Donnerstag, 5. Januar 2006
Libanon: Ghassan Tueni vor Rückkehr in die Politik
Als eine Explosion am 12. Dezember den anti-syrischen Abgeordneten Gebran Tueni in den Tod riss, setzte sich damit die Serie gezielter Anschläge auf kritische Politiker und Journalisten, die die Libanesen in den letzten Monaten verfolgen mussten, fort. Dennoch scheint der Tod Tuenis besondere Folgen zu zeitigen, und können dem politischen Prozess eine entscheidende Richtung weisen.
Der Grund hierfür liegt zum einen in der medialen Macht der Familie Tueni, verkörpert durch die Tageszeitung Al-Nahar, zum anderen an Gebrans Vater Ghassan Tueni, der sich nun wieder verstärkt in das politische Tagesgeschehen einschaltet.
Ghassan Tueni verfügt als langjähriger Parlamentsabgeordneter und ehemaliger Minister nicht nur über Erfahrung, sondern genießt auch großen Respekt - und zwar über konfesssionelle Grenzen hinaus. Zudem beteiligt er sich mit seinen Editorials in Al-Nahar an der öffentlichen Diskussion, wobei er sich dezidiert gegen syrischen Einfluss und für die schrittweise Abschaffung des konfessionellen Proporzsystem im Libanon äußert.
Innerhalb diesen Systems allerdings plant Ghassan Tueni nun die Rückkehr in die aktive Politik. So kündigte er gestern an, für den für die griechisch-orthodoxe Gemeinschaft reservierten Parlamentssitz, den sein Sohn einnahm, zu kandidieren.
Inwieweit der mittlerweise 80-jährige dieser neuen Belastung gewachsen ist, bleibt abzuwarten. Für diejenigen Kräfte, die sich für die Abkehr vom politischen Konfessionalismus einsetzen, hat Tuenis Comeback auch symbolische Bedeutung. So schlug der Beiruter Daily Star gestern auf seiner Titelseite Tueni gar für die Präsidentschaft des Landes vor, die nach bisheriger Praxis immer einem Maroniten zustand. Die Befürworter einer solchen Änderung werden dabei sicherlich auf das überkonfessionelle Charisma Tuenis verweisen - schließlich ist dieser mit einer Drusin verheiratet.
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