In Qatars Hauptstadt Doha hat heute das 21. Gipfeltreffen der Arabischen Liga begonnen. Im Vorfeld der Konferenz wurde die Versammlung als "Gipfel der Versöhnung" annonciert, der die Spaltung der arabischen Staaten überwinden solle. Dass dieses Vorhaben gelingt, scheint jedoch höchst zweifelhaft. Ägyptens Präsident Husni Mubarak bleibt dem Treffen jedenfalls fern, aus Ärger über die deutliche Kritik aus Qatar an der ägyptischen Haltung während des Gazakrieges. Außerdem ist Mubarak offenbar eifersüchtig auf das wachsende diplomatische Gewicht des kleinen Golfstaats bei der Vermittlung in arabischen Krisen, etwa im Libanon oder dem Sudan.
Umso größer ist die Aufmerksamkeit, die Sudans Präsident Umar al-Bashir durch seine Teilnahme am Arabischen Gipfel auf sich zieht. Seine Reise nach Qatar ist bereits der vierte Auslandsbesuch des Staatschefs seit der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Anfang des Monats Haftbefehl gegen ihn erhoben hat. Bashirs Anwesenheit ist umso brisanter angesichts der Tatsache, dass UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon ebenfalls am Gipfeltreffen teilnimmt. Deutlicher kann die Wirkungslosigkeit des Internationale Haftbefehls gegen Bashir kaum demonstriert werden.
Die arabischen Staatschefs haben ihrem Amtskollegen aus Khartoum heute deutlich ihre Solidarität ausgesprochen und den Haftbefehl aus Den Haag verurteilt. Der Haftbefehl sei ein weiterer Versuch, die Araber zu schwächen, so Syriens Präsident Bashar al-Assad in seiner heutigen Rede.
Neben den Entwicklungen im Sudan stehen die Bemühungen um die Bildung einer palästinensischen Einheitsregierung aus Hamas und Fatah im Mittelpunkt der Gespräche. Außerdem wird es darum gehen eine gemeinsame Haltung gegenüber der neuen israelischen Regierung von Benyamin Netanyahu und Avigdor Liebermann zu formulieren. Auch über das Verhältnis zum Iran dürfte debattiert werden. Teheran selbst hat Außenminister Manoucher Mouttaki als Beobachter nach Doha geschickt.
Für große Aufregung sorgte am Eröffnungstag einmal mehr das Enfant Terrible der arabischen Diktatoren, Muammar al-Qadhafi. Er unterbrach die Eröffnungsrede des Emirs von Qatar um anschließend Saudi-Arabiens König Abdullah gleichzeitig anzugreifen und ihm ein Versöhnungsangebot zu unterbreiten. Er bezichtigte den Monarchen "von Großbritannien geschaffen und den Amerika beschützt" zu werden.
Gleichzeitig lud Qadhafi Abdullah jedoch zu einem Besuch ein und erklärte keine persönlichen Differenzen mit dem König zu haben. Anschließend verließ Libyens Diktator den Konferenzsaal, jedoch nicht ohne sich vorher als "König der Könige Afrikas und Imam der Muslime" selbst zu beweihräuchern. Angeblich nutzte er daraufhin die Zeit für einen Privatbesuch im Museum für Islamische Kunst in Doha. Später sollen sich Qadhafi und Abdullah im Beisein des Emirs von Qatar ausgesprochen haben.
Insgesamt ist es jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass der Arabische Gipfel außer der Solidaritätsbekundungen für Umar al-Bashir greifbare Ergebnisse liefern wird. Vermutlich werden sich die versammelten Staats- und Regierungschefs lediglich auf Absichtserklärungen einigen. Die Vergangenheit hat oft genug gezeigt, dass die arabischen Staatsmänner bei solchen Gelegenheiten zwar gerne die arabische Einheit beschwören, diese Bekundungen jedoch kaum das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind.
Montag, 30. März 2009
Tödlicher Anschlag auf PLO-Führer im Libanon
Hier ein Gastbeitrag eines befreundeten Doktoranden:
Kamal Naji (auch bekannt als Kamal Medhat) wurde am 23. März Opfer eines Attentats. Eine Autobombe tötete ihn und drei seiner Gefährten im Südlibanon in der Nähe des Flüchtlingslagers Mieh Mieh. Der Libanon, der bereits Schauplatz vielfältiger Regionalkonflikte ist, scheint immer mehr auch vom inner-palästinensischen Konflikt direkt betroffen zu sein.
Naji war ein palästinensischer Widerstandskämpfer der ersten Stunde. Seine Familie stammte aus Jaffa, wurde von jüdischen Siedlern vertrieben und lebte danach als Flüchtlinge im Gazastreifen. Dort begann Naji nach eigenen Angaben im Alter von 16 Bomben zu bauen, um sie gegen israelische Panzer einzusetzen. Er war bereits Fatah-Mitglied als er 1968 in den Libanon kam. An der Seite Arafats führte er von hier aus den Befreiungskrieg gegen Israel. Er studierte an der Lebanese University, machte weiter Karriere in der Fatah und später in der PLO und wurde schließlich nach dem Abzug Syriens aus dem Libanon 2005 zum stellvertretenden PLO-Chef im Libanon ernannt. Sein Einfluss stützte sich auf seine guten Kontakte zu lokalen Führern in den Flüchtlingslagern. Er vermittelte in Konflikten und verhandelte auch mit rivalisierenden Bewegungen, einschließlich der Hamas.
Dieser Anschlag fallt in eine Zeit lang anhaltender politischer Spannungen zwischen Fatah und Hamas. Spätestens seit den blutigen Machtkämpfen 2007 in Gaza, die die Hamas für sich entschied und daraufhin die Macht ergriff, werfen sich beide Seiten im Libanon gegenseitig vor, die Kontrolle über die Flüchtlingslager mit Gewalt sichern bzw. erobern zu wollen. „Hamas is trying to bring the conflict to Lebanon“, sagte mir Kamal Naji vor drei Monaten ein einem Interview. Auf Nachfrage ergänzte er, dass Hamas seit einigen Monaten versuche, die Fatah militärisch herauszufordern. Er zeigte sich zwar überzeugt, dass Fatah unter den Palästinensern im Libanon weiterhin die deutlich populärste Bewegung darstelle. Dennoch war er besorgt über die Strategie der Hamas, Allianzen mit Fatah-feindlichen und pro-syrischen Gruppierungen einschließlich der libanesischen Hisbollah zu schmieden.
Dass die Rivalitäten ausgerechnet im Libanon Gewaltpotential besitzen, liegt an den außergewöhnlichen Bedingungen der Palästinenser in diesem Land. Trotz aller sozialen und rechtlichen Diskriminierung genießen sie weitreichende politische Freiheiten. Die Flüchtlingslager des Libanon sind weitgehend autonom, sodass auch der Bereich Sicherheit in den Händen der Palästinenser selbst liegt. Dabei hat jedes Lager seine eigene sicherheitspolitische Struktur. Während einige Lager unter kompletter Kontrolle der Fatah stehen, herrschen in anderen Syrien-treue Milizen. Und in einigen herrscht einfach nur Chaos. In Zeiten wachsender inner-palästinensischer Spannungen werden diese staatenfreien Räume zur Gefahr für die Stabilität des ohnehin labilen Landes. Der Anschlag auf einen Moderator und Vermittler wie Naji ist daher auch aus Sicht der libanesischen Regierung sehr besorgniserregend.
Die Struktur der Flüchtlingslager lädt auch Interventionisten von außen ein, ihre Interessen hier zu verfolgen. Das gilt vor allem für Syrien, für das die Palästinenserfrage als Instrument der Machtpolitik im Libanon seit dem militärischen Abzug im Frühjahr 2005 wichtiger denn je ist. Gruppen wie der PFLP-GC Ahmad Gibrils (die während des letzten Gazakriegs Raketen nach Israel feuerte und damit einen Gegenschlag Israels riskierte) und die Fatah al-Intifada besitzen beide als reine Interessenvertreter Syriens bewaffnete Milizen und Trainingscamps außerhalb der Flüchtlingslager. Der libanesische Staat ist ohne syrische Zustimmung nicht in der Lage, diese Milizen zu zerschlagen. In den nördlichen Lagern Nahr al-Bared und al-Baddawi, die jahrzehntelang unter absoluter Kontrolle Syriens standen, hat die Fatah auch nach dem syrischen Abzug noch immer kein eigenes Büro eröffnen können.
Vielleicht aber hatte der Anschlag auch gar nichts mit den libanesischen Verhältnissen zu tun, immerhin fanden zum gleichen Zeitpunkt in Kairo Verhandlungen über eine palästinensische Einheitsregierung statt, die zu torpedieren und der ägyptischen Diplomatie zu schaden im Interesse verschiedener Akteure ist. Die denkbaren Motive sind vielfältig und der Raum für Spekulationen ist groß. Dass für den Chef von Fatah und PLO im Libanon, Abbas Zaki, direkt nach dem Attentat auf seinen Stellvertreter bereits feststand, Israel trage die Verantwortung, muss aber weniger als seine Überzeugung, denn als Versuch der Deeskalation gewertet werden. Auf den Erzfeind Israel lässt sich schließlich leicht verständigen. Würde er palästinensische Gruppen, gar die Hamas oder Syrien als potentielle Attentäter erwähnen, würden sich Fatah-Offiziere sicher zu Vergeltungsschlägen animiert fühlen, mit unvorhersehbaren Folgen.
Abbas Zaki steckt aber weiterhin in einem Dilemma. Er ist einerseits der offizielle Vertreter aller Palästinenser im Libanon und damit Verhandlungspartner der libanesischen Regierung. Zugleich gilt er als wenig einflussreich und durchsetzungsstark in der palästinensischen Flüchtlingsgemeinschaft des Libanon. Besonders seine Fähigkeiten, Konflikte zwischen rivalisierenden Familien und Milizen in den Lagern zu moderieren und Entscheidungen durchzusetzen, sind eher beschränkt.
Diese Rolle hatte bisher vor allem Kamal Naji inne, der auch am 23. März ins Flüchtlingslager Mieh Mieh fuhr, um nach einer Gewalteskalation zweier Familienclans vor Ort zu schlichten.
Maximilian Felsch ist Diplom-Politologe und hat bis 2006 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Politikwissenschaft studiert. Zurzeit promoviert er an der Universität Münster über Hamas in Libanon, Syrien und Jordanien.
Kamal Naji (auch bekannt als Kamal Medhat) wurde am 23. März Opfer eines Attentats. Eine Autobombe tötete ihn und drei seiner Gefährten im Südlibanon in der Nähe des Flüchtlingslagers Mieh Mieh. Der Libanon, der bereits Schauplatz vielfältiger Regionalkonflikte ist, scheint immer mehr auch vom inner-palästinensischen Konflikt direkt betroffen zu sein.
