Dienstag, 16. September 2008

Libanon: Neuer Versuch für Nationalen Dialog

Die Führer der rivalisierenden politischen Fraktionen im Libanon sind heute zu einer neuen Runde des "Nationalen Dialogs" zusammengekommen. Im Mittelpunkt der Gespräche werden die Waffen der Hizbollah und ihre Rolle in einer zu erarbeitenden Nationalen Verteidigungsstrategie stehen. Im Idealfall soll ein Weg gefunden werden, wie der libanesische Staat und die Hizbollah koexistieren können.

An dem Treffen unter der Führung von Präsident Michel Sleiman nehmen Vertreter der 14 Parteien teil, die im Mai das Doha-Abkommen unterzeichneten. Diese Übereinkunft beendete den Monate lange Machtkampf zwischen Regierung und Opposition, der Anfang Mai 2008 eskaliert war und mehr als 60 Tote gefordert hatte.

Vor diesem Hintergrund darf die bloße Tatsache, dass die rivalisierenden Politiker an einem Tisch Platz nehmen und über verschiedene Punkte debattieren, als Erfolg gewertet werden. Dass der Nationale Dialog jedoch greifbare Lösungen für die Probleme des Landes erarbeitet, scheint nach jetzigem Stand jedoch illusorisch. Der erste Versuch eines Nationalen Dialogs wurde 2006 nach wenigen Monaten ergebnislos abgebrochen.

Für die heutige Sitzung darf es schon als Erfolg gewertet werden, sollten sich die Teilnehmer auf einen Zeitplan für weitere Treffen und eine Agenda der zu debattierenden Themen einigen. Die Hizbollah etwa drängt darauf, die wirtschaftliche Lage des Landes auf die Tagesordnung zu setzen, sowie weitere Gruppen zu künftigen Treffen einzuladen.

Die Waffen der Hizbollah werden der Hauptstreitpunkt bei den anstehenden Gesprächen sein. Die schiitische Miliz, die von Syrien und Iran unterstützt wird, hat angekündigt ihre Waffen zu behalten, auch wenn sich Israel eines Tages von den umstrittenen Shebaa-Farmen zurückziehen sollte. Die Hizbollah argumentiert, dass allein sie im Stande sei, den Libanon vor israelischen Angriffen zu schützen.

Ihre innerpolitischen Gegner fordern, dass allein der Staat die Verantwortung für die nationale Sicherheit trage und die Waffen der Hizbollah daher der libanesischen Armee unterstellt sein müssten. Gegenwärtig scheint es vollkommen aussichtslos, dass ein Kompromiss bei diesen konträren Standpunkten gefunden werden kann - erst Recht nachdem die Hizbollah im Mai gezeigt hat, dass sie bereit ist ihre Waffen auch gegen innerlibanesische Rivalen einzusetzen.

Auch deshalb haben zwei der wichtigsten Gegenspieler der Hizbollah in den letzten Tagen ihre Rhetorik deutlich gemäßigt. Saad Hariri, Mehrheitsführer im libanesischen Parlament, erklärte: "Wir wollen keinen Konflikt hinsichtlich der Waffen der Hizbollah beginnen, aber wir wollen sicherstellen, dass diese Waffen nicht eingesetzt werden, um andere libanesische Parteien einzuschüchtern und den libanesischen Staat zu unterminieren."

Walid Jumblatt, dessen Anhänger noch im Mai ebenfalls gegen die Hizbollah kämpften, erklärte, dass die Nationale Sicherheitsstrategie zwar die militärische Stärke der Miliz nutzen sollte, die Entscheidung über Krieg und Frieden jedoch allein beim Staat liegen dürfe.

Gestern trafen sich Delegtionen von Jumblatts Fortschrittlich Sozialistischer Partei und der Hizbollah. Hier scheint ein Aufbrechen der politischen Lager in der Luft zu liegen, die sich seit 2005 unrsöhnlich gegenüberstehen. Jumblatt hat seine Positionen in den letzten Monaten der Hizbollah immer mehr angenähert und könnte bestrebt sein, im Vorfeld der Parlamentswahlen im nächsten Jahr ein taktisches Bündnis mit der Hizbollah zu schließen.

Auch ein Treffen zwischen Hariri und Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah könnte in absehbarer Zeit stattfinden. Nasrallah selbst wird aus Sicherheitsgründen nicht persönlich am Nationalen Dialog teilnehmen.

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