Dienstag, 28. Februar 2006

Saudi Arabien bleibt wichtiges Operationsgebiet von Al-Qaeda

Der in der vergangenen Woche vereitelte Bombenanschlag auf die größte Erdölraffinerie des Landes und eine Schießerei in der Hauptstadt Raid, bei der 5 mutmaßliche Terroristen von Polizeieinheiten getötet wurden, unterstreichen die Tatsache, dass das ölreiche Königreich ein wichitiges Operationsgebiet für Osama bin Ladens Al Qaeda-Netzwerk bleibt.
Die fehlgeschlagene Attacke auf Abqaiq, der weltweit größten Ölraffinerie, die zugleich den Großteil der saudischen Ölexporte produziert, kam als Weckruf für die saudischen Behörden für ihren Kampf gegen Al Qaeda.

Das terroristische Netzwerk startete 2003 einen gewalttätigen Feldzug im Königreich. Allerdings entgegneten die saudischen Behörden dieser Agression mit scharfem Vorgehen, indem sie Hunderte von Verdächtigen einsperren ließen und nahezu alle militanten Personen, die auf einer im Dezember 2003 angefertigten "most-wanted" Liste standen, töteten beziehungsweise hinter Gitter brachten.

Das scharfe Vorgehen hatte die militanten Al Qaeda-Kader dazu gezwungen, aus dem Königreich zu fliehen und im vergangenen Jahr war es zu keinerlei spektakulären Attacken des Netzwerks in Saudi-Arabien gekommen. Aber spätestens der Anschlag auf Abqaiq, für den Al Qaeda die Verantwortung übernommen hat, macht klar deutlich, dass der Kampf innerhalb des Königreiches zwischen dem Terror-Netzwerk und der saudischen Regierung noch lange nicht beendet ist.

Der verwegene Angriff auf Abqaiq war der erste seiner Art auf Saudi Arabiens ausgesprochen wichtige Ölinfrastruktur. Mittlerweile hat Al Qaeda mit weiteren Anschlägen auf Erdöleinrichtungen gedroht.
Der Angriff war durch Sicherheitsbeamte vereitelt worden, die auf die beiden mit Sprengstoff beladenen Fahrzeuge schossen, als diese sich der Einrichtung näherten. 2 Sicherheitsbehöreden und einige potentielle Selbstmordattentäter wurden dabei getötet.
Al Qaeda verlor überdies weitere Kämpfer, als saudische Sicherheitskräfte am Montag in Riad 5 mutmaßliche Terroristen während eines zweistündigen Schusswechsels töteten. Außerdem wurde laut der saudischen Zeitung Arab News ein weiterer mutmaßlicher Terrorist in der Hauptstadt festgenommen.

Die Untersuchung der Vorkommnisse von Abqaiq habe weitere Aufschlüsse über den Aufenthaltsort gesuchter Militanter ergeben, erläuterte der Sprecher des Innenministeriums Mansour Al Turki gegenüber Arab News. Allerdings bestätigte er auch, dass Sicherheitskräfte das Feuer auf ein Fahrzeug an einem Checkpoint eröffnet hätten, in dem man fälschlicherweise Terroristen vermutet hatte. Dabei seien 3 Asiaten auf ihrem Weg zur Arbeit getötet und weitere 3 verletzt worden.
Doch trotz des Drucks, den die saudische Regierung auf Sympathisanten des Al Qaeda-Netzwerks ausübt, bleibt Saudi-Arabien als Geburtsort bin Ladens, dessen Hauptforderung schon seit langem darin besteht, dass US-amerikanische Truppen das Königreich, auf dem sich die heiligsten Stätten des Islam befinden, verlassen müssen, ein fundamentales Schlachtfeld für das Netzwerk.


“We werden unsere Attacken nicht einstellen bis unsere Gebiete befreit sind" ließ Al Qaeda auf einer Web-Site nach dem Angriff am Freitag verlauten.

Die saudischen Behörden haben eine beträchtliche Anzahl Militanter einer neuen Liste, auf der sich 36 mutmaßliche Terroristen befinden, getötet beziehungsweise verhaftet. Allerdings geht aus einem Bericht des Innenministeriums nicht hervor, ob die 5 in Riad getöteten Militanten dieser Liste angehörten.

Mit Attacken auf Ölraffinerien in Saudi-Arabien schlägt Al Qaeda 2 Fliegen mit einer Klappe. Mit dieser Strategie trifft das Netzwerk seine beiden erklärten Hauptfeinde. Einerseits Saudi Arabien, dessen Wirtschaft fast ausschließlich durch Ölrenten überlebt und andereseits die westliche Welt, die von Ölimporten aus Saudi Arabien abhängt. So stiegen dementsprechend die Ölpreise um 2 Dollar pro Barrel, nachdem die Nachricht von dem Anschlag die westliche Welt erreicht hatte.
Saudi Arabien besitzt ca. 1/4 aller weltweiten Ölreserven und ist der größte Ölproduzent und Ölexporteur.

Israel: Vereinigte Arabische Liste darf bei Parlamentswahlen antreten

Das Parteienbündnis "Ra'am-Ta'al", auch bekannt als Vereinigte Arabische Liste, darf bei den israelischen Parlamentswahlen am 28.März antreten. Einen vom Likud und weiteren dem rechten Spektrum zuzuordnenden Parteien eingebrachter Antrag, das Bündnis von den Wahlen auszuschließen, wurde vom Wahlkommittee mit knapper Mehrheit von 18 zu 16 Stimmen abgelehnt. Vor der Versammlung des Kommittees hatte der Knesset-Abgeordnete der VAL Ahmed Tibi heute Morgen erklärt, gemeinsam mit Parteichef Sheikh Ibrahim Zarzur in der kommenden Woche Gespräche mit dem designierten palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Haniya führen zu wollen.

Nach Ansicht der Antragssteller unterstütze Raam-Taal die Hamas und fordere die Zerstörung des Staates Israel. Bei der heutigen Anhörung bestritt Zarzur das Bestreben seiner Partei, einen islamischen Staat in Israel errichten wolle, erneuerte aber seine Forderungen nach einem israelischen Rückzug aus den besetzten Gebieten und der Gründung eines palästinensischen Staates Seite an Seite mit Israel. Ahmad Tibi, der auf Listenplatz 2 kandidiert, erklärte, es sei ein "logischer Fehler" Israel gleichzeitig sowohl als demokratischen als auch als jüdischen Staat zu definieren. Ein demokratischer Staat gewähre all seinen Bürgern die gleichen Rechte, ein jüdischer Staat diskriminiere Menschen jedoch wegen ihrer ethnischen Herkunft. Tibi fügte hinzu: "Man darf nicht das gesamte Wahlsystem und das Recht der Araber auf politische Repräsentation beschädigen, indem man zu Verboten aufruft."
Der Antrag auf ein Verbot des Parteienbündnisses fußte im Wesentlichen auf Äußerungen Ibrahim Zarzurs während einer Pressekonferenz in Nazareth vor 14 Tagen. Diese wurden von mehreren israelischen Zeitungen, unter andrem der Yediot Achronot, falsch wiedergegeben, erklärte heute Marwan Dalal, Anwalt von "Ra`am-Ta`al".: "Entgegen dem was von israelischen Medien berichtet wurde, tritt Zarzur nicht für die Errichtung eines islamischen Staates oder einer alternativen Regierungsform ein. Die Ungenauigkeit der Medienberichte ist nicht überraschend und leider üblich unter Journalisten in Israel."

Auch Generalstaatsanwalt Meni Mazuz hatte zuvor einen Ausschluss der Liste von den Wahlen abgelehnt, da, so seine Vertreterin Dana Briksman, "keine ausreichenden Beweise für einen Ausschluss der Partei oder ihrer Kandidaten präsentiert wurden."
In der bunten israelischen Parteienlandschaft spielt die Raam-Liste, ein sich rasch wandelnder Zusammenschluss von Klein- und Kleinstparteien keine große Rolle. Ihre Anhängerschaft besteht hauptsächlich aus arabischen Beduinen. Bei den Parlamentswahlen 2003 errang das Bündnis nur zwei Sitze in der Knesset.

Montag, 27. Februar 2006

Sudan: Staatschef Umar al-Bashir wittert Verschwörung und droht UN-Truppen mit Vernichtung

Sudans Präsident Umar al-Bashir hat gestern erklärt, Darfur werde zu einem "Friedhof" für jedes ausländische Militärkontingent, das die Provinz gegen den Willen seiner Regierung betreten wolle.
Wörtlich erklärte er gegenüber Journalisten: "Wir lehen jede ausländische Intervention im Sudan ab und Darfur wird zu einem Friedhof für sämtliche ausländische Truppen, die die Region betreten."
Diese Äußerungen trifft Omar al-Baschir inmitten der jüngsten Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, eine UN-Friedenstruppe in die vom Bürgerkrieg geplagte Provinz Darfur zu entsenden. Die Blauhelme sollen Soldaten der Afrikanischen Union ersetzen, die nicht fähig waren dem Blutvergießen und der Vertreibungen der Darfuris ein Ende zu bereiten.
Weiter beschuldigte der 1989 durch einen Militärputsch an die Macht gelangte Diktator die USA und ihre Verbündeten, an einer Verschwörung zu stricken um die Bodenschätze Sudans zu plündern. Darfur diene ihnen als Brückenkopf um ihre Interessen zu verwirklichen.
Die Vereinigten Staaten, die gegenwärtig die Präsidentschaft des UN-Sicherheitsrates innehalten, wollten ursprünglich noch in diesem Monat eine Resolution vorlegen, die die UN mit einem Friedenssicherungsmandat für Darfur ausstattet. Auch wenn diese Termin nicht zu halten gewesen sei, arbeite man weiter an einer Lösung, so US-Diplomaten gegenüber Reuters. Die Übergabe des Mandats an die Vereinten Nationan ist auch Thema auf einem Treffen des "Friedens- und Sicherheitsrates" der Afrikanischen Union am Freitag in Addis Abeba.
Auch die Friedensmission der AU wurde von al-Bashir stets abgelehnt. Gestern erklärte er: "Die Truppen der Afrikanischen Union können das Land verlassen, wenn sie glauben ihre Pflichten nicht erfüllt zu haben."
Der Krieg in Darfur war im Februar 2003 ausgebrochen, nachdem sich Rebellen der "Sudanesischen Befreiungsbeweung" (SLM) und der "Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit" (JEM) gegen die Zentralregierung in Khartoum aufgelehnt hatten. Dieser Aufstand wurde niedergeschlagen und diente als Vorwand für Massaker, Vertreibungen und ethnische Säuberungen durch die sudanesische Armee und die mit ihr verbündeten Janjaweed-Milizen. Dieser Völkermord hat bislang mehr als 300000 Menschen das Leben gekostet, weitere 2,5 Millionen wurden vertrieben.
Ungeachtet dieser Zahlen findet Baschirs Ablehnung einer internationalen Friedesmission auch bei Oppositionsparteien Zustimmung. "Wir lehnen jede ausländische Intervention, besonders durch die Amerikaner, ab.", erklärte gestern etwa Fatima Ahmad Ibrahim, Parlamentsabgeordnete der Kommunistischen Partei Sudans.

Sonntag, 26. Februar 2006

Iran: Regimekritischer Journalist zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt


Der Herausgeber der iranischen Tageszeitung "Etemad" ist von einem Gericht in Teheran wegen "Propaganda gegen den Staat" zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
Der 44-jährige Elias Hazrati wurde schuldig befunden, "Menschen inner- und außerhalb des Iran aufzufordern, gegen die Sicherheit, die Reputation und die Interessen der Islamischen Republik zu agieren", und "die öffentliche Meinung zu stören.", zitiert AFP aus der Urteilsbegründung.
Angeklagt wurde der Journalist auf der Grundlage von Zeitungsartikeln, die Hasrati im vergangenen Jahr in seinem Blatt veröffentlicht hatte. In zwei Beiträgen hatte der ehemalige Abgeordnete des iranischen Parlaments die Auswahlverfahren für Präsidentschafts- und Parlamentssitzkandidaten durch den Wächterrat kritisiert. Außerdem hatte Elias Hazrati in "Etemad" mehrfach gegen das Todesurteil für den Dissidenten Hashem Aghajari protestiert.
In den nächsten drei Jahren darf Hazrati keine weitere Straftat begehen, so der Urteilsspruch des Tehreraner Gerichts, andernfalls müsse er die 18-monatige Haftstrafe absitzen.
In den vergangenen Jahren hat die iranische Justiz auf Druck religiöser Hardliner, die sich ganz der islamischen Revolution von 1979 und dem Erbe Ayatollah Khomeinis verschrieben haben, mehrere regimekritische Zeitungen und Magazine schließen lassen und zahlreiche Journalisten und Schriftsteller inhaftiert, zu den Bekanntesten zählt Akbar Ganji.

Samstag, 25. Februar 2006

Italien schließt "Akte Musa al-Sadr"


Italienische Richter haben angeordnet, die Ermittlungen im Fall des 1978 verschwundenen libanesischen Schiitenführers Musa al-Sadr einzustellen.
Der 1928 im iranischen Qom (auch: Ghom) geborene Sadr gehört zu einer weitverzweigten Familie bedeutender schiitischer Theologen, die unter schiitischen Gläubigen Libanons, Iraks und Irans bis heute großen Einfluss genießt. In den 60er Jahren wurde "Imam Musa", so der Titel unter dem er Bekanntheit erlangte, zum bedeutendsten schiitischen Gelehrten der libanesischen Stadt Tyros und weiter Teile der schiitischen Gemeinde Südlibanons. 1969 wurde er erster Chef des "Rates schiitischer Gelehrter" im Libanon und fünf Jahre später gründete er die "Bewegung der Entrechteten", aus der später die noch heute aktive "Amal"-Bewegung hervorging.