Naji war ein palästinensischer Widerstandskämpfer der ersten Stunde. Seine Familie stammte aus Jaffa, wurde von jüdischen Siedlern vertrieben und lebte danach als Flüchtlinge im Gazastreifen. Dort begann Naji nach eigenen Angaben im Alter von 16 Bomben zu bauen, um sie gegen israelische Panzer einzusetzen. Er war bereits Fatah-Mitglied als er 1968 in den Libanon kam. An der Seite Arafats führte er von hier aus den Befreiungskrieg gegen Israel. Er studierte an der Lebanese University, machte weiter Karriere in der Fatah und später in der PLO und wurde schließlich nach dem Abzug Syriens aus dem Libanon 2005 zum stellvertretenden PLO-Chef im Libanon ernannt. Sein Einfluss stützte sich auf seine guten Kontakte zu lokalen Führern in den Flüchtlingslagern. Er vermittelte in Konflikten und verhandelte auch mit rivalisierenden Bewegungen, einschließlich der Hamas.
Dieser Anschlag fallt in eine Zeit lang anhaltender politischer Spannungen zwischen Fatah und Hamas. Spätestens seit den blutigen Machtkämpfen 2007 in Gaza, die die Hamas für sich entschied und daraufhin die Macht ergriff, werfen sich beide Seiten im Libanon gegenseitig vor, die Kontrolle über die Flüchtlingslager mit Gewalt sichern bzw. erobern zu wollen. „Hamas is trying to bring the conflict to Lebanon“, sagte mir Kamal Naji vor drei Monaten ein einem Interview. Auf Nachfrage ergänzte er, dass Hamas seit einigen Monaten versuche, die Fatah militärisch herauszufordern. Er zeigte sich zwar überzeugt, dass Fatah unter den Palästinensern im Libanon weiterhin die deutlich populärste Bewegung darstelle. Dennoch war er besorgt über die Strategie der Hamas, Allianzen mit Fatah-feindlichen und pro-syrischen Gruppierungen einschließlich der libanesischen Hisbollah zu schmieden.
Dass die Rivalitäten ausgerechnet im Libanon Gewaltpotential besitzen, liegt an den außergewöhnlichen Bedingungen der Palästinenser in diesem Land. Trotz aller sozialen und rechtlichen Diskriminierung genießen sie weitreichende politische Freiheiten. Die Flüchtlingslager des Libanon sind weitgehend autonom, sodass auch der Bereich Sicherheit in den Händen der Palästinenser selbst liegt. Dabei hat jedes Lager seine eigene sicherheitspolitische Struktur. Während einige Lager unter kompletter Kontrolle der Fatah stehen, herrschen in anderen Syrien-treue Milizen. Und in einigen herrscht einfach nur Chaos. In Zeiten wachsender inner-palästinensischer Spannungen werden diese staatenfreien Räume zur Gefahr für die Stabilität des ohnehin labilen Landes. Der Anschlag auf einen Moderator und Vermittler wie Naji ist daher auch aus Sicht der libanesischen Regierung sehr besorgniserregend.
Die Struktur der Flüchtlingslager lädt auch Interventionisten von außen ein, ihre Interessen hier zu verfolgen. Das gilt vor allem für Syrien, für das die Palästinenserfrage als Instrument der Machtpolitik im Libanon seit dem militärischen Abzug im Frühjahr 2005 wichtiger denn je ist. Gruppen wie der PFLP-GC Ahmad Gibrils (die während des letzten Gazakriegs Raketen nach Israel feuerte und damit einen Gegenschlag Israels riskierte) und die Fatah al-Intifada besitzen beide als reine Interessenvertreter Syriens bewaffnete Milizen und Trainingscamps außerhalb der Flüchtlingslager. Der libanesische Staat ist ohne syrische Zustimmung nicht in der Lage, diese Milizen zu zerschlagen. In den nördlichen Lagern Nahr al-Bared und al-Baddawi, die jahrzehntelang unter absoluter Kontrolle Syriens standen, hat die Fatah auch nach dem syrischen Abzug noch immer kein eigenes Büro eröffnen können.
Vielleicht aber hatte der Anschlag auch gar nichts mit den libanesischen Verhältnissen zu tun, immerhin fanden zum gleichen Zeitpunkt in Kairo Verhandlungen über eine palästinensische Einheitsregierung statt, die zu torpedieren und der ägyptischen Diplomatie zu schaden im Interesse verschiedener Akteure ist. Die denkbaren Motive sind vielfältig und der Raum für Spekulationen ist groß. Dass für den Chef von Fatah und PLO im Libanon, Abbas Zaki, direkt nach dem Attentat auf seinen Stellvertreter bereits feststand, Israel trage die Verantwortung, muss aber weniger als seine Überzeugung, denn als Versuch der Deeskalation gewertet werden. Auf den Erzfeind Israel lässt sich schließlich leicht verständigen. Würde er palästinensische Gruppen, gar die Hamas oder Syrien als potentielle Attentäter erwähnen, würden sich Fatah-Offiziere sicher zu Vergeltungsschlägen animiert fühlen, mit unvorhersehbaren Folgen.
Abbas Zaki steckt aber weiterhin in einem Dilemma. Er ist einerseits der offizielle Vertreter aller Palästinenser im Libanon und damit Verhandlungspartner der libanesischen Regierung. Zugleich gilt er als wenig einflussreich und durchsetzungsstark in der palästinensischen Flüchtlingsgemeinschaft des Libanon. Besonders seine Fähigkeiten, Konflikte zwischen rivalisierenden Familien und Milizen in den Lagern zu moderieren und Entscheidungen durchzusetzen, sind eher beschränkt.
Diese Rolle hatte bisher vor allem Kamal Naji inne, der auch am 23. März ins Flüchtlingslager Mieh Mieh fuhr, um nach einer Gewalteskalation zweier Familienclans vor Ort zu schlichten.
Maximilian Felsch ist Diplom-Politologe und hat bis 2006 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Politikwissenschaft studiert. Zurzeit promoviert er an der Universität Münster über Hamas in Libanon, Syrien und Jordanien.
Samstag, 28. März 2009
Ägypten: Muslimbrüder vor Führungswechsel
Der Führer der ägyptischen Muslimbrüder, Muhammad Mehdi Akef, hat angekündigt nicht für eine zweite Amtszeit an der Spitze der Islamistengruppe zur Verfügung zu stehen und wird in den nächsten Monaten zurücktreten. Der 81-Jährige ist seit 2004 Vorsitzender der Muslimbruderschaft. Seine Amtszeit endet in diesem Jahr.
Nach jetzigem Stand sollen sich neun Kandidaten um Akefs Nachfolge bewerben, unter ihnen auch vier Muslimbrüder aus Jordanien und Syrien. Nach ihrem Selbstverständnis sind die Muslimbrüder eine pan-islamische Bewegung, die grenzübergreifend für die Errichtung eines islamischen Staates kämpft. Offenbar sollen die internationalen Strukturen der Bruderschaft, der größten sunnitisch-islamistischen Bewegung der Welt, durch die Nominierung ausländischer Bewerber gestärkt werden.
Die Kandidatur zweier syrischer Muslimbrüder ist auch ein Zeichen an die islamistische Bewegung in Syrien, die vom Staat massiv unterdrückt und bekämpft wird. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ein Ausländer tatsächlich an die Spitze der Muslimbruderschaft gewählt wird, da dies dem ägyptischen Staat ein weiteres Argument für die Unterdrückung der Muslimbrüder liefern und eine offizielle Anerkennung als Partei noch unwahrscheinlicher machen würde.
Der genaue Wahlprozess ist derzeit noch unklar. Die Zeitung "Al-Masry al-Youm" berichtet, die Bruderschaft wolle im In- und Ausland öffentliche Wahlen abhalten. Derzeit ist jedoch nicht absehbar, ob die ägyptischen Behörden dies zulassen. Daher ist auch möglich, dass der neue Vorsitzende vom 100-köpfigen Shura-Rat der Muslimbrüder gewählt wird. Einer der ägyptischen Kandidaten sitzt derzeit im Gefängnis.
In jedem Fall stellt sich die Muslimbruderschaft mit der Vielzahl der Kandidaten bewusst in Kontrast zur ägyptischen Politik, die von der herrschenden NDP kontrolliert wird und praktisch keine Wahlen zulässt, bei denen der Gewinner nicht vorher feststeht.
Nach jetzigem Stand sollen sich neun Kandidaten um Akefs Nachfolge bewerben, unter ihnen auch vier Muslimbrüder aus Jordanien und Syrien. Nach ihrem Selbstverständnis sind die Muslimbrüder eine pan-islamische Bewegung, die grenzübergreifend für die Errichtung eines islamischen Staates kämpft. Offenbar sollen die internationalen Strukturen der Bruderschaft, der größten sunnitisch-islamistischen Bewegung der Welt, durch die Nominierung ausländischer Bewerber gestärkt werden.
Die Kandidatur zweier syrischer Muslimbrüder ist auch ein Zeichen an die islamistische Bewegung in Syrien, die vom Staat massiv unterdrückt und bekämpft wird. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ein Ausländer tatsächlich an die Spitze der Muslimbruderschaft gewählt wird, da dies dem ägyptischen Staat ein weiteres Argument für die Unterdrückung der Muslimbrüder liefern und eine offizielle Anerkennung als Partei noch unwahrscheinlicher machen würde.
Der genaue Wahlprozess ist derzeit noch unklar. Die Zeitung "Al-Masry al-Youm" berichtet, die Bruderschaft wolle im In- und Ausland öffentliche Wahlen abhalten. Derzeit ist jedoch nicht absehbar, ob die ägyptischen Behörden dies zulassen. Daher ist auch möglich, dass der neue Vorsitzende vom 100-köpfigen Shura-Rat der Muslimbrüder gewählt wird. Einer der ägyptischen Kandidaten sitzt derzeit im Gefängnis.
In jedem Fall stellt sich die Muslimbruderschaft mit der Vielzahl der Kandidaten bewusst in Kontrast zur ägyptischen Politik, die von der herrschenden NDP kontrolliert wird und praktisch keine Wahlen zulässt, bei denen der Gewinner nicht vorher feststeht.
Donnerstag, 26. März 2009
Israelischer Luftangriff im Sudan?
Israels Armee hat offenbar während oder kurz nach dem jüngsten Gazakrieg einen Konvoi im Sudan angegriffen, der Waffen für die Hamas transportiert haben soll. Bei dem Luftangriff im Januar nordwestlich der Hafenstadt Port Sudan sollen Sudanesen, Äthiopier und Eritreer getötet worden sein, bestätigte gestern ein sudanesischer Staatsminister.
Die ägyptische Zeitung al-Shorouq hatte in dieser Woche als Erste von andauernden Angriffen gegen Ziele im Ostsudan berichtet. Dabei seien bislang 300 Menschen getötet worden. In dem Bericht erwähnte al-Shorouq auch einen Luftschlag gegen einen Konvoi von 17 Lastwagen und einem Auto vom Januar dieses Jahres. Bei diesem seien 39 Menschen getötet worden. Nach Informationen der ägyptischen Zeitung war es die US-Armee, die die Angriffe auf den Waffenkonvoi ausführte.
