Der Jemen ist in den letzten Monaten von einer ganzen Reihe von Protesten, Anschlägen und Aufständen erschüttert worden. Die Regierung in Sanaa sieht sich im Nordjemen von einer Sezessionsbewegung der Zaiditen bedroht. Die Zaiditen sind eine eigene Religionsgemeinschaft innerhalb des schiitischen Islams, die bis zu ihrem Sturz 1962 in den Bergen des Nordjemen herrschten. Etwa jeder 4. Jemenit gehört dem zaiditischen Glauben an.
Bis heute ist der Norden des Landes eine der ärmsten Regionen des Nahen Ostens. Seit 4 Jahren führt eine zaiditische Rebellenbewegung unter der Führung des Stammesführers Abd al-Malik al-Huthi einen Guerillakrieg gegen die Zentralregierung unter dem autoritär herrschenden Präsidenten Ali Abdullah Salih. Dieser beschuldigt Libyen und den Iran die Aufständischen auszurüsten und finanziell zu unterstützen. Seit 2004 sind hunderte Menschen bei Anschlägen, Angriffen auf Polizeistationen und Vergeltungsschlägen der jemenitischen Armee getötet worden. Ziel der Bewegung ist die Wiedererrichtung eines zaiditischen Imamats im Nordjemen, wie es vor 1962 existierte.
In den letzten Wochen sind verstärkt Moscheen zum Ziel von Anschlägen geworden, hinter denen die zaiditischen Rebellen stecken sollen. Am 2.Mai kamen bei einem Bombenanschlag auf eine zaiditische Moschee in Saadah nahe der Grenze zu Saudi-Arabien 18 Menschen ums Leben. Gestern erschoss ein Zaidit während des Freitagsgebets 8 Menschen in der Kleinstadt Kohal. Anschließend ergab er sich widerstandslos der Polizei.
Die Hintergründe dieser Anschlagswelle sind unklar. Die Regierung beschuldigt al-Huthis Anhänger hinter den Attentaten zu stecken, dieser bestreitet jede Beteiligung und machte seinerseits die Armee für den Bombenanschlag Anfang Mai verantwortlich. Zugleich kündigte Hauthi eine Ausweitung seines Kampfes auf andere Landesteile an.
Auch im Süden des 1990 wiedervereinigten Landes kommt es immer wieder zu Aufständen und Protesten. Auch hier fühlen sich viele Stämme von der Regierung in Sanaa vernachlässigt, obgleich die Region die erdölreichste des Jemen ist. In den letzten Wochen entzündete sich der Protest an der Weigerung der Armee Rekruten aus dem Süden in angemessener Zahl aufzunehmen. Außerdem forderten Demonstranten mehr staatliche Hilfe für ehemalige staatliche Bedienstete des Südjemens und zeigten dabei die Flagge der ehemaligen Demokratischen Volksrepublik Jemen. Bei Ausschreitungen kamen seit Jahresanfang Dutzende Menschen ums Leben.
Erst gestern machte zudem al-Qaida im Jemen wieder auf sich aufmerksam. Mitglieder des Terrornetzwerks sollen zwei Katyusha-Raketen auf eine Ölraffinerie in Aden abgefeuert haben. Einen Tag zuvor hatten die Behörden die Festnahme von 11 mutmaßlichen al-Qaida-Anhängern gemeldet. Im März verfehlten Raketenangriffe der al-Qaida nur knapp die US-Botschaft in Sanaa. 13 Mädchen wurden in einer nahegelegenen Schule verwundet.
Der Staat im Süden der arabischen Halbinsel ist einer der ärmsten und korruptesten in der Welt. Die Vergaben von Geldern und Posten hängt oft von der Herkunft und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie ab. In den Regionen die hierbei zu kurz kommen, dürfte auch in Zukunft keine Ruhe einkehren.
Samstag, 31. Mai 2008
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