1978, inmitten der Wirren des libanesischen Bürgerkriegs, reiste as-Sadr mit zwei Begleitern auf Einladung des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddhafi nach Libyen. Dort verliert sich die Spur des Klerikers. Einige Gerüchte besagen, Sadr sei im Streit von Gadhafi persönlich umgebracht worden, andere glauben, er sei noch immer in libyschen Gefängnissen eingekerkert. Die libysche Staatsführung selbtst, hat bislang jede Verantwortung abgestritten und erklärt, Sadr hätte das Land in einem Flugzeug nach Rom verlassen.
Ein Gericht in der italienischen Hauptstadt hat nun den Erkenntnissen von Staatsanwalt Franco Ionta zugestimmt, nach denen es "keinen Beweis" dafür gebe, dass Libyen am Verschwinden Moussa al-Sadrs beteiligt gewesen sei. Aufsehenerregend ist die Feststellung Iontas, dass Sadr offenbar doch in der Maschine nach Rom gesessen habe, was bis dato von italienischen Behörden stets bestritten wurde. Mehrere Passagiere haben dies in Zeugenaussagen bestätigt. Seit seiner Ankunft in Rom, mutmaßlich am 31.August 1978, scheint Sadr allerdings wie vom Erdboden verschluckt.

Die libanesische Amal, neben der Hisbollah die bedeutendste schiitische Gruppierung des Landes, hat die Untersuchungsergebnisse scharf verurteilt. "Die Untersuchung wurde in eine internationale, komödiantische politische Entscheidung verwandelt, die persönliche Interessen der Wahrheit übergeordnet hat, und die unbestreitbare Wahrheit leugnet, dass Gadhafi für das Verschwinden des Imams und seiner beiden Begleiter verantwortlich ist."
Ähnlich äußerte sich Hizbollah-Chef Hassan Nasrallah, der Italien und Libyen bezichtigte ein "falsches Spiel" zu spielen und Libyen aufforderte, Sadr unverzüglich freizulassen. "Die jüngste Erklärung des italienischen Gerichts, Imam Musa habe das Land betreten, ist eine politische Deklaration. Warum haben sie vor 26 Jahren die Einreise geleugnet und ihre Erklärungen nun geändert? Wir wissen, dass Italien von Libyen für die Untersuchungsergebnisse bezahlt wurde."

Freitag, 24. Februar 2006

Nach dem Anschlag von Samarra - Reaktionen der Nahost-Presse

Unisono verurteilen irakische Zeitungen den Anschlag auf die al-Askari-Moschee in Samarra. Viele Kommentatoren sind besorgt und fürchten eine weitere Eskalation der konfessionellen Gewalt. Zahlreiche Blätter in der arabischen Welt und auch im Iran machen indirekt die US-Truppen für den Anschlag verantwortlich.

  • "al-Mada", Irak:

Ein Angriff auf eine heilige Stätte ist eine Beleidigung für die gesamte Menschheit. Das Bombenattentat auf den Schrein ist ein Affront gegen alle Irakis. Es kann nicht isoliert betrachtet werden von den Attacken auf Arbeiter, Businsassen oder Kinder auf dem Weg zur Schule. Die Hand, die versucht Wiederaufbau, Stabilität und Entwicklung zu stoppen, ist die selbe Hand, die die ausländischen Truppen im Irak belassen will. Was sie wollen, sind Zerstörungen, Explosionen, Konfessionskriege und ethnische Gewalt um Mesopotamien in ein Schlachtfeld zu verwandeln.

  • "az-Zaman", Irak:

Das abscheuliche Verbrechen des Bombenagriffs auf den heiligen Schrein von Samarra, ist der Schlüssel, den die Übeltäter gesucht haben, die das Feuer der konfessionellen Spannungen weiter schüren wollen, nachdem die Methoden des psychischen und physischen Terrors in den vergangenen drei Jahren fehlgeschlagen sind.

  • "Baghdad", Irak:

Iraker, die vom Feuer des Terrors verbrannt wurden und von den terroristischen Verbrechen angewidert sind und die mehr als einmal Lösungen dieser Krise gefordert haben, sind heute mehr denn je gefordert Schulter-an-Schulter zu stehen.

  • "al-Gumhuriya", Ägypten:

Die Veränderung der Bedingungen im Irak von "schlecht" auf "schlechter" legt nahe, dass die fremden Hände, die die Invasion geleitet und ihre Agenten in einflussreiche Positionen gebracht haben, bereit sind, alles zu opfern um ihre Besatzung fortzusetzen.

  • "al-Quds al-Arabi", London:

Es ist ein legitimes Recht friedlich zu demonstrieren. Aber es ist ein Verbrechen, Moscheen anzugreifen und Imame und Betende zu töten wie jene im Mausoleum von Samarra. Dies zerstört jegliche Möglichkeit eines friedlichen Miteinander im Land und dient nur den Interessen der Feinde des Irak und der Muslime.

  • "al-Watan", Qatar:

Der Krieg der Moscheen im Irak wird Spaltungen vertiefen und Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten, die seit der amerikanischen Invasion aufgetreten sind, weiter anheizen. Das Land steht am Rande des Bürgerkriegs. Dies wird nur den Besatzern helfen, die mit diesem Vorwand ihre weitere Präsenz im Land rechtfertigen können.

  • "Etemaad-e Melli", Iran:

Wir müssen uns fragen, wer von diesen Explosionen, die auf einen Krieg zwischen Sunniten und Schiiten zielen, profitiert. Da die Besatzer des Irak für die Sicherheit im Land verantwortlich sind, müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden.

  • "Hamshahri", Iran:

Trotz der Verschwendung von mehreren Milliarden Dollar und der Tötung tausender Menschen haben die Besatzer im Irak nichts erreicht, während die Schiiten und das Volk siegreich sind. Also ist der einzige Weg für die Besatzer ihre Präsenz zu verlängern, indem sie Stammeskämpfe und konfessionelle Spannungen in einen Bürgerkrieg verwandeln.

Donnerstag, 23. Februar 2006

Diplomatische Verstimmungen zwischen Jordanien und Israel

In Jordanien haben Äußerungen des israelischen Generals Yair Naveh für großen Unmut gesorgt. Dieser hatte gegenüber Journalisten erklärt, Jordaniens König Abdullah II könnte der letzte haschemitische Herrscher über Israels östlichen Nachbarstaat sein.
Während eines Vortrags im Jerusalemer "Centre for Public Affairs" hatte der Chef des Zentralkommandos der israelischen Armee vor Diplomaten und Journalisten erklärt, eine "islamistische Achse" drohe das haschemitische Königreich Jordanien zu umzingeln. Zu dieser Achse gehörten Iran, "welches erklärt, Israel zerstören zu wollen", Irak, "wo niemand weiß was passieren wird" und die palästinensischen Gebiete in denen die Hamas im Januar die Parlamentswahlen gewann.
"Angesichts der Tatsache, dass Jordanien zu 80% palästinensisch ist, könnten wir - Gott bewahre - eine Situation erreichen, in der Abdullah der letzte haschemitische König ist.", so Naveh wörtlich. Mit diesen Worten wurde der General vom israelischen Armeeradio zitiert. Erst nach Ausstrahlung seiner Bemerkungen wies Naveh den Sender darauf hin, dass seine Worte nicht zum wörtlichen Zitieren gedacht gewesen sein.
Die Haschemiten herrschen in Jordanien, seitdem Abdullahs Urgroßvater, Abdullah I, im Jahre 1921 Emir des damaligen Transjordanien wurde. In der Tat leben in Jordanien zahlreiche palästinensische Flüchtlinge, die ihre Heimat im heutigen Israel oder den besetzten Gebieten verließen. Neutrale Beobachter schätzen ihren Anteil an der jordanischen Gesamtbevölkerung von etwa 5,5 Millionen auf etwa 50 bis 60 Prozent.
In Jordanien wurden Stimmen nach einem Rücktritt des Generals aus der Führung des Zentralkommandos laut. Jordaniens ständiger Vertreter in Israel, Omar al-Nadif, sagte, die Bemerkungen des Militärs könnten die Beziehungen zwischen beiden Staaten beeinträchtigen, sollten keine "angemessenen Schritte" unternommen werden.
Die israelische Regierung hat sich von den Äußerungen Yair Navehs distanziert und der General schrieb einen Entschuldigungsbrief an seinen jordanischen Amtskollegen, in dem es heißt.: "Es tut mir Leid, wenn meine Bemerkungen das jordanische Volk und König Abdullah II beleidigt haben sollten."
Verteidigungsminister Shaul Mofaz und Generalstabschef Dan Halutz erklärten, Navehs Meinung spiegele nicht die offizielle Haltung Israels zu seinem Nachbarstaat wieder. "Israel betrachtet Jordanien als einen starken, stabilen Staat mit glorreicher Vergangenheit und vielversprechender Zukunft."

Algerien: Regierung will Bürgerkriegsopfer entschädigen



Algerien plant Entschädigungszahlungen an tausende Hinterbliebene von Opfern des Bürgerkriegs zu leisten und hofft somit, einen Schlussstrich unter die Jahre der politischen Gewalt ziehen zu können.
Gestern veröffentlichte das Kabinett Details eines Amnestieplans, der ein an Rebellen gerichtetes Ultimatum zur Abgabe ihrer Waffen verlängert, sowie finanzielle Entschädigungen für Familien von im Bürgerkrieg verschwundenen Personen und finanzielle Hilfen für Familien während der 1990er Jahre getöteter Rebellen vorsieht.
"Ich bin sehr optimistisch angesichts Algeriens Zukunft.", so Abdelaziz Belkhadem, Chef der Nationalen Befreiungsfront (NLF), der stärksten Partei innerhalb der Koalitionsregierung gegenüber Reuters. "Zu den positiven Aspekten des Programms gehört der Fakt, dass Familien die gelitten haben entschädigt werden."
Zur Höhe der Kompensationszahlungen macht das Regierungspapier keine Angaben. Orientiert man sich an Entschädigungen, die infolge von Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren gezahlt wurden, rechnen Experten mit Beträgen von umgerechnet 8000 bis 10000 Euro - angesichts der hunderttausenden Familien, die Anspruch auf diese Gelder erheben könnten, kein Pappenstiel. Finanziert werden sollen die Aufwendungen durch die Erlöse der Öl- und Gasexporte.
Mahmoud Belhimer, Verleger und Universitätsprofessor, sieht dies mit Skepsis.: "Geld hilft eine Krise zu lösen. Die Regierung wird jeden entschädigen. Aber was, wenn die Ölpreise fallen? Algerien sieht sich bereits mit einer schweren solzialen Krise konfrontiert. Nichts wird getan um ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum zu generieren."
Der Bürgerkrieg im zweitgrößten Staat Afrikas hatte von 1992 bis 2002 etwa 150000 Menschen das Leben gekostet, der wirtschaftliche Schaden wird auf mehr as 20 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Mittwoch, 22. Februar 2006

Ägypten: Erneute Übergriffe auf Christen


Bei Zusammenstößen zwischen Muslimen und koptischen Christen sind in einem Dorf südlich Kairos acht Menschen verletzt worden. Nach Angaben der Polizei brach die Gewalt in dem Ort al-Ayaar, 24 Kilometer südlich der Hauptstadt aus, nachdem Muslime gegen den Bau eines Gemeindezentrums der örtlichen christlichen Minderheit protestiert hatten. Muslimische Anwohner beschuldigten die Christen den illegalen Bau einer Kirche zu planen.
Unter den Verletzten sollen sich nach Angaben von "al-Jazeera" fünf Muslime und drei Christen befinden, in Lebensgefahr soll keiner von ihnen schweben.
Ägyptens Christen, die etwa ein Zehntel der Gesamtbevölkerung stellen, benötigen eine staatliche Genehmigung zum Bau einer Kirche, während die Errichtung von Moscheen praktische keinen Restriktionen unterliegt.
In den vergangenen Monaten haben sich die Fälle von konfessioneller Gewalt gehäuft ( alsharq berichtete ). Nach Zeugenangaben sei es schon am vergangenen Sonnabend zu Zusammenstößen in einem Dorf nahe der südägyptischen Stadt Bani Mazar zu Übergriffen auf Christen gekommen, nachdem diese beschuldigt wuden, Koranexemplare verbrannt zu haben.
Nach dem unerwarteten Wahlerfolg der islamistischen Muslimbrüder bei den Parlamentswahlen im Novermber 2005 hatte die Regierung angekündigt, die Beschränkungen für den Bau neuer Kirchen zu lockern. Mit diesem Schritt sollten die christlichen Befürchtungen vor einer weiteren Islamisierung der Gesellschaft besänftigt werden, allerdings haben sich christliche Vertreter seither beschwert, dass dieses Dekret bislang nicht umgesetzt wurde.

