Freitag, 11. Juli 2008

Die irakischen Flüchtlinge und das Versagen der internationalen Gemeinschaft

Die internationale Gemeinschaft hat beim Umgang mit der irakischen Flüchtlingskrise versagt. Dieses vernichtende Urteil fällt die International Crisis Group (ICG) in ihrem jüngsten Bericht "Failed Responsibility: Iraqi Refugees in Syria, Jordan and Lebanon" (PDF-File).

Mit geschätzten 2,5 Millionen Irakern, die ins Ausland geflohen sind und ebenso vielen Binnenflüchtlingen, ist die irakische Flüchtlingskrise die drittgröße weltweit nach Afghanistan und dem Sudan. Anders als vor dem Irak-Krieg befürchtet, wurde der Flüchtlingsstrom nicht durch die US-geführte Invasion ausgelöst, sondern erst 2005 als die konfessionelle Gewalt zunahm und der Wiederaufbau des Landes nicht vorankam.

Der Bombenanschlag auf die schiitische Moschee in Samarra im Februar 2006 bildete den Anfang eines regelrechten Exodus. Etwa jeder 5. Iraker hat seither sein Haus oder seine Wohnung verlassen und in anderen Teilen des Landes oder im Ausland Zuflucht gesucht.

Besonders die beiden westlichen Nachbarländer des Irak, Jordanien und Syrien, sehen sich seither einem stetigen Zustrom irakischer Flüchtlinge ausgesetzt. Anfänglich nahmen beide Staaten ihre arabischen Brüder und Schwestern mit offenen Armen auf, schon bald erließen sie jedoch Beschränkungen für die Flüchtlinge.

Den Irakern in Syrien und Jordanien stehen kaum Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung, ebenso schlecht ist es um die Gesundheitsversorgung oder die Schulbildung der Flüchtlingskinder bestellt. Die meisten Emigranten leben von ihrem Ersparten, das langsam aufgezehrt wird. Die ICG warnt vor einer möglichen Radikalisierung der Flüchtlinge, da diese keine Zukunft für sich und ihre Familien sehen. Außerdem wird auf die wirtschaftlichen Probleme der Gastgeberländer und steigende Lebensmittelpreise verwiesen, die zu Spannungen zwischen Einheimischen und Ausländern führen könnten.

Die irakische Regierung unternehme trotz sprudelnder Öl-Einnahmen überhaupt nichts um das Los der Flüchtlinge zu verbessern. Weder unterstütze man die arabischen Aufnehmerländer noch unternehme man ernsthafte Schritte um die Geflohenen zu einer Rückkehr in ihre Heimat zu ermuntern.

Doch auch die westlichen Staaten werden ihrer Aufgabe zur Lösung des Flüchtlingsproblems nicht gerecht. Besonders die Länder, die an der Irakinvasion beteiligt waren, spielten die Krise herunter. Das Problem werde auf die arabischen Gastgeberstaaten abgewälzt, die nicht ausreichend finanzielle Unterstützung durch die USA erhielten. Gleichzeitig seien die Vereinigten Staaten nur bereit einen Bruchteil der irakischen Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.

Ungeachtet der sich langsam verbessernden Sicherheitslage im Irak sei es falsch anzunehmen, dass eine größere Zahl an Flüchtlingen in absehbarer Zeit in ihre Heimat zurückkehren werde. Viele der zurückgelassenen Häuser werden nun von anderen Familien bewohnt oder Milizen einer anderen Konfession kontrollieren nun die verlassenen Stadtteile oder Dörfer. Grund für eine Rückkehr in den Irak sei weniger die verbesserte Lage dort, als vielmehr die untragbaren Lebensbedingungen im Exil.

Die Massenflucht aus dem Irak sei mehr als eine humanitäre Tragödie. Die meisten Flüchtlinge stammten aus der Mittelklasse und seien gut ausgebildet. Es wird nach Schätzungen der ICG mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis sich der Irak davon erholt haben wird.

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