Yusuf al-Qaradawi, der wahrscheinlich bekannteste und einflussreichste Rechtsgelehrte im sunnitischen Islam, hat mit kontroversen Äußerungen über den schiitischen Islam für Aufsehen gesorgt. In einem Interview mit der ägyptischen Zeitung "al-Masry al-Youm" hatte Qaradawi Anfang September erklärt, die Schiiten arbeiteten an einer Invasion der mehrheitlich sunnitischen arabischen Staaten.
Ohne das Land explizit zu nennen beschuldigt der in Ägypten geborenen Islamgelehrte den Iran, den schiitischen Glauben in der Arabischen Welt zu verbreiten umso Zwietracht in der Region zu säen. "Es liegt eine Bedrohung in dem Versuch den schiitischen Glauben in der sunnitischen Gemeinde zu verbreiten angesichts der Milliarden und der ausgebildeten Kader, die ihnen dafür zur Verfügung stehen. Gewöhnliche Sunniten haben keine kulturelle Immunität gegen diese Invasion weil wir, die sunnitischen Gelehrten, sie nicht mit diesem Schutz ausgestattet haben."
Schiitische Gelehrte und iranische Medien verurteilten Qaradawis Äußerungen scharf. Der libanesische Ayatollah Muhammad Hussein Fadlallah kritisierte Qaradawis Polemik und erklärte: "Ich habe noch nie gehört, dass Qaradawi jemals etwas gegen christliche Missionstätigkeit sagte, die Muslime von ihrem Glauben wegführen will. Wir haben noch nie eine Rede von ihm gegen die säkulare oder atheistische Infiltration in der muslimischen Welt gehört." Mit seinen Äußerunge betreibe der in Qatar lebende Gelehrte die Spaltung der muslimischen Gemeinschaft.
Qaradawis Kommentare haben nicht nur eine religiöse, sondern auch eine politische Dimension. Seit Monaten tobt in arabischen Medien ein Streit darüber, ob der wachsende Einfluss des Iran auf die arabischen Staaten eher positiv oder negativ zu bewerten ist. Diese Auseinandersetzung kleidet Qaradawi nun in eine theologische Auseinandersetzung.
Frappierend ähneln sich seine jüngsten Äußerungen in der ägyptischen Presse mit der letzten Ansprache des al-Qaida-Vize Ayman az-Zawahiri, der darin ebenfalls zuallererst den Iran und die Schiiten unter Feuer nahm. Angesichts der sunnitisch-schiitischen Spannungen im Libanon, dem Irak oder auch in Saudi-Arabien spielt Qaradawi mit dem Feuer.
Montag, 29. September 2008
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