Dienstag, 21. Februar 2006

Irak: 4 Milliarden Dollar für Lebensmittelimporte

Die irakische Regierung hat in den vergangenen drei Jahren mehr als vier Milliarden US-Dollar für den Import von Nahrungsmitteln ausgeben müssen. Dies erklärte Handelsminister Abelbaset Maulood in einem Interview mit der irakischen Zeitung "az-Zaman".
Das Land ist fast vollständig abhängig von Lebensmittelimporten und das Handelsminsterium ist für das Nahrungsmittel-Rationierungsprogramm verantwortlich, das 1990 initiiert wurde um die 1990 in der UN-Resolution 661 festgeschriebenen Sanktionen gegen den Irak auszugleichen. Nun hat das Programm, das während der 13 Jahre unter Herrschaft Saddams weitgehend reibungslos verlief, mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Für Millionen Iraker stellen die vom Staat verteilten Rationen die wichtigste Quelle für Lebensmittel dar. In jüngster Zeit mehren sich allerdings Beschwerden irakischer Familien, die beklagen, dass die Rationen immer kleiner würden und die Qualität der Nahrung merklich nachließe. Der Minister wollte diese Klagen nicht kommentieren, berichtete aber von den Schwierigkeiten seines Ministeriums beim Kauf, Transport und Verteilung der Lebensmittel.
Etwa 4,8 Millionen irakische Familien sind in dem Verteilungsprogramm registriert und jüngste Gerüchte, nach denen die Regierung plane, die Rationen weiter zu verkleinern, sorgten für Proteste. Das Handelsmisterium unterhält eine eigene LKW-Flotte von 1785 Trucks, die die Lebensmittel von Häfen am Golf zu 42000 Verteilungsstellen im ganzen Land transportieren.
Außerdem erklärte Maulud in dem Interview, dass sich seit dem Sturz Saddams mehr als 12000 neue Unternehmen registrieren ließen. Trotz der anhaltenden instabilen Sicherheitslage seien viele Iraker an der Gründung eigener Firmen ineressiert. Gleichzeitig beklagte er, dass fast alle Ausländer inzwischen den Irak wieder verlassen hätten. Seit 2003 haben sich lediglich 99 ausländische Unternehmen um eine Erlaubnis zur Niederlassung im Irak bemüht.

Iran mahnt Muslime zu finanzieller Unterstützung Palästinas



Während seiner Gespräche mit der radikal-islamischen Hamas Bewegung forderte das Staatsoberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, gestern im Staatsfernsehen die Muslime weltweit dazu auf, Gelder für die Palästinenser bereit zu stellen.

„Wir müssen einen Plan entwickeln, der es allen Muslimen erlaubt die Palästinenser mit jährlichen Finanzhilfen zu unterstützen,“ sagte Khamenei dem politischen Führer der Hamas Khalid Masha’al. „Diese freiwillige Geste wird eine geistige Bindung zwischen Muslimen und der palästinensischen Sache bewirken und weitreichende Auswirkungen für die Welt haben,“ sagte Khamenei.

Er lobte die Hamas dafür ihren kämpferischen Widerstandskurs gegen Israel auch nach dem überraschenden Sieg bei den palästinensischen Wahlen im letzten Monat fortzuführen. „Die Standpunkte der Hamas sind grundlegend und richtig,“ sagte er, während er die Palästinenser für die Wahl der islamistischen Partei rühmte.

Nachdem die Hamas aus den Legislativwahlen im Januar überraschend als Sieger hervorgegangen war und über die säkulare Fatah Partei Mahmoud Abbas’ triumphierte, sieht die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) nun einer finanziellen Krise entgegen. Das israelische Kabinett verabschiedete bereits am Sonntag erste Wirtschaftssanktionen.

In Kairo gab die Muslim-Bruderschaft bekannt eine weltweite Spendenaktion zu starten, um eine palästinensische Regierung unter Führung der Hamas zu unterstützen. Das Vorhaben der Bruderschaft ist als Reaktion auf die gestern begonnene Rundreise von US Außenministerin Condoleezza Rice zu sehen, in der sie regionale Machthaber des Mittleren Ostens davor warnt, eine von der Hamas geführte Regierung finanziell zu unterstützen. Die beiden größten Geldgeber Palästinas, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, kündigten bereits an, ihre Finanzmittel der PA nicht länger direkt zur Verfügung stellen zu wollen, sollte es zu einer Regierung unter Führung der Hamas kommen. „Wir werden jeden einzelnen Muslim dazu aufrufen den Palästinensern angesichts dieser ungerechten und kämpferischen Kampagne (gegen die Hamas) zu helfen,“ sagte der oberste Führer der Muslim-Bruderschaft Muhammad Mahdi Akef.

Bereits gestern trafen sich die Außenminister verschiedener arabischer Staaten in Algier, um über einen Plan zu beraten, welcher der PA 50 Millionen US-Dollar pro Monat zusichern sollte. Eine endgültige Entscheidung hierüber steht allerdings noch nicht fest und ist frühestens nächsten Monat während des arabischen Gipfeltreffens in Khartoum zu erwarten.

In Schweden stellte gestern eine staatliche Hilfsorganisation mehr als 5 Millionen Euro an zusätzlichen Hilfsgeldern für die palästinensischen Gebiete in Aussicht. „Die humanitäre Situation in der West-Bank und dem Gaza-Streifen hat sich verschlechtert,“ sagte die Schwedische Internationale Entwicklungsorganisation und fügte hinzu, den Hilfsprogrammen der Vereinten Nationen rund 5,3 Millionen Euro zur Verfügung stellen zu wollen.

Montag, 20. Februar 2006

Somalia: Kämpfe in Mogadischu flammen wieder auf


In Somalias Hauptstadt Mogadischu sind erneut heftige Straßenkämpfe ausgebrochen, nachdem am Sonnabend 10 Menschen getötet wurden. Nach Angaben von BBC-Korrespondent Hassan Barise sind heute mindestens 10 weitere Somalis mit Verletzungen in Krankenhäuser eingeliefert worden, nachdem sich zuvor mehrere Milizen mit Granaten und Luftabwehrraketen beschossen hatten.
Hauptakteure der neuen Gefechte sind auf der einen Seite eine neue Gruppe namens "Allianz für die Wiederherstellung von Frieden" und die Miliz der Islamischen Gerichte auf der anderen Seite. Diese islamischen Gerichte stellen die einzige Gerichtsbarkeit in dem von 15-jähriger Anarchie gebeutelten Staat am Horn von Afrika dar. Ihre Vertreter werden immer wieder beschuldigt, Beziehungen zu al-Qaida zu unterhalten und hinter Ermordungen gemäßigter islamischer Gelehrter zu stecken. Zu den Unterstützern der neu aufgetauchten "Friedensallianz" zählen nach Einschätzung von Barise mindestens fünf Warlords, die heute Kabinettsmitglieder in der 2004 ernannten Übergangsregierung sind.
Gleichzeitig fordeten einige Abgeordnete des Übergangsparlaments die Milizen auf, ihre Kämpfe einzustellen. "Wir erinnern die Krieg führenden Parteien daran, dass niemand in den vergangenen 15 Jahren einen Krieg gewonnen hat.", so eine von KulturministerAbdi Hashi Abdullahi verlesene Erklärung.
Am kommenden Sonntag, dem 26.Februar 2006, soll das Übergangsparlament, das sich in Kenia konstituiert hatte, erstmals auf somalischem Boden zusammentreten. Streit herrschte über den Sitzungsort. Präsident Abdullahi Yusuf sieht die Hauptstadt Mogadishu als zu gefährlich an und besteht auf seiner Machtbasis Jowhar als neuem Regierungssitz. Sein Gegenspieler, Parlamenssprecher Sharif Hassan Sheikh Adan erklärte der Präsident habe nicht die Autortiät Jowhar zur Haupstadt zu machen und bestand auf Mogadischu. Nun haben sich beide Parteien auf einen Kompromiss geeinigt - die Parlamentssitzung soll schließlich in der Stadt Baidoa auf neutralem Boden stattfinden.

Sonntag, 19. Februar 2006

US-Islamisches Forum beginnt in Doha

Inmitten der aktuellen Spannungen zwischen der islamischen Welt und dem Westen infolge der Muhammad-Karikaturen und der jüngsten Folterbilder aus Abu Ghuraib hat gestern in Qatars Hauptstadt Doha eine Konferenz begonnen, die zur Verständigung zwischen den USA und der muslimischen Gemeinschaft beitragen soll.
Ranghöchste Vertreterin der Vereinigten Staaten ist die Staatssekretärin im Außenministerium und enge Bush-Vertraute Karen Hughes. In ihrer Ansprache betonte Hughes die Besorgnis ihrer Regierung angesichts des iranischen Nuklearprogramms und erneuerte die Forderung an die Hamas, den Staat Israel anzuerkennen. Die Staatschefs des Nahen und Mittleren Ostens forderte sie auf, ihre Gesellschaften weiter zu demokratisieren und im "Kampf gegen den Terror" enger mit den USA zusammen zu arbeiten.
"Wenn wir uns wirklich wünschen, einander besser zu verstehen und einen konstruktive Dialog zu initiieren, müssen wir aufhören einander zu dämonisieren und Hass durch Hoffnung ersetzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass wir uns durch Extremisten definieren lassen."
Eröffnet wurde das US-islamische Forum gestern von Qatars Außenminister Shaikh Hamad bin Jassem bin Jabr Al Thani. Vor dem Hintergrund des Konflikts um die Muhammad-Karikaturen in europäischen Zeitungen erklärte er in seiner Eröffnungsansprache: "Wir müssen uns ernsthaft darum bemühen, Provokationen zu unterlassen und alle Religionen gleichermaßen respektieren."
Ziel des Forums, das in dieser Form bereits zum vierten Mal stattfindet, soll auch die Einrichtung eines ständigen "Rat für islamisch-amerikanische Beziehungen" sein, so Qatars stellvertretender Außenminister Abdullah al-Rumaihi gegenüber al-Jazeera. Zu den Teilnehmern an dem dreitägigen Treffen gehört Amina Wadud, Professorin für Islamische Studien an der Virginia Commonwealth University, die im vergangenen Jahr den Zorn vieler islamischer Geistlicher auf sich gezogen hatte, als sie in einer Moschee in New York als Imam einem Gebet vorgestanden hatte - eine Rolle die sonst nur Männern zugestanden wird.
Auch Ekmeleddin Ihsanoglu, Generalsekretär der islamischen Konferenzorganisation (OIC), sowie die pakistanische Ex-Premierministerin Benazir Bhutto gehören zu den 700 Teilnehmern aus 38 Nationen die in Doha erwartet werden.

Samstag, 18. Februar 2006

Syrien ist beliebtes Reiseziel wohlhabender Iraker

Seit dem Sturz Saddam Husseins nutzen viele wohlhabende Iraker die Möglichkeit zu Urlaubsreisen in die benachbarten arabischen Staaten. Besonders Syrien ist in den vergangenen Monaten zu einem populären Urlaubsziel avanciert. Reisebüros im Zentrum Baghdads bieten zuhauf Pauschalpakete für 5 bis 7-tägige Reisen ins westliche Nachbarland an, berichtet der Onlinedienst "Cham Press".
"Preiswerte Unterkünfte, zahlreiche Flugverbindungen und die Gastfreundlichkeit der Syrer machen Syrien zum beliebten Reiseziel", berichtet Samir al-Samarai, Besitzer eines Baghdader Reisebüros. Unter Saddam waren Auslandsreisen nur regimenahen Kadern möglich. Die große Mehrheit der Irakis musste sich auf Reisen innerhalb der Landesgrenzen beschränken. Der Süßwassersee Bucheira Habbaniya im Westen des Landes war damals das populärste Urlaubsgebiet.
Ahmed al-Dulaimi, 24-jährige Computerfachmann aus Bagdad berichtet, er sei im vergangenen Sommer in Syrien gewesen und plane in diesem Jahr erneut dorthin zu reisen. Ihm gefällt die Küstenstadt Latakia am Mittelmeer und er genießt die Möglichkeit Dinge zu sehen, die es in seiner Heimat nicht gibt. "Zum Beispiel schöne Mädchen in Bikinis." Außerdem ist das Land preiswert "und man fühlt sich nicht als Fremder."
Auch Jordanien ist als Reiseziel bei der städtischen irakischen Mittelschicht populär. Dubai ist vielen zu teuer. Die Visapflicht für Iraker im Libanon erschwert Reisen an die Levante.
Dennoch ist die Fahrt nach Syrien oder Jordanien nicht ungefährlich, schließlich muss man auf dem Landweg den Westirak durchqueren, in denen Reisende immer wieder zum Ziel von Entführungen und Anschlägen werden. Einfacher aber auch kostspieliger ist daher der Luftweg. Die staatliche Fluggesellschaft Iraqi Airways hat kürzlich Linienflüge nach Amman, Jordanien, Dubai, Kairo, Beirut und Damaskus aufgenommen.