Nach Informationen des US-Nachrichtensenders CBS News griffen jedoch israelische Flugzeuge den Konvoi an. Offenbar hatte der israelische Geheimdienst Informationen erhalten, nach denen die Waffen über den Sudan nach Ägypten und dann in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen geschmuggelt werden sollten. Wie in solchen Fällen üblich äußert sich Israel offiziell nicht zu derartigen Berichten. Der Vorfall soll jedoch auch Thema beim gestrigen Besuch des sudanesischen Präsidenten Umar al-Bashir in Kairo gewesen sein.
Sollten sich die Berichte bestätigen, wäre der Angriff im Sudan auch das Ergebnis eines Abkommens zwischen den USA und Israel bei der Bekämpfung des Waffenschmuggels aus dem Iran in Richtung Gazastreifen geheimdienstlich und militärisch enger zu kooperieren. Der Sudan wird seit längerem beschuldigt in seinen Häfen Waffen aus dem Iran aufzunehmen und diese dann auf dem Landweg in Richtung Sinai weiter zu transportieren.
Die ägyptische Zeitung al-Shorouq hatte in dieser Woche als Erste von andauernden Angriffen gegen Ziele im Ostsudan berichtet. Dabei seien bislang 300 Menschen getötet worden. In dem Bericht erwähnte al-Shorouq auch einen Luftschlag gegen einen Konvoi von 17 Lastwagen und einem Auto vom Januar dieses Jahres. Bei diesem seien 39 Menschen getötet worden. Nach Informationen der ägyptischen Zeitung war es die US-Armee, die die Angriffe auf den Waffenkonvoi ausführte.
Nach Informationen des US-Nachrichtensenders CBS News griffen jedoch israelische Flugzeuge den Konvoi an. Offenbar hatte der israelische Geheimdienst Informationen erhalten, nach denen die Waffen über den Sudan nach Ägypten und dann in den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen geschmuggelt werden sollten. Wie in solchen Fällen üblich äußert sich Israel offiziell nicht zu derartigen Berichten. Der Vorfall soll jedoch auch Thema beim gestrigen Besuch des sudanesischen Präsidenten Umar al-Bashir in Kairo gewesen sein.
Sollten sich die Berichte bestätigen, wäre der Angriff im Sudan auch das Ergebnis eines Abkommens zwischen den USA und Israel bei der Bekämpfung des Waffenschmuggels aus dem Iran in Richtung Gazastreifen geheimdienstlich und militärisch enger zu kooperieren. Der Sudan wird seit längerem beschuldigt in seinen Häfen Waffen aus dem Iran aufzunehmen und diese dann auf dem Landweg in Richtung Sinai weiter zu transportieren.
Dienstag, 24. März 2009
Golfstaaten verschieben Währungsunion
Die arabischen Golfstaaten haben sich auf eine Verschiebung der für das kommende Jahr geplanten Währungsunion geeinigt. Damit geben Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Bahrain und Qatar ihr Vorhaben auf, zum 1. Januar 2010 eine gemeinsame Währung einzuführen. Der Oman hatte sich schon vor Jahren als sechstes Mitgliedsland im Golfkooperationsrat (GCC) von den Plänen verabschiedet.
Die Entscheidung ist keine große Überraschung und die Konsequenz mehrerer Entwicklungen. Zum Einen gab es unter den Regierungen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die neue Währung direkt an den US-Dollar gekoppelt oder der Wechselkurs freigegeben werden sollte. Zum Anderen lähmt die Weltwirtschaftskrise die wirtschaftliche Entwicklung in den Golfstaaten.
Desweiteren konnte sich bislang nicht auf den Standort der künftigen Zentralbank geeinigt werden. Auch über den Umrechnungskurs zwischen den derzeit bestehenden Währungen und der künftigen Zentralwährung gab es Streit. Ebenso ist der Name des neuen Geldes noch unklar - im Gespräch sollen "Khaleeji" und "Gulfo" sein.
Der Aufschub der Währungsunion ist auch das Ergebnis politischer Spannungen zwischen den arabischen Golfstaaten. Besonders Qatar stellt sich mit seiner Außenpolitik und seinen guten Beziehungen zu Syrien und dem Iran oftmals gegen den mächtigen Nachbarn Saudi-Arabien. Auch aus diesem Grund ist auch der Wille zu einer stärkeren wirtschaftlichen Integration und einer Harmonisierung der verschiedenen Rechtssysteme derzeit nicht sehr stark ausgeprägt.
Einige Ökonomen vertreten die Ansicht, dass es noch 10 Jahre dauern könnte, bis die Währungsunion vollzogen wird. Umso mehr jedoch der Handel zwischen den einzelnen Golfstaaten zunimmt, umso schneller dürfte die Einführung einer gemeinsamen Währung umgesetzt werden.
Die Entscheidung ist keine große Überraschung und die Konsequenz mehrerer Entwicklungen. Zum Einen gab es unter den Regierungen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die neue Währung direkt an den US-Dollar gekoppelt oder der Wechselkurs freigegeben werden sollte. Zum Anderen lähmt die Weltwirtschaftskrise die wirtschaftliche Entwicklung in den Golfstaaten.
Desweiteren konnte sich bislang nicht auf den Standort der künftigen Zentralbank geeinigt werden. Auch über den Umrechnungskurs zwischen den derzeit bestehenden Währungen und der künftigen Zentralwährung gab es Streit. Ebenso ist der Name des neuen Geldes noch unklar - im Gespräch sollen "Khaleeji" und "Gulfo" sein.
Der Aufschub der Währungsunion ist auch das Ergebnis politischer Spannungen zwischen den arabischen Golfstaaten. Besonders Qatar stellt sich mit seiner Außenpolitik und seinen guten Beziehungen zu Syrien und dem Iran oftmals gegen den mächtigen Nachbarn Saudi-Arabien. Auch aus diesem Grund ist auch der Wille zu einer stärkeren wirtschaftlichen Integration und einer Harmonisierung der verschiedenen Rechtssysteme derzeit nicht sehr stark ausgeprägt.
Einige Ökonomen vertreten die Ansicht, dass es noch 10 Jahre dauern könnte, bis die Währungsunion vollzogen wird. Umso mehr jedoch der Handel zwischen den einzelnen Golfstaaten zunimmt, umso schneller dürfte die Einführung einer gemeinsamen Währung umgesetzt werden.
Montag, 23. März 2009
Ägypten: Generalstreik am 6. April
Ein Bündnis junger Ägypter hat für den 6. April zum Generalstreik aufgerufen. Unter der Losung "Es ist unser Recht und wir nehmen es uns" wollen sie an dem Tag gegen Inflation, Korruption und politische Repressionen protestieren.
Der Streik wird weitestgehend über Internet und SMS organisiert. Einer Facebook-Gruppe, die für den Streik wirbt, sind derzeit schon über 70000 Menschen beigetreten Zu den Unterstützern der Aktion gehören auch der gerade erst aus dem Gefängnis entlassene ehemalige Präsidentschaftskandidat Ayman Nour sowie die Oppositionsgruppe Kefaya. Die Muslimbrüder haben sich bislang nich zu den Streikplänen geäußert.
Am 6. April vergangenen Jahres hatten Oppositionsgruppen ebenfalls zu einem Generalstreik in Ägypten aufgerufen. Die Staatssicherheit reagierte darauf äußerst nervös , nahm im Vorfeld Organisatoren des Streiks fest und zeigte an den wichtigen Plätzen in Kairo noch größere Präsenz als an anderen Tagen. In der Industriestadt Mahalla Kubra im Nildelta war es jedoch zu Ausschreitungen gekommen. Mindestens ein Mensch starb, hunderte wurden verletzt. Die Stadt, das Zentrum der ägyptischen Textilindustrie, wurde in der Folge tagelang abgeriegelt.
Zu den Forderungen, die im Streikaufruf genannt werden gehören u.a. die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 1200 ägyptischen Pfund (ca. 150 Euro), die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung, die Demokratie und Menschenrechte garantiert sowie der Stopp der Gasexporte nach Israel.
Die wirtschaftlichen Probleme Ägyptens sind immens. Im letzten Jahr führte eine Brotkrise zu Unruhen und kostete mehreren Menschen das Leben. Infolge der weltweiten Wirtschaftskrise ist die Inflation in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen und hat somit noch mehr Menschen in die Armut gerieben.
Der Streik am 6. April 2008 mag kein großer Erfolg für die Organisatoren gewesen sein, allerdings war er der Auslöser für eine ganze Kette von Protesten und Arbeitsniederlegungen von Lehrern, Ärzten und Apothekern in den letzten Monaten. Ob der erneute Streikaufruf erfolgreich sein wird, hängt auch davob ab, mit welcher Härte die Sicherheitskräfte in den kommenden Wochen gegen die Organisatoren vorgehen werden. Bislang hat sich die Regierung nicht zu den Streikplänen geäußert.
Der Streik wird weitestgehend über Internet und SMS organisiert. Einer Facebook-Gruppe, die für den Streik wirbt, sind derzeit schon über 70000 Menschen beigetreten Zu den Unterstützern der Aktion gehören auch der gerade erst aus dem Gefängnis entlassene ehemalige Präsidentschaftskandidat Ayman Nour sowie die Oppositionsgruppe Kefaya. Die Muslimbrüder haben sich bislang nich zu den Streikplänen geäußert.
Am 6. April vergangenen Jahres hatten Oppositionsgruppen ebenfalls zu einem Generalstreik in Ägypten aufgerufen. Die Staatssicherheit reagierte darauf äußerst nervös , nahm im Vorfeld Organisatoren des Streiks fest und zeigte an den wichtigen Plätzen in Kairo noch größere Präsenz als an anderen Tagen. In der Industriestadt Mahalla Kubra im Nildelta war es jedoch zu Ausschreitungen gekommen. Mindestens ein Mensch starb, hunderte wurden verletzt. Die Stadt, das Zentrum der ägyptischen Textilindustrie, wurde in der Folge tagelang abgeriegelt.
Zu den Forderungen, die im Streikaufruf genannt werden gehören u.a. die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 1200 ägyptischen Pfund (ca. 150 Euro), die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung, die Demokratie und Menschenrechte garantiert sowie der Stopp der Gasexporte nach Israel.
Die wirtschaftlichen Probleme Ägyptens sind immens. Im letzten Jahr führte eine Brotkrise zu Unruhen und kostete mehreren Menschen das Leben. Infolge der weltweiten Wirtschaftskrise ist die Inflation in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen und hat somit noch mehr Menschen in die Armut gerieben.
Der Streik am 6. April 2008 mag kein großer Erfolg für die Organisatoren gewesen sein, allerdings war er der Auslöser für eine ganze Kette von Protesten und Arbeitsniederlegungen von Lehrern, Ärzten und Apothekern in den letzten Monaten. Ob der erneute Streikaufruf erfolgreich sein wird, hängt auch davob ab, mit welcher Härte die Sicherheitskräfte in den kommenden Wochen gegen die Organisatoren vorgehen werden. Bislang hat sich die Regierung nicht zu den Streikplänen geäußert.
Freitag, 20. März 2009
Krise in Kuwait - Emir löst Parlament auf
Kuwaits Emir Sabah al-Ahmad al-Sabah hat am Mittwoch das Parlament aufgelöst und Neuwahlen innerhalb der nächsten zwei Monate angeordnet. Er zog damit die Konsequenzen aus einem seit Jahren schwelenden Machtkampf zwischen Regierung und Parlament. Die Kuwaitis sollen nun zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren neue Volksvertreter wählen.
