Die Außenminister der arabischen Staaten haben am Wochenende einen Plan vorgelegt, der den Weg für die Wahl Michel Sleimans zum neuen libanesischen Präsidenten freimachen und die Krise im Libanon beenden soll. Das Abkommen, das unter Zustimmung Saudi-Arabiens und Syriens von der Arabischen Liga in Kairo verabschiedet wurde, sieht als ersten Schritt eine Änderung der libanesischen Verfassung vor, um dem Oberbefehlshaber der libanesischen Armee die Übernahme der Präsidentschaft zu ermöglichen. Nach dessen Vereidigung solle eine Regierung der Nationalen Einheit gebildet werden, an der auch die jetzigen Oppositionsparteien beteiligt sind.
Unklar ist bislang noch wie die Zusammensetzung des künftigen Kabinetts aussehen soll. Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah hatte noch in der vergangenen Woche in einem Interview mit dem libanesischen TV-Sender NBN seine Forderung bekräftigt, dass die Opposition in der künftigen Regierung mindestens ein Drittel der Minister stellen müsse, bevor man die Wahl eines neuen Präsidenten ermögliche. Mit dieser Sperrminorität könnte die jetzige Opposition künftig alle Entscheidungen des Kabinetts blockieren - eine Möglichkeit, die vom aktuellen Regierungsbündnis vehement abgelehnt wird.
Nach einem Bericht der libanesischen Tageszeitung ad-Diyar sieht der Plan der Arabischen Liga vor, dass in der neuen Regierung jeweils 10 Minister von Regierung und Opposition nominiert werden. Weitere 10 Kabinettsposten sollten von Politikern besetzt werden, die der Präsident selbst auswählt. Dadurch würde keines der beiden verfeindeten Lager die Möglichkeit besitzen Entscheidungen des anderen zu blockieren und die Macht des Präsidenten würde entscheidend gestärkt.
Faktisch würde die Umsetzung dieses Plans eine Abkehr vom Taif-Abkommen von 1989 bedeuten, in dem die Macht des Staatspräsidenten deutlich beschnitten wurde. Dies bedeutet gleichzeitig eine Stärkung der politischen Rolle der Christen im Libanon, da das Amt des Staatspräsidenten im Libanon stets mit einem Maroniten besetzt wird. Die Position des sunnitischen Ministerpräsidenten würde durch die neue Regelung geschwächt.
Die Tatsache, dass sowohl sunnitische arabische Staaten wie Saudi-Arabien, Jordanien oder Ägypten, die das Regierungslager im Libanon stützen, als auch Syrien, der wichtigste arabische Verbündete der Opposition, dem Plan der Arabischen Liga zustimmten, gibt dieser Initaitive gute Chancen auch tatsächlich umgesetzt zu werden. Prominente Köpfe des Regierungsbündnisses wie Saad Hariri, Chef der größten sunnitischen Partei al-Mustaqbal, oder Amin Gemayel, Vorsitzender der christlichen Kataib, begrüßten das Kairoer Abkommen.
Auch aus dem Oppositionsbündnis kam vorsichtige Zustimmung. Parlamentssprecher Nabih Berri, Kopf der schiitischen Amal-Bewegung, lobte die Entscheidung der arabischen Außenminister und erklärte er hoffe auf eine Umsetzung des Plans. Keine Reaktion gab es bislang von den wichtigsten Bündnispartnern Hariris, dem Führer der Lebanese Forces, Samir Geagea, sowie von Walid Jumblatt, dem wichtigsten politischen Vertreter der drusischen Minderheit im Libanon. Auch von Hassan Nasrallah gab es bislang noch keine Stellungnahme.
Nach jetzigem Stand könnten beide politischen Lager dem Kompromiss zustimmen, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Die Regierungsseite kann darauf verweisen eine Sperrminorität der Hizbollah und ihrer Verbündeten im Kabinett verhindert zu haben. Michel Aoun, Chef der größten christlichen Bewegung innerhalb der Opposition, kann argumenieren nur durch seine bislang kompromisslose Haltung sei dieser Kompromiss der Regierung überhaupt erst aufgezwungen worden. Daher sei es ihm zu verdanken, dass die Rolle des christliche Präsidenten im Machtgefüge der libanesischen Politik deutlich an Gewicht gewinne. Daneben kann die Opposition für sich verbuchen, dass die Machtposition des sunnitischen Ministerpräsidenten geschwächt wurde.
Montag, 7. Januar 2008
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4 Kommentare:
Ob die Position des libanesischen Präsident durch den Kairoer Plan der Arabischen Liga gestärkt hervorgeht, wird sich erst nach dessen Umsetzung zeigen. Er wird durch seine Nominierungsbefugnis auch vermehrt Zielscheibe der Kritik und zwar von allen Seiten. Theoretisch könnte er mit einem Drittel der Kabinettsposten Mehrheitsverhältnisse auf den Kopf stellen. Aber so neu ist dieses Machtinstrument nicht, Lahoud hat m.W. auch ein paar Kabinettsminister auswählen dürfen.
Das die Rolle des Präsidenten durch die Ausweitung seiner Kompetenzen gestärkt würde, steht wohl außer Frage.
Auf einem anderen Blatt steht, ob der politisch unerfahrene General Sleiman dafür der richtige Mann ist, der sich gegen die Scharfmacher aus den rivalisierenden Lagern wird durchsetzen können.
Ich habe eben noch mal einen Bloick ins Taif-Abkommen und die Verfassung geworfen. In beiden heißt es, dass der Präsident in Übereinstimmung mit dem Ministerpräsident das Dekret zur Kabinettsbildung veröffentlicht.
Dass in der Vergangenheit jedoch ein Präsident ohne Rücksprache mit dem Regierungschef Minister ernannt hat, ist mir nicht bekannt.
Es wird sich zeigen, ob der zukünftige Präsident nun vielleicht doch politische Talente besitzt. Das Präsidentenamt ist nun fast 1 1/2 Monate vakant und somit politisch beschädigt. Keine leichte Aufgabe für den neuen Amtsinhaber.
Die anderen politischen Agierenden im Land mögen zwar über mehr politische Erfahrung verfügen, aber wie nicht wenige Libanesen meinen, dass es keine richtigen Politiker im Land gibt. Sie sind entweder ehemalige Milizenchefs, Militärs, Milliardärssöhnchen, Professoren oder Geistliche.
Die Scharfmacher bleiben in ihren Positionen, ob gewählt oder nicht.
Die Herausforderung für den neuen Amtsinhaber ist sehr groß.
#3: Dem gibt es nichts hinzu zu fügen.
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