Freitag, 17. Februar 2006

Libanon: Ultimatum an Lahoud


Die Forderung nach dem Rücktritt des pro-syrischen Präsidenten Libanons, Emil Lahoud, ist nicht neu (alsharq berichtete bereits im September).
Dennoch konnte sich das Staatsoberhaupt bislang im Amt halten. Die für seine Absetzung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit konnten die anti-syrischen Kräfte im Parlament auch nach den Wahlen im Herbst 2005 nicht versammeln. Um den politischen Wechsel zu beschleunigen und ihm wieder neue Energie zuzuführen, setzen sie auf momentan auf einen Mann: Saad Hariri. Anlässlich des einjährigen Gedenkens an die Ermordung seines Vaters kehrte der parlamentarische Mehrheitsführer in den Libanon zurück, nachdem er, aus Furcht vor Attentaten, die letzten Monate im Exil in Saudi-Arabien und Frankreich verbracht hatte. 800.000 Menschen versammelten sich in Beirut und wurden Zeugen des symbolischen Beginns einer Allianz, die Hariri nun zusammenhalten soll. Samir Geagea, Führer der Lebanese Forces, und Drusenführer Walid Joumblatt, zu Zeiten des Bürgerkriegs erbitterte Feinde, stehen nun Seite an Seite, vereint in ihrer Gegnerschaft zum Regime in Damaskus.
Am Donnerstag folgte der eher symbolischen Geste konkrete Schritte: In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz verkündeten Hariri und seine Verbündeten ein Ultimatum an Lahoud, das diesen auffordert, sein Amt bis 14. März zu verlassen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt: Einen Monat nach dem Attentat auf seinen Vater, hatten Hariri und andere anti-syrische Kräfte eine Demonstration organisiert, die mit 1 Million knapp ein Viertel aller Libanesen mobilisiert - seitdem firmieren sie auch offiziell als "Kräfte des 14. März".
Allerdings erschwerte die so heterogene Zusammensetzung der Bewegung bisher jeglichen Fortschritt, ebenso wie die Haltung gegenüber Hizbullah.
Saad Hariri gilt der Partei Gottes durchaus als moderater Vermittler. So bemühte er sich im saudischen Exil um eine Beilegung der Regierungskrise, die dem Boykott der schiitischen Minister gefolgt war, scheiterte aber am Widerstand Walid Joumblatts, der Hizbullah unversöhnlich gegenübersteht (alsharq berichtete).
Joumblatt wie auch Geagea verbanden ihre Kritik am syrischen Einfluss denn auch mit scharfen Angriffen auf Hizbullah, deren Führung die Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt hatte.
Hizbullahs Generalsekretär Hassan Nasrallah signalisiert zwar Gesprächsbereitschaft in alle Richtungen, fragte aber "ob es angesichts der Rhetorik einiger Redner, die offensichtlich Konfrontation und Eskalation suchen, eine Grundlage für Gespräche geben kann."
Eines steht fest: Um die Zwei-Drittel-Mehrheit für die Entmachtung Lahouds zustande zu bringen, braucht Hariri einen neuen Partner im Parlament für dieses Projekt. In Frage kommen dafür zum Hizbullah, zum anderen die FPM General Aouns - Beide haben letzte Woche eine gemeinsame strategische Allianz vereinbart (alsharq berichtete).

Dalai Lama will Hamas-Vertreter treffen

Die bedeutendste religiöse Autorität des tibetischen Buddhismus, der Dalai Lama, hat Gespräche mit Vertretern der stärksten palästinensichen Partei, Hamas, angeboten. Zu Beginn einer fünftägigen Reise nach Israel, die ihn auch nach Bethlehem im besetzten Westjordanland führen wird, erklärte der 70-Jährige gegenüber Journalisten, er wolle mit der Hamas seinen Glauben teilen, dass man seine Ziele eher im Dialog als mit Gewalt erreiche.
"Ich besuche Bethlehem um das palästinensische Volk zu sehen. Wenn einige Leute der Hamas dort sind, freue ich mich sie zu treffen", so der 14. Dalai Lama gegenüber AFP. "Mein Appell an die Hamas lautet, dass ihr gewaltsam nicht das erreicht, was ihr wollt. Durch Gespräche erreicht ihr, was ihr wollt. Diesen Glauben möchte ich mit ihnen teilen."
Auf die Nachfrage eines Journalisten ob Israel mit einer Gruppe Gespräche führen solle, die Selbstmordattentäter nach Israel schickt, reagierte der buddhistische Mönch zurückhaltend. "Es ist zu früh, um eine endgültige Antwort zu geben. Lasst uns abwarten. Die Hamas hat die Wahlen gewonnen und das müssen wir respektieren. Wie ist ihre Haltung zur Regierungsverantwortung? Es ist besser abzuwarten."
Da es sich um eine private Reise des Dalai Lama handelt, wird er nicht mit offiziellen Regierungsvertretern Israels zusammenkommen. Seine Ankündigung, sich mit Hamas-Mitgliedern treffen zu wollen, dürfte bei der israelischen Regierung, die bestrebt ist die islamistische Bewegung, die den neuen palästinensischen Regierungschef stellen wird, international zu isolieren, auf breite Ablehnung stoßen. Die im indischen Exil lebende Symbolfigur für den Widerstand der Tibetaner gegen die chinesische Besetzung ficht dies nicht an.
"Wo immer ich hinreise stelle ich klar, dass ich keine Probleme verursachen möchte. Mein Ziel ist es menschliche Werte und religiöse Harmonie zu fördern. Die israelische Seite muss die Rechte der Palästinenser und die palästinesische Seite muss die neuen Realitäten akzeptieren."

Donnerstag, 16. Februar 2006

Iran: Mehr als 100 Verletzte nach Zusammenstößen zwischen Sufi-Brüdern und Sicherheitskräften

Etwa 100 Menschen wurden bei gewaltsamen Zusammenstößen muslimischer Mystiker, so genannter Sufis, mit Sicherheitskräften und schiitischen Hardlinern in der Stadt Qom, dem Sitz der bedeutendsten schiitischen Theologieschule Irans, verletzt.
Unter den Verletzten befänden sich 34 Polizisten, erklärte Ahmad Hajizadeh, Vize-Gouverneur der Stadt, gegenüber Pressevertretern. Drei von ihnen schwebten seinen Angaben zufolge in Lebensgefahr.
Nach Angaben der Lokalregierung seien die Mystiker Anhänger des Nematollahi-Ordens. Dieser sei von den Behörden aufgefordert worden, die Shariyat-Moschee in Qom bis zum Freitag vergangener Woche zu räumen. Nach dem ergebnislosen Verstreichen dieses Ultimatums sei die Gebetshalle der Moschee gestürmt und anschließend zerstört worden. "Nach der Zerstörung der Shariyat-Gebetshalle und der Verhaftung von 1200 Derwischen ist in Qum wieder Ruhe eingekehrt", so Hajizadeh gegnüber der in Teheran erscheinenden Zeitung "Shargh". "Die Verhafteten werden momentan verhört und mit Ausnahme der Rädelsführer werden sie schrittweise wieder freigelassen.", so der Vize-Gouverneur weiter.
Die Anhänger des Nematollahi-Ordens bezichtigte Hajizadeh des Wortbruchs. Nachdem man sich auf eine Aufgabe der Moschee geeinigt habe, hätten die Sufis Unterstützer aus dem In- und Ausland in Bussen nach Qom gebracht. "85% jener, die an den Störungen teilnahmen, kamen nicht aus unserer Stadt und manche von ihnen trugen Schusswaffen bei sich."
Die islamische Mystizismus, der von einer Vielzahl von Sufiorden praktiziert wird, zieht seit Jahrzehnten den Argwohn der orthodoxen sunnitischen und schiitischen Hauptströmungen des Islam auf sich. Im schiitischen Islam sehen sich zudem viele Sufi-Bruderschaften dem Vorwurf der Häresie ausgesetzt, da ihnen häufig Verbindungen mit dem von Minderheiten in Syrien und Türkei praktizierten alewitischen Glauben unterstellt werden, deren Anhänger von orthodoxen schiitischen Gelehrten als "Ghulat", Übertreiber, bezeichnet werden.

Mittwoch, 15. Februar 2006

Saudi-Arabien: Fahrverbot für Frauen in der Diskussion

Saudi-Arabiens König Abdallah wird sich demnächst wohl noch intensiver in einer der symbolträchtigsten Diskussionen des Königreiches äußern müssen.
Denn das umstrittene Fahrverbot für Frauen steht sinnbildlich für den ständigen Zwist zwischen religiösen Hardlinern und Pragmatikern, der jegliche technologische wie gesellschaftliche Veränderung begleitet. Trotz seiner monarchischen Macht ist der saudische König immer auf den Konsens mit den Geistlichen angewiesen.
Insofern steht Abdullah nicht vor einem neuen Problem: Fernsehen, Computer und zuletzt Foto-Handys, alle technischen Neuerungen bedurften einer Fatwa (religiöses Gutachten) seitens der Religionsgelehrten (Ulama), wurden davor aber grundsätzlich abgelehnt. Weitaus schwieriger hingegen ist die Verhandlungsposition der Pragmatiker, wenn es um gesellschaftliche Veränderungen geht. Dass diese vom technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt schwer zu trennen sind, haben sie längst erkannt.
Saudischen Frauen fällt dabei eine nicht unwesentliche Rolle zu. Reformen im Bildungswesen haben vielen von ihnen den Einstieg in vorher ausschließlich Männern vorbehaltene Berufszweige ermöglicht. Für saudische Geschäftsfrauen ist der Kontakt mit männlichen Kollegen Alltag und durch wirtschaftliche Notwendigkeit bedingt.
Eben diesen Kontakt aber kritisieren die Ulama. Die 1991 vom blinden Großmufti Ibn Baz (er erlangte weltweit Berühmtheit, als er in einer Fatwa kurz vor seinem Tod 1992 darauf bestand, dass die Erde eine Scheibe sei) erlassene Fatwa zielt ebenfalls darauf ab und steht einer Veränderung jetzt im Weg.
Denn eben jene Fatwa, so der (lediglich beratende) Konsultativrat, stehe einer Lösung im Weg. Nur eine vom König ausgehende Revision könne Abhilfe schaffen.
Der Ball ist nun wieder bei König Abdallah. Er selbst war es, der auf dem Jeddah Economic Forum (JEF) letzte Woche mehrfach verlautbaren ließ, dass das Fahrverbot für Frauen keine Grundlage in den Gesetzen des Landes besäße. Zwar erklärte er, dass der Wille zur Veränderung von der Bevölkerung selber ausgehen müsse, letztendlich liegt es jedoch in seiner Verantwortung sich gegen die religiösen Hardliner durchzusetzen und das Fahrverbot abzuschaffen.

Heftige Regenfälle überfluten Flüchtlingslager in Algerien



Zehntausende Menschen benötigen dringend Hilfe, nachdem sintflutartige Regenfälle ihre Flüchtlingslager im Südwesten Algeriens überflutet haben. Wie das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) und Offizielle in den saharischen Camps am Dienstag erklärten, hätten die Fluten viele der Lehmhäuser zerstört, in denen etwa 158000 Menschen seit ihrer Flucht aus dem umstrittenen Gebiet "West-Sahara" lebten.
Gegenüber Reuters erklärte ein Sprecher der west-saharischen Befreiungsbewegung Polisario in Algier: "Heftige Regenfälle haben in den vergangenen Tagen etwa 50% der Notunterkünfte unbewohnbar gemacht." Nach Angaben der UNHCR wurden ungefähr 50000 Menschen obdachlos. Die Organisation bereitet derzeit Hilfslieferungen in die Flüchtlingslager vor. "Eine Luftbrücke wird leichtgewichtige Zelte, Decken, Wasserkanister, Matratzen und Plastikplanen aus unserem regionalen Lager in Jordanien liefern.", heißt es in einer Presseerklärung.
Der sahrawische Rote Halbmond erklärte, die Situation verschlechtere sich zusehends. Er rief zu Spenden auf und forderte internationale Hilfsorganisationen auf, ihre Bemühungen angesichts schwindender Nahrungsmittelreserven zu verstärken. "Wir äußern diesen Notruf, um tausenden Frauen, Kindern und älteren Menschen zu helfen. Wir rufen Spender auf, so schnell wie möglich zu intervenieren, um Schulen und Krankenhäuser wieder aufbauen zu können."
Der Konflikt um die West-Sahara entzündete sich nach ihrer Annektion durch Marokko nach dem Abzug der ehemaligen Kolonialmacht Spanien im Jahr 1975. Die Polisario, die hauptsächlich von Algerien finanziert und unterstützt wird, hatte ein 16-jährigen Guerillakrieg gegen die marokkanische Besatzungsmacht gefochten. 1991 kam durch UN-Vermittlung ein Friedensvertrag zu Stande, in dem dem sahrawischen Volk eine Volksabstimmung über seine Selbstbestimmung zugestanden wird. Marokko hat dieses Votum über eine Unabhängigkeit bislang stets abgelehnt auch wenn im September 2005 erstmals ein marokkanischer Regierungsvertreter eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt hatte. ( alsharq berichtete )

Dienstag, 14. Februar 2006

Libanon ein Jahr nach dem Hariri-Attentat - ein Interview mit Privatdozent Dr.Axel Havemann

Heute jährt sich der Anschlag auf den libanesischen Ex-Premierminister Rafiq Hariri zum ersten Mal. Zur aktuellen Lage im Libanon und dem Verhältnis zu seinen Nachbarn Syrien und Israel befragte alsharq den Privatdozenten Dr. Axel Havemann. Die Beschäftigung mit Politik, Religion und Gesellschaft des Libanon gehört zu Havemanns Forschungsschwerpunkten. Im Jahr 2002 erschien seine Monographie „Geschichte und Geschichtsschreibung im Libanon des 19. und 20. Jahrhunderts. Formen und Funktionen des historischen Selbstverständnisses.“ Gegenwärtig ist Axel Havemann Gastdozent am Institut für Islamwissenschaft der FU Berlin.


alsharq: Das Attentat auf Rafiq Hariri heute vor einem Jahr führte zu Massenprotesten gegen die syrischen Besatzer und Forderungen nach einer weiteren Demokratisierung. Seit dem syrischen Abzug und den Parlamentswahlen scheint jedoch der Reformprozess im Land zu stagnieren. Der Syrien-treue Staatschef Lahoud ist noch immer im Amt, das Land erlebt eine Regierungskrise und noch immer sind Politiker und Journalisten Ziel von Anschlägen. Die Euphorie der März- und Apriltage des vergangenen Jahres scheint verflogen. Ist die „Zedernrevolution“ am Ende?