Im Parlament bilden sunnitische Islamisten und Vertreter mächtiger Familien die Mehrheit. Diese sind seit Jahren unzufrieden mit der Arbeit von Premierminister Nasser al-Muhammad al-Sabah und werfen ihm Mismanagement und die Verschwendung öffentlicher Gelder vor. Um diese Vorwürfe zu klären haben einige Abgeordnete eine öffentliche Anhörung des Regierungschefs beantragt - ein Mittel zur Regierungskontrolle, das den Parlamentariern gesetzlich zusteht.
Ministerpräsident Nasser betrachtet als Mitglied der Herrscherfamilie eine solche Anhörung jedoch als Herabwürdigung. Um diese zu umgehen ist er seit Amtsantritt im Jahre 2006 bereits fünf Mal zurückgetreten und anschließend von seinem Onkel dem Emir wieder mit der Regierungsführung beauftragt worden. Seit 1976 ist das Parlament bereits fünf Mal vom Monarchen aufgelöst worden um die Befragung von Kabinettsmitgliedern zu verhindern. Bislang musste sich noch ein Premierminister einer öffentlichen Befragung stellen.
Dieser andauernde Machtkampf zwischen Parlament und Regierung zeigt die Krise des politischen Systems in Kuwait. Auf dem Papier ist der Golfstaat eine konstitutionelle Monarchie und damit deutlich demokratischer als seine Nachbarn. Tatsächlich werden die Schlüsselpositionen im Kabinett stets mit Mitgliedern des Herrscherhauses besetzt und wichtige Parlamentarier kooptiert. Die übrigen Abgeordneten können zwar die Arbeit der Regierung behindern, jedoch keine eigene Agenda durchsetzen. Auf die Regierungsbildung hat das Parlament keinerlei Einfluss. Parteien sind in Kuwait nicht zugelassen, so dass sich die Abgeordneten nur zu losen und brüchigen Fraktionen zusammenschließen.
Es wird erwartet, dass Emir Sabah nun seinen älteren Bruder und Kronprinzen Nawaf al-Ahmad al-Sabah zum neuen Regierungschef ernennen wird. Das hätte aus seiner Sicht den Vorteil, dass die Parlamentarier ihm gegenüber zögerlicher sein würden, eine öffentliche Anhörung zu fordern. Bis vor wenigen Jahren lag das Amt des Regierungschefs stets in der Hand des Kronprinzen. Die Teilung beider Ämter wurde vom Parlament als wichtiger Schritt für eine Demokratisierung gefeiert.
Unter den jetzigen Umständen erscheint es jedoch höchst unwahrscheinlich, dass Neuwahlen die Lösung für die politische Krise in Kuwait sind. Die Auseinandersetzung zwischen Regierung und den 50 Abgeordneten würde vermutlich bald wieder offen ausgetragen. Beobachter befürchten daher bereits, Emir Sabah könnte versucht sein, das Parlament beim nächsten Machtkampf ganz aufzulösen und für zwei Jahre aufzuheben. Dann könnte er diktatorisch regieren.
Im Parlament bilden sunnitische Islamisten und Vertreter mächtiger Familien die Mehrheit. Diese sind seit Jahren unzufrieden mit der Arbeit von Premierminister Nasser al-Muhammad al-Sabah und werfen ihm Mismanagement und die Verschwendung öffentlicher Gelder vor. Um diese Vorwürfe zu klären haben einige Abgeordnete eine öffentliche Anhörung des Regierungschefs beantragt - ein Mittel zur Regierungskontrolle, das den Parlamentariern gesetzlich zusteht.
Ministerpräsident Nasser betrachtet als Mitglied der Herrscherfamilie eine solche Anhörung jedoch als Herabwürdigung. Um diese zu umgehen ist er seit Amtsantritt im Jahre 2006 bereits fünf Mal zurückgetreten und anschließend von seinem Onkel dem Emir wieder mit der Regierungsführung beauftragt worden. Seit 1976 ist das Parlament bereits fünf Mal vom Monarchen aufgelöst worden um die Befragung von Kabinettsmitgliedern zu verhindern. Bislang musste sich noch ein Premierminister einer öffentlichen Befragung stellen.
Dieser andauernde Machtkampf zwischen Parlament und Regierung zeigt die Krise des politischen Systems in Kuwait. Auf dem Papier ist der Golfstaat eine konstitutionelle Monarchie und damit deutlich demokratischer als seine Nachbarn. Tatsächlich werden die Schlüsselpositionen im Kabinett stets mit Mitgliedern des Herrscherhauses besetzt und wichtige Parlamentarier kooptiert. Die übrigen Abgeordneten können zwar die Arbeit der Regierung behindern, jedoch keine eigene Agenda durchsetzen. Auf die Regierungsbildung hat das Parlament keinerlei Einfluss. Parteien sind in Kuwait nicht zugelassen, so dass sich die Abgeordneten nur zu losen und brüchigen Fraktionen zusammenschließen.
Es wird erwartet, dass Emir Sabah nun seinen älteren Bruder und Kronprinzen Nawaf al-Ahmad al-Sabah zum neuen Regierungschef ernennen wird. Das hätte aus seiner Sicht den Vorteil, dass die Parlamentarier ihm gegenüber zögerlicher sein würden, eine öffentliche Anhörung zu fordern. Bis vor wenigen Jahren lag das Amt des Regierungschefs stets in der Hand des Kronprinzen. Die Teilung beider Ämter wurde vom Parlament als wichtiger Schritt für eine Demokratisierung gefeiert.
Unter den jetzigen Umständen erscheint es jedoch höchst unwahrscheinlich, dass Neuwahlen die Lösung für die politische Krise in Kuwait sind. Die Auseinandersetzung zwischen Regierung und den 50 Abgeordneten würde vermutlich bald wieder offen ausgetragen. Beobachter befürchten daher bereits, Emir Sabah könnte versucht sein, das Parlament beim nächsten Machtkampf ganz aufzulösen und für zwei Jahre aufzuheben. Dann könnte er diktatorisch regieren.
Mittwoch, 18. März 2009
Iran: Wer ist Mir Hossein Moussavi?
Mohammad Khatami hat am Montag seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei den iranischen Präsidentschaftswahlen am 12. Juni bekanntgegeben. Er begründete diesen Schritt damit, eine Spaltung des Reformlagers zu verhindern. Obwohl Khatami seine Anhänger nicht offen zur Unterstützung eines anderen Kandidaten aufrief, gilt als sicher, dass der ehemalige Präsident mit seinem Rückzug die Siegchancen von Mir Hossein Moussavi stärken will.
Der 67-Jährige gilt nun als größte Hoffung des reform-orientierten Lagers, dabei ist unklar ob er diesem überhaupt zugerechnet werden kann. In den Anfangsjahren der Islamischen Republik nach der Revolution 1979 war Mousavi nämlich treuer Gefolgsmann Ayatollah Khomeinis. Von 1981 bis 1989 war er unter dem Revolutionsführer Khomeini und dem damaligen Staatspräsidenten Khamenei Ministerpräsident. Während des iranisch-irakischen Krieges gelang es ihm Irans Wirtschaft einigermaßen zu stabilisieren.
In den letzten 20 Jahren ist der studierte Architekt jedoch kaum politisch in Erscheinung getreten. Er unterstützte jedoch Mohammad Khatami während seines ersten Präsidentschaftswahlkampfes 1997 und wurde nach seinem Amtsantritt sein Berater. Außerdem ist er derzeit Mitglied im Schlichtungsrat, der zwischen dem Parlament und dem mächtigen Wächterrat vermittelt.
Khatamis Rückzug ist offenbar eine Lehre aus den letzten Präsidentenwahlen, als sich Reformer und moderate Konservative gegenseitig die Stimmen wegnahmen und so Mahmud Ahmedinejad den Weg ins Amt ermöglichten. Dabei wird Mousavi wohl eher als Khatami zugetraut jene konservativen Kräfte hinter sich zu bringen, die vor vier Jahren für Ahmadinejad stimmten und nun von diesem enttäuscht sind.
Sollte Mousavi gewinnen, dürfte es ihm zudem leichter fallen Reformen durchzusetzen als Khatami, der für viele eine Reizfigur darstellt. Die jahrelange Zusammenarbeit mit Khamenei in den 80er Jahren könnte ihm nach der Wahl nützen. Der Oberste Rechtsgelehrte und der Wächterrat dürften mit ihm eher zur Kooperation bereit sein als mit Khatami, dessen Reformbemühungen in seiner Amtszeit oft torpediert wurden.
Gleichwohl bleibt fraglich, ob Mir Hossein Mousavi gerade bei den jungen Iranern, die die Mehrzahl der Wähler stellen, punkten kann. Da er in den letzten zwei Jahrzehnten kaum in vorderster Reihe politisch aktiv war, ist fraglich ob er es in den verbleibenden 12 Wochen schaffen kann, für sich zu werben und die zumeist desillusionierte Generation der Unter-30-Jährigen für sich zu gewinnen.
Eine kürzlich veröffentliche Umfrage macht skeptisch. Dabei wurden über 22000 Iraner in 32 Städten außer Teheran gefragt, welchem Bewerber sie ihre Stimme geben würden. Dabei landete Amtsinhaber Ahmadinejad mit 46,5% deutlich vor Mohammad Khatami (33,5%). Mir Hossein Moussavi rangierte mit 1,7% abgeschlagen auf dem 5.Rang.
Der 67-Jährige gilt nun als größte Hoffung des reform-orientierten Lagers, dabei ist unklar ob er diesem überhaupt zugerechnet werden kann. In den Anfangsjahren der Islamischen Republik nach der Revolution 1979 war Mousavi nämlich treuer Gefolgsmann Ayatollah Khomeinis. Von 1981 bis 1989 war er unter dem Revolutionsführer Khomeini und dem damaligen Staatspräsidenten Khamenei Ministerpräsident. Während des iranisch-irakischen Krieges gelang es ihm Irans Wirtschaft einigermaßen zu stabilisieren.
In den letzten 20 Jahren ist der studierte Architekt jedoch kaum politisch in Erscheinung getreten. Er unterstützte jedoch Mohammad Khatami während seines ersten Präsidentschaftswahlkampfes 1997 und wurde nach seinem Amtsantritt sein Berater. Außerdem ist er derzeit Mitglied im Schlichtungsrat, der zwischen dem Parlament und dem mächtigen Wächterrat vermittelt.
Khatamis Rückzug ist offenbar eine Lehre aus den letzten Präsidentenwahlen, als sich Reformer und moderate Konservative gegenseitig die Stimmen wegnahmen und so Mahmud Ahmedinejad den Weg ins Amt ermöglichten. Dabei wird Mousavi wohl eher als Khatami zugetraut jene konservativen Kräfte hinter sich zu bringen, die vor vier Jahren für Ahmadinejad stimmten und nun von diesem enttäuscht sind.
