Donnerstag, 26. Januar 2006

Syrien: Isolation gefährdet Wirtschafts-Reformen


Syriens diplomatischer Konflikt mit den Vereinten Nationen verzögert wichtige Wirtschaftsreformen in dem Land, dessen Ölreserven rapide zur Neige gehen. Zu diesem Schluss kommt Nabil Sukkar, Geschäftsführer des Syrischen Beratungsbüros für Entwicklung und Investment.
"Die Wirtschaftsreformen haben am meisten unter dieser Krise zu leiden.", erklärte der ehemalige Welt-Bank-Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist schade, weil ich dachte wir würden gerade in eine Ära der Privatisierung und der Reformen aufbrechen. Aber nun werden inmitten dieser politischen Krise Investoren zweimal überlegen bevor sie in Syrien investieren."
Syrien hat seit dem Amtsantritt Baschar al-Assads im Jahr 2000 einen vorsichtigen Kurs wirtschaftlicher Liberalisierung eingeschlagen. Unternehmen des privaten Sektors beschäftigen heute vier Mal mehr Arbeitnehmer als noch 2001. Im vergangenen Jahr öffneten erstmals vier private Bankunternehmen und noch für dieses Jahr ist die Eröffnung privater Versicherungsdienstleister geplant.
Weitere notwendige Schritte auf dem Wge zu einem dauerhaften Wirtschaftswachstum drohen nun durch die diplomatische Isolation Syriens nach dem Anschlag auf den libanesischen Ex-Premier Rafik Hariri auf Eis gelegt zu werden. Hinzu kommt eine fatale Abhängigkeit von den eigenen Öl-Vorkommen, die eine Diversifizierung der eigenen Wirtschaft unumgänglich macht.
"Im Jahre 2008 wird Syrien Netto-Importeur von Erdöl sein. Das wird zu einer furchtbaren Situation führen, weil gegenwärtig 70% unseres Exporteinnahmen und 50% unseres Steueraufkommens vom Öl-Sektor beigesteuert werden."
Ein weiteres Problem stellt die demographische Entwicklung Syriens dar. In den 80er Jahren hatte Syrien eine der höchsten Geburtenraten der Welt. Diesen "Baby-Boomern" mangelt es nun an Arbeitsplätzen. Die Arbeitslosenrate beträgt selbst nach offiziellen Schätzungen mehr als 20%, der Großteil der Erwerbslosen ist jünger als 24. Staatliche Jobs, etwa in Ministerien sind schlecht bezahlt. Ein Universitätsabsolvent der eine Laufbahn als staatlicher Angestellter beginnt, verdient oft weniger als 100 Euro im Monat und ist dementsprechend empfänglich für Schmiergeldzahlungen.
Dennoch können Privatisierungen nach Meinung des Volkswirtschaftlers Nabil Sukkar kein Allheilmittel sein. "Ich bin gegen Privatisierungen solange wir kein funktionierendes privates Bankensystem haben, das privaten Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen sichert. Denn wenn wir privatisieren, werden wir Staatsbedienstete entlassen müssen. Dann droht uns ein sozialer Konflikt den wir kaum beherrschen werden können."

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