Axel Havemann: Angesichts der Entwicklungen in den vergangenen Monaten habe ich meine Zweifel, ob der Ausdruck "Zedernrevolution" nicht zu euphemistisch war und ist.Von der seinerzeitigen Euphorie im März und April 2005 kann ich nichts mehr erkennen. Besonders aufgrund der jüngsten Probleme und Spannungen, im Zusammenhang mit den Muhammad-Karikaturen, bin ich ziemlich skeptisch, wann und wie der Reformprozess weiter gehen kann. Die Emotionen sind zu aufgeladen, und die gewaltbereiten Kräfte werden ja nicht gerade weniger.



alsharq: Sehen Sie eine Chance für ein Ende des noch immer konfessionell geprägten politischen Systems in Libanon? Wer würde davon am meisten profitieren, wer ist an einem Erhalt des Staus Quo interessiert?

A.H.: Die Chancen für eine Überwindung des konfessionell-politischen Systems stehen ziemlich schlecht. Wenn der Libanon aus diesem Dilemma herauskommen will, muss endlich mehr geschehen als Absichtserklärungen, egal, von wem sie kommen.Man darf nicht vergessen (oder verdrängen), daß der Vertrag von Ta'if am Ende des Bürgerkriegs offiziell nach wie vor Richtschnur ist - und darin wird die Aufhebung des Konfessionalismus als politischem Ordnungssystem nur sehr indirekt erwähnt bzw. "auf unbestimmte Zeit" vertagt. Profitieren würden von einer Aufhebung langfristig alle gesellschaftlichen Gruppen des Landes, genauer: alle libanesischen Bürger und Bürgerinnen; doch sind am Erhalt des Status quo die großen christlichen ebenso wie die muslimischen Gruppen interessiert: Maroniten, Sunniten, Schiiten.


alsharq: Nach außen zeigen sich durchaus Zeichen eines Generationswechsels. Zum einen stehen die alten Zuama wie Michel Aoun, Samir Geagea oder Walid Jumblatt wieder oder noch immer auf der politischen Bühne. Andererseits strebt um Saad Hariri eine neue Generation junger Politiker an die Macht. Wer erscheint den Libanesen glaubwürdiger und wem trauen Sie eher zu das Land zu einen?

A.H.: Es scheint mir zu früh, eine neue Generation um Saad Hariri als Hoffnungsträger einer veränderten politischen Zukunft zu sehen. Ob er selbst wirklich das "Zugpferd" dafür ist (bzw. sein will), muß man abwarten. Immerhin ist er nach der Ermordung seines Vaters mehr oder weniger zu politischen Aktivitäten gedrängt worden. Nach meiner Kenntnis sind die Libanesen selbst ziemlich gespalten und unschlüssig in der Frage, ob eine junge Generation für ihr Land besseres ausrichten könnte.


alsharq: Erscheint Ihnen eine Entwaffnung der Hisbollah ohne Gesichtsverlust realistisch? Wie verhalten sich christliche Gruppen wie die Lebanese Forces sollte dieser Schritt auch auf lange Sicht ausbleiben?

A.H.:Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. So recht vorstellen kann ich mir eine Entwaffnung der Hisbollah nicht; wer soll das denn machen? Ein Gesichtsverlust wäre es mit Sicherheit. Den Lebanese Forces traue ich (leider) fast alles zu.


alsharq: Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Verhältnis zu Syrien entwickeln? Sehen Sie bei einer weiteren Entfremdung zwischen beiden Staaten Chancen für einen libanesisch-israelischen Friedensvertrag?

A.H.: So lange sich in Syrien nichts grundsätzlich am politischen System und an den Kräfteverhältnissen ändert, wird die Beziehung zwischen Syrien und Libanon gespannt bleiben.
Soweit ich die Libanesen kenne, trauen die wenigsten den Syrern; daran ändert auch nichts der Truppenrückzug. Syrien ist nach wie vor direkt und indirekt im Libanon präsent - nicht nur über seinen Geheimdienst, den pro-syrischen Staatspräsidenten Lahoud oder die deutliche Unterstützung von Hisbollah.Ein libanesisch-israelischer Friedensvertrag wird auch weiterhin schwierig sein, ob mit oder gegen syrisches "Stillhalten". Ich kann nicht erkennen, dass Syrien der libanesischen Regierung volle Souveränität zubilligt oder das tun wird. Man muß außerdem abwarten, wie es in Israel nach den bevorstehenden Wahlen weiter geht.

Montag, 13. Februar 2006

Jumblatt klagt Hizbollah an, Iran zu dienen

Der Führer der drusischen Minderheit im Libanon und Parlamentsmitglied Walid Jumblatt attackierte am Sonntag die schiitische Hizbollah, indem er sie als "bewaffnete Gruppe" bezeichnete, die den "gesetzlosen Süden kontrolliert und den Interessen der Islamischen Republik Iran dient". Nachdem Jumblatt bereits vergangene Woche die Hizbollah als "Miliz" bezeichnet hatte, sprach er nun in Mukhtara, Jumblatts Domizil im drusisch dominierten Shuf-Gebirge, vor Besuchern von einer "geteilten Loyalität" im Libanon. Dem Land stehe ein großer Konflikt bevor.
Er fügte hinzu, dass die Macht der Hizbollah sich aus den finanziellen Zuwendungen in der Höhe von 300 bis 400 Millionen Dollars des Iran schöpfe und somit einen Staat im Staat schaffen könne.
Wieder einmal betonte Jumblatt, dass die Shebaa-Farmen nicht libanesisches, sondern syrisches Territorium seien und dass Syrien auf Landkarten den Grenzverlauf zugunsten des Libanon verändert habe, um den Widerstand der Hizbollah gegen die israelische Besetzung vermeintlich libanesischer Territorien legitimieren zu können. Der Libanon sei weiterhin "eine Geisel syrischer und iranischer Habgier".
In diesem Zusammenhang präsentierte Jumblatt eine Landkarte der libanesischen Armee aus dem Jahre 1962, die aus seiner Sicht deutlich zeige, dass die Shebaa-Farmen sich ausserhalb der libanesischen Grenzen befinden. Des Weiteren behauptete Jumblatt, dass der ehemalige libanesische Sicherheitschef Jamil Sayyed ihm 2001 eine Karte gegeben hätte, auf der Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Karte vollzogen worden seien. Erst auf der bearbeiteten Karte seien die Shebaa-Farmen dem libanesischen Staatsgebiet hinzugefügt worden.
Sayyed wird vorgeworfen, mit drei weiteren ehemaligen Sicherheitschefs den Mord am ehemaligen Premier Minister Rafiq Hariri geplant und mit ausgeführt zu haben. Momentan erwarten sie ihr Gerichtsverfahren.
Drusenführer Jumblatt erklärte die vermeintlichen Änderungen am Grenzverlauf folgendermaßen: "Syrien und Iran konnten ihren Einfluss im Libanon durch den Fortbestand der wichtigen Rolle der Hizbollah ausbauen."
Überdies fuhr Jumblatt fort, dass Hariri "von der gefälschten Karte von 2001 nicht
überzeugt war" und dies einer der Gründe sei, warum Hariri ermordet wurde.

Gegenüber der Beiruter Tageszeitung "The Daily Star" erwähnten dem Premier Minister Fouad Siniora nahe stehenden Quellen, dass der Premier die Landkarten, von denen Jumblatt sprach, nicht gesehen habe und dass die Karten erst sorgfältig untersucht werden müssen. Siniora hat in der Vergangenheit bei zahlreichen Anlässen verlauten lassen, dass die Shebaa-Farmen libanesisches Staatsgebiet seien.
Aussenminister Fawzi Salloukh, der den schiitischen Parteien Hizbollah und Amal freundlich gesinnt ist, bestätigte Sinioras Aussagen, indem er die Shebaa-Farmen als "libanesische Territorien unter israelischer Besatzung bezeichneten".

Ägypten: Kommunalwahlen werden um 2 Jahre verschoben


Das Oberhaus des ägyptischen Parlaments, der Schura-Rat, hat gestern einem von Staatspräsident Hosni Mubarak eingereichten Vorschlag zur Verschiebung der Kommunalwahlen um zwei Jahre zugestimmt. Laut herrschenden Gesetzen sollten bis zum 15.April diesen Jahres Kommunalwahlen abgehalten werden.
"Die Verschiebung war notwendig, um ein neues Gesetz zur kommunalen Verwaltung vorzulegen, welches den Verfassungsänderungen, die Mubarak in seinem Programm vorgeschlagen hat, entspricht.", erklärte der Sprecher der Shura und Generalsekretär der herrschenden National-Demokratischen Partei (NDP) Safwat al-Sharif. Nun muss dieser Schritt noch vom Parlament gebilligt werden, in dem die NDP mehr als zwei Drittel aller Abgeordneten stellt.
Die Islamisten Ägyptens, die in den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr unerwartet große Erfolge verbuchen konnten, ( alsharq berichtete ) verurteilten die Entscheidung und erklärten, die Verschiebung ziele daruf ab, ihren weiteren Aufstieg zu verhindern und den Muslimbrüdern das Recht auf einen eigenen Kandidaten bei den nächsten Präsidentschaftswahlen zu verwehren.
"NDP und Regierung haben Angst, ihre Macht bei den Kommunalwahlen an die Islamisten zu verlieren. Sie haben Angst, weil die Ägypter wissen, dass sie eine Alternative haben", erklärte Issam al-Aryan, Sprecher der Muslimbrüder gegenüber AFP. "Ihre Angst ist nach dem Sieg der Hamas weiter gewachsen und sie sind besonders deshalb besorgt, weil ein unabhängiger Bewerber bei den nächsten Präsidentenwahlen kandidieren könne."
Nach einer von Staatschef Mubarak durchgesetzten Verfassungsänderung muss eine Partei 5 Prozent der Parlamentssitze halten, um einen Kandidaten bei den Wahlen um den höchsten Posten im Staat nominieren zu dürfen. Die einzige Oppositionsbewegung, die momentan über diesen Stimmenanteil verfügt, ist die offiziell verbotene Muslimbruderschaft.

Sonntag, 12. Februar 2006

Vereinigte Arabische Emirate: 5 Jahre Haft für Homosexuelle


Ein Gericht in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat 26 Männer zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt, nachdem diese von Polizisten bei den angeblichen Vorbereitungen zu der Hochzeit eines homosexuellen Paares aufgegriffen wurden.
Der Schuldspruch wurde von einem Gericht in Abu Dhabi gegen die Männer getroffen, die sich in einem Hotel "in Frauenkleider gewandet mit Make-Up auf der Haut auf eine Schwulenhochzeit vorbereitet" hätten. Wie die Zeitung "Emirates Today" weiter berichtet, seien die Männer, unter denen neben Bürgern der VAE auch ein Inder sowie drei Staatsbürger benachbarter arabischer Länder waren, bereits im November nach einer Polizei-Razzia in einem Wüstenhotel festgenommen und anschließend von der Staatsanwaltschaft der Straftat "Homosexualität" beschuldigt worden.
Das US-Außenministerium hatte die Festahmen verurteilt, und seinen engen Verbündeten am Persischen Golf aufgefordert, eine zudem eingeleitete Zwangsbehandlung Homosexueller mit Hormonen zu stoppen. Das Innenministerium der Emirate hat eine solche Behandlung stets bestritten.
Homosexualität stellt in den Vereinigten Emiraten, wie auch in den benachbarten konservativen Staaten auf der arabischen Halbinsel eine ernsthafte Straftat dar, die mit Peitschenhieben und Haftstrafen gesühnt wird.
Ein Gericht in Saudi-Arabien hatte im April 2005 zwei Saudis, einen Jemeniten und einen Jordanier zu zwei Jahren Haft und 2000 Peitschenhieben verurteilt. Auf der anderen Seite des Golfs, in Iran, wird Homosexualität gar mit dem Tode bestraft.

Samstag, 11. Februar 2006

Saudi-Arabien: Human Rights Watch fordert Aufhebung der Todesstrafe für Minderjährige


Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat die Regierung Saudi-Arabiens aufgefordert die Hinrichtung minderjähriger Straftäter zu stoppen. Nach Angaben des UN-Kommittees für Kinderrechte befinden sich gegenwärtig mindestens 126 Menschen in saudischen Todeszellen, die für Straftaten verurteilt wurden, die sie vor Erreichen der Volljährigkeit begangen hatten. In einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Presseerklärung fordert der Direktor der Abteilung für Kinderrechte von HRW, Lois Whitman.: "Die saudische Regierung muss alle Todesstrafen gegen Kinder und Jugendliche umwandeln."
Das UN-Kommittee für Kinderrechte beobachtet in Saudi-Arabien die Umsetzung der Kinderrechtskonvention, die 1996 vom Königreich ratifiziert wurde. Die Konvention verbietet Todesstrafe oder lebenslange Haft für Kinder und Jugendliche und sichert diesen rechtlichen Beistand zu. In einer vor einigen Tagen verbreiteten Erklärung forderte die Organisation Riyadh auf, "sofort die Hinrichtung von Personen, die für in der Minderjährigkeit begangene Taten verurteilt wurden, zu stoppen und rechtliche Maßnahmen zu ergreifen um die Todesstrafe in mit der Konvention vereinbare Bestrafungen umzuwandeln."
Noch 2004 hatte das saudische Königshaus erklärt, es verhänge "niemals die Todesstrafe gegen Minderjährige". Als solche gelten auch in Saudi-Arabien alle Personen unter 18. Die Menschenrechtler befürchten allerdings, dass in vielen Fällen das Geburtsdatum von Angeklagten mit gefälschten Dokumenten zurückdatiert wird, um eine harte Bestrafung zu ermöglichen.
Nach Angaben der Vereinten Nationen haben in den vergangenen fünf Jahren weltweit neben Saudi-Arabien nur vier Staaten minderjährige Straftäter zum Tode verurteilt - China, die Demokratische Republik Kongo, Pakistan und als Führungsmacht der "freien Welt" die USA.