Sollte Mousavi gewinnen, dürfte es ihm zudem leichter fallen Reformen durchzusetzen als Khatami, der für viele eine Reizfigur darstellt. Die jahrelange Zusammenarbeit mit Khamenei in den 80er Jahren könnte ihm nach der Wahl nützen. Der Oberste Rechtsgelehrte und der Wächterrat dürften mit ihm eher zur Kooperation bereit sein als mit Khatami, dessen Reformbemühungen in seiner Amtszeit oft torpediert wurden.
Gleichwohl bleibt fraglich, ob Mir Hossein Mousavi gerade bei den jungen Iranern, die die Mehrzahl der Wähler stellen, punkten kann. Da er in den letzten zwei Jahrzehnten kaum in vorderster Reihe politisch aktiv war, ist fraglich ob er es in den verbleibenden 12 Wochen schaffen kann, für sich zu werben und die zumeist desillusionierte Generation der Unter-30-Jährigen für sich zu gewinnen.
Eine kürzlich veröffentliche Umfrage macht skeptisch. Dabei wurden über 22000 Iraner in 32 Städten außer Teheran gefragt, welchem Bewerber sie ihre Stimme geben würden. Dabei landete Amtsinhaber Ahmadinejad mit 46,5% deutlich vor Mohammad Khatami (33,5%). Mir Hossein Moussavi rangierte mit 1,7% abgeschlagen auf dem 5.Rang.
Dienstag, 17. März 2009
Ägypten: Bahai siegen vor Gericht
Das oberste ägyptische Gericht hat die Rechte der Bahai im Land gestärkt. Die etwa 2000 Anhänger der Religionsgemeinschaft in Ägypten werden künftig nicht mehr gezwungen, sich in ihren Ausweispapieren zum Islam, Christen- oder Judentum zu bekennen, sondern können künftig diese Spalte freilassen.
Mit diesem Urteil, das nicht angefochten werden kann, endet ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen Menschenrechtlern und dem ägyptischen Staat. Die Auseinandersetzung begann, als als die ägyptischen Behörden im Jahr 2000 anfingen, neue Personalausweise zu erstellen. Seither waren die Bahais gezwungen, sich zu einer der drei abrahamitischen Religionen zu bekennen. 2004 ging das Innenministerium gar einen Schritt weiter und konfiszierte alle Geburtsurkunden und Ausweise, in denen der Bahaismus als Religion aufgeführt wird.
In Ägypten, einem Staat in dem seit 1981 offiziell ein Ausnahmezustand herrscht, ist es jedoch Vorschrift, seine Papiere stets bei sich zu tragen. Ohne Dokumente ist es schlicht unmöglich sich um einen Job zu bewerben, Eigentum zu erwerben, ein Bankkonto zu eröffnen, Kinder in Schulen anzumelden oder sich auch nur im Krankenhaus behandeln zu lassen.
Als Kompromiss hatten Vertreter der ägyptischen Bahai zwischenzeitlich angeboten als Religion "Andere" in ihren Personalausweisen eintragen zu lassen. Dagegen hatten jedoch muslimische Anwälte Einspruch eingelegt. Im Dezember 2006 wurde den Bahais die offizielle Anerkennung als Religionsgemeinschaft gerichtlich verwährt.
Ägyptische Menschenrechtler feierten den Richterspruch am Montag, da er nicht nur die Rechte der Bahai in Ägypten stärke. Hossam Bahgat, Direktor der Ägyptischen Initiative für persönliche Rechte, erklärte: "Dieses endgültige Urteil ist ein großer Sieg für alle Ägypter, die für einen Staat kämpfen, in dem alle Bürger die gleichen Rechte besitzen - unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Religion."
Mit diesem Urteil, das nicht angefochten werden kann, endet ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen Menschenrechtlern und dem ägyptischen Staat. Die Auseinandersetzung begann, als als die ägyptischen Behörden im Jahr 2000 anfingen, neue Personalausweise zu erstellen. Seither waren die Bahais gezwungen, sich zu einer der drei abrahamitischen Religionen zu bekennen. 2004 ging das Innenministerium gar einen Schritt weiter und konfiszierte alle Geburtsurkunden und Ausweise, in denen der Bahaismus als Religion aufgeführt wird.
In Ägypten, einem Staat in dem seit 1981 offiziell ein Ausnahmezustand herrscht, ist es jedoch Vorschrift, seine Papiere stets bei sich zu tragen. Ohne Dokumente ist es schlicht unmöglich sich um einen Job zu bewerben, Eigentum zu erwerben, ein Bankkonto zu eröffnen, Kinder in Schulen anzumelden oder sich auch nur im Krankenhaus behandeln zu lassen.
Als Kompromiss hatten Vertreter der ägyptischen Bahai zwischenzeitlich angeboten als Religion "Andere" in ihren Personalausweisen eintragen zu lassen. Dagegen hatten jedoch muslimische Anwälte Einspruch eingelegt. Im Dezember 2006 wurde den Bahais die offizielle Anerkennung als Religionsgemeinschaft gerichtlich verwährt.
Ägyptische Menschenrechtler feierten den Richterspruch am Montag, da er nicht nur die Rechte der Bahai in Ägypten stärke. Hossam Bahgat, Direktor der Ägyptischen Initiative für persönliche Rechte, erklärte: "Dieses endgültige Urteil ist ein großer Sieg für alle Ägypter, die für einen Staat kämpfen, in dem alle Bürger die gleichen Rechte besitzen - unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Religion."
Montag, 16. März 2009
Umfrage im Irak zeigt wachsenden Optimismus
Die Iraker blicken deutlich optimistischer in die Zukunft als noch vor einem Jahr. Dies geht aus einer Meinungsumfrage unter mehr als 2000 Irakern hervor, die heute von der BBC vorgestellt wurde. Erstmals erklärte mehr als die Hälfte der Befragten, sie erwarteten, dass sich ihr Leben innerhalb des nächsten Jahres verbessern werde.
Besonders die Sicherheitslage im Land hat sich ihrer Ansicht nach in den letzten 12 Monaten deutlich verbessert. 85% der Iraker bezeichneten die Sicherheitslage als gut oder sehr gut. Dies sind 26% mehr als bei der letzten Umfrage im März 2008. Immerhin 6 von 10 Befragten fühlten sich in ihrem Dorf oder ihrem Wohnviertel sicher. Auch die Versorgung mit Trinkwasser und Elektrizität hat sich nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer deutlich verbessert. Erstmals erklärte auch eine Mehrheit der Iraker, dass für die Flüchtlinge der richtige Zeitpunkt zur Rückkehr gekommen sei.
Auffällig ist, dass sich besonders die befragten Sunniten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zufriedener und zuversichtlicher zeigten. Als großes Problem bezeichnen die Iraker mehr noch als im letzten Jahr den Mangel an Jobs. Zwei Drittel von ihnen erklärten die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei schlecht.
Mit den verbesserten Lebensbedingungen ist auch die Akzeptanz für das demokratische System gestiegen. 64% der Iraker bezeichneten die Demokratie als bestes politisches System für ihr Land. Nur 14% sehnen sich nach einem starken Führer und nur jeder Fünfte wünscht sich einen islamischen Staat. Vor zwei Jahren befürwortete nur eine Minderheit einen demokratischen Irak. Gleichzeitig wünschen sich sieben von zehn Befragten einen geeinten Irak mit einer starken Zentralregierung.
Trotz dieser Ergebnisse, die eine größere Zufriedenheit der Iraker mit ihrem Leben zeigen, hat sich die Wahrnehmung der US-geführten Irak-Invasion 2003 weiter verschlechtert. 56% der Befragten halten den Krieg für falsch, 42% für richtig. 2004 hatten noch 49% der Iraker den gewaltsamen Sturz Saddams begrüßt, und nur 39% abgelehnt. Gleichzeitig erklärten nur drei von zehn Umfrageteilnehmern, dass die Koalitionstruppen im Land gute Arbeit leisteten.
Danach gefragt, welche Staaten eine positive oder negative Rolle im Irak spielen, erhielten die Erzfeinde Iran und USA die schlechtesten Bewertungen. Jeweils über 60% der Befragten bewerteten die Politik Teherans und Washingtons gegenüber dem Irak als negativ.
Die Umfrageteilnehmer wurden auch nach ihrer Einschätzung von Muntazar al-Zaidi und seinem Schuhwurf auf George Bush befragt. Nur ein Viertel bezeichnete ihn als Kriminellen, 62% als Helden.
Besonders die Sicherheitslage im Land hat sich ihrer Ansicht nach in den letzten 12 Monaten deutlich verbessert. 85% der Iraker bezeichneten die Sicherheitslage als gut oder sehr gut. Dies sind 26% mehr als bei der letzten Umfrage im März 2008. Immerhin 6 von 10 Befragten fühlten sich in ihrem Dorf oder ihrem Wohnviertel sicher. Auch die Versorgung mit Trinkwasser und Elektrizität hat sich nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer deutlich verbessert. Erstmals erklärte auch eine Mehrheit der Iraker, dass für die Flüchtlinge der richtige Zeitpunkt zur Rückkehr gekommen sei.
Auffällig ist, dass sich besonders die befragten Sunniten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zufriedener und zuversichtlicher zeigten. Als großes Problem bezeichnen die Iraker mehr noch als im letzten Jahr den Mangel an Jobs. Zwei Drittel von ihnen erklärten die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei schlecht.
Mit den verbesserten Lebensbedingungen ist auch die Akzeptanz für das demokratische System gestiegen. 64% der Iraker bezeichneten die Demokratie als bestes politisches System für ihr Land. Nur 14% sehnen sich nach einem starken Führer und nur jeder Fünfte wünscht sich einen islamischen Staat. Vor zwei Jahren befürwortete nur eine Minderheit einen demokratischen Irak. Gleichzeitig wünschen sich sieben von zehn Befragten einen geeinten Irak mit einer starken Zentralregierung.
Trotz dieser Ergebnisse, die eine größere Zufriedenheit der Iraker mit ihrem Leben zeigen, hat sich die Wahrnehmung der US-geführten Irak-Invasion 2003 weiter verschlechtert. 56% der Befragten halten den Krieg für falsch, 42% für richtig. 2004 hatten noch 49% der Iraker den gewaltsamen Sturz Saddams begrüßt, und nur 39% abgelehnt. Gleichzeitig erklärten nur drei von zehn Umfrageteilnehmern, dass die Koalitionstruppen im Land gute Arbeit leisteten.
Danach gefragt, welche Staaten eine positive oder negative Rolle im Irak spielen, erhielten die Erzfeinde Iran und USA die schlechtesten Bewertungen. Jeweils über 60% der Befragten bewerteten die Politik Teherans und Washingtons gegenüber dem Irak als negativ.
Die Umfrageteilnehmer wurden auch nach ihrer Einschätzung von Muntazar al-Zaidi und seinem Schuhwurf auf George Bush befragt. Nur ein Viertel bezeichnete ihn als Kriminellen, 62% als Helden.
