In den vergangenen Tagen sind von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen Berichte veröffentlicht worden, die den mit Waffen ausgetragenen Machtkampf im Libanon aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten.
Human Rights Watch (HRW) berichtet von Menschenrechtsverletzungen während der Kämpfe im Libanon. So seien Zivilisten in Beirut durch den Beschuss mit Panzerabwehrraketen von Seiten der Oppositionsmilizen getötet worden. Daneben wird von drusischen Anhängern der Fortschrittlichen Sozialistischen Partei berichtet, die über mehrere Tage von der Hizbollah entführt und festgehalten worden seien.
Anhängern der Regierungsmilizen wird vorgeworfen, gefangene Oppositionsanhänger misshandelt und offenbar hingerichtet zu haben. Die beiden Konfliktparteien werden aufgefordert, die Menschenrechtsverletzungen in ihren Verhandlungen in Qatar zu thematisieren und die Schuldigen juristisch zu verfolgen.
Der Bericht der Economist Intelligence Unit (EIU) unter dem Titel "Lebanon Politics: Square One?" bezeichnet die jüngsten Kämpfe als die erste Runde eines einsetzenden Bürgerkriegs. Zwar habe die Hizbollah ihre wichtigsten Forderungen durchsetzen können, allerdings habe die schiitische Bewegung dafür einen hohen Preis zahlen müssen, analysiert die EIU.
Im drusischen Choufgebirge sei die Hizbollah auf massiven Widerstand gestoßen, womit deutlich geworden sei, dass die Schiitenmiliz ihr Operationsgebiet nicht zu Lasten rivalisierender Gruppen ausweiten könne. Zudem habe die Bewegung viel Prestige eingebüßt, da sie ihre Waffen erstmals gegen ihre libanesischen Landsleute gerichtet habe.
Ebenso habe die libanesische Armee einen Schlag hinnehmen müssen, da ihre Zurückhaltung im innerlibanesischen Machtkampf von Vielen als Parteinahme für die Hizbollah verstanden wurde. Auch Ministerpräsident Siniora habe seine Schwäche durch die Rücknahme der Regierungsbeschlüsse gegen die Hizbollah offenbart. Insgesamt wertet die EIU die Möglichkeit eines Kompromisses zwischen beiden Seiten als "sehr begrenzt".
Die bislang ausführlichste Analyse zu den Kämpfen in Libanon präsentierte die International Crisis Group unter dem Titel "Lebanon: Hizbollah’s Weapons Turn Inward". Die ICG bescheinigt der Hizbollah einen deutlichen militärischen Sieg, von dem jedoch äußerst fraglich ist, das er sich in wachsenden politischen Einfluss ummünzen lässt.
In dem jüngsten blutigen Machtkampf sei deutlich geworden, dass sich der Konflikt im Wesentlichen zwischen Sunniten und Schiiten entzündet hat. Genau dieses Bild hat die Hizbollah bislang stets zu verhindern versucht. Für ihren wichtigsten christlichen Verbündeten Michel Aoun werde es nun immer schwieriger seine Allianz mit der Hizbollah zu rechtfertigen.
Doch auch Saad Hariris Future-Bewegung habe durch ihre militärische Niederlage gegen die Oppositionsmilizen an Ansehen verloren und könnte künftig unter wachsendem Druck ihrer sunnitischen Anhänger stehen, militärisch weiter aufzurüsten. Hariris wichtigster Verbündeter Walid Jumblatt sei "demoralisiert und besiegt". Ebenso sei das Ansehen der Armee beschädigt worden.
Um die Lage im Libanon zu stabilisieren müssten sich Regierungslager und Opposition auf einen Konsenspräsidenten einigen und eine Regierung der Nationalen Einheit bilden. Der Status der Hizbollah als bewaffnete Bewegung solle vorerst unangetastet bleiben, allerdings solle die Art und Weise in der diese eingesetzt werden dürfen, in einem Abkommen stark eingegrenzt werden.
Montag, 19. Mai 2008
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