Freitag, 10. Februar 2006

Nach Putins Einladung an die Hamas - Reaktionen aus dem Nahen Osten

Gestern hat Russlands Präsident Vladimir Putin überraschend seine Bereitschaft erklärt, die Führung der stärksten politischen Kraft Palästinas, der Hamas, in Moskau zu empfangen. Die USA, EU, und die UN, die zusammen mit Russland das so genannte "Nahost-Quartett" bilden, hatten zuvor direkte Kontakte mit der Hamas, die von ihnen als Terrorgruppe angesehen wird, kategorisch ausgeschlossen.

Israelische und palästinensische Zeitungen bewerten Putins Schritt unterschiedlich.:

  • "Yediot Achronot", Israel

Die Einladung Putins an die Hamas ist nicht nur ein Schlag in das Gesicht Israels, es ist auch eine Schande für Russland. KGB-Absolvent Putin träumt davon, Russland könne wieder im Nahen Osten mitmischen. .... Dies wird ein Bund des Blutes. An Putins Händen klebt tschetschenisches Blut, an den Händen der Hamas klebt israelisches Blut.

  • "Maariv", Israel:

Putin hat die große und seltene Gelegenheit erkannt, zur zentralen Hauptfigur im Nahen Osten zu werden, die als einzige in der Lage ist zwischen beiden Seiten zu vermiteln.

  • "Haaretz", Israel:

Putins Einladung ist der Bewies für die Spaltung innerhalb der internationalen Gemeinschaft, und die Hamas versucht diese Spaltung auszunutzen um die Forderungen nach der Anerkennung Israels und bestehender Verträge zwischen Israelis und Palästinensern abszuschwächen. Putins Einladung bietet der Hamas die bisher größte Chance seine Karten gegenüber dem Westen zu verbessern.

  • "al-Quds al-Arabi", London:

Vladimir Putins Statement ist ein Wendepunkt bezüglich Russlands Standpunkt im Arabisch-Israelischen Konflikt. Daher haben weder die USA noch Israel das Recht, Russland vorzuschreiben, wen es einzuladen habe.

  • "al-Ayyam", Palästina:

Israel, die Vereinigten Staaten und das Quartett müssen von ihrem hohen Ross heruntersteigen und zugeben, dass es unmöglich ist die Hamas dazu zu bringen, Israel ohne Gegenleistung anzuerkennen. Israel sollte zunächst eine unilaterale Trennungspolitik stoppen. Werden also die USA und das Quartett Israel davon überzeugen können?

Donnerstag, 9. Februar 2006

2 Wochen in Jerusalem - Erfahrungsbericht Teil 2

Hier die Fortsetzung des Reiseberichts aus Palästina dessen erster Teil gestern erschien.

In Gesprächsrunden mit jungen Palästinensern musste ich entsetzt feststellen, dass sich die Vorstellungen hinsichtlich des Umgangs mit Israel radikalisiert haben. Bis zur Errichtung des „Apartheidsinstruments“(vielfache palästinensische Bezeichnung für den Sicherheitszaun) hätten viele einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 akzeptiert, doch durch diese erneute „Kriegserklärung“ würde die Mehrheit nun die „Vernichtung Israels“ befürworten.
Einige Palästinenser mit denen ich sprach gingen sogar so weit, den Holocaust zu leugnen oder zumindest Opferzahlen herunter zu korrigieren. Besonders als Deutscher fühlt man sich berufen diesen Behauptungen historische Fakten entgegen zu setzen. Beunruhigend sind solche Meinungen gerade bei der jungen Generation der Palästinenser, auf der die Hoffnung vieler für die Schaffung eines eigenen Staates beruht. Doch wenn man die tagtäglichen Repressionen der israelischen Armee und Polizei beobachtet, so lässt sich zumindest eine der Quellen des Hasses lokalisieren.

Die Bandbreite der Schikanen reicht von willkürlichen Abweisungen an Grenzübergangsstellen zur Westbank und zum Gazastreifen, der eingeschränkten Möglichkeit zu Auslandsreisen auf Grund eines fehlenden Passes, spontanen Grenzschließungen, der Inkaufnahme kilometerlanger Umwege für Passanten durch den Sperrzaun, erschwerten Zugängen zu schulischen und medizinischen Einrichtungen, Arbeitsverboten bis zu Hauszerstörungen. Die Beendigung solcher Maßnahmen ist nach meiner Einschätzung eine der wichtigsten Vorbedingungen für einen dauerhaften Frieden. Entgegen der allgemeinen Vorstellung sympathisiert eben nicht jeder Palästinenser mit den terroristischen Mitteln der radikalen Gruppierungen. Die Motivation eines Terroristen ist nicht erblich bedingt, sie resultiert aus den persönlichen Rahmenbedingungen. Und diese sind für die breite Masse alles andere als gut. Unterhaltungen mit Israelis in Tel Aviv oder Mitgliedern von Friedensorganisationen zeigten mir, dass die erniedrigende Art des Umgangs mit den Palästinensern nicht von allen Israelis befürwortet wird, was einen kleinen Anlass zur Hoffnung gibt.

In die Zeit meines Aufenthaltes fiel auch die Räumung des Gazastreifens. Aus diesem Grund wimmelte es im Land von Journalisten, die Interessantes zu berichten hatten. Die meisten rieten dringend von einer Fahrt dorthin ab, weil die palästinensischen Sicherheitskräfte die Lage nicht im Griff hätten und niemand für Sicherheit garantieren könne. An diese Empfehlung hielt ich mich auch. Von dem Einfluss der Hamas konnte ich mich dennoch während eines Besuches der Stadt Nablus überzeugen. Anlässlich der militärischen Räumung organisierte man dort eine große Demonstration. Da unser palästinensischer Begleiter den Checkpoint bei Nablus nicht passieren durfte machte sich eine kleine Gruppe der Campmitglieder allein auf den Weg. Bis auf ein europäisches Kamerateam der AFP hatte ich den Eindruck, dass wir die einzigen Westler in der ganzen Stadt waren. Ursprünglich wollten wir nur eine Stadterkundung machen, von der geplanten Großdemo erfuhren wir erst, als wir die grün geschmückten Straßenzüge und die riesigen Poster mit den Porträts von Scheich Ahmad Yassin und Abd al-Aziz ar-Rantizi an den Hauswänden bemerkten. Europäische Besucher bei Hamas-Veranstaltungen scheinen eher die Ausnahme zu sein. Die ebenfalls in grün geschmückten Einwohner von Nablus waren augenscheinlich etwas irritiert, aber gerne bereit zu Auskünften.

Wir hatten keine Vorstellung was wir zu erwarten hatten, als sich in der Ferne schon ein riesiger Demonstrationszug mit AK-47 Salven ankündigte. Die unterschiedlichen Abteilungen des Zuges, darunter auch eine Kinderbrigade in Kampfanzügen und eine Fahnen schwenkende Frauengruppe, erinnerten an die Bilder sowjetischer Militärparaden. Der Gedanke, dass unter den schwarzen Masken mit grünen Stirnbändern, meist Jugendliche steckten, die wohl keinerlei Ausbildung im Umgang mit Waffen hatten, beunruhigte mich etwas. Doch ging von diesem Schauspiel eine gewisse Faszination aus. Einer der umstehenden Beteiligten führte uns in die Nähe des Propaganda-LKW, von wo aus wir den Worten der Hamasführung im Westjordanland folgen konnten. Meine Arabischkenntnisse ließen mich zumindest verstehen, dass der israelische Abzug aus dem Gazastreifen aus Sicht der Hamas nur ein kleiner Schritt zur Verwirklichung palästinensischer Ziele sei. Die Hetze auf die westliche Kultur im Allgemeinen und die amerikanische im Besonderen wurde durch einige NIKE-Sportschuh tragende „Gotteskrieger“ jedoch ad absurdum geführt. Der Höhepunkt der Demo war das Verbrennen israelischer Papppanzer und Fahnen. Dieses Erlebnis war eines der aufregendsten der gesamten Reise und gab mir einen kurzen Einblick in die Vorstellungswelt einer Organisation, die Bombenanschläge als legitimes Handlungsinstrument betrachtet.

Abgerundet wurde mein Aufenthalt durch eine einwöchige Fahrt quer durch Nordisrael, in Begleitung eines chinesischen Journalisten aus Hong Kong, bevor es von Amman zurück in die Heimat ging. Bei weitem konnte ich nicht alles niederschreiben, was ich in den 4 Wochen erlebt habe. Erhofft hatte ich vor Reiseantritt, dass ich mir danach einige Fragen zum Nahost-Konflikt beantworten könnte, doch musste ich feststellen, dass zu den gewonnenen Antworten mindestens ebenso viele neue Fragen getreten sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war die Bestätigung der journalistischen Weisheit, dass sich die eigene Anschauung vor Ort durch nichts ersetzen lasse. Die Wahrheit erschließt sich eben nicht immer auf den ersten Blick.

An dieser Stelle sei noch einmal auf einen weiteren Erfahrungsbericht eines Kommilitonen verwiesen, in dem dieser von seiner Reise von Jordanien nach Israel berichtet.:

Teil 1

Teil 2

Libanon: Neues Bündnis Hizbullah-Aoun


Die an strategischen Bündnissen und Bündniswechseln wahrlich nicht arme libanesische Politik erlebte gestern die Etablierung einer selbst für ihre Verhältnisse ungewöhnlichen Allianz.
Wenn man nämlich vom Verhältnis zu Syrien, einem entscheidenden Faktor politischer Positionierung im Libanon, ausgeht, treffen hier auf den ersten Blick entgegen gesetzte Pole aufeinander. Allerdings sahen sich beide Seiten, die pro-syrische Hizbullah, sowie die anti-syrische FPM (Free Patriotic Movement) in den letzten Wochen schwerem Druck ausgesetzt, die sie dazu veranlasst hat, sich einander anzunähern, um nicht auf der politischen Verliererstraße zu landen.
Besondere Brisanz erlangt das neue Bündnis auch angesichts der Tatsache, dass sich mit der FPM die stärkste Oppositionspartei mit der Regierungspartei Hizbullah trifft. Die Islamisten unter Führung von Hassan Nasrallah boykottieren nun aber schon seit Wochen die Mitarbeit an der Regierung. Da in dem gemeinsamen Statement von Hizbullah und FPM aber grundsätzlich die selben Probleme angesprochen werden, die auch die Regierung zu lösen sucht (Entwaffnung der Hizbullah, Status der Shebaa-Farmen, Verhältnis zu Syrien), liegt der Schluss nahe, Hizbullah wolle für seine Ziele neue Verbündete ins Boot holen und die Regierung um Fouad Siniora zur Bedeutungslosigkeit verdammen. Ohnehin ist das Verhältnis Nasrallahs zu Drusenführer Walid Joumblat, dessen Partei ebenfalls an der Regierung beteiligt ist, durch gegenseitige Hasstiraden schwer belastet. Breiter gestreute Unterstützung allerdings hat die Hizbullah allerdings mittlerweile auch bitter nötig. Sie kann sich nicht mehr lediglich auf ihre (immer noch beachtlich große) Anhängerschaft stützen. So muss Nasrallah sich flexibel zeigen, um die Zweifel an der Loyalität Hizbullahs zum Libanon aus dem Weg zu räumen.
Nach außen hin soll damit zum einen ein Zeichen zur Integrationswilligkeit der Hizbullah in das libanesische politische System gesetzt werden, zum anderen will sich die Partei Gottes langsam aber behutsam aus der ideologischen Ecke des pro-syrischen Lagers befreien.
Aoun wiederum verfolgt seine ganz eigenen Ziele mit dem neuen Bündnis. Zwar ist seine Partei als stärkste Oppositionskraft aus den Wahlen 2005 hervorgegangen, dennoch steht sie weitgehend isoliert im politischen Spektrum des Libanon. Das hing auch nicht unwesentlich mit den persönlichen Ambitionen Aouns zusammen. Nach der Wahl lehnte er eine Mitarbeit an der Regierung ab, um, so vermuten seine Kritiker, politisch nicht marginalisiert zu werden. Ohnehin wird ihm vorgeworfen, auf die ihm größtmöglichste Macht im Libanon hinzuarbeiten, also das Präsidentenamt. Dabei schwingen natürlich Erinnerungen an die letzten Jahre des Bürgerkrieges mit, in denen Aoun hartnäckig alle Macht auf dich zu vereinen suchte und nach blutigen Kämpfen von Syrien ins Exil getrieben wurde. Dennoch verfügt er über eine vergleichsweise große (auch konfessionsübergreifende) Anhängerschaft, weil er, aus einfachen Verhältnissen stammend, als vergleichsweise wenig korrupt und ausschließlich libanesischen Interessen verpflichtet gilt. Mittelfristig jedoch steht wohl sein eigenes Interesse, endlich zum Präsidenten gewählt zu werden im Vordergrund. Die Unterstützung der Hizbullah im Parlament könnte dafür ausschlaggebend werden.

Mittwoch, 8. Februar 2006

2 Wochen in Jerusalem - ein Erfahrungsbericht aus dem Heiligen Land

Hier der erste Teil eines Erfahrungsberichts eines Kommilitonen über seine Arbeit in einem Work-Camp im muslimischen Viertel Jerusalems. Danke hierfür an D.S.
Teil 2

Im Sommer vergangen Jahres erfüllte ich mir einen schon lange gehegten Traum. Bei einer ausgiebigen Internetrecherche stieß ich auf das interessante Angebot zur Teilnahme an einem international besetzten Workcamp im Herzen Jerusalems. Ohne lange zu zögern, beschloss ich, diese Reise, die sich als wahrlich spannend erweisen sollte, anzutreten.

