Das irakische Parlament hat gestern ein Gesetz verabschiedet, das Mitgliedern der Baath-Partei von Saddam Hussein die Rückkehr ins öffentliche Leben ermöglichen soll. Das "Gesetz der Gerechtigkeit und Verantwortung" sieht vor, dass sich Mitglieder der aufgelösten Partei künftig wieder für den öffentlichen Dienst und das Militär bewerben dürfen. Hochrangige Baath-Kader haben dieses Recht nicht, dafür aber Anspruch auf Renten und Pensionen.
Ausdrücklich schließt das Gesetz eine Rückkehr ehemaliger Baathisten auf Posten im Finanz-und Außenministerium aus. Außerdem werden Mitglieder der Fedayeen, einer Spezialeinheit der irakischen Armee, sowie des Geheimdienstes nicht von den neuen Regelungen profitieren. Insgesamt dürften knapp 35000 Iraker und ihre Familien von dem Gesetz begünstigt werden.
Das gestern beschlossene Gesetz löst ein Ent-Baathifizierungsdekret des damaligen amerikanischen Staathalters im Irak, Paul Bremer, aus dem Jahr 2003 ab. Dieses hatte nach dem Vorbild der Entnazifizierung im Nachkriegs-Deutschland zur Auflösung der Armee, sowie zur Entlassung Tausender öffentlicher Bediensteter und Uni-Professoren geführt. Da sich die Anhängerschaft des mittlerweile hingerichteten Ex-Diktators Saddam Hussein überwiegend aus der sunnitischen Minderheit im Irak rekrutierte, fühlten diese sich durch Bremers Dekret diskriminiert.
Die Verabschiedung des neuen Baath-Gesetzes war eine der Forderungen der US-Regierung an die irakische Führung die im Zusammenhang mit der Verstärkung der amerikanischen Truppen im Irak vor einem Jahr erhoben wurde. US-Präsident Bush lobte die Entscheidung der irakischen Nationalversammlung während seiner Nahost-Reise als "wichtigen Schritt auf dem Weg zur Versöhnung".
Ein genauerer Blick auf das Zustandekommen des Gesetzes lässt jedoch Zweifel an dieser Lesart aufkommen. Nur 143 der 275 Abgeordneten waren bei der Abstimmung im Parlament anwesend, das notwendige Quorum von 140 wurde nur knapp erreicht. Paradoxerweise haben ausgerechnet Politiker, die von den neuen Regelungen am meisten profitieren könnten, das Gesetz kritisiert.
So waren etwa die Parlamentarier des Nationalen Dialog-Rats des Ex-Baathisten Salih Mutlak, so wie der Irakischen Nationalen Liste des ehemaligen Baath-Mitglieds Iyad Allawi der Abstimmung aus Protest ferngeblieben. Als einziger sunnitischer Fraktion stimmte die Islamische Irakische Partei von Vize-Präsident Tarek al-Hashemi für das Gesetz. Mutlak kritisierte, das Gesetz diene weniger einer Versöhnung von Schiiten, Sunniten und Kuden sondern solle ausschließlich die US-Regierung besänftigen.
Dagegen stimmten die Anhänger des schiitischen Predigers Muqtada al-Sadr geschlossen für das Gesetz, das den Mitgliedern der ihnen verhassten Baath-Partei entgegenkommt. Als Ministerpräsident Nuri al-Maliki den Gesetzentwurf im November 2007 im Parlament einbrachte, hatten die Sadristen noch aus Protest den Plenarsaal verlassen. Immerhin war Saddams Baath-Partei für die Hinrichtung zweier von ihnen verehrter schiitischer Gelehrter, Muhammad Baqir al-Sadr und Muhammad Sadiq al-Sadr, verantwortlich, die 1980 bzw. 1999 ermordet wurden. Baqir al-Sadr ist der Schwiegervater, Sadiq al-Sadr der Vater von Muqtada al-Sadr.
Die sunnitischen Parteien kritisieren besonders einen Passus im neuen Gesetz mit dem verhindert werden soll, dass "die Baath-Partei oder andere Gruppen ideologisch, politisch oder durch Terror und Gewalt zurückkehren können." Diese Klausel könne von der schiitischen und kurdischen Parlamentsmehrheit missbraucht und gegen aktuelle sunnitische Parteien verwandt werden, gerade wenn sich dort ehemalige Baathisten auf führenden Posten befinden.
Die in den Untergrund abgetauchten Baath-Anhänger erklärten auf ihrer Internetseite, sie lehnten das Gesetz ab, da es nur dazu diene den "faschistischen Charakter" der bestehenden Regelungen zu verschleiern, nachdem diese zur Ermordung und Vertreibung von Millionen Irakern geführt hätten. Der bewaffnete Widerstand werde fortgesetzt.
Sonntag, 13. Januar 2008
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