sogar das Krankenhaus (!) werden angegriffen. Während der Hypermarket am großen Kreisverkehr brennt, plündern erst Männer und dann auch verschleierte Frauen die Regale, schleppen DVD-Spieler, Cola-Paletten, Reis-Säcken, sogar Toilettenpapier und Babywindeln heraus. Die Straßen sind blockiert, verängstigte Ausländer haben ihre Autos offen stehen gelassen. Gestohlene Tanklaster stehen quer auf der Hauptstraße, die im Norden in die Vereinigten Arabischen Emirate und im Süden nach Muskat führt.
Die Polizei kapituliert, Militäreinheiten rücken an. An jedem Kreisverkehr stehen nun Radpanzer und Geländewagen mit Maschinengewehren. Der Hafen von Sohar, industrielle Herzkammer des Landes und Hauptarbeitsort der Expats, wird bewacht wie eine Festung. Einige Kilometer vom Stadtkern entfernt steht zum Eingreifen bereit ein Armeeregiment in der Wüste. Hubschrauber überfliegen die Stadt.
Elf Tage später hat sich die Lage auf der Straße beruhigt. Aber der Protest ist nicht vorbei. Die Bewohner Sohars haben Bürgerwehren aufgestellt, um weitere Plünderungen und Brandschatzungen zu verhindern. Während die Stadtbewohner den Protesten größtenteils mit staunendem Entsetzen begegnet sind, wollen sie nun weitere Zerstörungen durch junge, zornige Männer aus anderen Städten und Dörfern verhindern. Die Protestierenden am Kreisverkehr hatte auch ich nie zuvor in der Stadt gesehen.
Das Militär kontrolliert die Zufahrtsstraßen. Die eilig ernannten Vertreter der Revolte stellen absurde Maximalforderungen: Unter anderem wollen sie einen Mindestlohn von umgerechnet 1000 Euro (wobei dieser erst Ende Februar von umgerechnet 250 auf 400 Euro erhöht wurde) und die Tilgung aller Bankschulden der Einheimischen. Immer wieder stellen wir fest, dass sich der Protest auch gegen Ausländer richtet: Die Expats und die Begüterten aus der Hauptstadt Muskat hätten den Armen die Jobs weggenommen und den Besitz unter sich aufgeteilt. Weil die Demonstranten weiterhin wichtige Straßen und die Hafenzufahrt kontrollieren, müssen wir oft Wegzoll bezahlen. Nur noch gemeinsam mit mehreren Kollegen in einem möglichst unscheinbaren Wagen mit Privatnummernschild wagen wir uns auf die Straßen. Sicher ist sicher.
Der Sultan reagiert mit Unsicherheit und Anbiederung: kurzfristig werden 50.000 Arbeitsplätze in der Zivilverwaltung nur für Omanis geschaffen, ein Beraterrat wird eingesetzt und es gibt erstmals eine Arbeitslosenhilfe in Höhe von umgerechnet 300 Euro. Doch rührt das an den Ursachen der Proteste? Der Kern des Problems scheinen mir nicht Finanzen und Arbeitslosigkeit zu sein, sondern mangelhafte Bildung bei gleichzeitigem Boom. Die wirtschaftliche Entwicklung gründet auf progressiven Entscheidungen des Sultans (etwa Ausbau der Infrastruktur und Tourismus), wurde und wird aber zu größten Teilen von Ausländern bewerkstelligt. Englischsprachige Europäer, Nordamerikaner, Australier oder Südafrikaner bauen in Joint Ventures die Anlagen zum Öl- und Gasexport auf. Neben einer halben Million Indern stellen insbesondere Pakistanis, Bangladeschis und Philippinos die Arbeitskräfte für den Dienstleistungsbereich (Verkäufer, Schneider, Frisöre, Reinigungskräfte, Haushaltspersonal). Das eine wollen, das andere können die Omanis nicht machen. Sie sind gefangen zwischen unzureichender Bildung und übertriebenem Eigenanspruch.
Die politische Klasse wird bei aller internen Korruption auch vom Sultan verhätschelt. Am Nationalfeiertag soll jeder Minister umgerechnet 200.000 Euro und eine Bentley-Limousine bekommen haben. Bei einigen Männern gilt der besonders private Kontakt zum Machthaber als Grund für die Beschäftigung als politische Berater. Über die Frauenlosigkeit von Sultan Quabus gibt es seit Jahren Gerüchte, über die aber unter Omanis selbst in vertraulichen Hintergrundgesprächen nicht gesprochen wird.