Freitag, 13. März 2009
Todesstrafe im Irak - 128 Verurteilten droht die Hinrichtung
Amnesty International hat die irakische Regierung aufgefordert die Hinrichtung von 128 zum Tode verurteilter Häftlinge zu stoppen. Angeblich sollen die Todeskandidaten ab nächster Woche in Gruppen von 20 Personen exekutiert werden. Die Urteile wurden in dieser Woche vom irakischen Präsidialrat, bestehend aus Staatspräsident Jalal Talabani und seinen beiden Stellvertretern, ratifiziert.
Die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass die Gerichtsverfahren kaum international gängigen Standards entsprächen. Über die Identität der Verurteilten ist ebenso wenig bekannt wie über die Art ihrer Taten. Wahrscheinlich ist, dass zumindest einige der 128 Angeklagten auf der Grundlage falscher Geständnisse verurteilt wurden, die unter Folter erpresst wurden. Möglich ist auch, dass unter den Todeskandidaten Häftlinge befinden, die den irakischen Behörden aus US-Gewahrsam überstellt wurden.
Die Todesstrafe war nach dem Sturz Saddam Husseins von der amerikanischen Übergangsverwaltung ausgesetzt. 2004 wurde sie von der irakischen Regierung wieder eingeführt, mit der Begründung, damit die Gewalt im Land eindämmen zu wollen.
Seither ist die Zahl der Todesurteile und Exekutionen kontinuierlich angestiegen. Nach Angaben von Amnesty International wurden 2007 mindestens 199 Menschen zum Tode verurteilt und 33 hingerichtet. Im letzten Jahr wurden mindestens 285 Personen zum Tode verurteilt und 34 von ihnen exekutiert.
Die Menschenrechtler fordern die Aufhebung der Todesstrafe und ein Moratorium für sämtliche Hinrichtungen im Irak. Selbstmordattentäter lassen sich von der Todesstrafe ohnehin nicht abschrecken.
Die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass die Gerichtsverfahren kaum international gängigen Standards entsprächen. Über die Identität der Verurteilten ist ebenso wenig bekannt wie über die Art ihrer Taten. Wahrscheinlich ist, dass zumindest einige der 128 Angeklagten auf der Grundlage falscher Geständnisse verurteilt wurden, die unter Folter erpresst wurden. Möglich ist auch, dass unter den Todeskandidaten Häftlinge befinden, die den irakischen Behörden aus US-Gewahrsam überstellt wurden.
Die Todesstrafe war nach dem Sturz Saddam Husseins von der amerikanischen Übergangsverwaltung ausgesetzt. 2004 wurde sie von der irakischen Regierung wieder eingeführt, mit der Begründung, damit die Gewalt im Land eindämmen zu wollen.
Seither ist die Zahl der Todesurteile und Exekutionen kontinuierlich angestiegen. Nach Angaben von Amnesty International wurden 2007 mindestens 199 Menschen zum Tode verurteilt und 33 hingerichtet. Im letzten Jahr wurden mindestens 285 Personen zum Tode verurteilt und 34 von ihnen exekutiert.
Die Menschenrechtler fordern die Aufhebung der Todesstrafe und ein Moratorium für sämtliche Hinrichtungen im Irak. Selbstmordattentäter lassen sich von der Todesstrafe ohnehin nicht abschrecken.
Donnerstag, 12. März 2009
Ägyptens Ultras im Visier von Medien und Staatssicherheit
Seit Jahrzehnten sind sie aus den Fankurven in Italien und Frankreich nicht mehr wegzudenken und auch in Deutschlands Fußballstadien sind sie mittlerweile tonangebend: "Ultras" - Fußballfans, die ihren Verein besonders fanatisch unterstützen, u.a. mit Choreographien, bengalischen Feuern und einstudierten Dauergesängen. Daneben nehmen sie oftmals eine kritische Haltung gegenüber ihrer Vereinsführung ein.
Vor knapp zwei Jahren haben sich auch unter den Fans der beiden größten ägyptischen Vereine Zamalek und al-Ahly Kairo Ultragruppierungen gebildet. Seit Januar sind nun die "Ultras Ahlawy" ins Visier der Staatssicherheit und der Medien geraten. Jetzt wollen sie sich gerichtlich dagegen wehren und haben Anzeige gegen einen ägyptischen Fernsehmoderator eingereicht, von dem sie sich beleidigt und bedroht fühlen.
Anfang Januar musste al-Ahlys Auswärtsspiel in Ismailia mehrfach unterbrochen werden, da von den Zuschauern immer wieder Leuchtraketen aufs Spielfeld gefeuert wurden. Mehrere Personen wurden festgenommen.
Besondere Aufmerksamkeit erlangten die Ereignisse durch Ahmed Shobeir. Shobeir war selbst lange Jahre Torwart bei al-Ahly Kairo, stand für sein Nationalteam bei der WM 1990 zwischen den Pfosten und ist heute Parlamentsabgeordneter für die regierende Nationaldemokratische Partei. Nebenbei moderiert er auf dem TV-Kanal "al-Hayat" die bekannte Fernsehsendung "Fußball mit Shobeir".
In seiner TV-Show am 9. Januar machte Shobeir die Ultras Ahlawy für die Ausschreitungen in Ismailia verantwortlich. Ihre Mitglieder seien Homosexuelle, Drogenabhängige und vom Islam abgefallen, erklärte der ehemalige Nationaltorwart. Der Fußballverband solle "mit eiserner Faust" gegen die Fans vorgehen, forderte Shobeir.
Parallel dazu ging die Staatssicherheit vor dem Stadtderby zwischen Ahly und Zamalek Kairo massiv gegen die Ultras Ahlawy vor. Ihre Treffpunkte wurden gestürmt, etwa 100 Fans festgenommen und erst nach dem Spiel wieder freigelassen. Das Spiel selbst fand und großen Sicherheitsvorkehrungen statt.
In den Wochen danach schaukelte sich die Auseinandersetzung zwischen Ultras und Shobeir weiter hoch. Die Fans beschuldigten den Politiker er selbst habe ihre Gruppe in der Vergangenheit dafür bezahlt andere Leute mit ihren Gesängen anzugreifen. Shubeir legte mit weiteren Anschuldigungen nach und warf den Ultras vor, sie wollten versuchen Ägyptens Qualifikation für die Fußball-WM 2010 zu verhindern.
In der letzten Woche reagierten die Ultras Ahlawy mit einem offiziellen Schreiben an den Innenminister und den Parlamentspräsidenten. Darin erklärten sie, die Ausschreitungen beim Spiel in Ismailia seien nicht von ihren Mitgliedern ausgegangen. Ihre Gruppe bestehe nicht aus Ganoven und Militanten. Sie verwiesen darauf, dass die Ahly-Fans im vergangenen Jahr vom afrikanischen Fußballverband als beste Fangruppe des Kontinents ausgezeichnet wurden. Außerdem haben sie Ahmed Shobeir wegen Beleidigung und übler Nachrede angezeigt und fordern die Aufhebung seiner Immunität. Anzeigen gegen die Chefs von Shobeirs TV-Sender al-Hayat werden derzeit noch geprüft.
Ägyptens Medien verfolgen die Entwicklungen ebenso aufmerksam wie voreingenommen. Dabei überrascht, dass in einer Gesellschaft die von religiösen Extremisten bedroht wird Fußballfans mit Nazis verglichen und als Gefahr für den ägyptischen Staat betrachtet werden.
Vor knapp zwei Jahren haben sich auch unter den Fans der beiden größten ägyptischen Vereine Zamalek und al-Ahly Kairo Ultragruppierungen gebildet. Seit Januar sind nun die "Ultras Ahlawy" ins Visier der Staatssicherheit und der Medien geraten. Jetzt wollen sie sich gerichtlich dagegen wehren und haben Anzeige gegen einen ägyptischen Fernsehmoderator eingereicht, von dem sie sich beleidigt und bedroht fühlen.
Anfang Januar musste al-Ahlys Auswärtsspiel in Ismailia mehrfach unterbrochen werden, da von den Zuschauern immer wieder Leuchtraketen aufs Spielfeld gefeuert wurden. Mehrere Personen wurden festgenommen.
Besondere Aufmerksamkeit erlangten die Ereignisse durch Ahmed Shobeir. Shobeir war selbst lange Jahre Torwart bei al-Ahly Kairo, stand für sein Nationalteam bei der WM 1990 zwischen den Pfosten und ist heute Parlamentsabgeordneter für die regierende Nationaldemokratische Partei. Nebenbei moderiert er auf dem TV-Kanal "al-Hayat" die bekannte Fernsehsendung "Fußball mit Shobeir".
In seiner TV-Show am 9. Januar machte Shobeir die Ultras Ahlawy für die Ausschreitungen in Ismailia verantwortlich. Ihre Mitglieder seien Homosexuelle, Drogenabhängige und vom Islam abgefallen, erklärte der ehemalige Nationaltorwart. Der Fußballverband solle "mit eiserner Faust" gegen die Fans vorgehen, forderte Shobeir.
Parallel dazu ging die Staatssicherheit vor dem Stadtderby zwischen Ahly und Zamalek Kairo massiv gegen die Ultras Ahlawy vor. Ihre Treffpunkte wurden gestürmt, etwa 100 Fans festgenommen und erst nach dem Spiel wieder freigelassen. Das Spiel selbst fand und großen Sicherheitsvorkehrungen statt.
In den Wochen danach schaukelte sich die Auseinandersetzung zwischen Ultras und Shobeir weiter hoch. Die Fans beschuldigten den Politiker er selbst habe ihre Gruppe in der Vergangenheit dafür bezahlt andere Leute mit ihren Gesängen anzugreifen. Shubeir legte mit weiteren Anschuldigungen nach und warf den Ultras vor, sie wollten versuchen Ägyptens Qualifikation für die Fußball-WM 2010 zu verhindern.
In der letzten Woche reagierten die Ultras Ahlawy mit einem offiziellen Schreiben an den Innenminister und den Parlamentspräsidenten. Darin erklärten sie, die Ausschreitungen beim Spiel in Ismailia seien nicht von ihren Mitgliedern ausgegangen. Ihre Gruppe bestehe nicht aus Ganoven und Militanten. Sie verwiesen darauf, dass die Ahly-Fans im vergangenen Jahr vom afrikanischen Fußballverband als beste Fangruppe des Kontinents ausgezeichnet wurden. Außerdem haben sie Ahmed Shobeir wegen Beleidigung und übler Nachrede angezeigt und fordern die Aufhebung seiner Immunität. Anzeigen gegen die Chefs von Shobeirs TV-Sender al-Hayat werden derzeit noch geprüft.
Ägyptens Medien verfolgen die Entwicklungen ebenso aufmerksam wie voreingenommen. Dabei überrascht, dass in einer Gesellschaft die von religiösen Extremisten bedroht wird Fußballfans mit Nazis verglichen und als Gefahr für den ägyptischen Staat betrachtet werden.
Dienstag, 10. März 2009
Wiederaufbau in Nahr al-Bared
Mit einer offiziellen Zeremonie hat gestern der Wiederaufbau des palästinensischen Flüchtlingslagers Nahr al-Bared begonnen. Das Camp im Nordlibanon war im Sommer 2007 weitgehend zerstört worden, nachdem sich islamistische Kämpfer der Fatah al-Islam und die libanesische Armee hier wochenlange Kämpfe geliefert hatten. Dabei starben 400 Menschen, etwa 30000 wurden obdachlos.
