Donnerstag, 21. April 2011

Neue Geldscheine in Israel: Der Schekel-Streit

Israels Gelscheine bekommen neue Gesichter: Vier Poeten sollen künftig auf den Schekel-Noten zu sehen sein. Die Auswahl der Regierung und der israelischen Staatsbank sorgt jedoch für Protest. Der Grund: Ausschließlich aschkenasische Künstler werden gedruckt.

Dominik Peters und Hannes Alpen

Seit der israelischen Staatsgründung ist das Verhältnis zwischen den aschkenasischen und den mizrachischen Juden schwierig. Die aus Europa nach Palästina eingewanderten aschkenasischen Juden stellen bis heute die Eliten in Politik, Wirtschaft und Kultur. Die meist erst nach der Staatsgründung aus dem arabischen Raum eingewanderten mizrachischen Juden hatten es dagegen lange schwer, sich gesellschaftlich zu etablieren. Obwohl mittlerweile mehr mizrachischen Juden der soziale Aufstieg gelingt und die Gruppen sich auch zunehmend vermischen, verbreiten die aschkenasischen Juden wie selbstverständlich ihre Narrative, Symbole und Mythen als die israelischen.

Nun hat die israelische Staatsbank neue Banknoten vorgestellt, die mit neuen Sicherheitscodes und neuen Konterfeis über die nächsten drei Jahre in den Umlauf kommen sollen. Allerdings zieren ausschließlich aschkenasische Juden die neuen Scheine: Nathan Alterman, einem in Warschau geborenen Dichter und Ikone der Arbeiterpartei, die Sprachwissenschaftlerin und gebürtige Ostpreußin Leah Goldberg sowie durch die aus Russland stammenden Dichter Schaul Tchernichovsky und Rachel Bluwstein.

»Die Auswahl der Persönlichkeiten ist wenig sinnvoll und repräsentiert nicht die gesamte Nation«, kritisierte der in Tunesien geborene Vize-Premierminister und ehemalige Außenminister Silvan Schalom die Entscheidung gegenüber dem Massenblatt Israel Hajom.

Bereits im Vorfeld waren die Konterfeis für die neuen Geldscheine heftig diskutiert worden. Zur Auswahl standen neben den vier Dichtern auch die ehemaligen Premierminister Menachem Begin und Jitzchak Rabin. Allerdings keine mizrachischen Persönlichkeiten.

Auch bisher nur Aschkenazim auf den Scheinen


Es sei unmöglich, unlogisch und unangebracht zu behaupten, man habe niemanden unter den mitzrachischen Juden gefunden, die es verdient hätten, einen Geldschein zu zieren, kritisierte Silvan Schalom weiter. Als Alternativen brachte Schalom jüdische Dichter und Philosophen ins Spiel, die im Mittelalter während der muslimischen Herrschaft in Spanien zu Ruhm gelangt waren wie etwa Solomon ben Jehuda ibn Gabirol oder Jehuda ben Samuel ha-Levi.

Rückendeckung bekam Schalom von seinem Kabinettskollegen Daniel Herschkowitz, dem derzeitigen Minister für Wissenschaft und Entwicklung. Zwar seien alle vier ausgewählten Dichter fraglos würdig auf die Geldscheine gedruckt zu werden, zitiert ihn die Israel Hajom, aber die »hebräische Kultur endet nicht bei Tchernichovsky«.

Auch bisher zieren ausschließlich aschkenasische Juden die israelischen Banknoten. Auf dem 20-Schekelschein ist der in der Ukraine geborene ehemalige Ministerpräsident und Außenminister Mosche Scharett zu sehen, auf dem 50-Schekelschein der Literaturnobelpreisträger von 1966 Josef Schmuel Agnon, der ebenfalls aus der Ukraine stammte. Auch auf den 100- und 200-Schekelscheinen sind aschkenasische Juden abgedruckt, Jitzchak Ben Zwi und Salman Schasar, zwei ehemalige Präsidenten.

Eine neue »Verzierung« der israelischen Banknoten dürfte jedoch weder Schalom noch der israelischen Staatsbank gefallen. Jüngst hat eine Gruppe auf Facebook dazu aufgerufen, sämtliche Schekelscheine mit der Aufschrift »Free Palestine« zu versehen. Dies sei laut der Gründer Imad Abusumayah und Salaheddin Albarghouthi aus Ramallah ein gewaltfreier Protest, dessen Verbreitungsweg das Potential habe, direkt in den Taschen der israelischen Politiker zu landen. Die Idee hat bereits 1600 Fans.

1 Kommentar:

M.A. hat gesagt…

Von den fast 25% bzw. fast 2 Millionen Arabern mal ganz abgesehen... bevor die "einzige Demokratie in Nahost" sich in disem Punkt überwunden hat wird sie vermutlich am internen Rassismus zerfallen.

Polemisch gesagt ist ein Krieg das beste was den Despoten der Region passieren kann, sei es in Tel Aviv, Ramallah, Riadh oder Damaskus. Das eint die Bevölkerung immer so schön.