Der Protest ist am Ende wohl auch ein Versuch, auf den Zug der Revolution aufzuspringen, strukturelle und vor allem finanzielle Verbesserungen zu erreichen – aber ohne den Herrscher selbst in Frage zu stellen. Einige unserer Mitarbeiter haben gekündigt. Sie wollen jetzt Arbeitslosenhilfe beantragen und dann auch demonstrieren.
In einem Zeitungsinterview hat der niederländische Chef der hiesigen Aluminiumfabrik gerade gesagt: „Omanis sind mitunter wie verzogene Kinder.“
Doch vor zwei Wochen erreichte die Welle der Revolten auch den Oman. Über die Krawalle und das veränderte Leben in der Industriestadt Sohar berichtet anonym ein dort lebender Deutscher.
Der Herkunftsort von Sindbad und das wichtigste Industriezentrum des Landes (125.000 Einwohner) ist ein verschlafenes Nest, selbst nach omanischen Maßstäben. Zum Höhepunkt meiner Woche gehörten bisher das Sushi-Buffet im Crowne Plaza Hotel und gemeinsames Fußballschauen bei Schischa und Schwarztee an der Hauptstraße. Das war vor Samstag, dem 26. Februar.
Als ich am Freitag von einem Kurztrip aus Dubai nach „Slow-har“ zurückkomme, freue ich mich noch auf die Ruhe der Stadt, wie ich zu diesem Zeitpunkt noch denke. Samstagmittag klingelt mein Handy: ein deutscher Freund berichtet von einer Demonstration am Weltkugel-Kreisverkehr, der nur einige hundert Meter von unserem Wohnkomplex entfernt ist. Für die Rückfahrt vom Hafen, die sonst nicht mehr als 20 Minuten dauert, benötige ich an diesem Abend über eineinhalb Stunden. Der Verkehrsknotenpunkt ist von Protestierenden blockiert.
Schließlich doch Zuhause angekommen, streife ich mir eine Disch-dasha über und gehe so halbwegs inkognito zum Kreisverkehr. Wo sonst bloß eine kleine Gruppe von Taxifahrern im Schatten der Bäume auf Kundschaft wartet, tobt nun eine gewaltige Demonstration. Rund eintausend Omanis marodieren über den Platz. Straßenschilder sind abgerissen, die Scheiben des großen Supermarkts bereits eingeschlagen, brennende Reifen verbreiten beißenden, schwarzen Rauch. In der Nacht eskaliert die Lage weiter. Die Demonstration wird gewaltsam aufgelöst und die Protestierenden versuchen das Polizeirevier zu stürmen. Wieder steigt Rauch auf, die Wache brennt. 45 Menschen werden festgenommen, zwei sterben. Ausnahmezustand in Sohar.
Rauch über Sohar, der wichtigsten Industriestadt im Oman |
Die Polizei kapituliert, Militäreinheiten rücken an. An jedem Kreisverkehr stehen nun Radpanzer und Geländewagen mit Maschinengewehren. Der Hafen von Sohar, industrielle Herzkammer des Landes und Hauptarbeitsort der Expats, wird bewacht wie eine Festung. Einige Kilometer vom Stadtkern entfernt steht zum Eingreifen bereit ein Armeeregiment in der Wüste. Hubschrauber überfliegen die Stadt.
Elf Tage später hat sich die Lage auf der Straße beruhigt. Aber der Protest ist nicht vorbei. Die Bewohner Sohars haben Bürgerwehren aufgestellt, um weitere Plünderungen und Brandschatzungen zu verhindern. Während die Stadtbewohner den Protesten größtenteils mit staunendem Entsetzen begegnet sind, wollen sie nun weitere Zerstörungen durch junge, zornige Männer aus anderen Städten und Dörfern verhindern. Die Protestierenden am Kreisverkehr hatte auch ich nie zuvor in der Stadt gesehen.