Mehr als anderthalb Jahre nach Ende der Gefechte sieht die Lebenssituation für die Mehrzahl der Camp-Bewohner nach wie vor verheerend aus. Sie leben nun entweder in den Trümmern ihrer zerstörten Häuser oder flohen in das nahegelegene Flüchtlingslager Baddawi. Dort hat sich die Zahl der Einwohner dadurch fast verdoppelt, was zu zahlreichen Spannungen führt.
Die Aussichten dafür, dass sich an dieser Lage in absehbarer Zeit etwas ändern wird, stehen schlecht. Während die internationale Gemeinschaft in der letzten Woche umfangreiche Beträge für den Wiederaufbau des Gazastreifens versprochen hat, bleiben die Spenden zum Wiederaufbau von Nahr al-Bared weit hinter den Erwartungen zurück. Von den nach Schätzungen der UN benötigten 430 Millionen US-Dollar für die Rekonstruktion, steht bislang nur etwa ein Viertel bereit.
Nur zwei der acht geplanten Bauabschnitte in Nahr al-Bared sind damit gegenwärtig gesichert, erklärte UNRWA-Generalkommissarin Karen Koning AbuZayd gestern bei der Zeremonie in Anwesenheit von Ministerpräsident Fuad Siniora und der amerikanischen Botschafterin Michele Sisson. Damit kann auch nur für ein Viertel der Flüchtlinge der Wiederaufbau ihrer Häuser finanziert werden. Bis August dieses Jahres sollen die ersten 1500 Lagerbewohner nach Nahr al-Bared zurückkehren.
Doch selbst nach einem vollständigen Wiederaufbau des Lagers, sieht die Situation für die Palästinenser im Libanon alles andere als rosig aus. Die Kämpfe vom Sommer 2007, die etwa 170 libanesischen Soldaten das Leben kosteten, haben den Hass vieler Libanesen auf die Palästinenser geschürt. Bewohner umliegender Dörfer plünderten nach der Flucht der Palästinenser deren Häuser in Nahr al-Bared. Auch gegen den Wiederaufbau regte sich Protest.
Darüber hinaus sind die etwa 300000 Palästinenser, die zumeist in einem der 12 Lager im Libanon leben, Bürger zweiter Klasse. Sie dürfen kein Land kaufen, viele Berufe nicht ausüben und nur unter Schwierigkeiten staatliche Schulen und Universitäten besuchen. Die libanesische Staatsbürgerschaft wird ihnen nur in seltenen Ausnahmenfällen gewährt, wählen dürfen sie auch nicht. Dies dürfte sich auch in Zukunft nicht ändern, da die Einbürgerung der Palästinenser das komplizierte konfessionelle Gefüge der libanesischen Wählerschaft zugunsten der Sunniten verändern würde.
Mehr als anderthalb Jahre nach Ende der Gefechte sieht die Lebenssituation für die Mehrzahl der Camp-Bewohner nach wie vor verheerend aus. Sie leben nun entweder in den Trümmern ihrer zerstörten Häuser oder flohen in das nahegelegene Flüchtlingslager Baddawi. Dort hat sich die Zahl der Einwohner dadurch fast verdoppelt, was zu zahlreichen Spannungen führt.
Die Aussichten dafür, dass sich an dieser Lage in absehbarer Zeit etwas ändern wird, stehen schlecht. Während die internationale Gemeinschaft in der letzten Woche umfangreiche Beträge für den Wiederaufbau des Gazastreifens versprochen hat, bleiben die Spenden zum Wiederaufbau von Nahr al-Bared weit hinter den Erwartungen zurück. Von den nach Schätzungen der UN benötigten 430 Millionen US-Dollar für die Rekonstruktion, steht bislang nur etwa ein Viertel bereit.
Nur zwei der acht geplanten Bauabschnitte in Nahr al-Bared sind damit gegenwärtig gesichert, erklärte UNRWA-Generalkommissarin Karen Koning AbuZayd gestern bei der Zeremonie in Anwesenheit von Ministerpräsident Fuad Siniora und der amerikanischen Botschafterin Michele Sisson. Damit kann auch nur für ein Viertel der Flüchtlinge der Wiederaufbau ihrer Häuser finanziert werden. Bis August dieses Jahres sollen die ersten 1500 Lagerbewohner nach Nahr al-Bared zurückkehren.
Doch selbst nach einem vollständigen Wiederaufbau des Lagers, sieht die Situation für die Palästinenser im Libanon alles andere als rosig aus. Die Kämpfe vom Sommer 2007, die etwa 170 libanesischen Soldaten das Leben kosteten, haben den Hass vieler Libanesen auf die Palästinenser geschürt. Bewohner umliegender Dörfer plünderten nach der Flucht der Palästinenser deren Häuser in Nahr al-Bared. Auch gegen den Wiederaufbau regte sich Protest.
Darüber hinaus sind die etwa 300000 Palästinenser, die zumeist in einem der 12 Lager im Libanon leben, Bürger zweiter Klasse. Sie dürfen kein Land kaufen, viele Berufe nicht ausüben und nur unter Schwierigkeiten staatliche Schulen und Universitäten besuchen. Die libanesische Staatsbürgerschaft wird ihnen nur in seltenen Ausnahmenfällen gewährt, wählen dürfen sie auch nicht. Dies dürfte sich auch in Zukunft nicht ändern, da die Einbürgerung der Palästinenser das komplizierte konfessionelle Gefüge der libanesischen Wählerschaft zugunsten der Sunniten verändern würde.
Montag, 9. März 2009
Nach dem Gazakrieg: Hamas gewinnt an Popularität
Die Hamas hat nach dem Gazakrieg unter den Palästinensern an Popularität gewonnen. Würden in Kürze Wahlen abgehalten, könnte die Fatah jedoch weiterhin mit einem knappen Erfolg rechnen. Diese Ergebnisse gehen aus einer Meinungsumfrage hervor, die das Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR) unter 1270 Palästinenern aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland durchgeführt hat.
33% der Befragten würden die Hamas wählen, 40% die Fatah. Im Dezember, also kurz vor der Operation Gegossenes Blei, lagen die Werte noch bei 28 bzw. 42%. Interessant ist jedoch, dass die Popularität der Hamas nur in der West Bank gestiegen ist. Im Gazastreifen liegt sie weiterhin 12% hinter der Fatah, während der Abstand im Westjordanland von 13 auf 3% geschmolzen ist.
Würden heute Präsidentenwahlen in den palästinensischen Gebieten stattfinden, würde sich Hamas-Kandidat Ismail Haniyeh knapp mit 47 zu 45% gegen Mahmud Abbas durchsetzen, so die Umfrage. Vor drei Monaten lag der Fatah-Chef noch 10 Punkte vor seinem Rivalen. Auch hier ist jedoch bemerkenswert, dass im von der Hamas regierten Gazastreifen Abu Mazen in der Popularität 6 Prozent vor Haniyeh liegt.
Würde jedoch der von Israel inhaftierte Fatah-Mann Marwan Barghouti freigelassen und kandidieren, könnte sowohl Abbas als auch Haniyeh einpacken. Bei einer Abstimmung zwischen Barghouti und dem Hamas-Führer würde Ersterer mit 61 zu 34 Prozent gewinnen.
Nach dem offiziellen Ablauf der Regierungszeit von Präsident Abbas betrachtet ihn nur noch eine Minderheit von 39% der Palästinenser als legitimen Führer der Autonomiebehörde. Ebenso betrachteten nur 24% der Befragten die Regierung des gestern zurückgetretenen Regierungschefs Salam Fayad als rechtmäßig.
Insgesamt bezeichneten nur ein Viertel der Palästinenser in der West Bank und 7% im Gazastreifen ihre Lebensbedingungen als gut. Fast 80% der Menschen in Gaza gaben an, ihre Lebensumstände hätten sich durch den jüngsten Krieg verschlechtert.
Als oberste Priorität wird von den befragten Palästinensern eine Einigung van Fatah und Hamas angegeben. Erst dahinter rangieren eine Beruhigung der Lage und die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen. Der Wiederaufbau in Gaza wird nur von einem Viertel der Palästinenser als vorrangigstes Ziel genannt.
33% der Befragten würden die Hamas wählen, 40% die Fatah. Im Dezember, also kurz vor der Operation Gegossenes Blei, lagen die Werte noch bei 28 bzw. 42%. Interessant ist jedoch, dass die Popularität der Hamas nur in der West Bank gestiegen ist. Im Gazastreifen liegt sie weiterhin 12% hinter der Fatah, während der Abstand im Westjordanland von 13 auf 3% geschmolzen ist.
Würden heute Präsidentenwahlen in den palästinensischen Gebieten stattfinden, würde sich Hamas-Kandidat Ismail Haniyeh knapp mit 47 zu 45% gegen Mahmud Abbas durchsetzen, so die Umfrage. Vor drei Monaten lag der Fatah-Chef noch 10 Punkte vor seinem Rivalen. Auch hier ist jedoch bemerkenswert, dass im von der Hamas regierten Gazastreifen Abu Mazen in der Popularität 6 Prozent vor Haniyeh liegt.
Würde jedoch der von Israel inhaftierte Fatah-Mann Marwan Barghouti freigelassen und kandidieren, könnte sowohl Abbas als auch Haniyeh einpacken. Bei einer Abstimmung zwischen Barghouti und dem Hamas-Führer würde Ersterer mit 61 zu 34 Prozent gewinnen.
Nach dem offiziellen Ablauf der Regierungszeit von Präsident Abbas betrachtet ihn nur noch eine Minderheit von 39% der Palästinenser als legitimen Führer der Autonomiebehörde. Ebenso betrachteten nur 24% der Befragten die Regierung des gestern zurückgetretenen Regierungschefs Salam Fayad als rechtmäßig.
Insgesamt bezeichneten nur ein Viertel der Palästinenser in der West Bank und 7% im Gazastreifen ihre Lebensbedingungen als gut. Fast 80% der Menschen in Gaza gaben an, ihre Lebensumstände hätten sich durch den jüngsten Krieg verschlechtert.
Als oberste Priorität wird von den befragten Palästinensern eine Einigung van Fatah und Hamas angegeben. Erst dahinter rangieren eine Beruhigung der Lage und die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen. Der Wiederaufbau in Gaza wird nur von einem Viertel der Palästinenser als vorrangigstes Ziel genannt.
Freitag, 6. März 2009
Ägypten: Todesstrafe für Vergewaltiger
In Europa erfährt man von Prozessen gegen Vergewaltiger im Nahen Osten zumeist dann, wenn die Urteile gegen die Täter sehr mild ausfallen oder die Opfer selbst vom Gericht bestraft werden, weil sie die Tat durch ihr Handeln provoziert haben sollen. Nun hat jedoch ein Richter in Ägypten 10 Männer zum Tode und einen 17-Jährigen zu 15 Jahren Haft verurteilt, die 2006 eine 28-jährige Frau vergewaltigten. Das Kassationsgericht in Kafr al-Sheikh bestätigte damit ein Urteil vom Januar.