Der Nachteil von Reiseerzählungen ist der, dass diese ausschließlich auf persönlich gesammelten Eindrücken beruhen und nicht immer einen allgemeingültigen Charakter haben. Dennoch möchte ich den Versuch unternehmen, einen Teil meiner Erlebnisse schriftlich zu verarbeiten, nicht zuletzt aus dem Grund, um den zumeist unreflektierten, euro-zentrischen Blickwinkel auf den arabisch-israelischen Konflikt einmal durch die palästinensische Perspektive zu ergänzen. Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, die das Schreiben über dieses Thema leicht nach sich ziehen kann, sei gesagt, dass der Autor das Existenzrecht des Staates Israel zweifelsohne anerkennt. Nichtsdestotrotz sind es die Repressalien, denen die palästinensische Bevölkerung durch israelische Sicherheitskräfte ausgesetzt ist, wert berichtet zu werden. Dies ist in meinen Augen besonders wichtig, da dasdurch den medialen „mainstream“ erzeugte Bild des Konfliktes die alltäglichen Probleme der vor Ort betroffenen Menschen meist ausklammert. Vielleicht können meine Schilderungen etwas dazu beitragen, einen wenn auch nur punktuellen Einblick, in die Lebensumstände der Palästinenser unter dem Eindruck der von Ihnen als Okkupation empfundenen, israelischen Staatlichkeit zu geben.

Der Zufall wollte es, dass ein Kommilitone meines Arabischkurses im selben Zeitraum meines Aufenthaltes ein Praktikum in Amman absolvierte und die kostengünstigste Verbindung nach Israel eben über die jordanische Hauptstadt führte.
2 Tage hatte ich Gelegenheit Amman zu erkunden und die faszinierende Schwerelosigkeit des Toten Meeres zu genießen, bevor ich mich auf den Weg zur israelischen Grenze machte. Erzählungen von anderen Reisenden, über häufig aus „Sicherheitsbedenken“ abgewiesene Touristen, sorgten für ein gewisses Unbehagen in meiner Magengegend, das durch den syrischen Stempel in meinem Pass noch verstärkt wurde. Doch ohne größere Schwierigkeiten gelangte ich auf die andere Seite des Jordan. Und auch den Treffpunkt mit den anderen internationalen Freiwilligen in Ost-Jerusalem erreichte ich rechtzeitig. Das Gefühl, zum ersten Mal die religionsgeschichtlich so immens bedeutende Stadt zu betreten ist wahrlich einmalig.
Der Workcamp-Leiter führte uns nach einer kurzen Projektvorstellung in ein palästinensisches Gemeindezentrum innerhalb der Jerusalemer Altstadt, welches für die nächsten 2 Wochen unsere Wohn- und Wirkungsstätte sein sollte.

Vordergründiges Ziel des Camps war die Renovierung eines auf dem Gelände befindlichen Kindergartens und die Sanierung eines maroden Fußballplatzes. Doch wurde schnell klar, dass die eigentliche Bedeutung der Anwesenheit von ausländischen Freiwilligen darin bestand, den israelischen Regierungsorganen zu demonstrieren, dass die Lage der Palästinenser auf internationales Interesse stößt. Erklärend sei dazu gesagt, dass das Grundstück des Gemeindezentrums seit Jahren im Visier der israelischen Siedlungspolitik steht, die vorsieht an selber Stelle Wohnhäuser für israelische Familien zu errichten.

Der Zweck dieser Maßnahme ist augenscheinlich. Es geht darum den arabischen Bevölkerungsanteil in der Jerusalemer Altstadt zu reduzieren, um dem arabischen Anspruch auf „al-quds“ eine wichtige Legitimationsquelle zu entziehen.
Der Schwerpunkt des durchgeführten Rahmenprogramms, lag auf der hautnahen Erfahrung mit den palästinensischen Lebensbedingungen. Vormittags galt es also den Sanierungsmaßnahmen nachzugehen, während die Nachmittage zu Erkundungstrips, Diskussionsrunden, Filmvorführungen und dergleichen genutzt wurden. Wer die orientalische Einstellung zum Arbeiten kennt, kann sich leicht vorstellen, dass die Effizienz unserer Tätigkeit sicher verbesserungswürdig gewesen wäre. Doch vielmehr ging es darum einfach vor Ort zu sein und den Menschen im muslimischen Viertel zu zeigen, dass es Europäer, Amerikaner und Asiaten gibt, die bereit sind zu helfen. Bei Spaziergängen durch diesen Teil der Altstadt, kam es häufig zu spontanen Dankesbekundungen der Bewohner für unsere Bemühungen.

Anfänglich hatte ich gewisse Zweifel an der Objektivität der palästinensischen Organisation, die für die Ausrichtung des Camps verantwortlich war, wusste ich doch von ihrer politischen Nähe zur „al-Fatah“ (stärkste Fraktion innerhalb der PLO). Diese Skepsis wurde mir jedoch schnell genommen, da zu spüren war, dass die Campleitung absolut frei von Versuchen polemischer Agitation, nur darum bemüht war uns ein abgerundetes Bild der Situation zu liefern. Bei Besuchen von palästinensischen Flüchtlingslagern konnten wir uns beispielsweise von den katastrophalen hygienischen und infrastrukturellen Zuständen vor Ort selbst überzeugen. Die Fahrten zu den Städten innerhalb des Westjordanlandes wie Bethlehem, Hebron, Nablus und Ramallah zeigten wie sehr sich das Leben der Palästinenser jenseits des, von Israel errichteten Sicherheitszauns, unterscheidet.

Der Bau dieser Mauer wird als tiefe Demütigung empfunden, weil er grob in das Privatrecht der Menschen eingreift. Familien werden dadurch auseinander gerissen, Bauern können auf der anderen Seite liegende Felder nicht mehr bestellen, Häuser die dem Verlauf des Walls im Wege stehen, werden zerstört. Auch wenn von israelischer Seite nachgewiesen werden kann, dass durch die Mauer die Zahl der Selbstmordattentate minimiert wurde, so wird diese Maßnahme unweigerlich zu neuem Hass führen.

Teil 2

Dienstag, 7. Februar 2006

Arabiens Superstar heißt Ibrahim al-Hakami


Ibrahim al-Hakami heißt der Gewinner der dritten Staffel von SuperStar, der arabischen Ausgabe des weltweit erfogreichen Formats "Pop-Idol". Im gestrigen Finale setzte sich der 26-jährige aus Saudi-Arabien gegen die 17-jährige Syrerin Shahd Barmada mit 53 zu 47 Prozent der Stimmen durch. Die Niederlage der ursprünglich favorisierten Barmada gab Spekulationen neuen Auftrieb, nach denen die junge Syrerin wegen ihrer Nationalität vom produzierenden Sender, dem vom libanesischen Geschäftsmann Rafik Hariri gegründeten Future TV, benachteiligt wurde. Für die Ermordung Hariris im Februar 2005 wurden syrische Geheimdienste verantwortlich gemacht.
Mit der gestrigen Finalshow ging die dritte und bisher längste Staffel von SuperStar zu Ende, die im November 2004 mit Castings in den arabischen Metroploen Beirut, Damaskus, Tunis, Dubai, Kairo, Amman aber auch erstmals in den Städten mit großem Anteil an Exil-Arabern Sydney und Los Angeles veranstalteten Castings begonnen hatte. Anders als in anderen Ausgaben des Formats "Pop Idol / Superstar" werden in der Nah-Ost-Ausgabe ausschließlich bekannte arabische Lieder, unter anderem von Größen wie Fairouz und Umm Kulthoum nachgesungen. Nach dem Attentat auf Rafiq Hariri war die Produktion der Show für mehrere Monate unterbrochen worden. Im Dezember und Januar war es nach der Ermordung des libanesischen Politikers und Journalisten Gebran Tueni, sowie dem Tode des Emirs von Kuwait, Jaber al-Ahmad al-Jaber al-Sabah zu weiteren Verzögerungen gekommen.
Die Show gilt als größter Publikumserfolg in der Geschichte des Fernsehens im Nahen Osten. Ali Jaber, Generaldirektor des noch immer im Besitz der Familie Hariri befindlichen Future-TV erklärte: "Es gibt keine Fernsehsendung, die die arabischen Massen so sehr bewegt und vereint." Der Erfolg der Sendung liegt nicht zuletzt darin begründet, dass es die arabischen Zuschauer genießen, durch demokratische Abstimmungen per Telefon Einfluss auf den Verlauf der Show nehmen können. Eine Möglichkeit, die dem Großteil von ihnen im politischen Prozess verwährt bleibt.

Montag, 6. Februar 2006

Iran: Wirtschaft leidet unter Konflikt um Atomprogramm


Trotz der gesicherten Einnahmen durch Rohöl-Exporte gerät Irans Wirtschaft im Zuge des Atomkonflikts mit der internationalen Staatengemeinschaft immer weiter unter Druck. Nach der Einschätzung von Ökonomen und Analysten muss besonders der private Sektor, auf den die Regierung in Teherans seine Hoffnungen bezüglich der Bekämpfung der Jugendarbeitsolsigkeit gesetzt hatte mit zum Teil erheblichen Einbußen rechnen.
Westliche Investoren würden durch den kompromisslosen Kurs und die agressive Rhetorik von Staatspräsident Mahmud Ahmedinejad abgeschreckt. "Investoren müssen sich sicher fühlen, aber jetzt gibt es große Besorgnis wegen des Nuklearprogramms", erklärte ein Broker der Teheraner Börse gegenüber AFP. "In den letzten Wochen gab es bereits einen konstanten Abwärtstrend. Der Markt reagiert mit Sorge auf den Atomkonflikt. Die Vorlage des Falls vor den UN-Sicherheitsrat wird ein weiterer Schock für den Markt werden."
Auch Iraner selbst scheuen sich davor ihr Geld im eigenen Land langfristig, etwa in Immobilien, anzulegen. "Meine Kunden, die den Kauf von Häusern oder Land geplant hatten, haben ihre Käufe verschoben. Alle warten ab, wie sich der Streit um das Atomprogramm entwickeln wird, und halten zunächst ihr Geld zurück.", berichtet Ali Rahimi, Immobilienmakler aus Teheran.
Viele wohlhabende Iraner ziehen ihr Kapital aus der Heimat ab und legen es im sicheren Ausland, bevorzugt in den Vereinigten Arabischen Emiraten, an.
"Die Probleme um das Nuklearprogramm haben definitiv einen negativen Einfluss auf die Volkswirtschaft, besonders auf den Investmentbereich", erläutert Mehdi Sahraian, Universitätsprofessor und Wirtschaftsberater. "Die Regierung kann die entstandene Investitionslücke vielleicht schließen, aber sie kann das Vertrauen privater Investoren in den iranischen Markt nicht wiederherstellen. Und sollte es wirklich zu Sanktionen kommen, wird die Lage noch schlimmer."

Sonntag, 5. Februar 2006

Muslimische Mediziner fordern Fatwas gegen das Rauchen

Eine Gruppe britischer Medziner muslimischen Glaubens hat die religiösen Führer des Islams aufgefordert, Rechtsgutachten (arabisch: fatwa) zu erlassen, in denen das Rauchen untersagt wird. In ihrem gestern im British Medical Journal (BMJ) erschienen Beitrag wiesen die drei Wissenschaftler darauf hin, dass der Anteil von Rauchern an der Gesamtbevölkerung in islamischen Ländern zu den höchsten der Welt gehört.
Studien haben etwa ergeben, dass in Syrien und Jordanien bis zu zwei Drittel aller männlichen Erwachsenen zur Zigarette greifen. Versuche, das Rauchen in diesen Ländern zurückzudrängen seien in der Vergangenheit immer wieder an der tief in den Gesellchaften verwurzelten Sitte des Rauchens, sowie an fehlenden Anti-Raucher-Gesetzen gescheitert, erklärten die Mediziner. Zudem hätten die religiösen Autoritäten des Islam das Ausmaß des Problems noch immer nicht erkannt und dem Tabakgenuss eine religiöse Akzeptanz verliehen.
Man erhoffe sich nun mit Hilfe von Rechtsgutachten das Rauchen in den arabischen Gesellschaften endämmen zu können. Dennoch sollten diese Fatwas von anderen Maßnahmen wie einem Werbeverbot nach EU-Vorbild, dem Verbot des Zigarettenverkaufs an Minderjährige, sowie speziell auf Muslime zugeschneiderten Aufklärungskampagen begeleitet werden, fordern die Ärzte. So sei der Fastenmonat Ramadan, in dem die Muslime zum Verzicht auf Zigaretten aufgefordert werden, ideal um mit einer Anti-Raucher-Kampagne auf die Gefahren des Tabakkonsums aufmerksam zu machen.
Im sunnitischen Islam sind Fatwas Rechtsgutachten, die keinerlei rechtliche Bindung für den einzelnen Muslim besitzen. Die Befolgung hängt nicht zuletzt mit der moralischen und religiösen Autorität des Rechtsgelehrten zusammen.