Das Militär kontrolliert die Zufahrtsstraßen. Die eilig ernannten Vertreter der Revolte stellen absurde Maximalforderungen: Unter anderem wollen sie einen Mindestlohn von umgerechnet 1000 Euro (wobei dieser erst Ende Februar von umgerechnet 250 auf 400 Euro erhöht wurde) und die Tilgung aller Bankschulden der Einheimischen. Immer wieder stellen wir fest, dass sich der Protest auch gegen Ausländer richtet: Die Expats und die Begüterten aus der Hauptstadt Muskat hätten den Armen die Jobs weggenommen und den Besitz unter sich aufgeteilt. Weil die Demonstranten weiterhin wichtige Straßen und die Hafenzufahrt kontrollieren, müssen wir oft Wegzoll bezahlen. Nur noch gemeinsam mit mehreren Kollegen in einem möglichst unscheinbaren Wagen mit Privatnummernschild wagen wir uns auf die Straßen. Sicher ist sicher.
Der Sultan reagiert mit Unsicherheit und Anbiederung: kurzfristig werden 50.000 Arbeitsplätze in der Zivilverwaltung nur für Omanis geschaffen, ein Beraterrat wird eingesetzt und es gibt erstmals eine Arbeitslosenhilfe in Höhe von umgerechnet 300 Euro. Doch rührt das an den Ursachen der Proteste? Der Kern des Problems scheinen mir nicht Finanzen und Arbeitslosigkeit zu sein, sondern mangelhafte Bildung bei gleichzeitigem Boom. Die wirtschaftliche Entwicklung gründet auf progressiven Entscheidungen des Sultans (etwa Ausbau der Infrastruktur und Tourismus), wurde und wird aber zu größten Teilen von Ausländern bewerkstelligt. Englischsprachige Europäer, Nordamerikaner, Australier oder Südafrikaner bauen in Joint Ventures die Anlagen zum Öl- und Gasexport auf. Neben einer halben Million Indern stellen insbesondere Pakistanis, Bangladeschis und Philippinos die Arbeitskräfte für den Dienstleistungsbereich (Verkäufer, Schneider, Frisöre, Reinigungskräfte, Haushaltspersonal). Das eine wollen, das andere können die Omanis nicht machen. Sie sind gefangen zwischen unzureichender Bildung und übertriebenem Eigenanspruch.
Die politische Klasse wird bei aller internen Korruption auch vom Sultan verhätschelt. Am Nationalfeiertag soll jeder Minister umgerechnet 200.000 Euro und eine Bentley-Limousine bekommen haben. Bei einigen Männern gilt der besonders private Kontakt zum Machthaber als Grund für die Beschäftigung als politische Berater. Über die Frauenlosigkeit von Sultan Quabus gibt es seit Jahren Gerüchte, über die aber unter Omanis selbst in vertraulichen Hintergrundgesprächen nicht gesprochen wird.
Der Protest ist am Ende wohl auch ein Versuch, auf den Zug der Revolution aufzuspringen, strukturelle und vor allem finanzielle Verbesserungen zu erreichen – aber ohne den Herrscher selbst in Frage zu stellen. Einige unserer Mitarbeiter haben gekündigt. Sie wollen jetzt Arbeitslosenhilfe beantragen und dann auch demonstrieren.
In einem Zeitungsinterview hat der niederländische Chef der hiesigen Aluminiumfabrik gerade gesagt: „Omanis sind mitunter wie verzogene Kinder.“
4 Kommentare:
Danke für diesen sehr interessanten Beitrag! Finde es gut, daß ein Deutscher "vor Ort" mal berichtet!
Bin für neue Info's offen. Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir über aktuelle Entwicklungen.
floda2005@msn.com
...na – endlich mal eine authentisch wirkende Schilderung mit interessanten Details. Aus privaten Gründen interessiere ich mich sehr für die aktuellen Geschehnisse in Oman, allerdings ist in der deutschen Print-Presse so gut wie nichts zum Thema zu finden.
Ergo blieb mir nichts anderes übrig, als mich (ziemlich lange...) durchs www zu klicken.
Das Ergebnis gesammelter Erkenntnisse aus Google & Co war heiter bis mäßig, bisweilen allerdings auch hochinteressant.
Natürlich geht’s am arabischen Wendekreis des Krebses ums Öl – beziehungsweise, um die Teilhabe dieser sprudelnden Einnahmequelle. Oder deren Schieflage, die sich in Zeiten steigender Lebensmittelpreise gerade am unteren Rand der Bevölkerung drastisch bemerkbar macht. Und dann sind Revolten eben extrem ansteckend. Nichts Neues also.