Die Täter waren im Januar 2006 mit Waffen in das Haus der jungen Frau im Dorf Hamarawy eingedrungen und entführten das Opfer. Auf einem Feld außerhalb des Dorfes wurde sie über Stunden vergewaltigt. Als Dorfbewohner auf die Vergewaltigung aufmerksam wurden, schossen die Männer um sich. Erst nach Stunden konnten die Täter, die selbst aus dem Ort im nördlichen Nildelta stammen, überwältigt werden. Einer der Vergewaltiger soll vor der Tat um die Hand der jüngeren Schwester des Opfers angehalten haben, sei aber abgewiesen worden. Als Rache habe er daraufhin mit Freunden die Tat geplant.
Richter Mukhtar Chalabi erklärte nach der Urteilsverkündung: "Hätten wir die Strafe reduziert, würden wir uns schweren Konsequenzen gegenüber sehen und andere würden diese Taten wiederholen. Die Zahl der Verurteilten ist keine Rechtfertigung für ihr Handeln - das Gegenteil ist der Fall."
Der Prozess gegen die "Wölfe", wie die Angeklagten in der Presse bezeichnet wurden, ist von der ägyptischen Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkein verfolgt worden. Die Zahl sexueller Übergriffe gegen Frauen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Nach Regierungsangaben werden pro Jahr knapp 20000 sexuell motivierte Straftaten in Ägypten registriert, etwa 55 pro Tag. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.
Die Gerichte haben die Täter bislang oft mit großer Nachsicht behandelt. Bis 1999 konnte der Vergewaltiger sogar straffrei ausgehen, wenn er sein Opfer nach der Tat heiratete. Seither wurden die Gesetze mehrfach reformiert. Dennoch wird das Urteil aus Kafr al-Sheikh in der ägyptischen Presse als Novum gefeiert.
Ägyptische Menschenrechtler reagierten unterschiedlich auf das Urteil. Während Feministinnen den Richterspruch wegen seiner abschreckenden Wirkung begrüßten, kritisierten andere Menschenrechtsgruppen, dass die unterschiedliche Tatbeteiligung der Verurteilten bei der Strafzumessung keine Rolle gespielt habe. Außerdem verweisen sie darauf, dass die Todesstrafe etwa für den Drogenhandel bislang auch keine abschreckende Wirkung gezeigt habe.
Die Täter waren im Januar 2006 mit Waffen in das Haus der jungen Frau im Dorf Hamarawy eingedrungen und entführten das Opfer. Auf einem Feld außerhalb des Dorfes wurde sie über Stunden vergewaltigt. Als Dorfbewohner auf die Vergewaltigung aufmerksam wurden, schossen die Männer um sich. Erst nach Stunden konnten die Täter, die selbst aus dem Ort im nördlichen Nildelta stammen, überwältigt werden. Einer der Vergewaltiger soll vor der Tat um die Hand der jüngeren Schwester des Opfers angehalten haben, sei aber abgewiesen worden. Als Rache habe er daraufhin mit Freunden die Tat geplant.
Richter Mukhtar Chalabi erklärte nach der Urteilsverkündung: "Hätten wir die Strafe reduziert, würden wir uns schweren Konsequenzen gegenüber sehen und andere würden diese Taten wiederholen. Die Zahl der Verurteilten ist keine Rechtfertigung für ihr Handeln - das Gegenteil ist der Fall."
Der Prozess gegen die "Wölfe", wie die Angeklagten in der Presse bezeichnet wurden, ist von der ägyptischen Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkein verfolgt worden. Die Zahl sexueller Übergriffe gegen Frauen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Nach Regierungsangaben werden pro Jahr knapp 20000 sexuell motivierte Straftaten in Ägypten registriert, etwa 55 pro Tag. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.
Die Gerichte haben die Täter bislang oft mit großer Nachsicht behandelt. Bis 1999 konnte der Vergewaltiger sogar straffrei ausgehen, wenn er sein Opfer nach der Tat heiratete. Seither wurden die Gesetze mehrfach reformiert. Dennoch wird das Urteil aus Kafr al-Sheikh in der ägyptischen Presse als Novum gefeiert.
Ägyptische Menschenrechtler reagierten unterschiedlich auf das Urteil. Während Feministinnen den Richterspruch wegen seiner abschreckenden Wirkung begrüßten, kritisierten andere Menschenrechtsgruppen, dass die unterschiedliche Tatbeteiligung der Verurteilten bei der Strafzumessung keine Rolle gespielt habe. Außerdem verweisen sie darauf, dass die Todesstrafe etwa für den Drogenhandel bislang auch keine abschreckende Wirkung gezeigt habe.
Donnerstag, 5. März 2009
Der Haftbefehl gegen Omar al-Bashir und seine Folgen
Der Internationale Strafgerichtshof hat gestern Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Omar al-Bashir erlassen. Ihm werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Das Gericht fordert nun die Auslieferung des Staatschefs nach Den Haag.
Mit dem Haftbefehl sendet der Strafgerichtshof das Signal an alle Staatschefs, dass sie künftig bei Verbrechen gegen ihr eigenes Volk damit rechnen müssen, sich für ihre Taten zu verantworten. Im konkreten Fall al-Bashir droht der Haftbefehl, der vermutlich nie vollstreckt wird, jedoch die Position des Diktators zu stärken und die Lage der notleidenden Bevölkerung in Darfur weiter zu verschlechtern.
Omar al-Bashir erklärte nach der Entscheidung des Gerichts, er werde nicht vor den Kolonialisten niederknien und den Haftbefehl ignorieren. Auf staatlich organisierten Kundgebungen in Khartoum sprachen Tausende Sudanesen ihrem Präsidenten ihre Solidarität aus. Der Gerichtsbeschluss dürfte die anti-westliche Stimmung im Sudan weiter anheizen und somit die Popularität Bashirs steigern, der sich nun als Verteidiger der nationalen Souveränität feiern lässt.
Auch aus dem Ausland erhält der in die Enge getriebene Staatschef Unterstützung. Die Afrikanische Union nannte den Haftbefehl "bedauerlich", da er den gegenwärtigen Friedensprozess gefährde. Auch Chinas Regierung äußerte sich "besorgt". Diese Kritik basiert jedoch auf höchst eigennützigen Motiven, schließlich ist China zum wichtigsten Handelspartner des Sudan aufgestiegen.
Auch die Arabische Liga lehnt den Haftbefehl ab. Sudans Botschafter bei den Vereinten Nationen, Abdelmahmud Mohamed, erklärte, Omar al-Bashir werde persönlich zum nächsten Gipfeltreffen der arabischen Staaten nach Qatar reisen. Eine Verhaftung des Gesuchten droht dort kaum, da Jordanien das einzige arabische Land ist, das das Rom-Statut, das dem Internationalen Strafgerichtshof zu Grunde liegt, ratifiziert hat und somit zur Auslieferung al-Bashirs verpflichtet ist.
Arabische Juristen bezeichneten den Haftbefehl gegen al-Bashir als Teil einer "rechtlichen Invasion". Wie einst der Irak, werde nun der Sudan das Ziel westlicher Angriffe, diesmal auf juristischem Wege. Ziel des Verfahrens sei es, den Sudan zu spalten.
Die ernsthaftesten Konsequenzen aus dem Haftbefehl drohen jedoch den von Krieg und Vertreibung geplagten Flüchtlingen in Darfur. Als erste Reaktion auf die Entscheidung aus Den Haag hat Sudans Regierung zahlreichen westlichen Hilfsorganisationen die Arbeitserlaubnis entzogen. Mehr als ein Dutzend dieser Hilfsprogramme kündigten daraufhin das sofortige Ende ihrer Tätigkeiten im Sudan an, darunter Ärzte ohne Grenzen, Oxfam und Save the Children. Dieser Schritt gefährdet das Leben tausender Menschen.
Ein Präsidentenberater drohte gestern Abend im Staatsfernsehen unverhohlen den im Land lebenden Ausländern. Sollten sie sich nicht den Anweisungen der Regierung in Khartoum unterwerfen, werden sie aus dem Land geworfen.
Mit dem Haftbefehl sendet der Strafgerichtshof das Signal an alle Staatschefs, dass sie künftig bei Verbrechen gegen ihr eigenes Volk damit rechnen müssen, sich für ihre Taten zu verantworten. Im konkreten Fall al-Bashir droht der Haftbefehl, der vermutlich nie vollstreckt wird, jedoch die Position des Diktators zu stärken und die Lage der notleidenden Bevölkerung in Darfur weiter zu verschlechtern.
Omar al-Bashir erklärte nach der Entscheidung des Gerichts, er werde nicht vor den Kolonialisten niederknien und den Haftbefehl ignorieren. Auf staatlich organisierten Kundgebungen in Khartoum sprachen Tausende Sudanesen ihrem Präsidenten ihre Solidarität aus. Der Gerichtsbeschluss dürfte die anti-westliche Stimmung im Sudan weiter anheizen und somit die Popularität Bashirs steigern, der sich nun als Verteidiger der nationalen Souveränität feiern lässt.
Auch aus dem Ausland erhält der in die Enge getriebene Staatschef Unterstützung. Die Afrikanische Union nannte den Haftbefehl "bedauerlich", da er den gegenwärtigen Friedensprozess gefährde. Auch Chinas Regierung äußerte sich "besorgt". Diese Kritik basiert jedoch auf höchst eigennützigen Motiven, schließlich ist China zum wichtigsten Handelspartner des Sudan aufgestiegen.
Auch die Arabische Liga lehnt den Haftbefehl ab. Sudans Botschafter bei den Vereinten Nationen, Abdelmahmud Mohamed, erklärte, Omar al-Bashir werde persönlich zum nächsten Gipfeltreffen der arabischen Staaten nach Qatar reisen. Eine Verhaftung des Gesuchten droht dort kaum, da Jordanien das einzige arabische Land ist, das das Rom-Statut, das dem Internationalen Strafgerichtshof zu Grunde liegt, ratifiziert hat und somit zur Auslieferung al-Bashirs verpflichtet ist.
Arabische Juristen bezeichneten den Haftbefehl gegen al-Bashir als Teil einer "rechtlichen Invasion". Wie einst der Irak, werde nun der Sudan das Ziel westlicher Angriffe, diesmal auf juristischem Wege. Ziel des Verfahrens sei es, den Sudan zu spalten.
Die ernsthaftesten Konsequenzen aus dem Haftbefehl drohen jedoch den von Krieg und Vertreibung geplagten Flüchtlingen in Darfur. Als erste Reaktion auf die Entscheidung aus Den Haag hat Sudans Regierung zahlreichen westlichen Hilfsorganisationen die Arbeitserlaubnis entzogen. Mehr als ein Dutzend dieser Hilfsprogramme kündigten daraufhin das sofortige Ende ihrer Tätigkeiten im Sudan an, darunter Ärzte ohne Grenzen, Oxfam und Save the Children. Dieser Schritt gefährdet das Leben tausender Menschen.
Ein Präsidentenberater drohte gestern Abend im Staatsfernsehen unverhohlen den im Land lebenden Ausländern. Sollten sie sich nicht den Anweisungen der Regierung in Khartoum unterwerfen, werden sie aus dem Land geworfen.
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