Samstag, 4. Februar 2006

Irak: Besatzungstruppen in Antiquitätenschmuggel verwickelt


Viele Schmuggler von Antiquitäten im Irak verkaufen ihr Diebesgut an Soldaten der US-geführten Besatzungstruppen im Land. Mohammed Mehdi, Leiter der Verwaltung der kulturellen Stätten in der Provinz Najaf, sagte der irakischen Tageszeitung "az-Zaman", kürzlich festgenommene Hehler hätten zugegeben für ausländische Soldaten zu arbeiten. Einige Schmuggler hätten spezielle Ausweise bei sich getragen, die ihnen den Zugang zu Militärlagern der Koalitionsstreitkräfte ermöglicht häten.
Mehdi machte keine Angaben zur Nationalität der ausländischen Militärs, erklärte aber, die gestohlenen Antiquitäten seien mehrheitlich an Soldaten in Diwaniya, 180 km südlich von Baghdad verkauft worden. Dort sind neben GIs auch bulgarische Soldaten stationiert.
Erst vor wenigen Tagen seien, so Mahdi, sieben Schmuggler, unter ihnen ein Syrer, mit 174 teilweise sehr kostbaren Kunstschätzen aufgegriffen worden. "Sie trugen Marken bei sich, die ihnen den Zugang zu Militärcamps der ausländischen Streitkräfte ermöglichen. Dort verkaufen sie die Kulturgüter, die aus irakischen Mussen und Ausgrabungsstätten gestohlen wurden, an Soldaten, die sie außer Landes schaffen." Das Hauptquartier der US-Streitkräfte im Irak war zu keiner Stellungnahme bereit.
Seit dem Sturz des Saddam-Regimes haben die mehr als 10000 antiken Stätten des Irak unter Plünderungen und Verwahrlosung zu leiden. Auch das irakische Nationalmuseum in Bagdad, das einst die weltweit größte Sammlung mesopotamischer Kunstschätze beherbergte, wurde im April 2003 weitgehend ausgeplündert. Auch Fatwas islamischer Geistlicher wie des bedeutendsten schiitischen Klerikers des Irak, Großayatollah Ali Sistani, der den Diebstahl und Handel mit Antiquitäten untersagte, haben bislang kaum Wirkung gezeigt.

Freitag, 3. Februar 2006

Nahost-Presse zum Streit über die Muhammad-Karikaturen

Die Presse in den arabischen Ländern des Nahen Ostens betrachtet die Reaktionen aus der arabischen Welt durchaus gespalten. Einige Blätter feiern die Wiederentdeckung des Boykottes als politisches Druckmittel, andere warnen vor einem Religionskrieg. Manche Zeitungen stellen die Motive der arabischen Regierungen in Frage.

  • "al-Watan", Qatar:

Der Boykott dänischer Produkte in der arabischen und islamischen Welt hat einen sehr ernsthaften Effekt. Dies bestätigt die Wichtigkeit der Waffe des Boykotts, den die Vereingten Staaten den Arabern in ihrem Kampf gegen die israelische Existenz genommen haben

  • "al-Ray al-Aam", Kuwait:

Die große Angst, die Dänemark angesichts des Boykotts erfasst hat, hat uns erfreut. Seltsam ist jedoch, dass die muslimische Welt einen Boykott dänischer Produkte wegen der Beleidigung des Propheten initiierte, nicht jedoch amerikanische Produkte wegen der Beschmutzung des Korans boykottiert hat.

  • "al-Riyad", Saudi-Arabien:

Die dänische Zeitung hat eine abscheuliche Verletzung von UN-Konventionen und Gesetzen begangen und das Recht der Meinungsfreiheit rechtfertigt nicht die Beleidigung von Religion und Glauben.

  • "al-Watan", Saudi-Arabien:

Jeder Versuch der europäischen Presse sich mit der dänischen Zeitung zu solidarisieren, wird als sehr gefährlicher Schritt zur Auslösung eines großangelegten internationalen Religionskrieges angesehen.

  • "al-Ray", Jordanien:

Der Angriff durch diese beleidigenden Karikaturen zeigt die Schwäche unserer arabischen und islamischen Nationen. Diese Unverschämtheit hatte ihre Grenzen bereits mit der Schändung des Korans in den Gefängnissen von Guatemala [sic] und Israel überschritten.

  • "Akhbar al-Khaleej", Bahrain:

Es gibt zahlreiche Forderungen in der arabischen Welt nach einem Abbruch der Beziehungen zu Dänemark und einige Länder haben ihre Botschafter zu Konsultationen abgezogen. Dies hat aber eher mit Übertreibungen und dem Versuch, allen anderen eine Nasenlänge voraus zu sein, zu tun, als mit hehren Motiven und Vernunft.

  • "as-Safir", Libanon:

Diese Geschichte erinnert an die Affäre um Salman Rushdies "Satanische Verse", in denen er den Islam verunglimpfte. Er gab Khomeini eine goldene Möglichkeit sein triviales Buch gegen iranische Revolutionäre, die eine Aussöhnung mit dem Westen forderten, einzusetzen. Die Araber und Muslime, die heute gegen Dänemark protestieren vermögen es nicht, die Cartoon-Affäre für politische Zwecke einzusetzen.

  • "az-Zaman", Irak:

In seiner Entschuldigung erklärte der Herausgeber, die Karikaturen seien bereits vor vier Monaten erschienen. Der Mann muss über die verspätete Reaktion sehr verwundert gewesen sein, weil er nicht wusste, dass eine arabische oder muslimische Botschaft keinen anderen Zweck hat, denn als bequemes Rückzugsgebiet für vergnügungssüchtige Politiker zu dienen, denen der Sinn nach Orgien steht, die freigiebig Geld verprassen, das andernfalls genutzt werden könnte um das Leid, das zu einem Kennzeichen der muslimischen Nation geworden ist zu mindern, zu deren Verteidigern sie sich jetzt aufschwingen aber auch erst vier Monate nach der Veröffentlichung.

Donnerstag, 2. Februar 2006

Saudi-Arabien und Iran kritisieren Bushs Forderungen nach mehr Demokratie

Die Regierungen Saudi-Arabiens und Irans haben den neuerlichen Appell des US-Präsidenten George W Bush für mehr Demokratie im Nahen und Mittleren Osten zurückgewiesen und Bush aufgefordert sich nicht länger als "alleinigen Agenten für Reformen" aufzuführen.
Der US-Präsident hatte weite Teile seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag der Nahost-Politik gewidmet und erklärt, es werde keinen schnellen Abzug der US-Truppen aus dem Irak geben. An Ägypten und Saudi-Arabien hatte er Forderungen nach größeren Anstrengungen bei der Demokratisierung des politischen Prozesses gerichtet. Außerdem hatte Bush die Absicht formuliert in den nächsten 20 Jahren die Öl-Importe aus der Golfregion um 75% kürzen zu wollen. An das iranische Volk wandte sich George Bush mit folgenden Worten.:"Wir respektieren Ihr Recht, Ihre Zukunft selbst zu bestimmen und Ihre Freiheit zurückzugewinnen. Und unsere Nation hofft, eines Tages zu den engsten Freunden eines freien und demokratischen Iran zu gehören."
In einer ersten Reaktion bezeichnete Irans Präsident Mahmud Ahmadinejad Bush als Kriegstreiber, der vor einem "Volkstribunal" zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Weiter erklärte er: "Ich sage euch falschen Supermächten, dass die iranische Nation vor 27 Jahren unabhängig wurde. Du, der das zionistische Marionettenregime unterstützt, du, der die Zerstörung palästinensischer Häuser unterstützt, du hast kein Recht von Freiheit und Menschenrechten zu sprechen."
Auch aus Saudi-Arabien, dessen Königsjaus noch immer enger Verbündeter Washingtons ist, kam Kritik an der Rede Bushs. Mitglieder des Schura-Rats, des höchsten beratenden Gremiums, erklärten, das Land vollziehe Reformen nach eigenem Willen und eigenem Tempo. "Saudi-Arabien ist der Staat, der am stärksten Forderungen nach Reformen nachgekommen ist, aber Reformen unter der Führung von König Abdullah sind nicht gebunden an Aufforderungen durch die Vereinigten Staaten.", so Mohammad al-Zalfa, Delegierter im Schura-Rat.
Die Hamas-Bewegung, die als Gewinner aus den palästinensischen Parlamentswahlen hervorgegangen ist, hat Bushs Forderungen nach einer Entwaffnung der Gruppe und der Anerkennung Israels ebenso deutlich zurückgewiesen. Moussa Abu Marzouk, Vizechef des Politbüros der Hamas, erklärte gegenüber "Daily Star": "Diese Bedingungen können nicht akzeptiert werden und der US-Präsident sollte endlich die Realitäten anerkennen. Das palästinensische Volk hat seine demokratische Wahl getroffen, auf eine Art und Weise die grundlegend westlich ist, und sie haben sich für die Hamas entschieden."

Libanon: Neue Resolution verlängert UNIFIL-Mandat im Südlibanon

Bis zum 31. Juli, so beschloss der UN-Sicherheitsrat gestern einstimmig, soll das Mandat der UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) verlängert werden. Bedeutungsschwerer wiegt allerdings die ebenfalls in dieser Resolution 1655 formulierte Aufforderung an die libanesische Regierung, mittelfristig die volle staatliche Authorität im Südlibanon wiederherzustellen. Den Hintergrund für den erneuten UN-Beschluss bilden die seit Monaten wieder aufflackernden Grenzkämpfe zwischen IDF (Israeli Defense Force) und Hizbullah, wobei letztere in der Resolution eindeutig als Auslöser der meisten Zwischenfälle identifiziert werden. Eindeutig geht aus dem Text hervor, dass Hizbullah aufgrund seiner militärischen Aktivitäten im Südlibanon von der UN als (illegitime) Miliz angesehen wird.
Eben jener Streitpunkt lähmt zurzeit auch die libanesische Innenpolitik und hat eine Grundsatzdiskussion über Charakter und Aufgabe der Hizbullah in Gang gesetzt.
Seit nunmehr 7 Wochen nämlich weigern sich die schiitischen Minister von Amal und Hizbullah an der Regierung weiter teilzunehmen. Der Parlamentsbeschluss, der ein internationales Untersuchungstribunal zum Mordfall Hariri ratifizierte, bildete dafür zunächst den Anstoß, protestierte Hizbullah doch gegen das Nachgeben gegen westlichen Druck und eine Vorverurteilung seines Verbündeten Syriens.
Zum eigentlichen Streitpunkt aber entwickelte sich die danach gestellte Forderung, die Hizbullah nicht als Miliz zu betrachten, sondern ihren militärischen Aktivitäten als nationalen Widerstand zu erklären die offizielle parlamentarische Rückendeckung zu geben. Ministerpräsident Fouad Siniora zeigt sich in diesem Punkt durchaus kompromissbereit, jedoch fordert er eine militärische Beschränkung auf rein libanesisches Gebiet. Dafür kommen nur die immer noch unter israelischer Okkupation stehenden Shebaa-Farmen im Ländereck Syrien-Libanon-Israel in Frage. Da die israelische Okkupation dieser Gebiete auch durch UN-Resolutionen (Nr. 425) verurteilt wird, sieht die Regierung darin einen Ausweg, das militärische Potenzial der Hizbullah zu kanalisieren und gleichzeitig zu legalisieren. Darüber hinaus gehende Auseinandersetzungen zwischen IDF und Hizbullah dagegen, wie sie die neueste UN-Resolution anprangert, kann und wird Siniora nicht dulden können, ebenso wie der große Teile der libanesischen Bevölkerung, die die Hizbullah sowieso verdächtigen, eher im Interesse ihrer Schutzmächte Syrien und Iran zu handeln als im libanesischen.

Mittwoch, 1. Februar 2006

Marokko: Ärger über Besuch Zapateros in spanischen Exklaven Ceuta und Melilla


Spaniens Ministerpräsident José Luis Zapatero hat gestern als erster spanischer Regierungschef seit 25 Jahren die spanischen Exklaven Ceuta (arabisch: Sebta) und Melilla besucht. In der marokkanischen Presse stieß die Visite in den aus ihrer Sicht widerrechtlich besetzten marokkanischen Städten auf Kritik und Unverständnis.
Die französisch-sprachige Zeitung "Le Matin du Sahara et du Maghreb" etwa nannte den Besuch Zapateros "unangebracht, provokant und zum Nachteil der Morokkaner" und kritisierte, "dies ist das erste Mal, dass der Besuch eines spanischen Premierministers unilateral angekündigt wurde, wodurch Marokko und die internationale Gemeinschaft vor vollendete Tatsachen gestellt wurden." Zudem erinnerte das in Casablanca ansässige Blatt daran, dass bislang weder Spaniens König Juan Carlos, noch Kronprinz Felipe, Ceuta und Melilla besucht haben und selbst der konservative Vorgänger Zapateros, José Maria Aznar, unter dem die spanisch-marokanischen Beziehungen fast einen "toten Punkt" erreicht hatten, von einem Besuch in den Exklaven am Mittelmeer abgesehen hatte.
Die arabisch-sprachige Tageszeitung "Al-Ittihad Al-Ichtiraki" erklärt, "der Besuch bringt unseren Freund Zapatero in Widerspruch mit der Politik der guten Nachbarschaft und des gegenseitigen Vertrauens." Das Blatt, Zentralorgan der führenden marokkanischen Partei USFP, fordert zudem der spanische Ministerpräsident solle für "eine Beendigung des Kolonialismus und nicht für seine Unterstützung" sorgen.
Die beiden Städte, aus spanischer Sicht Exklaven, für Marokkaner Enklaven auf ihrem Staatsgebiet, waren seit ihrer Eroberung durch Spanier bzw. Portugiesen im 15.Jahrhundert stets Mittelpunkt von Streitigkeiten zwischen Marokkanern und Spanier, die Ceuta im 17.Jahrhundert von den Portugiesen geerbt hatten. An der nordmarokkanischen Küste gelegen, sind Melilla und Ceuta die südlichsten Vorposten der Europäischen Union und daher immer wieder Ziel von Flüchtlingen. In jedem Jahr verlieren dutzende Migranten, mehrheitlich aus dem subsaharischen Afrika, bei dem Versuch die mit Stacheldrahtzaünen und Mauern gesicherten Gebiete zu erreichen.