Bislang dachte ich, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, dass so was in Oman passieren könnte. Alle sind happy und haben genug Asche in der Tasche. Keiner stellt Fragen, man bezahlt halt ab und zu ein bissl Schmiergeld. Toll. Und alle lieben den König. Mein Eindruck: Irgendwie sehr harmonisch. Ungefähr wie ein modernes 1000-und-eine-Nacht. „Klappt doch“ plus eine Prise Folklore, und über allem wacht eine Art gutmütiger wie weiser Papa Schlumpf – obwohl sich mir spontan die Nackenhaare aufstellen, wenn sich jemand in der dritten Person ansprechen lässt. Trotzdem begann ich ernsthaft, mich für einen Tauchurlaub in Oman zu interessieren...
Nachdem ich mir die Mühe gemacht hatte, die Infos des www sorgfältig zu betrachten, ergab sich (trotz sehr vorsichtiger Bewertung) ein differenzierteres Bild. Sehr seltsam fand ich zunächst Meldungen vom 27.02. (z. B.: http://www.rp-online.de/politik/ausland/Nahost-Proteste-weiten-sich-aus_aid_969937.html), wonach der Sultan 200 seiner „politischen Gefangenen“ freigelassen habe. Ooops. Wo kamen die denn her? Vielleicht von den regelmäßigen Säuberungen, die HM seit längerem klammheimlich durchführen lässt – von (in Jordanien) trainierten Spezial-Kommandos. Aber so was wird (nicht nur) von den Europäern gern übersehen. Schließlich gilt Oman hier allgemein als „Hort der Stabilität“. Und in diesem Hort der Stabilität gehen jährlich rund 40.000 (einheimische) Hochschul-Absolventen ab, von denen so gut wie keiner eine adäquate Anstellung findet. Wenn man mal vom staatlich subventionierten Nix-Tun in einer der Schmiergeld-Behörden absieht: Da wächst schon lange ein riesiges Frust-Potenzial, sowohl quanti- als auch qualitativ. Und so wie's aussieht, kommt da noch ein wesentlicher Faktor hinzu. Nach eigenen (staatlichen) Angaben, fährt Oman seine Ölförderung bis 2020 auf 15 Prozent der heutigen Menge (760.000 Barrel) zurück. Die Ressourcen gehen zu Neige, die Party ist vorbei: Minus 85 Prozent der Haupteinnahmequelle des Landes in acht Jahren? Dann ist es natürlich auch kein Wunder, dass sich Jeder-der-nur-irgendwie-kann heute sämtliche Taschen vollstopft. Und das im Dunstkreis einer homophilen Günstlings-Wirtschaft (siehe letzter Absatz von: http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/udo-ulfkotte/gefaehrliche-fussballer-warum-diktatoren-jetzt-das-fussballspiel-verbieten.html) – deren feudaler Alleinherrscher sich ein Privatvermögen von über 50 Milliarden Dollar leistet, Luxusyachten sammelt und bei schlechter Laune das eigene Synphonie-Orchester aufspielen lässt. Sehr bizarr, vorsichtig formuliert... – sorry, Monarchie hin, Folklore her: Das ist Raub. Ganz simpel und einfach.
Angesichts dieser Sachlage muss man feststellen: Oman geht es heute gut, das Land hat sich offensichtlich prächtig entwickelt – nicht wegen, sondern trotz des Sultans und der Günstlingswirtschaft. Aber wundern tut mich nun nichts mehr. Vor allem nicht Omanis, die auf die Straße gehen und langsam ziemlich sauer sind. Ach ja, ich vergaß – Demonstrationen und Opposition sind ja verboten...
..na – endlich mal eine authentisch wirkende Schilderung mit interessanten Details. Aus privaten Gründen interessiere ich mich sehr für die aktuellen Geschehnisse in Oman, allerdings ist aus der heimischen Presse so gut wie nichts zum Thema zu finden. Ergo blieb mir nichts anderes übrig, als mich (ziemlich lange...) durchs www zu klicken.
Das Ergebnis gesammelter Erkenntnisse aus Google & Co war heiter bis mäßig, bisweilen allerdings auch hochinteressant.
Natürlich geht’s am arabischen „Wendekreis des Krebses“ ums Öl – beziehungsweise, um die Teilhabe dieser sprudelnden Einnahmequellen. Oder deren Schieflage, die sich in Zeiten steigender Lebensmittelpreise gerade am unteren Rand der Bevölkerung drastisch bemerkbar macht. Und dann sind Revolten eben extrem ansteckend. Nichts Neues also.
Bislang dachte ich, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, dass so was in Oman passieren könnte: Alle sind happy und haben genug Asche in der Tasche. Keiner stellt Fragen, man bezahlt halt ab und zu ein bissl Schmiergeld. Toll. Und alle lieben den König. Mein Eindruck: Irgendwie sehr harmonisch. Ungefähr wie ein modernes 1000-und-eine-Nacht. „Klappt doch“ plus eine Prise Folklore, und über allem wacht eine Art gutmütiger wie weiser Papa Schlumpf – Trotzdem begann ich ernsthaft, mich für einen Tauchurlaub in Oman zu interessieren...
Nachdem ich mir die Mühe gemacht hatte, die Infos des www sorgfältig zu betrachten, ergab sich trotz sehr vorsichtiger Bewertung ein differenzierteres Bild. Sehr seltsam fand ich zunächst Meldungen vom 25. bis 27.02. (z. B.: http://www.rp-online.de/politik/ausland/Nahost-Proteste-weiten-sich-aus_aid_969937.html), wonach der Sultan 200 „seiner (!) politischen Gefangenen“ freigelassen habe. Ooops. Wo kamen die denn her? Vielleicht von den regelmäßigen Säuberungen, die HM seit längerem klammheimlich durchführen lässt – von (in Jordanien) trainierten Spezial-Kommandos. Aber so was wird (nicht nur) von den Europäern gern übersehen. Schließlich gilt Oman hier allgemein als „Hort der Stabilität“. Und in genau diesem gehen jährlich rund 40.000 (einheimische) Hochschul-Absolventen ab, von denen so gut wie keiner eine adäquate Anstellung findet. Wenn man mal vom staatlich subventionierten Nix-Tun in einer der Schmiergeld-Behörden absieht: Da wächst schon lange ein riesiges Frust-Potenzial, sowohl quanti- als auch qualitativ...
(Ende erster Teil – der zweite folgt sogleich...)
(hier kommt der zweite Teil...;-)
...und so wie's aussieht, kommt da noch ein wesentlicher Faktor noch hinzu. Nach eigenen (staatlichen) Angaben, fährt Oman seine Ölförderung bis 2020 auf 15 Prozent der heutigen Menge (760.000 Barrel) zurück. Die Ressourcen gehen zu Neige, die Party ist vorbei: Minus 85 Prozent der Haupteinnahmequelle des Landes in acht Jahren? Dann ist es natürlich auch kein Wunder, dass sich Jeder-der-nur-irgendwie-kann heute sämtliche Taschen vollstopft. Und das im Dunstkreis einer homophilen Günstlings-Wirtschaft (siehe letzter Absatz von: http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/udo-ulfkotte/gefaehrliche-fussballer-warum-diktatoren-jetzt-das-fussballspiel-verbieten.html) – deren feudaler Alleinherrscher sich ein Privatvermögen von weit über 40 Milliarden Dollar leistet, nebenbei allerlei Luxusyachten sammelt und bei „depressiver“ Laune das eigene Synphonie-Orchester aufspielen lässt – sorry, Monarchie hin, regionale Folklore her: Das ist vorsätzlicher Raub. Am Volk. Im Amt auch noch. Ganz simpel und einfach.
Angesichts dieser Sachlage muss man feststellen: Oman geht es heute relativ gut, das Land hat sich offensichtlich prächtig entwickelt – nicht wegen, sondern trotz des Sultans und seiner schwul dominierten Günstlingswirtschaft. Aber wundern tut mich nun gar nichts mehr. Vor allem nicht Omanis, die auf die Straße gehen und langsam ziemlich sauer sind. Ach ja, ich vergaß – Demonstrationen und Opposition sind ja verboten...
Wer mich kennt, weiß, dass ich mir nichts inständiger wünsche, dass den „Expats“ vor Ort kein Unheil drohen möge. Ich mache mir dennoch (hoffentlich unbegründete) Sorgen.
Bis das geklärt ist, schlafe ich schlecht, tippe spätetestens alle zwo Stunden den „Aktualisieren“-Button aller verfügbaren Internet-Seiten zum Thema „Oman“ an – und hoffe das Beste. Hört sich billig an, aber mehr kann ich (hier & jetzt) einfach nicht tun: Es ist, gelinde gesagt, zum Verzweifeln.
Hoffen wir das Beste,
freundliche Grüße,
MadMax aus Bonn
Kommentar veröffentlichen